Warum ein Online-Print-Unternehmen jetzt Werbung in der Studenten-App Jodel verkauft
Das Berliner Startup PlusPeter druckt vordergründig kostenlos Skripte für Studenten – dahinter steckt eine Targeting-Strategie
- Printprodukt mit Targeting
- Word-Of-Mouth und Campus-Manager
- Retargeting über Social Media
- Jodel-Vermarkter mit Zielgruppen-Erfahrung
- Eine Anzeige pro Nutzer pro Tag
Mehr als 200.000 Studenten drucken regelmäßig ihre Lernskripte kostenlos über die Plattform „PlusPeter“ aus. Das Berliner Startup hat so nach eigenen Angaben einen riesigen Datensatz über die begehrte Zielgruppe aufgebaut. Das Unternehmen platziert mit Hilfe dieser Daten nicht nur personalisierte Werbung, sondern agiert auch als Social-Media-Agentur und als Vermarkter der Erfolgs-App Jodel.
„Ich und mein Co-Gründer Charly haben in den USA studiert und gemerkt, wie sehr Studenten dort für Unternehmen eine wichtige Zielgruppe sind. Das war in Europa bisher ganz anders“, sagt PlusPeter-Gründer Cecil von Croÿ gegenüber OMR. „PlusPeter, damals noch PrintPeter, war für uns der Weg direkt zu den Studenten.“ Das Produkt des vor zwei Jahren gegründeten Berliner Unternehmens: Studenten können ihre Uni-Skripte (Unterlagen zu den jeweiligen Vorlesungen) über die Webseite hochladen und kostenlos von PlusPeter ausdrucken sowie zusenden lassen. Normalerweise zahlen Studenten für diesen Service im Copy-Shop jedes Semester pro gedruckter Seite – da kann schon einiges zusammen kommen.Printprodukt mit Targeting
Den kostenlosen Druck (pro Monat ein Skript mit maximal 160 beidseitig bedruckten Seiten) kann das Unternehmen anbieten, weil Werbepartner Anzeigen in den Skripten schalten. „Wir sind das erste Printmedium, das so gezielt oder noch besser targeten kann, wie Online-Player“, sagt von Croÿ. Beim ersten Druck fragt PlusPeter vom Nutzer erst einmal nur Alter, Geschlecht und Universität ab. Für jeden weiteren Druck müssen die Nutzer dann auch weitere Daten über sich angeben. „Am Ende haben wir bis zu 20 Datenpunkte unserer Nutzer“, so von Croÿ. So landen dann im ausgedruckten Skript bis zu zwölf Werbepartner, jeweils auf den individuellen Leser aus der Studenten-Zielgruppe abgestimmt.
„Der große USP ist ja, dass der Content von den Nutzern selber kommt und sie sich das ganze Jahr hinweg intensiv mit ihm beschäftigen“, sagt Gründer von Croÿ. Bisher nutzten über 200.000 Studenten den Druck-Service, 150.000 Skripte drucke und verschicke PlusPeter pro Monat. Zwar gibt es auch ein kostenpflichtiges Produkt ohne Werbung, der Großteil der Kunden nutze jedoch das Freemium-Modell mit Anzeigen. Nach eigenen Angaben sind über 700 Firmen als Werbepartner an Bord. Große Namen seien Zalando, Google, Microsoft, Lufthansa, Deutsche Bank, Sparkasse, Paypal und alle großen Versicherer. Neben klassischen Produkt-Anzeigen würden viele Unternehmen Jobanzeigen buchen. Dank der Datenpunkte etwa zur Uni können passende Zielgruppen von den Werbepartnern zum Beispiel nach Ort getargetet werden.
Die Produkt-Angebote oder Jobanzeigen können die Nutzer über eine PlusPeter-App auch digital nutzen. Mit dieser kann ein Werbe-Banner gescannt werden – was dann zu einer Weiterleitung zum entsprechenden digitalen Angebot führt. Pro Scan gibt es Punkte, die dann für Preise und Gutscheine eingelöst werden können. Laut Gründer von Croÿ nutzen 30 Prozent der PlusPeter-Nutzer auch die App.
Word-Of-Mouth und Campus-Manager
Um den Druck-Service bei deutschen Studenten bekannt zu machen, sei laut von Croÿ vor allem Word-Of-Mouth entscheidend gewesen. „Marketing für unser Produkt läuft immer noch fast nur über Word-Of-Mouth. Unser CAC (Customer Acquisition Cost) liegt bei unter 20 Cent.“ Er und sein Team hätten es zu Beginn auch mal mit Facebook-Anzeigen probiert. Das Angebot, kostenlos Skripte drucken zu können, sei den meisten Facebook-Nutzern wie Scam vorgekommen. Persönliche Empfehlungen seien daher umso wichtiger.
„Ein guter Kniff sind bis heute ‘Campus-Manager’. Die starten an ihren Unis immer wieder Aktionen mit Flyern oder Ähnlichem. Wer ein bestimmtes Ziel an Registrierungen schafft, bekommt dann auch mal ein Fahrrad geschenkt“, sagt von Croÿ. An über 100 Universitäten in Deutschland seien diese Botschafter unterwegs. Zusätzlich gebe es verschiedene Barter-Deals mit Publikationen wie Zeit Campus. In verschickten Skripten werde zum Beispiel für ein kostenloses Probeabo der Zeitschrift geworben, im Gegenzug lande PlusPeter im Newsletter von Zeit Campus. Am Ende bleiben derzeit minimale Marketing- und die Druckkosten. Profitabel arbeitet das Startup derzeit offenbar aber nicht.
Das liege laut Gründer von Croÿ aber an den Kosten für das Wachstum. Gerade ist PlusPeter in Polen an den Start gegangen. Im Herbst soll ein Smart-Learning-Tool an den Start gehen, was Anfang 2019 groß ausgerollt werden soll. Die nächste Studenten-Generation lerne nahezu ausschließlich digital, darauf müsse das Unternehmen eingestellt sein. Dafür hat PlusPeter Anfang Juni noch einmal frisches Kapital eingesammelt. Wagniskapitalgeber COREVentures, das Gelbe-Seiten-Verlagshaus Müller Medien, ein Österreicher VC und Altgesellschafter steckten 2,5 Millionen Euro in das Startup. Insgesamt haben die Gründer bisher sechs Millionen Euro an Investitionen verzeichnet.
Retargeting über Social Media
PlusPeter nutzt seine First-Party-Daten mittlerweile nicht mehr nur für die ausgedruckten Skripte. Für seine Werbepartner erreiche das Unternehmen etwa auf Facebook und Instagram durch Retargeting die gleiche Zielgruppe (durch Lookalike-Audiences entstehe eine Reichweite von etwa zwei Millionen Studenten in Deutschland). „Beim Retargeting in den Social-Media-Kanälen agieren wir wie eine Agentur. Unsere Grafikabteilung baut Creatives für Kunden, wir besprechen die Zielgruppen und liefern Reportings“, so von Croÿ.
In Werbematerialien spricht PlusPeter von einer Zielgruppen-Trefferquote von 70 Prozent in den sozialen Medien. Weitere digitale Werbeformate des Unternehmens sind Banner in der PlusPeter-App, Header auf Landing-Pages von Gewinnspielen aus den Skripten und gesponserte Stellenanzeigen.
Jodel-Vermarkter mit Zielgruppen-Erfahrung
Über das Retargeting-Modell sei auch der Gründer der Erfolgs-App Jodel, Alessio Borgmeyer, auf PlusPeter aufmerksam geworden. Wir hatten im März 2018 bereits darüber berichtet, dass die Social-Plattform, die vor allem von Studenten genutzt wird, mit Werbeformaten experimentiert. Vor Kurzem wurde verkündet, dass PlusPeter der Exklusiv-Vermarkter von Jodel wird. Wer also im sogenannten Picture Feed der App landen will, muss sich an von Croÿ & Co. wenden. „Jodel nutzt uns als Vermarkter, weil wir wissen, wie man die Studenten-Zielgruppe effektiv erreicht“, sagt er. Zuvor hatten auch andere Agenturen Werbeanzeigen für Jodel verantwortet.Derzeit könnten die Daten von PlusPeter und Jodel nicht kombiniert werden. Je nachdem, ob eine DSGVO-konforme Lösung möglich ist, sei das aber durchaus angedacht. „Jodel kann derzeit ortsbasiert Studenten erreichen“, so von Croÿ. Neben dem Wissen rund um die Zielgruppe habe sich Jodel-Gründer Borgmeyer für PlusPeter entschieden, weil das Unternehmen bereits mit Firmen zusammenarbeitet, die gezielt Studenten ansprechen wollen. Diese würden nun auch auf die Möglichkeiten hingewiesen, in der Jodel-App zu werben.
Eine Anzeige pro Nutzer pro Tag
„Die Platzierungen für Juli und August bei Jodel sind komplett ausgebucht“, sagt der PlusPeter-Gründer. Das liegt auch daran, dass die App-Macher entschieden haben, jedem Nutzer zum Start nur eine Anzeige pro Tag auszuspielen. Mit dabei sind First Mover wie Sky, Spotify, verschiedene Krankenkassen und die Postbank. Laut von Croÿ gebe es derzeit viele Mehrfach-Buchungen der ersten Werbepartner. In den eigenen Mediadaten spricht PlusPeter im Bezug auf Jodel von einer siebenstelligen Nutzerzahl der App und 620.000 monatlich aktiven Nutzern des Picture Feed (wie bei Snapchat werden hier Bilder hochkant vollflächig angezeigt).
Kunden können die Laufzeit der Kampagnen individuell bestimmen. Ab 30.000 Euro kostet eine Kampagne mit einer Laufzeit von vier Wochen, der Mindestpreis für eine Kampagne liegt bei 10.000 Euro. In Zukunft geht von Croÿ davon aus, dass Jodel stärker auf Video-Content setzen wird und dann auch Video-Anzeigen zulassen wird. Zumindest für Nutzer in Berlin werde Bewegtbild bereits getestet.