Songlyrics-Seiten im Web: Einmal Goldrausch und wieder zurück

Wie Seiten mit Liedtexten über Google groß wurden und jetzt vor dem Niedergang stehen

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Inhalt
  1. SEO mit 16 Jahren
  2. Flash-Widget bringt Tausende von Backlinks
  3. Vom Teenager zum Medienmagnaten
  4. Google verdient in der Grauzone mit
  5. Abstrafung wegen Duplicate Content
  6. Unveröffentlichte Songs als SEO-Hebel
  7. Eine Milliarde Visits
  8. Millionenschwere Prozesse um die Rechte
  9. 45 Prozent Traffic-Rückgang
  10. Kommt der große Crash in Deutschland erst?

Mit Songtexten haben findige Online-Marketing-Pioniere übers Web lange Jahre mit wenig Aufwand gutes Geld verdient. Doch in den vergangenen zwei Jahren ist bei vielen das Geschäft eingebrochen – auch, weil der bisherige Haupt-Traffic-Lieferant Google mittlerweile selbst im Business mitmischt. Exklusiv für Online Marketing Rockstars hat der Betreiber einer der größten europäischen Lyrics-Seiten ausgepackt, die Entwicklung der Branche Revue passieren lassen und jüngste Traffic-Zahlen genannt. Man würde es nicht denken, aber: Über viele Jahre hinweg ist der Begriff „lyrics“ bei Google häufiger gesucht worden als „porn“. Nutzer, die nach Liedtexten suchen, waren für die Suchmaschine lange ein enormer Traffic-Treiber. Es sind vor allem junge Website-Macher, die in den Wildwest-Zeiten des Webs Anfang, Mitte der Nullerjahre dieses Bedürfnis erkennen und frühzeitig ein Geschäft daraus entwickeln. Die Lyrics-SEO-Szene gehört zur „Ursuppe des Online Marketings“. Sie bauen Lyrics-Seiten, optimieren diese so, dass sie bei Google in den Suchergebnissen weit oben auftauchen, bekommen Millionen von Besuchern – und verdienen mit dieser Reichweite Geld.

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SEO mit 16 Jahren

Yvo Schaap

Yvo Schaap

Größtenteils sind die jungen „Lyrics SEOs“ noch Schüler. Einer von ihnen ist der Niederländer Yvo Schaap. Als er im Jahr 2004 die Website CompleteAlbumLyrics.com ins Netz bringt, ist er 18 Jahre alt. Anfangs ist das Ganze nur ein Experiment. „Ich habe mich dafür interessiert, Websites auf Basis von Datenbanken zu bauen. Songtexte sollten eigentlich nur mein erster Versuch damit sein“, so Schaap im Gespräch mit Online Marketing Rockstars.

Der Content für Lyrics-Seiten ist günstig zu bekommen: Die Texte werden von den Bands selbst oder von eifrigen Fans ins Netz gestellt; mittels Software lassen sich diese automatisiert auslesen und aggregieren. „Ich habe einen Scraper gebaut und innerhalb von wenigen Tagen hatte ich 20.000 Texte; kurz darauf waren es schon 100.000“, so der heute 31-Jährige. „Ich glaube, das hat damals jeder so gemacht.“

Während andere zu dieser Zeit noch weit davon entfernt sind, zu registrieren, welche Power hinter Google steckt, lernt Schaap schnell die Kraft der Suchmaschine kennen. „Wenn es mir gelang, zu einem Song von Eminem oder Rihanna auf Platz eins der Suchergebnisse zu ranken, bedeutete das 100.000 Besucher pro Woche.“

Ausgehend von dieser Erfahrung beschäftigt er sich eingehender damit, wie Google funktioniert. „Damals war SEO, also Suchmaschinenoptimierung, als Begriff noch kaum verbreitet.“ Schnell erkennt er, dass Backlinks der wichtigste SEO-Hebel sind. Er programmiert also in Flash ein Widget, mit dem Nutzer auf MySpace (das Netzwerk erlebte zu diesem Zeitpunkt seinen Höhepunkt) und anderen Seiten selbst scrollende Songtexte auf ihren Profilen einbinden können. „Das mag heute albern klingen, aber damals war das supercool“, sagt Schaap. Der Clou: Binden die Nutzer das Widget ein, wird automatisch ein Backlink zu CompleteAlbumLyrics.com erzeugt.

Das Widget hilft Schaap, Tausende von Links zu generieren und seine Rankings weiter zu verbessern. Bald bieten Konkurrenten ähnliche Widgets an. Trotzdem gelingt es Schaap, mit solchen Methoden, die Reichweite seiner Website innerhalb weniger Jahre auf zehn Millionen Unique User im Monat zu steigern. Haupt-Traffic-Quelle: Google. „Ich glaube, jede Lyrics-Website im Netz dürfte auch heute noch rund 90 Prozent ihrer Besucher über Google bekommen.“

Vom Teenager zum Medienmagnaten

Schaap ist nicht der einzige Teenager, der zu dieser Zeit mit Lyrics-Seiten plötzlich Millionen-Reichweiten generiert. Metrolyrics, noch heute eine der größten Songtext-Seiten, wird bereits im Jahr 2001 vom damals 16-jährigen Milun Tesovic gegründet, einem Kanadier bosnischer Abstammung. Die Gründung von AZLyrics, einem weiteren Schwergewicht der Branche, wird Val Katayev zugeschrieben, einem mit seinen Eltern in die USA ausgewandertem Usbeken, der die Seite vermutlich im August 2000 als 18-Jähriger ins Netz gebracht hat.

Auch im deutschsprachigen Raum gibt es Beispiele für Jugendliche, die quasi über Nacht zu Medienunternehmern werden: Songtexte.com, noch heute die augenscheinlich reichweitenstärkste deutschsprachige Lyrics-Seite, wird im Jahr 2001 von den drei österreichischen Schülern Thomas Gabriel, Stefan Fußenegger und Michael Sparer gegründet. Magistrix, ein weiteres noch heute recht erfolgreiches Beispiel, wird ebenfalls im Jahr 2001 vom Bremer Julian Kornberger ins Netz gebracht, der damals ebenfalls 16 Jahre alt ist.

Wer sich als junger Lyrics-SEO-Pionier clever anstellt, dürfte zu dieser Zeit mit der einfach zu generierenden Reichweite gut verdienen. Besonders das sich damals in seiner Hochzeit befindliche Geschäft mit Klingeltönen dürfte den Seitenbetreibern ansehnliche Umsätze beschert haben. „Ich habe mindestens 60 Prozent meines Umsatzes mit Klingeltönen, insbesondere Klingelton-Abos, verdient“, sagt Schaap. Klar: Kommt ein Nutzer über Google auf die Seite eines konkreten Songs, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er auch an einem entsprechenden Klingelton Interesse hat. „Das war eine schöne Möglichkeit, Geld zu verdienen“, so Schaap.

Google verdient in der Grauzone mit

Eine weitere Monetarisierungssäule: Googles Adsense-Anzeigen. „Adsense war ein verlässlicher Fels, um mit Songlyrics Umsatz zu machen“, so Schaap. Weil ja nicht nur die Website-Betreiber, sondern auch Adsense-Vermarkter Google an jedem Klick auf eine Anzeige verdient, und diese auf vielen Lyrics-Seiten eingebunden sind oder waren, dürfte der Digital-Gigant aus Mountain View erkleckliche Einkünfte mit dem Lyrics-Boom erzielt haben – und das, obwohl die Seitenbetreiber zu dieser Zeit in den seltensten Fällen Tantiemen an die Rechteinhaber der Texte gezahlt haben dürften.

Im Jahr 2008 wird Schaap von Internet-Unternehmer Brad Greenspan angesprochen, der u.a. an der Gründung von Myspace beteiligt war. Mit seinem Unternehmen Live Universe will Greenspan die größten Lyrics-Seiten bündeln und dessen Monetarisierungspotenzial noch besser ausschöpfen. Live Universe lässt den mittlerweile studierenden Schaap nach Los Angeles einfliegen – und der willigt in den Verkauf ein. Über den Verkaufspreis will er sich heute nicht äußern. „Ich habe einen guten Deal gemacht.“ Weil er die Seite auch nach dem Kauf weiter inhaltlich betreut, erhält er weiterhin 50 Prozent der Umsätze.

Abstrafung wegen Duplicate Content

Doch diese Einkommensquelle versiegt schnell – aufgrund von „Missmanagement“ von Live Universe, wie Schaap sagt. Innerhalb weniger Monate nach dem Deal fliegen drei von fünf der von Live Universe gekauften Lyrics-Seiten aus dem Google Index, weil sie auf demselben Server gehostet sind und nahezu identischen Content bieten. Auch CompleteAlbumLyrics.com ist von der Abstrafung betroffen.

Schaap beschäftigt sich daraufhin für kurze Zeit mit anderen Themen, doch schon im Jahr darauf zieht es ihn zum Thema Lyrics zurück. „Ich hatte noch diese Domain Directlyrics.com herumliegen, also begann ich im Jahr 2009 damit, wieder eine Lyrics-Seite aufzubauen.“

Zu diesem Zeitpunkt ist der Markt schon deutlich enger besetzt als in seinen Anfangszeiten. Ihm ist klar: „Wenn ich konkurrieren möchte, muss ich ein bisschen anders als die anderen sein.“ Er geht also nicht auf Masse, sondern konzentriert sich auf eine kleinere Zahl von Songs. Diesmal setzt er deswegen keine Scraper-Software ein, sondern baut sein Archiv selbst auf. „Ich habe einen Text nach dem andern händisch hinzugefügt.“ Bis heute bietet Directlyrics.com nur rund 10.000 Song-Lyrics – manche Mitbewerber warten mit Millionen von Songtexten auf.

Unveröffentlichte Songs als SEO-Hebel

Ein für Directlyrics entscheidender Hebel, um trotz stärkeren Wettbewerbs über Google Traffic zu ziehen, sei gewesen, dass Schaap Seiten zu Songs und Alben erstellt habe, bereits bevor diese überhaupt erschienen waren. „Ich habe aufmerksam Musikseiten gelesen und für neue Songs immer gleich bei uns eine Unterseite angelegt.“ Ein Beispiel: Bruno Mars’ Hit „Uptown Funk“ ist am 10. November 2014 erschienen. Schon am 30. Oktober richtet Schaap eine URL bei Directlyrics für das Lied ein. Weil dieses Timing sich positiv auf das Google-Ranking auswirkt, gelingt es ihm, für den Song in vielen Ländern auf Platz 1 der Ergebnisseite zu ranken. Das Ergebnis: 13,2 Millionen Pageviews. „Heute würde man das einen Growth Hack nennen“, so Schaap.

Ein Blick auf die Seite von „Uptown Funk“ bei Directlyrics.com (Quelle: Yvo Schaap)

Mit solchen Maßnahmen gelingt es ihm, eine angesichts seines vergleichsweise kleinen Katalogs beeindruckende Reichweite aufzubauen. Zu Hochzeiten wird Directlyrics von 20 Millionen Unique Usern pro Monat besucht. Das wirkt sich auch auf die Monatarisierung aus: „Wir haben relativ bald 100.000 US-Dollar Umsatz im Monat gemacht“, so Schaap – vor Kosten, Steuern, etc. Doch bis auf Hosting und die Personalkosten für einen Redakteur sowie einige freischaffende Blogger dürften die Kosten vergleichsweise gering gewesen sein.

Eine Milliarde Visits

directlyrics_sessions Bis heute verzeichnet Directlyrics.com mehr als eine Milliarde Visits insgesamt. Doch das Geschäft mit Lyrics-Seiten ist über die Jahre hinweg deutlich schwieriger geworden. „Das Klingelton-Business ist in den USA vor einigen Jahren stark eingeschränkt worden“, so Schaap. Danach seien Klingelton-Käufe und -Abos nicht mehr über die Mobilfunkrechnung abrechenbar gewesen. Generell ist das Interesse der Verbraucher an Klingeltönen von 2007/08 an immer weiter zurückgegangen. Schaap setzt seitdem auf Vermarktung durch Partner, die Brand-Advertising für 15 bis 20 US-Dollar TKP verkaufen, sowie weiterhin auf Adsense.

Gleichzeitig haben mehrere parallel verlaufende Entwicklungen nicht nur den Directlyrics-Betreiber, sondern auch viele andere Glücksritter der Lyrics-Seitenbranche dazu gezwungen, ihr Geschäft zu professionalisieren und sauberer zu arbeiten. Eine davon: Seit einigen Jahren gehen Musiker, Branchenverbände und Rechteinhaber immer stärker gegen Urheberrechtsverletzungen durch die Lyrics-Seiten vor. Bereits im Jahr 2007 verschickt der Verband der US-amerikanischen Musikverleger NMPA (National Music Publishers Association) erste Mahnbriefe an die Seitenbetreiber. Es folgen Klagen und Prozesse.

„In der Branche war daraufhin eine Bewegung hin zur Lizensierung von Rechten zu sehen“, so Schaap. Anfangs sei es allerdings gar nicht so einfach gewesen, entsprechende Rechte einzukaufen. „Ich hätte gar nicht gewusst, wen ich anrufen soll.“ Innerhalb weniger Jahre etablieren sich Gracenote und Lyricfind (selbst Seitenbetreiber) als Makler von Liedtext-Rechten. Schaap geht 2010 einen Deal mit Gracenote ein. „Das wirkte sich merklich auf den Umsatz aus, weil ein beträchtlicher Anteil für Licensing draufging.“ Der Vorteil: Google geht immer stärker gegen schwarze Schafe vor; wer sauber ist, profitiert.

Millionenschwere Prozesse um die Rechte

In den folgenden Jahren verschärft sich der Kurs der Musikbranche gegenüber den Seitenbetreibern. 2012 verliert CompleteAlbumLyrics-Käufer Live Universe einen Prozess gegen mehrere Verleger und Musik-Labels und muss 6,6 Millionen US-Dollar Strafe zahlen. Im Jahr 2013 ermittelt eine Studie die 50 „worst offender“ unter den Lyrics-Seiten; daraufhin geht die NMPA gegen diese vor. Heute arbeiten 90 bis 95 Prozent der Lyrics-Seiten rechtlich sauber, glaubt Schaap. Einige, wie Lyricfind, oder das italienische Unternehmen Musixmatch, verkaufen Lizenzen weiter und werden damit selbst zu Verwertungsgesellschaften.

Doch auch eine weitere Entwicklung sorgt dafür, dass es für die Lyrics SEOs nicht mehr so leicht ist, Geld zu verdienen, wie noch vor wenigen Jahren. Mit Algorithmus-Updates wie Panda (ab 2011) und Penguin (ab 2012) spült Google minderwertige Seiten aus dem Index. Wessen Content austauschbar ist, bekommt das zu spüren. Viele Seitenbetreiber versuchen, sich mit zusätzlichen, mehr oder minder einzigartigem Content zu behaupten: Musiknews, Quizze und Communitys. Auch Directlyrics.com geht diesen Weg. „Das war notwendig, denn sonst hätten wir uns von unseren Wettbewerbern überhaupt nicht unterschieden.“ Für Außenstehende wirkt ein Großteil des so zur Verfügung gestellten Contents jedoch wie ein Alibi.

Über die Jahre hinweg durchläuft die Branche eine notwendige Professionalisierung und Konsolidierung. Viele der frühen Wildwest-Vertreter gibt es heute nicht mehr. Doch große Anbieter gibt es immer noch. Die reichweitenstärksten drei: AZLyrics, Lyricsfreak und Metrolyrics. Manche versuchen nicht nur, zusätzlichen Content zu erstellen, sondern testen auch komplett neue Strategien und Traffic-Kanäle. Das italienische Unternehmen Musixmatch beispielsweise setzt früh auf eine Android-App, die parallel zu einem Song die jeweils aktuelle Textzeile einblendet. Die Hip-Hop-Lyrics Rapgenius wandelt sich zu Genius, einem Dienst, der durch die Möglichkeit, Texte mit Anmerkungen zu versehen, einen Mehrwert bieten will.

Zuletzt musste die Lyrics-Seitenbranche Entwicklungen hinnehmen, die langfristig möglicherweise ihr Geschäftsmodell grundlegend in Frage stellen. So blendet Google seit Ende des Jahres 2014 bei einigen Suchanfragen Songtexte direkt in den Suchergebnissen ein. Den Lyrics-Seitenbetreibern geht der entsprechende Traffic dadurch verloren. Eine Studie von Searchmetrics zeigt dementsprechend, dass bereits 2014 ein schweres Jahr für die Seitenbetreiber war und einige von ihnen Sichtbarkeitsverluste im hohen zweistelligen Prozentbereich hinnehmen mussten.

45 Prozent Traffic-Rückgang

Doch möglicherweise kommt es noch härter. Im Juni verkündete Google, eine mehrjährige Lizensierungsvereinbarung mit Lyricfind abgeschlossen zu haben. Die Vereinbarung zeigt, wie ernst es Google mit seinem Unterfangen ist. „Wir sind in der Tat sehr besorgt darüber, dass Google Songtexte direkt in den Suchergebnissen zur Verfügung stellt“, wird Yigal Ben Efraim, CEO von Stands4, Betreiber von Lyrics.net, von der „Washington Post“ zitiert. Offenbar haben die Seitenbetreiber die Folgen dessen schon in den Monaten zuvor zu spüren bekommen. „Wir haben im zweiten Quartal 2016 45 Prozent unseres Traffics verloren“, sagt Schaap.

Die deutschsprachigen Betreiber haben die entsprechenden Änderungen offenbar noch nicht in einem ähnlichen Ausmaß zu spüren bekommen wie internationale Anbieter. „Bei ‪Songtexte.com gab es bislang keinen Rückgang des Traffics – im Gegenteil: Google honoriert die Qualität und die Mischung des Contents“, so Thomas Gabriel gegenüber Online Marketing Rockstars. Im Juli verzeichnete die Seite laut Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung (Agof) 4,92 Millionen Unique User und laut IVW 12,7 Millionen Visits.

Die Entwicklung der Visits von Songtexte.com. Von Juni 2014 bis Mai 2016 war das Portal nicht gesondert bei der IVW ausgewiesen worden. (Quelle: Meedia)

Die Entwicklung der Visits von Songtexte.com. Von Juni 2014 bis Mai 2016 war das Portal nicht gesondert bei der IVW ausgewiesen worden. (Quelle: Meedia)

Songtexte.com ist, nachdem von 2008 an zwischenzeitlich ein Liechtensteiner Rechtsanwalt als offizieller Betreiber agiert hatte, im November 2013 von Magic Internet, einer Tochter von Pro-Sieben-Sat1, übernommen worden. Die drei Gründer, darunter auch Thomas Gabriel, agieren seitdem mit ihrer Agentur Molindo als Dienstleister für Songtexte.com. Seit der Übernahme ist der Traffic stark gestiegen. Möglicherweise hat Magic Internet Songtexte.com auch auf anderen Portalen wie Myvideo oder Ampya verlinkt. Gabriel bestätigt einen entsprechenden Einfluss: „Da hat es schon Synergie-Effekte, insbesondere mit Ampya, gegeben.“

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Kommt der große Crash in Deutschland erst?

Möglicherweise steht den deutschsprachigen Anbietern aber noch Größeres bevor: Tests von Online Marketing Rockstars lassen darauf schließen, dass Google in Deutschland bislang nur bei Songtext-Suchanfragen, die mit Zusatz „text“ versehen sind, Texte direkt einblendet. Bei Suchanfragen mit dem Zusatz „lyrics“ ist das noch nicht der Fall. Wie Google Trends zeigt, suchen Nutzer auch in Deutschland deutlich häufiger nach „lyrics“ als nach „text“. Falls Google hier also eines Tages den Schalter umstellen sollte, dürfte auch den hiesigen Anbietern einiges an Traffic verloren gehen.

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Hinzu kommt: Immer häufiger finden die Nutzer die Texte mittlerweile gleich dort, wo sie die Musik abspielen: bei den Streaming-Diensten. Google promotet mit den Text-Einblendungen in den Suchergebnissen seinen Streaming-Dienst Google Play – komplette Texte findet der Nutzer dort. Auch andere Streaming-Services binden Text direkt ein. Spotify etwa unterhielt für mehrere Jahre eine Partnerschaft mit Musixmatch. Zuletzt wurde diese aufgekündigt – Insider spekulieren jedoch, dass Spotify zu Genius wechselt. In einem begrenzten Umfang ist Genius bereits bei Spotify eingebunden. In den neuesten Versionen von Apples Betriebssystem iOS sowie von iTunes wird ebenfalls eine Lyric-Funktion integriert sein.

„Der große Goldrausch mit Lyrics-Sites ist vorüber, seitdem das Klingelton-Geschäft am Ende ist und seitdem Licensing notwendig geworden ist“, sagt Yvo Schaap. Der Unternehmer ist jedoch nicht verbittert. „Ich habe viel gelernt.“ Seine Einkünfte aus dem Lyrics-Geschäft haben ihm unter anderem geholfen, ein Startup zu finanzieren:  Mit Fanity konnten sich Musikfans einen personalisierten Newsfeed zu bestimmten Künstlern erstellen, der sich aus Twitter, Youtube, Myspace, Soundcloud und Blogs speiste. Der ist mittlerweile wieder eingestellt; Schaap ist heute CTO beim niederländischen Ferienwohnungs-Portalbetreiber Pararius. „Dort kann ich mich damit beschäftigen, was ich liebe: Produktentwicklung.“ In Directlyrics investiert er immer noch eine Stunde seiner Tageszeit. „Die Seite liefert immer noch ein hübsches Einkommen – aber die Kosten sind deutlich höher als früher.“

Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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