Mousesports-Manager Jan Dominicus: „Das nächste große eSports-Ding wird ein Mobile Game“
Der Manager des Hamburger eSports-Teams über Gaming-Hype, Spielergehälter und das Comeback der LAN-Party
- Ziel für 2020: Platz 1 der Weltrangliste
- Abhängigkeit von Sponsoren verringern
- Vom Fußballplatz in die eSports-Arena
- Mobile als die nächste große Plattform
- Unsere Podcast-Partner im Überblick:
- Alle Themen des Podcasts mit Jan Dominicus im Überblick
In der neuen Folge des OMR Podcast geht es um ein Thema, das wir bislang „in Summe zu wenig gecovert haben“, räumt Host Philipp Westermeyer gleich zu Beginn ein. Denn eSports ist längst ein Breitensport geworden. Und vor allem eine boomende Zuschauersportart, was inzwischen auch immer mehr Marketer verstanden haben. Darum freuen wir uns diesmal über einen hochkarätigen Gast, der Philipp etwas Nachhilfe zum Thema eSports geben kann, weil er von Beginn an in der Szene in Deutschland mitmischt: Jan Dominicus, Chief Business Development Officer beim eSports-Team Mousesports, das 2002 als Zusammenschluss von fünf talentierten Gamern entstand und mit 33 gewonnenen Titeln deutscher Rekordmeister ist.
„In den Medien wird ja oft von eSports geredet, als wenn das eine einzige Sache wäre“, sagt Dominicus im OMR Podcast. „Viele fragen mich: Stellt ihr den ‚Counterstrike’-Spieler auch in ,League of Legend’ auf? Das ist ungefähr so, als wenn du einem Bayern-Fußballer sagst: So, du spielst morgen Abend übrigens beim Basketball.“ Beide Games hätten wenig miteinander zu tun und die Communitys seien komplett unterschiedlich: „Jemand der ‚Counterstrike’ schaut ist nicht zwangsläufig ,League of Legends’-Fan. (…) wir versuchen dementsprechend eine möglichst große Zielgruppe abzudecken.“
Darum sei Mousesports neben dem Klassiker „Counterstrike“, mit dem die Geschichte des eSport-Clans 2002 begann, auch bei anderen großen Titeln aktiv, sagt Dominicus im OMR Podcast. Die Bandbreite reiche vom Echtzeit-Strategiespiel „Starcraft“ bis zum Arcade-Klassiker „Streetfighter“.
Ziel für 2020: Platz 1 der Weltrangliste
Welches wirtschaftliche Potenzial im Thema eSports steckt, zeigt der Umstand, dass Mousesports im Jahr 2018 von einem privaten Investor und Kenner der Branche übernommen wurde. „Ich bin als ältester Mitarbeiter noch mit an Bord. Ich spreche für die Firma und bin involviert in alle Bereiche von Partnerakquise bis zu unseren Teams und allen anderen Plänen, die wir haben“, sagt Dominicus über seine Rolle bei Mousesports seit dem Verkauf.
Je nach Saison umfasse der Mousesports-Kader bis zu 35 Spieler, erklärt Dominicus im OMR Podcast. Das wichtigste Game mit den meisten Zuschauern sei nach wie vor „Counterstrike“, hier habe man entsprechend das größte Team. „Da sind wir sportlich am erfolgreichsten“, sagt Dominicus. „‚Counterstrike’ ist eins der Top-drei-Spiele im eSport neben ,League of Legends’ und ,Dota’. Wir haben 2019 auf Platz zwei der Weltrangliste abgeschlossen und würden in 2020 natürlich gerne um einen klettern.“
Dominicus spricht im OMR Podcast über die wirtschaftliche Entwicklung des eSports. Abgesehen von einigen Spitzenspielern in den USA, die Millionengehälter verdienten, habe „ein Spieler in einem der Top-Zehn-Teams der Welt ein Jahresgehalt von 200.000 bis 300.000 Euro“, verrät Dominicus. Dabei spiele das Alter keine Rolle. Der jüngste Spieler im Team von Mousesports sei 17, der älteste 30. Dass es noch keine älteren Spieler gibt, liege nicht unbedingt daran, dass man mit 40 zu alt für den Sport sei, sondern an der früher überschaubaren finanziellen Perspektive. „Wenn du vor zehn Jahren Profi warst, konntest du das als guten Nebenverdienst oder in der Spitze auch in Vollzeit machen. Aber irgendwann musstest du dir die Frage stellen: ,Wo will ich hin mit meinem Leben’“, sagt Dominicus. Doch das ändere sich gerade. „Ich glaube schon, dass es in fünf Jahren noch Leute gibt, die Profis sind, weil sie andere Stärken mitbringen als ein 17-Jähriger.“
Abhängigkeit von Sponsoren verringern
Im OMR Podcast erklärt Dominicus, wie Mousesports seine Sponsoren, zu denen unter anderem Vodafone und Razor gehören, einbindet. Die Bandbreite reiche von Trikotsponsoring über Product Placements während der Übertragungen bis zur Integration der Spieler in die Kommunikation der Partner. Circa 70 Prozent der Einnahmen des Teams kämen aktuell durch solche Partnerschaften zustande, erklärt Dominicus. Ganz zufrieden sei er mit der Abhängigkeit der Szene von Werbekunden aber nicht: „Meiner Meinung nach ist ein zu großer Teil aktuell noch Sponsoring.“ Darum wolle er andere Erlösquellen stärken.
Dazu zähle beispielsweise das Merchandising, das noch verhältnismäßig klein sei. „Wir haben mit Snipes einen perfekten Partner, um das weiter auszubauen“, sagt Dominicus. Auch „virtuelle Items“ spielten inzwischen eine wichtige Rolle, etwa Mousesports-gebrandete Autos für das Spiel „Rocket League“, die Spieler analog zu Trikots im Fußball erwerben können. Außerdem betreibe man die Adaption weiterer für Fußballvereine zentrale Einnahmequellen wie Heimspiele und Medienrechte.
Die Chance stehen nicht schlecht, denn seit einiger Zeit kommt Bewegung in den Markt. Aktuell dominiert die zu Amazon gehörende Plattform Twitch das eSports-Streaming. Doch Microsofts Konkurrenz-Plattform Mixer holt auf. Vor allem dank spektakulärer Exklusivverträge, mit denen Stars wie der „Fortnite“-Spieler Ninja von Twitch abgeworben wurden. Erfülle der alle KPIs, könnte der Mixer-Deal Ninja zum Milliardär machen, so Dominicus. Doch nicht nur Spitzen-Streamer würden von Microsofts eSports-Ambitionen profitieren, sondern auch die gesamte Branche. „Mixer kommt mit viel Dampf in das Feld rein. Wenn da Konkurrenz-Szenarien entstehen zwischen Switch/Amazon und Mixer/Microsoft, kann das für uns, die Content für diese Plattform liefern, nur gut sein“, sagt Dominicus.
Vom Fußballplatz in die eSports-Arena
Über seinen eigenen Einstieg ins Profi-Gaming sagt Dominicus im OMR Podcast: „Mein Weg hat auf dem Fußballplatz angefangen. Ich war Amateurkicker und hatte mich schwer verletzt. (…) Mein kleiner Bruder hatte einen PC und darauf immer Echtzeit-Strategiespiele gezockt. Irgendwann habe ich gesagt: ‚Was machst du da die ganze Zeit, kann ich auch mal ausprobieren? Mir ist langweilig.’ Und dann hat es mich gepackt. Im Oktober hatte ich mich verletzt, und acht Monate später war ich zum ,World of Warcraft’-Spielen in Südkorea.“ Ein Gamer, den er beim Spielen kennengelernt hatte, lud ihn ein, das Land zu besuchen, das zu dieser Zeit die unangefochtene eSports-Hochburg der Welt war.
Zurück in Deutschland wurde der damals 19-jährige Dominicus vom TV-Sender Giga Games eingeladen, um über eSports zu sprechen. „Das hat so gut geklappt, dass sie nach drei, vier Gastauftritten gefragt haben: ‚Kannst du dir vorstellen bei uns als Moderator anzufangen?‘ Zwei Monate später habe ich dann Games getestet und moderiert.“ Parallel habe er zu dieser Zeit Mousesports als „Passion Project“ betrieben.
Nach einer Auszeit vom Gaming während seines Studiums sei Dominicus später zu seinem alten Team zurückgekehrt, das inzwischen von Cengiz Tüylü professionalisiert worden war und an internationalen Wettkämpfen teilnahm. „Ich hatte voll Bock auf das Thema, und ich sah viel Potenzial in dieser eSports-Nummer. Da war ich dann wieder“, erinnert sich Dominicus an sein Mousesports-Comeback vor sieben Jahren. Mittlerweile sieht er seine Ahnung bestätigt.
Mobile als die nächste große Plattform
„Alle Projections sagen ja: eSports wächst stetig. Und das ist ja eigentlich nur logisch. Jeder Grundschüler wird ganz natürlich mit Gaming groß. Die kennen alle ‚Fortnite‘, ‚League of Legends‘ und ‚Clash of Clans‘. Entsprechend sind wir uns sicher, dass es weiter wächst.“ Mousesports sieht er gut aufgestellt. „Wir haben einen riesigen Knowhow-Vorsprung, weil wir es seit 17 Jahren machen“, sagt Dominicus. „Und wir sind die einzigen in Deutschland, die organisch gewachsen sind und nicht gegründet, um auf diesen eSports-Zug aufzuspringen und Geld zu verdienen.“ Ihre Strategie sei nicht, schnell groß zu werden, um das Team dann weiterzuverkaufen, sondern Mousesports als profitables Unternehmen zu etablieren.
Ausgerechnet bei „Fortnite“, dem aktuell größten eSports-Titel, hält sich Mousesports jedoch zurück: Die Möglichkeiten zur Einbindung von Partnern des Teams seien hier einfach zu gering, so Dominicus. Dabei sind die Gelegenheiten, auf ein neues Game aufzuspringen limitiert. „Fortnite“ zählt zu den wenigen jüngeren Titeln, die sich als eSports-Spiel etablieren konnten. Das liege daran, dass Games, die ein Genre definieren, meist auch den Standard setzen, erklärt Dominicus. Und so komme es auch, dass einige der wichtigsten eSports-Titel schon über zehn Jahre alt sind.
Was also kommt als nächstes? „Ich glaube ein Mobile-Game“, sagt Dominicus im OMR Podcast. Heißer Kandidat: „PUBG Mobile“, die Smartphone-Version des Multiplayer-Shooters „PlayerUnknown’s Battlegrounds“. Die sei in Asien sehr populär, so Dominicus. Der Publisher habe damit bereits 1,5 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Sobald Endgeräte und Datenübertragung so leistungsfähig sind, dass daraus ein Zuschauererlebnis wird, dürfte „PUBG Mobile“ richtig groß werden, prognostiziert Dominicus.
Und wie sieht es mit der eigenen Zukunft aus? „Das Kernthema für 2020 ist: Mousesports, das ein Unternehmen ist, das auf digitalen Plattformen geboren ist, greifbarer für Gaming-Fans zu machen. Wir haben vor Richtung Q4 eine Location in zentraler Lage in Hamburg zu schaffen, wo eSports erlebbar wird“, sagt Dominicus. Dort sollen Fans die Spieler treffen können und ein Hub für Gamer entstehen. „Ich finde es viel, viel cooler, wenn sich fünf Jungs sagen: ‚Komm, wir treffen uns bei Mousesports und spielen da’, als wenn jeder bei sich zuhause sitzt und von da spielt“, sagt Dominicus im OMR Podcast.
Wenn ihr wissen wollt, wieso üben allein nicht reicht, um Profigamer zu werden und warum Dominicus den Youngstern in seinem Team auch mal zu Auszeiten vom Spielen rät, hört rein in den neuen OMR Podcast. Viel Spaß!
Unsere Podcast-Partner im Überblick:
Auch diese Woche gleich zu Beginn ein kurzer Hinweis auf unseren Partner Vodafone und vor allem den nächsten Stop auf der Future Connect Tour. Am 23. Januar sind wir mit den Kollegen in Hamburg – wir schrauben auch in unserer Heimatstadt selbst mit am Programm. Wenn Ihr also Zukunftstechnologien wie 5G hautnah erleben und lernen wollt, wie Ihr sie für Euer Business einsetzen könnt, dann schaut vorbei, Ihr könnt Euch ganz einfach hier kostenlos anmelden. Ihr habt für den Hamburg-Termin keine Zeit oder seid nicht in der Nähe? Dann sind wir und Vodafone auch am 29. Januar nochmal in Mainz zu Gast. Dafür findet Ihr hier die kostenlose Anmeldung und alle Infos.
Heute haben wir ein ganz besonderes Angebot für Unternehmen aus Berlin und Brandenburg im Programm. Medianet Berlin-Brandenburg, eines der größten regionalen Netzwerke der Medien- und Digitalwirtschaft in Deutschland, baut einen 80-Quadratmeter-Stand auf dem OMR Festival 2020 am 12. und 13. Mai in Hamburg. Wenn Ihr ein Digitalunternehmen in Berlin oder Brandenburg habt und zu extrem guten Konditionen beim Festival dabei sein wollt, dann sprecht die Kollegen auf jeden Fall an. Alle Infos findet Ihr hier.
Dann haben wir noch einen Podcast-Tipp: „Unternehmenskriege“ von Wondery, mit über 50 Millionen monatlichen Downloads der größte unabhängige Podcast-Produzent der Welt. In diesem Hit-Podcast geht es um legendäre Firmenduelle. Die aktuelle Staffel dreht sich um die Rivalität zwischen Coca-Cola und Pepsi. Unbedingt reinhören.
Alle Themen des Podcasts mit Jan Dominicus im Überblick
- Die Entstehung des eSport-Clans Mousesports, in welchen Spielen man antritt und wie so ein Team überhaupt funktioniert (ab 3:50)
- Was Spitzen-Gamer verdienen, wie man die Gehälter durch Sponsoren refinanziert und wie Dominicus Mousesports von diesen unabhängiger machen will (ab 10:35)
- Was er über das Engagement von Schalke 04 im eSport denkt und welche Ähnlichkeiten und Unterschiede es zwischen eSports und dem Fußball-Business gibt (ab 24:13)
- Wie man vom Gamer zum Profi wird, die Teams bei Mousesports für Turniere trainieren und welche Belastungen das Leben als Berufsspieler mit sich bringt (ab 31:00)
- Weshalb eSports vom schwelenden Plattform-Krieg zwischen Twitch und Mixer profitieren wird (ab 39:50)
- Warum Mousesport sich entscheiden hat, nicht beim weltgrößten eSports-Titel „Fortnite“ anzutreten (ab 41:54)
- Wie bei Mousesports Partnerschaften mit Sponsoren entstehen und welche Bedeutung eine eigene Fanbase hat (ab 52:15)
- Wieso ein Smartphone-Game das Potenzial zur nächste große Nummer im eSport hat (ab 56:18)
- Warum der aktuelle Ansatz, eSports olympisch zu machen, zum Scheitern verurteilt ist (ab 58:40)
- Weshalb Mousesport plant, in der Hamburger City einen eigenen Store zu eröffnen (ab 1:04:08)
Nun aber viel Spaß beim Anhören, wir freuen uns über Eure Kommentare und Bewertungen.