Carmen Kroll alias "Carmushka" bietet auf ihrem Account AR-Filter für ihre Fans – neben Milliarden Views sorgt das für viele neue Follower
Gibt es noch Tricks, Kniffe, clevere Strategien, um auf Plattformen wie Instagram organisch zu wachsen? Das fragen sich nicht nur Brands, sondern auch Influencer. Anscheinend hat die deutsche Influencerin Carmen Kroll („Carmushka“) einen aktuellen Growth Hack gefunden. Sie hat Augmented-Reality-Filter gebaut und ihren Fans auf Instagram zur Verfügung gestellt. Innerhalb weniger Wochen verzeichnen diese auf der Plattform über drei Milliarden Views. Uns hat sie erzählt, wie sie so schnell eine solche Reichweite erzielen konnte, warum das Filter-Thema gerade so heiß ist und was ihr die Reichweite langfristig bringt.
Gesichtsfilter und Augmented-Reality-Effekte sind schon lange beliebte Tools bei Nutzern, um ihre Instagram Stories oder Snapchat-Posts ein bisschen witziger zu machen – viele haben sicher Hundeohren und eine Zunge, die sich ausrollt, wenn man den Mund öffnet, im Kopf. Snap verwettet seine Zukunft auf Augmented Reality und Facebook setzt ebenfalls voll auf das Thema. Seitdem Facebook mit Spark AR Studio eine Kostenlos-Software anbietet und Dritt-Filter auf der eigenen Plattform erlaubt, ist das Thema nochmal explodiert. Jeder kann jetzt eigene Filter erstellen und auf der Plattform zur Verfügung stellen. Vor ein paar Monaten hatten wir schon über Teenager und Influencer aus aller Welt geschrieben, die Milliarden Views auf ihre Filter verzeichnen konnten. Jetzt hat die deutsche Influencerin Carmen Kroll nachgezogen und in kurzer Zeit ähnliche Reichweiten erzielt. Uns hat sie genau erzählt, was dran ist am Phänomen AR-Filter.
Von Foto- zu Video-Filtern

Eine Carmushka-Story mit passendem Filter. Nutzer können direkt ausprobieren. (Klick zum Vergrößern)
„Inzwischen hat der Hashtag #carmushkapresets über 195.000 Beiträge. Ich selbst nutze die Presets ausschließlich“, sagt Kroll gegenüber OMR. „Allerdings habe ich bei mir selbst immer wieder den Bedarf eines Filters für Videos festgestellt. Dafür wich ich immer wieder umständlich auf andere Apps aus. Und wenn es mir so geht, wieso sollte es anderen dabei anders gehen? So entstand die Idee, den Look meiner Presets für die Bildbearbeitung auch für Instagram Stories zugänglich zu machen.“ Also startet sie selbst mit der Entwicklung der Filter. „Mein Geheimrezept seit Unizeiten: eine Tüte Chips, eine lange Nacht und YouTube-Tutorials. Da das Programm Spark AR frei zugänglich ist und von jedem genutzt werden kann und übrigens auch von jedem gern genutzt werden soll, war ich mir sicher, dass ich das schon hinkriegen würde“, so Kroll.
Milliarden Views für neun Filter

Auf dem Insta-Profil von Carmushka finden Nutzer alle Filter in einem eigenen Menü. (Klick zum Vergrößern)
Bei unserem Test zeigte Instagram alle Filter von Kroll auch automatisch in der Filter-Auswahl der Kamera an, nachdem wir ihrem Account gefolgt waren. „Verbreitet hat es sich exponentiell. Jeder, der auf meinen Filter aufmerksam wurde und ihn selbst genutzt hat, inspirierte damit umgehend seine Follower, die wiederum dann ihre und so weiter“, sagt Kroll. Benutzt ein Nutzer einen Filter, wird dieser in den Stories angezeigt. Wenn andere Nutzer auf die Info tippen, können sie ihn ebenfalls direkt ausprobieren.
Solche Netzwerk-Effekte bewirken am Ende, dass ihre Filter innerhalb kurzer Zeit eine riesige Reichweite verzeichnen konnten. „Der Blick auf die Statistik hat mich selbst völlig umgehauen: Insgesamt habe ich mit meinem Filtern mehr als drei Milliarden Impressionen erzielt. Es wurden über 20 Millionen Story-Sequenzen mit meinem Filter produziert und veröffentlicht“, so Kroll. Auf Screenshots von Facebooks Analyse-Tool zeigt sie, dass in sieben Tagen zuletzt fast 500 Millionen Views auf die Filter dazugekommen sind. Für den Reichweiten-Erfolg gebe es vor allem einen Grund: „Ehrlich gesagt kam mir eines natürlich zu Gute: Ich war sehr schnell. Ich habe den Bedarf erkannt, eine Lösung entwickelt und herausgebracht – so ziemlich als eine der Ersten“, sagt sie. „Sie füllten zudem eine Lücke, es gab Unmengen an Face-Filtern, doch Filter für die Umgebung habe ich ja selbst vermisst.“
Kroll hat mit ihren Video-Filtern für die Umgebung – im Stile von Foto-Presets – wohl einen Nerv getroffen. Bisher waren Filter für viele eher Spielerei, Krolls Designs erzeugen eher eine Stimmung in der Story. Deshalb funktioniere der Filter „Moody up“ ganz besonders gut: „Er ist der Allrounder unter den Bildbearbeitungsfiltern und wird auch mit Abstand am meisten benutzt. Er versetzt, wie der Name schon sagt, alles in einen ‚moodigen‘ Look. Sehr passend zum Herbst. Die Atmosphäre auf Bildern wirkt einfach harmonischer und stimmungsvoller“, sagt Kroll.
Langfristige Follower-Erfolge durch Filter?

In ihrer Story zeigt Carmen Kroll die Reichweite ihrer Filter (Stand: 25.10.2019) – (Klick zum Vergrößern)
Auf Instagram hat Kroll zuletzt eine Vielzahl an Stories von Fans geteilt, die ganz begeistert von ihren Stimmungs-Filtern sind. Das zeigt, wie sie die Funktion zur Follower-Bindung einsetzen kann. Wer immer die neuesten Filter von ihr sehen will, sollte ihr am besten folgen – und ihre Stories ansehen, in denen sie neue Filter vorstellt. So könnte das Engagement auf Krolls Stories direkt mit steigen. Gleichzeitig dürften die viralen Funktionen wie die Anzeige, von wem die Filter kommen, für immer neue Follower sorgen. Nebenbei kurbelt sie, wie sie selbst sagt, auch noch den Verkauf der eigenen Foto-Presets an. Allerdings sorgt Instagram mit einer Änderung gerade dafür, dass das Follower-Wachstum durch AR-Filter wieder etwas abnimmt: Bis vor wenigen Tagen mussten Nutzer den Influencern noch folgen, um die Filter zu nutzen, mittlerweile kann man einfach auf das Profil des Influencers gehen und die Funktion ausprobieren – ganz ohne Follow.
Filter-Verkauf in eigener Influencer-App
Ganz frisch hat sich Carmen Kroll mit acht weiteren internationalen Influencern zusammengetan und bietet in der App „Creator HUB“ jetzt ihre Video-Filter für 6,99 Euro an (so wie die anderen Influencer ihre Filter in der App verkaufen). Damit können Nutzer auch nach der Video-Aufnahme noch einen Mood-Filter von Carmushka über ihre Aufnahmen legen und nicht nur direkt in der Instagram-App. Creator HUB ist gerade erst eine Woche auf dem Markt und Krolls Filter erst sein dem 13. November in der App verfügbar. Sie liegt in Deutschland derzeit sogar auf Platz 1 der Gratis-Apps (Stand: 15. November; die Filter werden über in-App-Käufe freigeschaltet). So macht Kroll neben den Foto-Presets auch aus ihren Video-Filtern ein echtes Business.
Die Nutzer sind heiß auf Filter
Eine etwas andere Erfolgsgeschichte hat die Instagrammerin holymariia geschrieben. Über sie ist nicht mehr bekannt, als das, was sie auf ihrem Instagram-Account selbst preisgibt (Jerusalem, aesthetics hunter). Auf jeden Fall sind die Follower der jungen Frau innerhalb des vergangenen Oktobers von unter 300.000 auf mehr als 1,2 Millionen explodiert – nur wegen ihrer Filter. Die tragen Namen wie „Holy Bucks“, „Holy Natural“, „Holy Dragon“ oder „Holy Snake“. Was alle eint: Sie zaubern Sommersprossen, schmale Nasen und volle Lippen in die Gesichter der Nutzer – zumindest digital. Mega-Influencer wie Bella Hadid, Kendall Jenner, Ariana Grande, Kylie Jenner oder Hailey Bieber haben sich in ihren Stories bereits mit den Holy-Filtern gezeigt – allein im Oktober 2019. Hunderte Millionen Follower wollten es ihren Idolen direkt nachmachen und folgten dem Instagram-Account holymariia (laut dem Analyse-Tool Ninjalitics kamen allein am 12. Oktober über 100.000 neue Fans dazu).
In der Folge berichtete in Deutschland zum Beispiel die Bildzeitung über den Hype rund um Holy-Filter. Und genau als die Aufmerksamkeit ihren Höhepunkt erreicht hatte, kam der Schlag von Instagram. Am 4. November verbannte die Plattform die Holy-Filter komplett. Sie hätten gegen die Gesundheits-Richtlinien von Instagram verstoßen. Mittlerweile hat holymariia wieder drei Filter im Programm, die aber bei weitem das Gesicht nicht mehr so stark verändern. Und genau seit diesem 4. November verliert der Account wieder Follower – über 10.000 in den vergangenen Tagen.
Es bleibt dabei: Instagram-Hypes kommen und gehen. Wer sie schnell für sich zu nutzen weiß, kann langfristiges Wachstum schaffen. Genauso schnell können Plattform und Nutzer von dem jeweiligen Hype aber wieder genug haben. Dann heißt es, den nächsten zu entdecken.