Einige Instagrammer verkaufen eigene Foto-Presets und setzen damit fünfstellige Summen um

Auch deutsche Influencerinnen generieren offenbar Tausende Sales

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Jeweils ein Vorher-Nachher-Vergleich mit den Presets von Ana Johnson (oben) und Carmen Kroll ("Carmushka", unten)

„Lass Deine Fotos genauso beneidenswert schön aussehen wie meine“: Das ist das implizite Versprechen, das manche Influencer sowie auf Instagram aktive Fotografen gegenüber ihren Followern abgeben, wenn sie diesen ihre Foto-Presets zum Kauf anbieten, für Preise zwischen zehn und fast 500 Euro. Für einige von ihnen ist das offenbar schon ein einträgliches Nebengeschäft. OMR ist tief in das Presets-Business eingetaucht und hat Zahlen zusammengetragen.

Einer der größten Wachstumshebel in der Anfangszeit von Instagram dürften die in der App verfügbaren Filter gewesen sein. Die Aussicht, ohne Bildbearbeitungskenntnisse die eigenen Fotos einfach schöner aussehen lassen zu können, hat wohl viele Nutzer zur Installation der App bewegt.

Influencer wollen mit ihren Bildern unterscheidbar bleiben

Doch will man sich heute, im achten Jahr von Instagrams Bestehen, auf der Plattform mit den eigenen Fotos von der Masse abheben, dürfte das unter Verwendung der Standardfilter nur noch schwerlich möglich sein. Viele Influencer, für die der Aufbau von Reichweite und im Idealfall einer eigenen Identität entscheidend ist, bearbeiten deswegen ihre Bilder mit externer Software nach.

Eines der beliebtesten und meist verbreiteten Werkzeuge dürfte in diesem Zusammenhang Adobe Lightroom sein. Die Bildbearbeitungs-Software ermöglicht es unter anderem, eigene Presets zu erstellen – im Grunde selbst definierte Stapelverarbeitungen für Bilder. Mit den Presets können die Lightroom-Nutzer ihre Bilder nach den eigenen Vorgaben automatisiert und schnell bearbeiten. So bauen sich viele Influencer eigene Filter zusammen. Die Presets können Instagrammern nicht nur dabei helfen, die Bilder aufzuhübschen, sondern auch dabei, innerhalb ihres Bilder-Feeds einen eigenen, einheitlichen Look zu etablieren, um bilderübergreifend wieder erkennbar zu sein – durch ähnliche Bildtemperatur, Farben, etc.

„Custom Presets“ wecken den Geschäftssinn der Influencer

Das Custom-Preset-Feature von Lightroom hat seit dem Sommer des vergangenen Jahres offenbar nochmal deutlich an Popularität gewonnen. Seit diesem Zeitpunkt ist es möglich, mit der Lightroom-App auch auf dem Smartphone eigene Presets zu erstellen und diese zu speichern. Zudem werden seitdem die Presets der Nutzer (die Software wird über die Cloud in einem Abo-Modell betrieben) geräteübergreifend synchronisiert. Für Influencer und Instagrammer, für die das Smartphone ja eines der wichtigsten oder vielleicht sogar das wichtigste Arbeitsgerät sein dürfte, dürfte die Software damit noch einmal nützlicher geworden sein.

Doch nicht nur das: Offenbar hat die leichtere Nutzung von Lightroom Presets auch den kreativen Geschäftssinn einiger Influencer angeregt. Immer mehr Instagrammer bieten seitdem ihre Custom Presets ihren Followern zum Kauf an. Erstmals hat die US-Zeitschrift The Atlantic im vergangenen November über diese Entwicklung berichtet. Die Kunden der jeweiligen Instagrammer erhalten von diesen in der Regel per Mail einen Link zum Download einer dng-Datei. Diese können sie (auf dem Smartphone mit einigen Umwegen) einfach in Lightroom hinzufügen.

Presets statt Product Placements

Mittlerweile haben einige Instagrammer ihre Karriere offenbar vorwiegend auf Basis ihrer Presets aufgebaut. Für Jessica Turnquist (aktuell 27.500 Follower bei Instagram) sei die Entwicklung von Presets zum Job geworden, schreibt The Atlantic. Alina Dinh habe ihr Dasein als Influencerin auf Eis gelegt, um sich besser ihrem Preset widmen zu können. Als „Dreamy Presets“ verzeichnet sie bei Instagram aktuell 17.100 Follower.

Eine der vermutlich ersten deutschen Influencerinnen, die eigene Presets verkauft hat, ist Janine Jahnke, die sich auf Instagram „Jolie Janine” (aktuell 256.000 Abonnenten) nennt. Jahnke hat bereits im Februar 2018 eigene Preset-Pakete auf den Markt gebracht. Aktuell bietet sie verschiedene Sets zu Preisen zwischen 40 und 139 Euro an.

Die Preset-Pakete von „Jolie Janine“ (Screenshot, Quelle)

Zwei ehemalige Freundinnen konkurrieren um Preset-Käufer

Die deutschen Influencerinnen, die mit ihren Presets bislang die meiste Sichtbarkeit generiert haben, sind möglicherweise Ana Johnson (581.000 Follower) und Carmen Kroll („Carmushka”, 428.000 Follower). Beide waren in der Vergangenheit miteinander befreundet und hatten zusammen an der RTL2-Daily-Soap „Daily Cologne“ teilgenommen. Danach gründeten sie gemeinsam das Fashion-Label „Oh April“, gingen aber offenbar kurz danach getrennte Wege.

Ana Johnson hatte als erste der beiden Ex-Geschäftspartnerinnen vor knapp vier Monaten einen eigenen Preset-Pack herausgebracht (hier ihr Instagram-Story-Highlight dazu). Aktuell bietet sie in ihrem Shop sieben einzelne Presets zum Preis von jeweils knapp zehn Euro an. Ihre Käufer animiert sie dazu, die Fotos auf Instagram mit dem Hashtag #anajohnsonpreset zu versehen. Aktuell weist Instagram zu diesem Hashtag beeindruckende 37.000 Beiträge aus.

Fast 50.000 Posts mit dem Hashtag zum Preset

Carmen Kroll hat im vergangenen Oktober mit einem eigenen Preset-Paket nachgelegt, das aktuell für knapp 30 Euro erhältlich ist. Wie Johnson auch zeigt sie in einem Instagram-Story-Highlight Beispiele von mit den Presets bearbeiteten Vorher-Nachher-Fotos, die ihr Follower zugeschickt haben. Der Hashtag #carmushkapreset verzeichnet sogar knapp 48.000 Beiträge.

Die beliebtesten Instagram-Posts zum Hashtag #carmushkapresets (Screenshot)

Selbst wenn nicht alle der so markierten Posts von bezahlten Nutzern stammen (schließlich nutzt Kroll den Hashtag häufig selbst und auch mit ihr offenbar befreundete Influencerinnen wie Farina Opoku alias Nova Lana Love hat für ihre Presets geworben), und viele Nutzer mehrfach Fotos mit dem Hashtag gepostet haben dürften, ist es angesichts dieser Beitragszahl durchaus vorstellbar, dass Kroll mit ihrem Package bislang eine Summe im niedrigen fünfstelligen Euro-Bereich umgesetzt hat.

Eigener Shop oder Verkauf über einen Marktplatz?

Neben Kroll und Johnson bieten auch andere Influencerinnen mit noch höherer Follower-Zahl eigene Presets an – Deborah Flügge zum Beispiel, deren Instagram-Account „Debiflue” eine Million Nutzer folgen. Die Preise für ihre Pakete rangieren zwischen 62 und 490 Euro (für ein Paket aus 110 Presets in jeweils drei unterschiedlichen Varianten). Der Preset-Hashtag  #presetsbydebifluekeeevsch verzeichnet aktuell 1.800 Beiträge; ein eigener Preset-Account 24.300 Follower. Ebenfalls am Markt aktiv sind die ehemalige Köln-50667-Darstellerin Yvonne Pferrer (892.000 Instagram-Follower), Reise-Bloggerin Simone Stelkes (331.000 Instagram-Follower) sowie Mode-Bloggerin Luisa Lion (309.000 Follower).

Wer als Instagrammer eigene Presets verkaufen will, muss sich erst die Arbeit machen, und dafür einen eigenen Online-Shop mit Funktionen wie Bezahlung, Rechnungsstellung und automatisiertem Versand einer Mail mit Download-Link entwickeln. Oder auf den US-Marktplatz Filtergrade zurückgreifen: Über diesen können Instagrammer nicht nur Presets ohne eigenen Shop verkaufen, sondern möglicherweise auch potenzielle Käufer erreichen, die sonst gar nicht auf ihre Presets aufmerksam geworden seien.

Die Presets von deutschen Fotografen sind beliebt

„Filtergrade hat monatlich rund 258.000 Besucher und verzeichnet zwischen 600.000 und 700.000 Pageviews“, so Filtergrade-Gründer Mike Moloney schriftlich gegenüber OMR. Auf der Plattform sind weniger typische Influencer und eher Fotografen  vertreten, darunter auch viele deutsche: Fabian Hübner beispielsweise. Der verlinkt auf seinem Instagram-Account (124.000 Follower) auch sein Preset-Paket zum Preis von 34 US-Dollar bei Filtergrade. Laut öffentlich einsehbaren Klickstatistiken des Link-Verkürzers Bitly, den Hübner an dieser Stelle verwendet, ist der Link innerhalb von etwa anderthalb Monaten knapp 1.000 Mal angeklickt worden.

Sortiert man die Preset-Pakete auf Filtergrade nach Popularität, listet der Marktplatz auf der ersten Ergebnisseite zwei weitere deutsche Fotografen auf: Marvin Kuhr (216.000 Follower bei Instagram) und Jannik Obenhoff (771.000 Follower auf Instagram). „Vor einiger Zeit stammten die sich am schnellsten verkaufenden und beliebtesten Presets vom deutschen Fotografen Max Münch. Sie haben sich mehr als 1.400 Mal verkauft, bevor Max sich dazu entschieden hat, den Verkauf einzustellen“, verrät Moloney.

Mehr als eine halbe Million US-Dollar Umsatz mit Presets

Der Preis von Münchs Presets ist heute nicht mehr zu ermitteln. Aber auch in diesem Fall ist von einem deutlich fünfstelligen Umsatz auszugehen. „Unsere Top-Verkäufer haben bislang 50.000 US-Dollar und mehr über Filtergrade verdient. Seit unserer Gründung haben wir unseren Verkaufspartner mehr als 500.000 US-Dollar ausgezahlt“, so Moloney. Für die Verkäufer ist die Nutzung nicht kostenlos; sie geben 30 Prozent Provision an den Plattformbetreiber ab.

„Die häufigsten Suchbegriffe auf Filtergrade waren im Jahr 2018 ‚moody‘, ‚portrait‘ und ‚wedding'“, sagt Moloney. Außer für stimmungsvolle Fotos und Porträts suchen offenbar viele Preset-Käufer gezielt nach einer Möglichkeit, Hochzeitsfotos zu verschönern. Wenn es um den „schönsten Tag im Leben eines Menschen“ geht, ist die Bereitschaft zur Verschönerung von Fotos Geld auszugeben, womöglich höher als im Zusammenhang mit einfachen Urlaubsfoto.

„Für meine Hochzeit bin ich bereit, das zu bezahlen“

Darauf deutet auch ein weiterer Umstand hin: Einer der Follower-stärksten Preset-Accounts auf Instagram ist „dirtybootspresets” mit 152.000 Abonnenten; für den Hashtag #dirtybootspresets weist Instagram 26.000 Beiträge aus. Dahinter steht „Dirty Boots and Messy Hair” (der Haupt-Instagram-Account verzeichnet 859.000 Follower), eine Community von Fotografen und Ehepaaren, die sich für Hochzeit an ungewöhnlichen Orten begeistert.

Kurioserweise haben sowohl Carmen Kroll wie auch Ana Johnson im vergangenen Jahr geheiratet – Johnson im Juli (also noch vor der Veröffentlichung ihrer Presets) und Kroll im Oktober, also nach Veröffentlichung der Presets. Zwar hat Kroll die Presets im Zusammenhang mit ihrer Hochzeit nicht promotet. Möglicherweise hat der zeitliche Zusammenhang bei der Vermarktung trotzdem ein wenig geholfen. So haben sowohl sie als auch Johnen möglicherweise ein Publikum aufgebaut, das sich in einem ähnlichen Alter wie sie selbst befindet, und für das eine Hochzeit dementsprechend möglicherweise ebenfalls Thema sein kann. 

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Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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