Verhaftet nach Cannabiskonsum: Ex-VW-Topmanager über seine Zeit im China-Knast
Jochen Sengpiehl war einer der mächtigsten Männer im VW-Reich. Doch das schützte ihn nicht.
Vom Werkzeugmacher hat sich Jochen Sengpiehl zu einem der mächtigsten Manager im Volkswagen-Konzern hochgearbeitet. Der Marketing-Spezialist entwickelt Slogans wie "Das Auto", soll für den Autohersteller dann das China-Geschäft vorantreiben. Doch ein Thailand-Urlaub verändert alles. Jochen Sengpiehl wird nach seiner Rückkehr der Konsum von Drogen nachgewiesen. Er landet für mehr als zehn Tage in China im Gefängnis. Im OMR Podcast erzählt er zum ersten Mal seine Geschichte.
Als Jochen Sengpiehl aus dem Fahrstuhl tritt, sieht er acht Polizisten vor der Tür seines Apartments stehen. Die Polizisten betreten gemeinsam mit ihm die Wohnung, nehmen seiner Tochter das Handy ab. Die damals 18-Jährige ist gerade zu Besuch bei ihrem Vater, der hier in China für Volkswagen das Geschäft ankurbeln soll. Jochen Sengpiehl ist einer der mächtigsten Manager eines der größten Autokonzerne der Welt. Doch das interessiert hier gerade niemanden: "You know why we are here", hätten die Polizisten ihn gefragt, erzählt Jochen Sengpiehl. Wenig später sitzt er gemeinsam mit sieben anderen Gefangenen in einer chinesischen Zelle. Statt eines Betts gibt es eine Holzpritsche, das Kopfkissen ist mit Reiskörnern gefüllt, das Badezimmer besteht aus einer Kloschüssel in einer Ecke des Raumes und einem Wasserschlauch. Nach Jahren des Aufstiegs ist Jochen Sengpiehl ganz unten angekommen – und stellt sich immer wieder eine Frage: Warum?
Die Karriere von Jochen Sengpiehl ist zu diesem Zeitpunkt aus der Distanz betrachtet eine lange Kette von Erfolgen. Nach einer Ausbildung als Werkzeugmacher wurde er zu einem der Marketing-Experten der Branche mit Stationen bei Volkswagen, Mercedes, BBDO, eigener Firma, Hyundai und dann wieder Volkswagen. Bei VW verwaltete er einen der größten Media-Etats des Landes, sorgte mit Kampagnen immer wieder für Aufmerksamkeit. Unter seiner Führung enstand beispielsweise der Marketing-Slogan “Das Auto” für Volkswagen, der jahrelang die Werbung geprägt hat. Sogar in China sei "Das Auto" noch heute ein starker Begriff, erzählt Jochen Sengpiehl im OMR Podcast. Der Slogan sei bei Ersatzteilen beispielsweise immer noch auf Fußmatten zu sehen.
Eine Haarprobe wird ihm zum Verhängnis
2022 ist er nach China gegangen, er soll helfen, das Geschäft im wichtigsten Markt des Konzerns zu sichern. Doch bevor es losgeht, muss er erstmal in Quarantäne. Corona-Maßnahme. Jochen Sengpiehl ist begeistert vom technologischen Fortschritt in China, davon wie stark die Digitalisierung hier schon den Alltag bestimmt. China, das ist in vielen Bereichen für ihn die Zukunft. Aber schon damals, bei seiner Ankunft, bekommt er einen Eindruck von der anderen, restriktiven Seite des Landes. Zwei Wochen sitzt Jochen Sengpiehl im Hotel fest. "Da habe ich mir jeden Tag 20 Folgen ,Game of Thrones' reingeballert und das hat mich über Wasser gehalten."
Doch das ist Nichts im Vergleich zu dem, was dann zwei Jahre später passiert. Er sei mit seiner Tochter auf Ko Samui in Thailand gewesen, erzählt Jochen Sengpiehl. Irgendjemand müsse der Polizei in China dann einen Tipp gegeben habe. Kurz nach seiner Rückkehr wird er verhaftet. In einer Haarprobe wird Cannabis-Konsum nachgewiesen. Das reicht schon, um in China Ärger zu bekommen. Jochen Sengpiehl wusste das vorher nicht. Stundenlang sei er dann verhört worden, erzählt er. Zunächst habe er nicht mal seiner Tochter Bescheid geben dürfen, was passiert sei. Und im Gefängnis habe er erst mehrere Tage später Besuch von der deutschen Botschaft bekommen. "Mir scheint es grad so, als ob die Chinesen an mir ein kleines Exempel statuiert haben", sagt er.
"Als die Tür zu war, wusste ich: Ich bin safe"
Nach elf Tagen kommt Jochen Sengpiehl frei. Mit Blaulicht sei er im Handschellen zum Flughafen gefahren worden, erzählt er. Erst an Bord der Lufthansa-Maschine habe er sich sicher gefühlt. "Als die Tür zu war, wusste ich: Jetzt bin ich safe", sagt Jochen Sengpiehl. Was er da noch nicht weiß: Das gilt nur für den Zugriff der chinesischen Behörden. Denn in Deutschland sticht irgendjemand die Geschichte an die Medien durch, genauer gesagt an die "Bild": "Drogen im Blut – Festnahme! China-Diktator schmeißt VW-Top-Manager aus dem Land", titelt das Boulevard-Medium. Jochen Sengpiehl sagt, einiges sei sachlich falsch gewesen, was die Medien im vergangenen Jahr über ihn geschrieben hätten. "Aber ich war einfach nur kaputt und fertig und habe dann eigentlich das alles über mich ergehen lassen."
Der Drogen-Fund – der nach deutschem Recht nicht mal strafbar gewesen wäre – beendet die Karriere des Top-Managers bei Volkswagen. Der Konzern und sein langjähriger Marketing-Guru haben sich inzwischen über eine Auflösung des Vertrags verständigt. Details darf Jochen Sengpiehl nicht nennen. Wie es nun für ihn weitergeht, wie sich das Marketing durch den Einsatz von KI verändert – und welche Chancen er chinesischen Autoherstellern gibt, erzählt er im OMR Podcast.
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