Jean-Remy von Matt über KI in der Werbung: "Das kreative Mittelmaß wird unverkäuflich"
Jean-Remy von Matt über die Zukunft der Werbung und gezielte Provokationen, die manchmal nach hinten losgehen.
Jean-Remy von Matt steckt hinter einigen der bekanntesten Slogans der deutschen Werbegeschichte. Im OMR Podcast spricht er über seine Arbeit bei der Agentur Jung von Matt, sein neues Buch – und seinen Ärger darüber, dass ausgerechnet sein Penis in einem Interview in der Überschrift thematisiert wurde.
Die Sache mit dem Penis habe ihn geärgert, sagt Jean-Remy von Matt. Also nicht, dass er es nicht irgendwie auch darauf angelegt hat. Immerhin war er es ja, der über seinen Durchschnittspenis geschrieben hat in seiner Biografie. Klar, dass sei auch ein wenig als Journalistenköder gedacht gewesen, sagt er im OMR Podcast. Aber dass ausgerechnet ein Magazin wie der "Spiegel" aus der Penis-Aussage dann eine Überschrift bastelt? Tja, das war Jean-Remy von Matt dann eigentlich doch nicht so recht. Sagt er zumindest: "Offen gesagt, ich war eher entsetzt".
Man kann nicht behaupten, dass sich Jean-Remy von Matt vor Provokationen fürchtet. Im Gegenteil. Provokation war oft ein Mittel zum Zweck für ihn in der Werbung, immerhin generiert man damit Aufmerksamkeit. Aber, diesen Eindruck gewinnt man zumindest, wenn man dem Gründer der Agentur "Jung von Matt" zuhört, manchmal hat sie ihm auch einfach Spaß gemacht. Bei seinem Haus in Berlin hat er das Dach beispielsweise in Form einer weiblichen Brust bauen lassen.Und klar, Aufmerksamkeit wollte er jetzt auch haben für sein Buchprojekt. "Am Ende" heißt der Titel, weil Jean-Remy von Matt es lustig fand, dass auf dem Cover nun "Jean-Remy von Matt am Ende" steht. Außerdem verspricht er, dass das Buch von Anfang bis Ende immer schlechter wird. Er hatte im Vorfeld eine Jury über die einzelnen Kapitel abstimmen lassen.
"Das kreative Mittelmaß wird unverkäuflich"
In der Werbebranche ist der 72-Jährige eine lebende Legende. Er hat legendäre Werbeslogans wie „Supergeil“, „Geiz ist geil“ und „3-2-1, meins!“ geprägt, hat sich mit seinen Agentur-Kolleg*innen Kampagnen wie „Bild dir deine Meinung“ für Deutschlands größte Boulevard-Zeitung ausgedacht oder für die Sparkassen einen Spot, in denen sich Männer gegenseitig ihre Errungenschaften präsentieren: „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“. Die Agentur Jung von Matt ist zu einer Branchengröße geworden, die vor einigen Jahren sogar den Wahlkampf der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel organisieren durfte. Die Agentur hat es vollbracht, nicht nur andere Marken, sondern auch die eigenen Gründer immer stärker erstrahlen zu lassen.
Wäre eine solche Karriere heute noch möglich, wo Künstliche Intelligenz in der Lage ist, Werbeplakate zu entwerfen und Slogans zu texten? Jean-Remy von Matt glaubt, dass es für Exzellenz weiterhin einen Markt gibt: "Aber das ganze kreative Mittelmaß wird unverkäuflich". Er vergleicht diese Entwicklung mit der Uhrenindustrie, in der die Hersteller edler mechanischer Chronographen trotz der günstigeren Quarz- und Digitaluhren nicht verschwunden sind.
Die OMR-Doku gibt es kostenlos bei Youtube
Die Entstehung der Agentur und der größten Werbe-Erfolge haben wir bereits 2022 in unserer Dokumentation "Dreißig Jahre unzufrieden – Die Jung von Matt-Story" erzählt, die es noch immer kostenlos bei Youtube zu sehen gibt. Im Rahmen der Dreharbeiten ist damals auch ein OMR Podcast entstanden, in dem Jean-Remy von Matt über sein Leben erzählt. In der aktuellen Folge des OMR Podcasts erfährt man, wie es danach weiterging.
Jean-Remy von Matt spricht darin nicht nur über die Schwierigkeiten, für Politiker*innen Werbung zu machen und sein Leben als Rentner, sondern auch über eine Kunstidee, die inzwischen sogar beim Paypal-Gründer Peter Thiel einen Platz gefunden hat.