Picclick: Warum verzeichnet diese seit 2008 unveränderte Seite noch Millionen Klicks?

Martin Gardt26.5.2023

Die Seite soll Power-Usern von Ebay und Amazon bei der Suche nach Produkten helfen – warum ist sie so erfolgreich?

Picclick Startseite
Die Startseite von Picclick: Die Suchmaschine für Ebay-Angebote hat sich seit Jahren optisch nicht verändert – und verzeichnet trotzdem Millionen Zugriffe im Monat
Inhalt
  1. Beliebt bei Power-Usern?
  2. Search bringt Millionen-Traffic
  3. Umsatz dank Affiliate-Provisionen
  4. Da passiert nicht mehr viel

In der Nische finden sich immer wieder Webseiten, die seit Jahren unverändert ihre Aufgabe erfüllen, aber trotzdem viele Besucher*innen verzeichnen. Da geht es selten um modernes Design – entscheidend sind die Funktionen, die Nutzende schätzen. Ein extremes Beispiel einer solchen Nischenseite ist Picclick. Die Suchmaschine für Ebay- und Amazon-Angebote wurde seit 2008 optisch kaum verändert und zieht trotzdem mehrere Millionen Nutzende jeden Monat an. Woher kommt die riesige Reichweite?

Wer das erste Mal bei Picclick vorbei schaut, dürfte sich wundern: Wozu soll das gut sein? Unter einer Suchleiste sind unzählige Produktkategorien aufgelistet, darunter steht riesig: „PicClick.de – Suchen Sie auf eBay schneller. Finden Sie es zuerst!“ In ein paar Bildern zeigt Picclick dann große Vorteile wie „HD/Retina-Bilder“. „Picclick ist eine Seite, die visuelle Suche auf Ebay ermöglicht. Sie ist viel schneller als die Ebay-Suche und zeigt Produktbilder dank unendlichem Scrolling in Sekunden an“, erklärt Gründer Ryan Sit im Jahr 2018 selbst. „Statt einer Liste oder Galerie auf Ebay, können Nutzende Hunderte Suchergebnisse auf einmal sehen.“

Wer also einen Suchbegriff wie „externe Festplatte“ eingibt, bekommt direkt Hunderte Produktbilder von externen Festplatten angezeigt, die derzeit bei Ebay und Amazon gelistet sind. Über einen Schieberegler lässt sich einstellen, wie viele Bilder auf einmal angezeigt werden. Ein Klick führt direkt zu Listungen auf den E-Commerce-Plattformen. Und das ganze sieht aus, wie aus dem vorherigen Jahrtausend. Vor allem durch Such-Traffic verzeichnet Picclick trotz altbackener Optik aber allein in Deutschland laut Analyse-Tool Similarweb drei Millionen Visits im Monat. In den USA sind es über sieben Millionen. Gründer Ryan Sit spricht von 20 Millionen Visits über alle länderspezifischen Picclick-Seiten hinweg. Schließlich hat er das einfache Prinzip auf insgesamt acht lokalisierte Seiten übertragen.

Beliebt bei Power-Usern?

Aber warum verzeichnet so eine einfache Bildersuche für Ebay und Amazon immer noch Millionenreichweiten? Ein Teil dürfte zumindest von treuen Power-Usern kommen. „Menschen können visuell schneller suchen“, sagt Ryan Sit. „Und wir haben keine Ads, die für Ablenkung sorgen könnten.“ Der Gründer sieht das Tool also als Hilfe für Nutzende, die auf Ebay schnell die besten Deals finden wollen. Schließlich lassen sich über die Filterfunktion zum Beispiel nur Angebote ohne Gebote anzeigen, oder Angebote, die innerhalb der nächsten 24 Stunden enden.

Es gibt aber wohl noch eine andere große Zielgruppe: Ebay-Seller. Laut Gründer Sit nutzen diese das Tool zur Wettbewerbsrecherche. Die große Anzahl an Ergebnissen auf einen Blick mache es einfacher zu erkennen, welche Produkte für gute und welche für schlechte Preise verkauft werden. Auf einer Detailseite zeigt Picclick darüber hinaus an, wie viele Ebay-Nutzende das Produkt beobachten und welche ähnlichen Produkte mehr oder weniger beobachtet werden. Dazu gibt es Infos zum aktuellen Preis und ob dieser schonmal höher oder niedriger lag. Außerdem Daten zu den jeweiligen Händler*innen. So können Seller laut dem Picclick-Gründer schnell erkennen, in welchen Produktkategorien und mit welcher Positionierung noch Luft nach oben ist.

Picclick Produktdetailseite

Auf der Detailseite von Produkten finden Nutzende Infos zur Popularität, dem Preis und den Verkäufer*innen

Und eine Änderung hat es seit der Gründung 2008 immerhin gegeben. Zuerst funktioniert Picclick nur für Ebay, später integriert Ryan Sit auch eine Etsy-Produktsuche, die mittlerweile nicht mehr aktiv ist. Er zeigt stattdessen auch Ergebnisse auf Amazon an und packt hinter Ebay-Suchergebnisse ebenfalls einen Amazon-Button. Dieser führt dann meist nur zu einer Suchergebnisseite beim E-Commerce-Riesen, da dieser nicht jedes der auf Ebay angebotenen Produkte ebenfalls führt. Trotzdem lassen sich auf einen Blick so auch Angebote von Amazon mit denen auf Ebay vergleichen. Ryan Sit hofft offensichtlich auf Affiliate-Erlöse über die beiden Plattformen.

Search bringt Millionen-Traffic

Aber dafür braucht er große Reichweiten und die bekommt er nicht nur mit Power-Usern und -Sellern, die regelmäßig sein Tool nutzen. Stattdessen dürften viele Menschen unbeabsichtigt bei Picclick landen, weil sie bei Google nach einem Produkt suchen, einen der ersten Treffer klicken und dann schließlich bei Picclick verwirrt auf eine Seite von 2008 schauen. Laut Similarweb stammen über 75 Prozent des Traffics der deutschen Variante von Picclick von Search. Die Seite rankt laut Analyse-Tool Sistrix etwa für Keywords wie „flaschentasche für 6 flaschen rossmann“, „teesieb rossmann“ oder „einkaufswagenchip tedi“ auf Rang 1 der Google-Suche. Die Seite zählte sogar zu den SEO-Gewinnern in Deutschland im vergangenen Jahr (auch wenn die Sichtbarkeit seit Ende 2022 wieder abgesackt ist).

Sichtbarkeitsindex Picclick Deutschland

Die Sichtbarkeit von Picclick auf Google schwankt extrem (Quelle: Sistrix)

Der große Faktor ist aber offenbar nicht der Erfolg bei Keywords mit großer Reichweite. Picclick ist dank der schieren Masse erfolgreich – dem Longtail. Sistrix weist allein für Picclick Deutschland über 2,2 Millionen Keywords aus, die in der Google-Suche ranken. Immerhin 20 Prozent der Nutzenden kommen laut Similarweb aber direkt auf Picclick in Deutschland. Das wären bei knapp drei Millionen Views im Monat immerhin auch 600.000 treue User.

Umsatz dank Affiliate-Provisionen

Picclick-Gründer Ryan Sit

Picclick-Gründer Ryan Sit

Und die sind für Picclick-Betreiber Ryan Sit sehr wichtig, damit sein Geschäftsmodell funktioniert. Er hatte zuvor bereits eine Bildersuche für das in den USA beliebte Kleinanzeigen-Portal Craigslist gebaut – musste das nach einem Verbot durch die Plattform aber schließen. Aus dem Projekt entstand dann Picclick, diesmal mit offizieller und erlaubter Nutzung der APIs von Ebay und Amazon.

Von den beiden Plattformen dürfte auch der Großteil des Umsatzes von Picclick kommen. Den schätzen verschiedene Analyse-Seiten aus den USA auf etwa fünf Millionen US-Dollar pro Jahr. Da Sit keine Werbebanner eingebaut hat, dürfte dieser komplett über Affiliate-Provisionen von Ebay und Amazon kommen. Er selbst gibt an, Teil des Ebay-Partnernetzwerks zu sein. Immer wenn Nutzende über seine Seite auf den E-Commerce-Plattformen landen und dann etwas kaufen, bekommt der Picclick-Gründer eine kleine Provision. 2010 hatte Ryan Sit angegeben, dass jeden Monat Verkäufe im Wert von einer Million US-Dollar über seine Seite zustande kommen.

Da passiert nicht mehr viel

Wenn auch nur annähernd fünf Millionen US-Dollar Jahresumsatz für Picclick möglich sind, dürfte das für den Gründer ein Volltreffer sein. Denn auch wenn auf der Picclick-Seite auf einem eher älter wirkendenden Bild über 20 Mitarbeitende abgebildet sind, dürfte niemand weiteres wirklich aktiv für Picclick arbeiten. Das Unternehmen ist nur über eine Postbox in Rancho Santa Fe, Kalifornien zu erreichen und Gründer Ryan Sit sagte schon vor Jahren: „Picclick ist ein komplett passives Geschäft. Die meisten Tage ist keine Arbeit nötig, um es am Leben zu halten.“ Der Look der Seite lässt darauf schließen, dass dies auch heute noch so ist.

Damit dürfte Picclick also ein klassisches Ein-Mann-Business sein, das passiv seine Funktion erfüllt. Wenn die Zahlen annähernd stimmen, ein einträgliches Geschäft für den Gründer und für einige Nutzende offenbar auch wichtiges Tool für die Ebay- und Amazon-Recherche. Wir schauen uns die Seite in fünf Jahren dann nochmal an – jede Wette, dass sie noch genauso aussieht, wie heute.

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MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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