Europäisches Unicorn: Pipedrive geht für eine Milliardensumme an eine Private-Equity-Firma

Der estnische Sales-CRM-Software-Anbieter wird von Vista Equity Partners übernommen

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Auf leisen Sohlen bzw. Socken zum Unicorn: Das Pipedrive-Gründerteam (von links oben im Uhrzeigersinn) Ragnar Sass, Urmas Purde, Martin Henk, Timo Rein und Martin Tajur (Foto: Pipedrive)
Inhalt
  1. Von Direktvertrieblern zu Software-Unternehmern
  2. Marketo als Blaupause für Pipedrive?
  3. DTCP und Paua Ventures verdienen am Exit mit

Die nordamerikanische Private-Equity-Firma Vista hat die Mehrheit an dem estnischen Vertriebs- und CRM-Software-Anbieter Pipedrive übernommen, auf Basis einer Bewertung im zehnstelligen US-Dollar-Bereich. Offenbar will Vista Pipedrive zur führenden Software-as-a-Service-Firma für kleine und mittlere Unternehmen erweitern. Über den Deal können sich auch zwei deutsche an Pipedrive beteiligte Venture-Capital-Firmen freuen.

Pipedrive habe eine Vereinbarung über eine Mehrheitsübernahme mit und durch Vista unterzeichnet, heißt es in der Pressemitteilung zum Deal. Das genaue Transaktionsvolumen wird darin nicht beziffert; lediglich, dass Pipedrive durch die Akquisition „Unicorn-Status“ erhalte, also mehr als eine Milliarde US-Dollar wert sein wird. Techcrunch beziffert die Bewertung von Pipedrive nach dem Deal auf 1,5 Milliarden US-Dollar.

Von Direktvertrieblern zu Software-Unternehmern

„Designed to keep you selling“ ist der Slogan, mit dem Pipedrive auf der Unternehmens-Website um Kunden wirbt. Das Unternehmen bietet eine Sales-CRM-Software im Abo-Modell, mit der Nutzende eine mehrstufige „Sales Pipeline“ erstellen und visualisieren können. Anhand der sollen dann die Vertriebler auf einen Blick erkennen, in welchem Stadium sich die Verhandlungen mit dem jeweiligen Kunden gerade befinden – und bei welchen Kunden sie wann noch einmal nachfassen müssen.

Entstanden sei die Software aus den eigenen Erfahrungen der Gründer heraus: Timo Rein und Urmas Purde (zwei von insgesamt fünf Pipedrive-Gründern) hätten bei früheren beruflichen Stationen alles mögliche von Zeitungsanzeigen bis Versicherungen verkauft (Rein soll sogar zeitweise in den USA von Tür zu Tür gegangen sein und Bücher verkauft haben) und später Vertriebler bei Coca-Cola und Nissan geschult, heißt es auf der Firmen-Website. Die CRM-Tools, die damals am Markt gewesen seien, seien von Vertrieblern höchstens widerstrebend genutzt worden, schildert Rein in einem Blog-Artikel. So begannen er und Purde im Jahr 2010 mit drei weiteren Gründern (Martin Henk, Ragnar Sass und Martin Tajur) kurzerhand selbst damit, eine Software zu entwickeln und sie am Markt anzubieten.

Marketo als Blaupause für Pipedrive?

Wie sich heute sagen lässt: mit Erfolg. Mehr als 95.000 Sales-Teams nutzen Pipedrive nach eigenen Angaben heute. Die zahlen je nach Funktionsumfang zwischen 12,50 US-Dollar und 99 US-Dollar im Monat (pro User) für die Nutzung der Software. Pipedrive soll mehr als 600 Mitarbeiter beschäftigen, am Gründungsstandort in Tallin sowie an mehreren Standorten in Europa und in den USA (der neue Hauptsitz ist in New York). Zum Jahresumsatz lassen sich keine offiziellen Angaben finden, öffentliche Schätzungen rangieren zwischen 46,5 Millionen und 90 Millionen US-Dollar.

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Offensichtlich ist Pipedrive ein attraktiver Übernahmekandidat für Vista Equity Partners. Die Private-Equity-Firma investiert vor allem in Enterprise-Software-Firmen und verwaltet nach eigenen Angaben mehr als 58 Milliarden US-Dollar. Gründer von Vista ist der US-amerikanische Milliardär und ehemaliger Goldman-Sachs-Banker Robert Smith (hier sein Wikipedia-Eintrag, hier ein Porträt bei Business Insider), der 2019 u.a. damit Schlagzeilen machte, dass er einem gesamten Uni-Jahrgang die Studiengebühr-Schulden beglichen hat. Ein besonders erfolgreicher Vista-Deal war beispielsweise die Übernahme und der Weiterverkauf des Marketing-Software-Anbieters Marketo. Den übernahm Vista im Jahr 2016 zum Preis von 1,79 Milliarden US-Dollar – und verkaufte ihn im Jahr 2018 für 4,75 Milliarden weiter an Adobe.

DTCP und Paua Ventures verdienen am Exit mit

Über die Übernahme der Mehrheit an Pipedrive dürften sich insbesondere die US-VC-Firmen Bessemer Ventures, Insight Partners und Rembrandt Venture Partners, der europäische Fonds Atomico des schwedischen Skype-Gründers Niklas Zennström sowie Deutsche Telekom Capital Partners, der Venture-Arm des deutschen Telko-Konzerns, gefreut haben. Mit der ebenfalls beteiligten VC-Firma Paua Ventures gibt es noch eine weitere deutsche Profiteurin des Deals. Laut Crunchbase hatte Pipedrive in insgesamt acht Funding-Runden 90,2 Millionen US-Dollar Investitionen eingesammelt.

Die hohe Zahl von mehr als 95.000 Kunden lässt darauf schließen, dass Pipedrive eine starke Position bei kleineren und mittleren Unternehmen aufgebaut hat. „Der ‚Unicorn-Status‘ und die Partnerschaft mit Vista machen es uns möglich, unsere Mission, KMU bei der Digitalisierung ihres Geschäftes zu unterstützen, noch zu beschleunigen“, so Pipedrive-CEO Raj Sabhlok in der Mitteilung zum Deal. Das Unternehmen wolle den Kunden Tools, die die gesamte Customer Journey abbilden, anbieten, so der Firmenchef weiter. Vermutlich wird die Firma also sowohl nicht nur in den Ausbau der Belegschaft (erst vor einem Monat ist mit Michael Schrezenmaier ein neuer, deutscher COO verpflichtet worden) und in Marketing, sondern auch in weitere Zukäufe investieren. Im März dieses Jahres hatte Pipedrive bereits die lettische E-Mail-Marketing-Software-Firma Mailigen übernommen.

CRMExitVenture Capital
Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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