Greentech-Skaleup Sunfire aus Dresden: Mit Wasserstoff zum Unicorn

Elektroly… what? Sunfire baut Anlagen zur Erzeugung von grünem Wasserstoff. CEO Nils Aldag erklärt, warum der für die Dekarbonisierung des Industrielandes Deutschland zentral ist

Inhalt
  1. Vom unverstandenen Startup zum Pionier
  2. Auf dem Weg zum europäischen Champion 
  3. Lobbyarbeit und eine Wette

Neben Verkehr und Bauwirtschaft ist die Industrie einer der größten Emittenten von klimaschädlichem CO2 in Deutschland. Eine Dekarbonisierung dieses Sektors gelingt nur, wenn es große Mengen grünen Wasserstoffs gibt, der Öl und Gas als Energiequelle und Rohstoff ersetzen kann. Eine gewaltige Transformationsaufgabe – die entsprechende unternehmerische Chancen bietet. Nils Aldag hat das früh erkannt und gründete 2010 Sunfire. Das Skaleup produziert Elektrolyse-Anlagen im industriellen Maßstab und ist damit zum Unicorn geworden. Dabei nimmt die Wasserstoff-Wirtschaft gerade erst Anlauf. Im OMR Podcast berichtet Aldag von den zähen Anfängen, der Pionierrolle seines Unternehmens und dem Potenzial, das für Deutschland im Thema Wasserstoff steckt.

Zugegeben, der Name Sunfire lockt auf die falsche Fährte. Nicht unbedingt der erste Tipp, dass das Unternehmen hinter diesem Namen einer der ambitioniertesten Enabler der kommenden Wasserstoff-Wirtschaft werden will. Das Skaleup mit Sitz in Dresden entwickelt und fertigt sogenannte Elektrolyseure. Das sind im Fall von Sunfire tennisplatzgroße Anlagen, die elektrische Energie nutzen, um Wasser-Moleküle aufzuspalten. Der so gewonnene Wasserstoff wird für ein Zeitalter der post-fossilen Mobilität und Industrie in großen Mengen benötigt.

Vom unverstandenen Startup zum Pionier

Doch vor rund 15 Jahren, als Aldag und seine Mitgründer begonnen haben, war das vielen noch nicht so klar. "Es war viel zu früh. Kein Mensch hat verstanden, was wir da vorhatten", sagt Aldag über diese Zeit um das Jahr 2010, als Sunfire gegründet wurde. In seiner Abschlussarbeit hatte der BWLer sich mit den unternehmerischen Potenzialen im Bereich erneuerbare Energien befasst. So kam er auf das Thema Wasserstoff und konkret E-Fuels. Diese synthetischen Kraftstoffe gelten rechnerisch als klimaneutral, weil sie aus CO2 synthetisiert werden und dafür nur Energie aus Wind- oder Sonnenenergie genutzt wird. Damals galten E-Fuels noch als große Hoffnung der lange auf den Verbrennungsmotor fixierten deutschen Autoindustrie.

Aufgrund der schlechten Energiebilanz gegenüber rein elektrischen Antrieben spielt das Thema E-Fuels im Pkw-Bereich eine immer unbedeutendere Rolle. Auch bei Sunfire liegt der Fokus mittlerweile auf der Industrie als Abnehmerin für grünen Wasserstoff. Denn hier ist der Bedarf immens. Der grüne – also aus Wasser und nicht aus fossilen Ausgangsstoffen hergestellte – Wasserstoff kann dort auf viele Weisen genutzt werden. Beispielsweise, um die gigantische Menge CO2 zu neutralisieren, die bei der Stahlerzeugung entsteht. Oder für die industrielle Herstellung von Dünger. 

Auf dem Weg zum europäischen Champion 

Zur Verdeutlichung einmal ein paar Zahlen. Sunfire ist im Bereich Entwicklung und Bau von Elektrolyseuren weder das einzige noch das größte Unternehmen. Auch Giganten wie Siemens mischen hier mit. Doch trotz dieser Ausgangslage konnte das Dresdner Skaleup mittlerweile über 800 Millionen Euro einwerben. Zu den Investoren von Sunfire gehört unter anderen Amazon. Zwei Drittel des Fundings sind Wagniskapital der Rest öffentliche Förderung. Die Auftragsbücher von Sunfire sind gut gefüllt. Und die Industrie befindet sich erst am Beginn ihrer Transformation. Die Kapazität, die Produktion kurzfristig auf das Dreifache steigern zu können, habe man bereits geschaffen, so Aldag. 

Geht es nach dem CEO, wird Sunfire in ein paar Jahren ein europäischer Champion sein. Als Vorbild nennt er den dänischen Windkraftanlagenbauer Vestas. Der beschäftigt inzwischen viele Tausend Mitarbeitende. Und ist zugleich nur eines von vielen Unternehmen, die ihren Aufstieg einer neuen industriellen Revolution verdanken. Die Dekarbonisierung der Industrie biete ein riesiges Potenzial, den Wohlstand in Europa zu sichern, ist Aldag überzeugt. Und zumindest derzeit noch beherberge der Kontinent viele der global führenden Elektrolyse-Firmen.  

Lobbyarbeit und eine Wette

Dass es diese Perspektive einer post-fossilen Industrie gibt, ist auch das Ergebnis von Sunfires langjähriger Lobbyarbeit in Brüssel. Denn zunächst sei es darum gegangen, die Grundlagen der Transformation des Energiesektors auf EU-Ebene zu regeln – vom rechtlichen Rahmen bis zur Förderung. Die europäische Gesetzgebung sei inzwischen fertig und müsse nun in nationales Recht umgesetzt werden, erklärt Aldag. Und: "Wenn das einmal geschehen ist, ist unsere Wette, dass dann für uns der Markt richtig im großen Stile aufgeht."

Im OMR Podcast spricht Nils Aldag außerdem darüber, welche Rolle sein Großvater bei der Gründung von Sunfire gespielt hat, warum ihm eine mögliche Verschiebung politischer Mehrheitsverhältnisse keine Sorgen bereitet, und was passieren muss, damit die Wasserstoff-Wirtschaft nicht in die gleiche Falle tappt wie die einst führende deutsche Solarindustrie.  

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StartupsEnergieUnicorn
Christian Cohrs
Autor*In
Christian Cohrs

Editor & Content Strategist bei OMR und Host des FUTURE MOVES-Podcasts. Zuvor war er Redaktionsleiter des Wirtschaftsmagazins Business Punk in Berlin, Co-Autor des Sachbuchs "Generation Selfie".

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