Pokémon, Yu-Gi-Oh & Co.: Warum Sammelkarten-Shops immer noch ein großes Business sind
"Gate to the Games": Vom Ebay-Verkäufer aus dem Kinderzimmer zum Trading-Card-Unternehmen
- Vom Kinderzimmer zur Geschäftsidee
- Ein Blog als SEO-Motor
- Weitere Kanäle aufbauen
- Ein umkämpfter Markt
- Millionen-Umsätze mit verkauften Sammelkarten?
Wer in den 90ern und 2000ern groß geworden ist, erinnert sich vielleicht an Duelle mit Yu-Gi-Oh-Karten oder Tauschgeschäfte mit anderen Pokémon-Sammlern. Das Geschäft mit solchen Trading Cards (dominiert von den gerade genannten und „Magic: The Gathering“) sorgt noch immer für riesige Millionen-Umsätze pro Jahr. Davon profitieren auch digitale Spezialhändler wie „Gate to the Games“. Gründer Markus Schwarze hat früher vom Kinderzimmer aus auf Ebay verkauft. Heute betreibt er einen der größten Online-Shops für Sammelkarten in Deutschland.
Das Kartenspiel Magic: The Gathering ist über 25 Jahre alt, Pokémon-Sammelkarten gibt es seit 1996 und Yu-Gi-Oh-Karten sind seit 1999 auf dem Markt. Und immer noch sind die drei Marktführer in Sachen Trading Cards extrem erfolgreich. Der Umsatz von Magic: The Gathering, das mittlerweile zu Hasbro gehört, soll bei über 300 Millionen US-Dollar im Jahr liegen. Die Pokémon Company, ein Teilunternehmen von Nintendo, verkauft angeblich pro Jahr über zwei Milliarden Pokémon-Karten. Und Konami soll schon 2011 insgesamt über 25 Milliarden Yu-Gi-Oh-Karten verkauft haben. Laut einer Studie spielten 2017 etwa 6,4 Millionen Menschen in Europa physische Kartenspiele wie die genannten. Von dem riesigen Business profitieren aber nicht nur die großen Konzerne.
Vom Kinderzimmer zur Geschäftsidee
„Ich selbst habe früher mit Trading Cards gespielt und hatte irgendwann eine größere Sammlung. Als ich diese komplett auf Ebay verkaufen wollte, um etwas Taschengeld zu verdienen, merkte ich, dass ich viel weniger zurückbekommen würde, als ich bezahlt hatte“, sagt Markus Schwarze, Gründer und Geschäftsführer vom Online-Shop Gate to the Games, gegenüber OMR. „Mit Karten-Packs [Packungen mit wenigen Karten, d. Red.] kann man im Verkauf mehr Geld verdienen als mit kompletten Sammlungen, deshalb habe ich dann als 14-Jähriger neben der Schule solche Packs verkauft.“ So beginnt 2004 die Geschichte des Sammelkarten-Shops aus dem kleinen Ort Schönebeck nahe Magdeburg in Sachsen-Anhalt.
Fast wäre es aber nichts geworden mit dem Trading-Card-Business von Markus Schwarze. Er habe zuerst nur nebenbei auf Ebay verkauft, dann aber nach der Schule eine Pause eingelegt. 2008 besinnt er sich während des Studiums seiner alten Geschäftsidee und gründet gemeinsam mit seiner Mutter das Unternehmen Gate to the Games, um professionell und im eigenen Online-Shop Sammelkarten zu verkaufen. Seine Mutter kümmert sich fortan um Verpackung und Versand der Produkte. „Zuerst haben wir noch alles aus dem Kinderzimmer verschickt. Das wurde zu klein, dann ging es in den Keller, dann ins Gästezimmer. 2015 haben wir die ersten Büroräume angemietet – mit zwei Vollzeitkräften und zwei Minijobbern“, so Markus Schwarze. Heute beschäftige das Unternehmen 20 Mitarbeiter.
Ein Blog als SEO-Motor
„Eigentlich war die Gründung eines Unternehmens gar nicht eingeplant. Es war erst Taschengeld-Zulage und später Zubrot für meine Mutter. Was jetzt daraus geworden ist, war Zufall“, sagt der Gründer. Trotzdem will sich Schwarze von Beginn an nicht als Marktplatzhändler in der Nische zufrieden geben – auch weil eine Abhängigkeit von Ebay oder Amazon nicht in seinem Sinne gewesen sei. „Weil ich auch im Studium viel mit Online Marketing zu tun hatte, wurde der Online-Shop schnell größer als Ebay“, sagt Schwarze. Und das habe vor allem an der Arbeit am Blog von Gate to the Games gelegen: „In Sachen Marketing bespielen wir die ganze Palette. Vor allem bei SEO sind wir durch viel Content-Arbeit gut aufgestellt. Es hat aber lange gedauert, bis sich die Mühe ausgezahlt hat.“ Heute machten Ebay und Amazon nur noch fünf bis zehn Prozent des Umsatzes aus.
Auf dem Blog erscheinen Geschichten über neue Karten-Sets, neue Spielmethoden oder auch mal Lebenstipps für Kartensammler („Zocken in Beziehungen – so klappt es bei dir!“). Alle drei bis fünf Tage landet neuer Content auf dem Blog. Mit der Content-Strategie hat es Gate to the Games geschafft, für wichtige Keywords stark zu ranken. Laut dem Analyse-Tool Sistrix rangiert der Shop des Unternehmens mit über 4.300 Keywords in den Top 10 der Google-Suche. Bei Keywords wie „yugioh karten“, „pokemonkarten“ oder „pokemon karten kaufen“ liegt die Seite in Deutschland auf Platz 1. Deshalb ist es wenig überraschend, dass laut Schätzungen des Analyse-Tools Similar Web derzeit knapp 42 Prozent der Nutzer über die organische Suche auf der Seite landen – der große Rest kommt vor allem direkt auf Gate to the Games. Insgesamt hat der Shop demnach etwa 300.000 Visits pro Monat.
Weitere Kanäle aufbauen
Warum gewinnt Gate to the Games kaum Besucher über die großen Social-Plattformen? In den letzten Jahren habe die Man-Power für große Sprünge auf Facebook, Instagram, Youtube & Co. gefehlt. „Wir bauen gerade ein eigenes Marketing-Team auf. Vor Kurzem haben zwei Online-Marketing-Manager bei uns angefangen und die bringen den Bereich jetzt richtig in Schwung“, sagt Schwarze. Auf Facebook teile das Team vor allem den selbst erstellten Content, um dort Traffic drauf zu ziehen, für Instagram gebe es dagegen gar keine Strategie – der letzte Post des Gate-to-the-Games-Kanals stammt aus dem Februar 2018. Schwarze wolle jetzt aber wieder aktiver auf der Foto-Plattform werden. Dass Instagram durchaus Potenzial als Marketingkanal für ein solches Geschäft bietet, zeigt zum Beispiel der US-Account „artofthecards“ mit über 23.000 Abonnenten. Eine Künstlerin gestaltet hier selbst Karten und leitet die Nutzer auf einen eigenen Shop mit Original-Produkten.
Von den Visits aus Social-Kanälen macht Youtube fast 70 Prozent aus – der wird auch noch regelmäßig bespielt. „Auf Youtube funktionieren Unpacking-Videos richtig gut. Das wollen die Leute einfach sehen“, sagt Schwarze. Mit Auspack-Videos von neuen Karten-Sets hat Gate to the Games über 20.000 Abonnenten gewonnen und mehr als 4,4 Millionen Videoaufrufe generiert. Das erfolgreichste Video über eine „Legendary“-Box von Yu-Gi-Oh kommt auf über 650.000 Views. Abgesehen von diesen organischen Reichweiten investiere das Unternehmen geringe Budgets in Facebook Ads und Google AdSense – vor allem für Retargeting-Kampagnen.
Ein umkämpfter Markt
Es wird für das Unternehmen wohl wichtig werden, auf den weiteren Kanälen sichtbar zu bleiben. „Online gibt es sehr viel Konkurrenz auf dem Markt. Aber wir gehören ganz klar zu den Größten in Deutschland“, sagt Schwarze. Neben Marktplatzhändlern, die nebenbei Karten verkaufen, gibt es auch größere Player wie collect-it.de, die zum Teil aus Spielwarengeschäften entstanden sind. Darüber hinaus gibt es auf Sammelkarten spezialisierte Marktplätze wie Cardmarket, wo Sammler ihre Karten an andere Interessierte verkaufen können.
„Der Trading-Card-Markt ist sehr zyklisch. 2017 hatten wir wegen Pokémon Go und dem zwanzigsten Jubiläum von Pokémon eine extrem große Nachfrage“, sagt Gate to the Games-Gründer Schwarze. „Die Leute sehnen sich danach, auch mal was ohne Bildschirm zu machen.“ Und diese Sehnsucht befriedigen die Hersteller immer wieder – was Trading Cards zu einem umso spannenderen Geschäftsfeld macht. Die Spieler stellen sich in Spielen wie Yu-Gi-Oh oder Magic einem Konkurrenten mit ihrem selbst zusammengestellten Karten-Deck. Um also langfristig mithalten zu können und Duelle zu gewinnen, brauchen sie auch gute Karten. Immer neue und stärkere Karten bringen die Spieler dazu, auch immer wieder einzukaufen.
Und das Hobby ist nicht nur deshalb teuer. Zum Teil kosten Packs mit 75 zufälligen Karten für Magic knapp 60 Euro. Gleichzeitig gibt es besonders wertvolle Karten, die auf dem Zweitmarkt gehandelt werden. Die „Black Lotus“ von Magic: The Gathering ist derzeit zum Beispiel für knapp 160.000 US-Dollar bei Ebay zu haben.
Millionen-Umsätze mit verkauften Sammelkarten?
„Zwischen 60 und 65 Prozent der Käufer sind Stammkunden“, sagt Schwarze. „Unsere Zielgruppe hat eine große Leidenschaft für die Produkte und kauft deshalb sehr regelmäßig.“ Und für diese Kunden hat Gate to the Games auch eine App entwickelt, mit dem sie Barcodes von Produkten unterwegs scannen und so Preise vergleichen und direkt im Webshop kaufen können. Die App sei bisher knapp 20.000 Mal heruntergeladen worden und trage immer stärker zum Umsatz bei.
Über den will Schwarze mit OMR zwar nicht explizit sprechen, er lässt aber ein paar Zahlen fallen, die auf die Größe von Gate to the Games schließen lassen: „Wir haben 4.000 bis 5.000 Bestellungen im Monat und unser durchschnittlicher Warenkorb liegt bei über 50 Euro.“ Setzt man den geringsten Wert von 4.000 Bestellungen bei einem Warenkorb von 50 Euro an, ergibt sich ein Sales-Umsatz pro Jahr von 2,4 Millionen Euro.