Dieser Ex-Pizzalieferant hat im Kinderzimmer die schnellstwachsende Brand Englands gebaut
Vor fünf Jahren hat Ben Francis die Fitness-Klamotten-Marke Gymshark gegründet – 2018 soll sie 100 Millionen US-Dollar Umsatz machen
- Erste eigene Produktion per Hand in der Garage
- Großer Gymshark-Durchbruch und gleichzeitiger Uni-Abbruch
- Neue Funktion für den Gründer und Internationalisierung
Im Alter von 19 Jahren ist der Fitness-Fan Ben Francis auf der Suche nach Trainingsklamotten. Da er nichts findet, das ihm gefällt, gründet er noch im Kinderzimmer mit einem Schulfreund sein eigenes Label. Heute, rund fünf Jahre später, gilt Gymshark als schnellstwachsende Brand in UK, ist bei Promis in den USA angesagt und peilt für 2018 120 Millionen US-Dollar Umsatz an. OMR zeichnet die Geschichte des Unternehmens nach und erklärt, wie es vor allem durch cleveres Influencer Marketing gelungen ist, in kürzester Zeit eine junge Marke international zu etablieren.
Ben Francis ist 2012 noch Business & Management-Student an der renommierten Aston University in Birmingham, als er gemeinsam mit seinem Kumpel Lewis Morgan das Projekt Gymshark startet. Vorher hatte er bereits erste Erfahrungen sowohl im Programmieren, als auch im E-Commerce sammeln können: So baute er zahlreiche Websites, unter anderem für den Verkauf von Auto-Kennzeichen und Fitness-Studios, und programmierte mehrere iPhone-Apps. Die Fitness-Anwendung iPhysique hatte es zeitweise sogar zu Top-10-Platzierungen in Apples Charts gebracht, eine Art Social Network für Kraftsport hingegen war kein Erfolg.
Die beiden Fitness-Fans starten das kleine Unternehmen im Kinderzimmer von Ben Francis. Am Anfang besteht das Projekt lediglich aus einer Website, produzierte Klamotten gibt es noch nicht. Erst nach zwei Monaten kommt die erste Bestellung an – die direkt nach China weitergeleitet und mit einer schlechten Marge per Dropshipping verschickt wird, so Ben auf seinem Youtube-Kanal. Parallel arbeiten die noch studierenden Gründer als Pizzalieferanten, um sich ein wenig vorproduzierte Ware leisten zu können.
Erste eigene Produktion per Hand in der Garage
Da der erste Klamotten-Vorrat im Kinderzimmer den Qualitätsansprüchen der Fitness-Fans nicht entspricht, sparen sie erneut Geld durch das Ausliefern von Pizza und kaufen sich für rund 200 US-Dollar einen Schneidplotter, um Shirts selber bedrucken zu können, sowie eine Nähmaschine für das Anbringen von Labels. In den kommenden Wochen investieren beide jede freie Minute in die Produktion. Sie beobachten die Konkurrenz auf der Fitnessmesse Bodypower in Birmingham und – was sich am Ende als größter Wachstumshebel überhaupt herausstellen wird – schicken aufstrebenden Fitness-Youtubern Klamotten zu.
So entsteht auch die Zusammenarbeit mit Lex Griffin, dem ersten Gymshark-Athleten, der bis heute als Markenbotschafter für die Brand unterwegs ist. Heute hat der Kraftsportler knapp 400.000 Abonnenten bei Instagram und über 430.000 Subscriber auf Youtube. Es folgen Deals mit den zu der Zeit bekanntesten Fitness-Youtubern wie Jeff Seid, Matt Ogus (bis heute offenbar an Bord) und Alon Gabbay, dem zwischenzeitlich mit Abstand reichweitenstärksten deutschsprachigen Kraftsportler.
Großer Gymshark-Durchbruch und gleichzeitiger Uni-Abbruch
Nachdem die schon damals im Social Web und vor allem in der Gymshark-Zielgruppe extrem bekannten Sportler zusagen, bei der Fitnessmesse Bodypower im folgenden Jahr am Stand des jungen Unternehmens aufzutreten, erkennt Ben Francis das riesige Potenzial und bricht sein Studium ab. Zwei Freunde schwänzen für die Messe Uni-Prüfungen und fallen durch. Und Francis sollte Recht behalten: Als er nach der Expo wieder Produkte auf der Website online stellt, sind alle Produkte in weniger als einer Stunde ausverkauft – was mehr Verkäufe, als in der gesamten Zeit zuvor entspricht.
Noch im selben Jahr macht Gymshark, mit weiterhin ausschließlich per Hand gefertigten Klamotten, 500.000 US-Dollar Umsatz und beschäftigt insgesamt acht Mitarbeiter. Dank landesweiter Teilnahmen an Fitness-Messen und dem cleveren Einsatz der Influencer wächst das junge Unternehmen extrem schnell. So schnell, dass auch zahlreiche Probleme entstehen. „Unser schnelles Wachstum ist tatsächlich unser größtes Problem“, erklärt Gründer Ben Francis in einem seiner Videos. Die Logistik werde immer komplizierter, es müsse quasi durchgehend neues Personal eingestellt werden und da Kollektionen häufig sofort ausverkauft sind, entstehen Vorwürfe der künstlichen Verknappung.
Trotzdem gelingt es Ben und seinem Team, mit diesen Schwierigkeiten umzugehen und das Wachstum sogar noch steigern. Nach 5,8 Millionen 2014, 11,3 Millionen 2015 und 16,6 Millionen 2016 macht Gymshark 2017 52 Millionen US-Dollar Umsatz und beschäftigt 150 Mitarbeiter. 2016 landet das zu dem Zeitpunkt erst vier Jahre alte Unternehmen auf dem ersten Platz der „Fast Track 100“, dem Wachstumsranking der Sunday Times. 2017 reicht es immerhin noch für den zwölften Platz. Forbes wählt Ben Francis 2018 in die „30 under 30“-Liste im Bereich Retail und Commerce – und prognostiziert für dieses Jahr einen Umsatz von 120 Millionen US-Dollar.
Neue Funktion für den Gründer und Internationalisierung
Bei solchen Zahlen dürfte klar sein, dass Gymshark längst nicht mehr aus der Garage, geschweige denn aus dem Kinderzimmer von Ben Francis betrieben wird. Erst kürzlich eröffnete das Unternehmen ein neues Headquarter in Solihull, rund 16 Kilometer südlich von Birmingham. Und auch die Funktion von Ben Francis hat sich verändert. Seit Mitte 2017 ist er nicht mehr CEO, sondern Chief Brand Officer von Gymshark und steht damit den Teams Produkt, Innovation, Kreation, Marke vor. Damit könne er sich wieder voll auf die Leidenschaft für die Marke konzentrieren. Gleichzeitig hat er sich zu einer echten Personal Brand entwickelt. Seinem Instagram-Account folgen 137.000 Menschen, seinen Youtube-Kanal haben knapp 60.000 Fans abonniert und er trifft sich mit Personen wie Podcaster Tim Ferris. Gegen die offiziellen Kanäle der Brand kommt er dann aber doch noch nicht an: Der Instagram-Account von Gymshark kommt auf 2,2 Millionen Abonnenten, Facebook zählt knapp 1,5 Millionen Fans, bei Youtube sind es über 170.000.
Während sich der Zielmarkt von Gymshark in der Anfangszeit vor allem in Großbritannien befand, expandiert das Unternehmen seit einiger Zeit ins Ausland – und hat hier vor allem die USA im Blick. Mit weltweiten Besuchen auf Messen, Pop-Up-Store-Events in Los Angeles und eigene Kollektionen für reichweitenstarke Athleten aus dem Ausland wie Nikki Blackketter scheint das ziemlich gut zu gelingen: US-Promis wie Schauspielerin Emma Roberts und Shay Mitchell sind bereits mit Gymshark-Klamotten unterwegs. Und auch Deutschland hat die Company im Visier. Nach der Teilnahme an der Fitness-Messe Fibo im vergangenen Jahr verkündete das Unternehmen die Zusammenarbeit mit Influencern wie Inscope21 und Tim Gabel.