Zeit-Geschäftsführer Rainer Esser: "Eine Million Abos sind möglich"

Im OMR Podcast erzählt der Medienmanager, wie er die Zeit-Verlagsgruppe von 70 auf 300 Millionen Euro Umsatz geführt hat.

In Zeiten, in denen viele andere Verlage zu kämpfen haben, hat die Zeit-Verlagsgruppe ihren Umsatz vervielfacht. Im OMR Podcast erzählt Geschäftsführer Rainer Esser, wie er den Verlag zum wirtschaftlichen Erfolg geführt hat, welche Rolle Podcasts heute bei der Zeit spielen und wie sein erstes Treffen mit dem damaligen Zeit-Herausgeber und Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt ablief.

Seit 26 Jahren ist Rainer Esser Geschäftsführer des Zeit-Verlags. Er habe nichts Besseres gefunden, sagt er scherzend. Und wahrscheinlich hätte man ihn auf Verlagsseite auch nicht gehen lassen wollen. Denn während andere Auflagen schrumpfen, schreibt die Wochenzeitung "Die Zeit" Zahlen gegen den Trend: Die verkaufte Auflage ist von rund 500.000 im Jahr 2015 auf aktuell rund 600.000 gestiegen. Die Hälfte davon macht inzwischen das bezahlte E-Paper aus. Und auch in anderen Geschäftsbereichen wie der Magazin-Familie oder Corporate Publishing läuft es laut Esser rund. In diesem Jahr rechnet er für die Verlagsgruppe mit 300 Millionen Euro Umsatz. "Und es wird auch ein gutes, profitables Jahr."

"Die Herrschaften waren in die Jahre gekommen"

Es sei relativ einfach, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, wenn man eine Marke habe wie die Zeit, findet Rainer Esser. In seinem ersten Jahr beim Verlag sah das aber noch ganz anders aus. Dabei war die Zeit auch damals eine große Marke, aber sie war in die Jahre gekommen. "Und die Herrschaften, die das Blatt damals so groß gemacht hatten, waren auch in die Jahre gekommen", sagt Esser. Dass versäumt wurde, Innovationen auf den Weg zu bringen, zeigte sich auch in den Zahlen: "Wir waren damals in meinem ersten Jahr bei minus fünf Millionen Ergebnis", sagt Esser.

Rainer Esser ist der kaufmännische Kopf hinter der Erfolgsgeschichte. Das Geheimnis liege aber auch in der engen Zusammenarbeit mit Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, sagt Esser (Die Folge mit Giovanni di Lorenzo könnt ihr euch hier anhören). Ihn und di Lorenzo verbinde vieles, sagt Esser, inzwischen auch eine enge Freundschaft. Beide kommen aus Hannover, beide waren in München im Umfeld der Deutschen Journalistenschule, beide lieben Qualitätsjournalismus und eher die leiseren Töne: "Wir laufen beide nicht wie Cowboys durch die Landschaft."

27 Podcast-Formate

Bekannt ist "Die Zeit" auch für erfolgreiche Podcast-Formate wie "Zeit Verbrechen" oder "Alles gesagt". Dem Verlag kommt zugute, dass man früh in diesem Bereich aktiv geworden ist. Rainer Esser sagt, er habe im Jahr 2015 davon gelesen, dass Podcasts in den USA durch die Decke gingen. Er fragt "Zeit Online"-Chef Jochen Wegner vor, ob das nicht auch was für die Zeit sei. Der überlegt, welches sich für einen Podcast eignen würde. "Und dann sprach er Sabine Rückert an und sagte: Sabine, Zeit Verbrechen ist doch ein schönes Thema. Wollen wir nicht einen Podcast machen? Und Sabine sagte: Gerne Jochen, was ist ein Podcast?"

Heute hat die Zeit insgesamt 27 Podcast-Formate, die laut Esser in der Spitze 20 Millionen Mal heruntergeladen werden. Das sei umsatzmäßig relevant, sagt er, und habe außerdem den großen Vorteil, dass mit der Podcast-Sparte eine ganz neue Zielgruppe erreicht werde, nämlich Menschen, die bisher mit der Zeit keine Verbindung aufbauen konnten.

Halb Kaffee, halb Baileys

Besonders in Erinnerung geblieben ist Rainer Esser die erste Begegnung mit Ex-Bundeskanzler Helmut Schmidt. Als Rainer Esser vor 26 Jahren bei der Zeit startet, ist Schmidt der Herausgeber. Und der Besuch zum Amtsantritt läuft dann doch erstmal anders als geplant. Denn Rainer Esser steht schon im Vorraum von Schmidts Büro, als dessen Sekretärin den neuen Geschäftsführer ankündigt. "Achso, der kann warten", sei Schmidts Reaktion gewesen, erzählt Rainer Esser. "Dann hat sie ihm wohl gedeutet, dass die Tür offen war und ich das gehört habe." Schmidt habe dann gesagt "Ach so, kann reinkommen" und ihm einen Kaffee eingeschenkt – halb Kaffee, halb Bailey's. "Das war ein ganz zauberhaftes erstes Zusammenkommen", sagt Esser über den Tag, an dem es nicht bei einer Tasse blieb.

In der aktuellen Folge des OMR Podcasts sprechen Philipp Westermeyer und Rainer Esser außerdem über die aktuellen Herausforderungen in der Verlagsbranche, den Umgang mit KI bei der Zeit und die Frage, wie er das Ziel von eine Million Abos erreichen will.

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Tanja Karrasch
Autor*In
Tanja Karrasch

Tanja Karrasch ist Redakteurin bei OMR. Vor ihrem Wechsel arbeitete sie für die TV-Produktionsfirma Bavaria Entertainment und war als Redaktionsleiterin für zwei ZDF-Shows zuständig. Sie hat bei der Tageszeitung Rheinische Post volontiert und anschließend als Redakteurin gearbeitet.

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