"Übersicht mit KI": Google testet AI Overviews in Europa – auch in Deutschland

Google bestätigt nach Social Media Posts einen Test "bei einem kleinen Teil des Traffics"

Inhalt
  1. Testläufe in mehreren europäischen Ländern
  2. Chegg verklagt Google wegen der "AI Overviews"
  3. Deutsche Publisher sorgen sich
  4. Die Wahl zwischen Pest und Cholera?
  5. Wie viel weniger Klicks leitet Google nun weiter?

Google spielt in Deutschland und anderen europäischen Ländern erstmals testweise so genannte "AI Overviews" aus: KI-generierte Antworten und Zusammenfassungen. Das zeigen Screenshots, die User auf Social-Media-Plattformen gepostet haben. Für Website-Betreiber*innen wird Google als Traffic-Kanal damit noch weniger berechenbar. OMR erklärt die Hintergründe und möglichen Folgen.

"First time I see AIOverviews in germany. Welcome to germany AIO!", schreibt Suchmaschinen-Experte Olaf Kopp in einem Beitrag auf Linkedin und ergänzt diesen um mehrere Screenshots, die belegen: Google spielt aktuell in Deutschland erstmals "AI Overviews", also KI-generierte Antworten und Zusammenfassungen innerhalb der regulären Suchergebnisse aus. Der Name: "Übersicht mit KI". In der Kommentarspalte von Kopps Beitrag postet ein Schweizer Nutzer einen Screenshot aus der Eidgenossenschaft.

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Eine "Übersicht mit KI" (Screenshot: Olaf Kopp)

Testläufe in mehreren europäischen Ländern

Google hat die "AI Overviews" im Mai 2024 in den USA eingeführt und dann wenige Monate später in mehr als 100 Ländern ausgerollt, jedoch nicht in Europa. Bislang. Nun bestätigte ein Google-Sprecher auf Anfrage von OMR, dass die AI Overviews aktuell in Deutschland und der Schweiz getestet werden, "bei einem kleinen Prozentsatz des Traffics". Einen Termin für den offiziellen Start hierzulande wollte der Sprecher jedoch noch nicht nennen.

Offensichtlich testet Google aber sogar in weiteren europäischen Ländern. Auch Nutzer*innen aus Italien und Spanien berichten von "AI Overview"-Sichtungen. Die AI Overviews werden aber nicht allen Nutzer*innen ausgespielt, wie Tests von OMR gezeigt haben.

Chegg verklagt Google wegen der "AI Overviews"

Die KI-Antworten in Googles Suche sind seit ihrer Einführung ein viel diskutiertes Politikum. Denn mit ihnen erreicht Googles Wandel von einer Suchmaschine, die die User zu einer Website oder einem Online-Shop weiterleitet, zu einer Antwortmaschine, die möglicherweise immer weniger Nutzer*innen weiterleitet, ein ganz neues Niveau. "Diese Neuerung von Google könnte die Statik des gesamten Webs verändern", so unsere damalige erste Einordnung der neuen Funktion.

Google selbst erklärt in der offiziellen Kommunikation zu den AI Overviews (wie beispielsweise in einem "Sponsored Article" bei OMR), dass die User durch die Funktion ein "größere Vielfalt an Websites" besuchen und mit den Ergebnissen insgesamt zufriedener seien. Der Konzern wolle darüber hinaus bei der Weiterentwicklung der Funktion darauf achten, "weiterhin wertvollen Traffic zu Publishern und Creator*innen zu schicken". Klicks verkaufen will Google aber nach wie vor, auch in AI Overviews: Seit dem vergangenen Oktober bindet der Konzern auch Werbung in den KI-Antworten ein.

In den USA hat die Lernplattform Chegg Google gerade wegen der AI Overviews verklagt. Durch die KI-Antworten verbleibe nun Traffic bei Google, der eigentlich Chegg gehöre, so das Unternehmen in einem Statement. Cheggs Marktkapitalisierung an der Börse betrug zu Spitzenzeiten 14 Milliarden US-Dollar; nun liegt sie bei nur noch 100 Millionen US-Dollar. Googles KI-Antworten sind nicht das einzige Problem, das Chegg zu schaffen macht: Durch OpenAIs ChatGPT soll die vor allem von Studenten genutzte Plattform mehr als eine halbe Million zahlender Abonnent*innen verloren haben.

Deutsche Publisher sorgen sich

Allerdings: Als ChatGPT erstmals der Allgemeinheit verfügbar gemacht wurde, war Chegg schon nur noch vier Milliarden US-Dollar wert. Und wie Search-Experte Kevin Indig gerade analysiert hat, sollen die Suchen nach der Marke "chegg" bei Google schon seit 2020 zurückgegangen sein – "ein Zeichen für eine abnehmende Markenbekanntheit, ein nachlassendes Product-Market-Fit und eine sinkende Nutzerbindung", so Indig.

Trotzdem dürften Fälle wie der von Chegg die Ängste deutscher Publisher nicht gerade besänftigen. In einer qualitativen Studie des "Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger" (BDZV) aus dem vergangenen Jahr heißt es, dass 100 Prozent der befragten Branchenvertreter*innen damit rechnen, durch AI Overviews von Google künftig noch weniger Traffic zu erhalten als bisher.

Die Wahl zwischen Pest und Cholera?

Website-Betreiber*innen können zwar verhindern, dass ihre Inhalte in den KI-generierten Zusammenfassungen erscheinen. Dafür müssen sie der Robots.txt-Datei ihrer Website das Attribut "nosnippet" hinzufügen. Damit konnten Publisher bisher signalisieren, dass ihre Inhalte in Googles Suchergebnissen nicht als so genanntes "Featured Snippet" anzeigt werden; diese "Deaktivierung" soll nun auch für AI Overviews gelten.

Trotzdem wird Google ja nun aber trotzdem so oder so AI Overviews ausspielen. Die Publisher stehen damit also – zumindest im Fall der Suchanfragen, bei denen Google AI Overviews ausspielt – vor der Wahl: Weniger Traffic als vorher (wenn sie ihre Inhalte für die "AI Overviews" freigeben) – oder künftig gar keinen Traffic mehr.

Wie viel weniger Klicks leitet Google nun weiter?

Dazu, in welchem Maß die Klickraten durch AI Overviews einbrechen, gibt es unterschiedliche Studien. Die US-Agentur Seer Interactive hat die Klickraten, "normaler" organischer Google-Ergebnisse mit den von AI Overviews verglichen und dramatische Unterschiede gesehen. Wenig überraschend ist der Vergleichspunkt essenziell. Die Betreiber*innen des deutschen SEO-Tools Sistrix hatten im vergangenen November die Klickraten von AI Overviews mit denen vom "Vorgänger-Format" "Featured Snippets" verglichen und festgestellt, dass AI Overviews auf den ersten drei Plätzen sogar mehr Klicks als "Featured Snippets" verzeichneten.

Search-Marketing-Experte Kevin Indig hat zuletzt 19 solcher Studien zusammengefasst. Seine Erkenntnis: AI Overviews werden eher bei informationalen statt transaktionalen (bei denen es um einen Kauf geht) Suchen ausgespielt; und zwar am häufigsten bei Gesundheitsthemen.

Wie sollten sich nun deutsche und europäische Publisher und Online-Marketing-Macher*innen auf den offiziellen Start von Googles KI-Antworten vorbereiten? Sistrix-Gründer Johannes Beus glaubt zum einen, dass einzigartiges Expertenwissen noch wichtiger wird, und dazu "eigene authentische Fotos, Videos, Meinungen, Einschätzungen und Erfahrungen". Zum anderen empfiehlt er: "Werde eine Marke". Denn Google werde in den Suchergebnissen künftig immer weniger URLs anzeigen oder verlinken, sondern Marken, Personen und allgemein "bekannte Entitäten" nennen.

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Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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