Social-Brand „Oh April“: 60.000 Insta-Follower in 24 Stunden und ausverkaufte Kollektionen
Zwei Gründerinnen aus Köln bauen eine Klamotten-Marke über Instagram auf – und nutzen Hebel wie Supreme & Co.
Das Influencer-Business ist für Bloggerinnen immer noch extrem lukrativ, viele können ihren kompletten Lebensunterhalt mit Werbedeals bestreiten. Doch Influencer erkennen, dass sie extrem abhängig von den sozialen Plattformen sind. Auch deshalb hat die Influencerin Carmen Kroll alias Carmushka gemeinsam mit ihrer Freundin Julia Zwingenberg das Fashion-Label Oh April gegründet. Durch eigene Reichweiten-Power, clevere Drop-Strategie und künstliche Verknappung haben die beiden direkt ihre erste Kollektion ausverkauft.
„Der Name Oh April kommt tatsächlich vom Monat. Der ist launisch, stürmisch, aber auch mal sonnig und macht, was er will – so wie Carmen und ich“, sagt Oh April-Gründerin Julia Zwingenberg zu OMR. „Als wir Oh April gegründet haben, war die Message natürlich Thema. Wir wollen Lieblingsteile machen, die jede Frau so tragen und stylen kann, wie sie will.“ Nach ihrem Studium habe sie etwas Eigenes aufbauen wollen und sei auf verschiedene Brands gestoßen, die mit einer Social-First-Strategie erfolgreich auf dem Markt agieren.
Marken wie Daniel Wellington, Kapten & Son, Horizn Studios und viele andere haben auf Instagram große Eigenreichweiten aufgebaut – vor allem durch Verweise von Influencern. So erreichen sie in der Folge auch über den eigenen Kanal organisch potenzielle Käufer und können sie direkt in den eigenen Online-Shop leiten. Die Hoffnung: Statt Kunden immer wieder teuer einzukaufen oder im großen Wettbewerb auf Marktplätzen wie Amazon gewinnen zu müssen, bauen solche Vertical Brands direkten Kundenkontakt auf. Sind die Kunden einmal im Funnel, sollen Folgekäufe im besten Fall auch organisch passieren.
Influencerin als Geschäftspartnerin
Mit solchen Vorbildern im Kopf schließt sich Zwingenberg mit ihrer Co-Gründerin Carmen Kroll zusammen. Und die bringt ihre Reichweite direkt mit. Krolls Instagram-Account Carmushka zählt knapp 430.000 Follower und hat laut dem Analyse-Tool Collabary zu knapp 84 Prozent weibliche Fans. Die beiden gründen Oh April Ende 2017 und veranstalten im Sommer 2018 ihr erstes Launch-Event auf der Berliner Fashion Week.
„Ich wollte nicht länger ’nur‘ tragen sondern auch anfangen, mitzugestalten. Aber es sollte bloß kein Merchandise werden, sondern Mode, die dazu im Stande ist, mich selbst zu überdauern“, sagt Carmen Kroll. Im Online-Shop von Oh April reicht das Angebot von Statement-Shirts mit Sprüchen wie „In Girls We Trust“ oder „I Came For The Food“, über Blusen bis hin zu schlichten Jumpsuits. „Wir entwerfen alles selbst und erstellen sogar viele unserer Prints selbst. Uns war wichtig, dass wir einen Standort wählen, der in Europa liegt, um regelmäßig selber vor Ort sein zu können und sehr hochwertig produzieren zu lassen. Deshalb kommen alle unsere Produkte aktuell aus Portugal“, sagt Zwingenberg. Die Preise der Klamotten variieren von 42 Euro für ein Shirt bis zu 98 Euro für einen Jumpsuit.
60.000 Follower in 24 Stunden
Noch vor dem Start des Shops am 17. Juni 2018 überlegen die Gründerinnen, zu denen zu diesem Zeitpunkt auch die Kölner Influencerin Ana Johnson gehört, wie sie vor allem auf Instagram für maximale Aufmerksamkeit sorgen können. Eine Woche vor dem Launch kündigt Kroll auf ihrem Kanal den Start des Unternehmens an und verweist auf den Instagram-Kanal von Oh April, genauso macht es auch die damalige Partnerin Ana Johnson. Zusammen kommen die Posts mit der erstmaligen Ankündigung aktuell auf über 70.000 Likes. Die Influencer-Posts sorgen für den ersten Push. Im Laufe des 11. Juni, dem Tag der Postings, erreicht der Instagram-Kanal von Oh April schon 60.000 Follower.
Was der gute Start für das noch junge Unternehmen bedeutet? „So waren wir als Label über Nacht selbst in der Lage, Influencer Marketing zu betreiben, ohne auf Carmens Kanäle angewiesen zu sein“, sagt Gründerin Zwingenberg. Die schnell aufgebaute Reichweite nutzen die Macherinnen dann, um zum Start maximalen Hype zu erzeugen. „Wir haben vor dem Launch eine Woche lang einzelne Produkte angeteasert. So wussten die Kunden direkt, was es gibt und die Produkte waren dann innerhalb eines Tages ausverkauft“, so Zwingenberg. Laut Oh April verbuchte der Online-Shop in den ersten 24 Stunden nach dem Start über 300.000 Visits.
Marken wie Supreme haben diese Strategie des Drops bekannt gemacht. Brands kündigen dabei meist limitierte Produkte frühzeitig an und packen sie zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt in den Shop. In einer Welt, in der normalerweise alles immer verfügbar ist, wecken Marken so Begehrlichkeiten und generieren Aufmerksamkeit (hier zeigen wir ausführlich die Mechanismen von Drop-Marketing).
Die Kehrseite dieses Ansatzes? Oh April konnte zwar zum Start schnell knapp 75.000 Follower gewinnen, mittlerweile hat der Account aber „nur“ noch knapp 63.000 Follower. Nach dem ersten Aufmerksamkeits-Push findet also gerade eine Bereinigung der Follower statt, es bleiben nur die, die sich wirklich für die Brand interessieren. Laut dem Analyse-Tool InfluencerDB ist die Engagement-Rate (Verhältnis zwischen Likes und Kommentaren auf Posts zur Gesamtzahl der Follower) mit 6,6 Prozent für eine Brand aber ziemlich gut, und auch die Qualität der Follower ist laut InfluencerDB hervorragend.
Store als Marketing-Tool
Oh April will die Drop-Strategie langfristig und bei jedem Start neuer Kollektionen einsetzen. „Wir limitieren unsere Produkte und bringen regelmäßig neue auf den Markt. Die Kundinnen wissen dann schon, wann etwas Neues rauskommt“, so Zwingenberg. Zu abhängig von Instagram wollen die jungen Gründerinnen dann aber doch nicht sein. „In der Teasing-Phase vor dem Start haben wir 14.000 Abonnenten für unseren Newsletter aufgebaut. Jetzt bespielen wir diese mit Blog-Artikeln, Drops und Code-Aktionen“, sagt Julia Zwingenberg.
„Influencer Marketing ist nur ein Teil unserer Marketing Funnels, wir haben natürlich auch schon erste Performance-Marketing-Kampagnen umgesetzt, da sich dies sehr gut mit unseren eigenen Aktivitäten ergänzt. Aber auch Offline Marketing ist für uns wichtig, wir wollen die Marke erlebbar machen.“ Im Dezember eröffnet Oh April deshalb einen Pop-Up-Store in Köln. „Am Tag der Eröffnung hatten wir über 500 Besucher. Das gibt uns wahnsinnig gutes Feedback für die Weiterentwicklung der Brand”, sagt Carmen Kroll.
Der Store habe so gut funktioniert, dass die Gründerinnen diesen jetzt dauerhaft betreiben wollen. Denn er diene nicht nur als Verkaufsfläche, sondern auch als Marketing-Tool. „User Generated Content kommt super viel bei uns an. Wir haben im Store auch extra Schilder mit unseren Hashtags aufgehangen, und viele Kundinnen machen Fotos im Laden“, sagt Zwingenberg. Das Unternehmen setzt damit auf „instagrammable“ Design, also einen Ort, an dem Kunden Selfies machen, um diese dann auf den Plattformen zu teilen. Festgeschriebene Hashtags wie #ingirlswetrust oder #girlsofapril helfen dann, solchen User-Generated-Content zu finden und für Marketing-Zwecke zu nutzen.
Wie erfolgreich das Oh April-Konzept langfristig funktionieren wird, lässt sicher derzeit noch schwer einschätzen. Die Gründerinnen haben es zumindest geschafft, in kurzer Zeit Reichweite und eine Community aufzubauen. In diesem Jahr sollen weitere Kollektionen folgen. Julia Zwingenberg und Carmen Kroll sprechen gegenüber OMR von „starkem Wachstum“ in den ersten sechs Monaten der Unternehmensgeschichte und ständiger Suche nach neuen Mitarbeitern.
Ihr wollt direkt von den Gründerinnen hören, wie sie Oh April aufgebaut haben? Julia und Carmen kommen zum OMR Festival 2019 am 7. und 8. Mai und stehen auf der Expo Deep Dive Stage. Schaut vorbei, hier bekommt Ihr die Tickets.