Die 14 Jahre alte Ratgeber-Seite dieses Gründers hat dank SEO eine Millionen-Reichweite
frag-mutti.de ist die vielleicht wichtigste Seite für Junggesellen
- Community-Gedanke steht im Vordergrund
- Frag-Mutti startet ohne Content- und SEO-Strategie
- Linkbuilding und die Wichtigkeit von gutem Content
- Stern TV sorgt für Traffic-Peaks bei Frag-Mutti
- Frag-Mutti setzt auf verschiedene Content-Formate
- Video als wachsender Kanal und Monetarisierung
- Investoren und Übernahmeangebote
Die als Hobby-Projekt gestartete Ratgeber-Community frag-mutti.de mag etwas altbacken wirken, hinter der unscheinbaren Fassade verbirgt sich aber ein echter Traffic-Hidden-Champion: Das Projekt kommt auch 14 Jahre nach der Gründung auf 2,6 Millionen Unique User und 7,1 Millionen Page Impressions im Monat – und macht im Jahr sechsstellige Umsätze. Wie aus einem Küchenprojekt trotz anfänglicher Wissenslücken ein Business wurde, welchen Anteil ein Stern TV-Auftritt am Erfolg hat und wie der Gründer des Portals Geld verdient, hat er OMR verraten.
Die Geschichte von Frag-Mutti beginnt im Jahr 2003 – und mit der Frage, wie man eigentlich Salzkartoffeln kocht. Als die Freunde Bernhard Finkbeiner und Hans-Jörg Brekle gemeinsam das Essen vorbereiten, stehen sie vor genau diesem Rätsel und müssen sich bei Brekles Mutter Rat holen. Nach dem Telefonat und dem erhofften Tipp fühlt sich der Sohn bestätigt: „Siehste, frag Mutti!“; der Name für das Projekt ist geboren. „Ich fand sofort, dass das ein lustiger Name für eine Website wäre, auf der Haushaltstipps für absolute Anfänger bereitgestellt werden könnten“, erklärt Bernhard Finkbeiner im Gespräch mit OMR.
Community-Gedanke steht im Vordergrund
Die Webseiten, die es zu diesem Zeitpunkt in dem Bereich gibt, richten sich laut Finkbeiner hauptsächlich an bereits erfahrene Hausfrauen und Hausmänner. Der künftige Informatik-Student will viel früher ansetzen, vor allem absolute Haushalts-Basics vermitteln und Fragen wie „Wie kocht man Spaghetti, Reis oder Kartoffeln?“, „Was sollte beim Wäschewaschen beachtet werden?“ oder „Welches Putzmittel ist das beste?“ möglichst simpel beantworten. Die Zielgruppe: Studenten, die zum ersten Mal den Haushalt schmeißen und nicht für jede Kleinigkeit zu Hause anrufen wollen. Diesen Job soll in Zukunft frag-mutti.de erledigen.
„Von Anfang an war meine Intention, eine Plattform zu schaffen, auf der sich Leute austauschen können. Ich wollte Tippgeber und Tipp-Suchende zusammenbringen“, sagt Bernhard Finkbeiner. Weil der Community-Gedanke für den Frag-Mutti-Gründer eine entscheidende Rolle spielt, integriert er schon früh ein Forum in die Seite. Erste Erfahrungen im Webdevelopment hatte der gebürtige Ludwigsburger bereits bei einem Schülerjob Anfang der 2000er sammeln können. Die zu Beginn nur als Hobby gedachte Ratgeber-Seite erstellt er im Jahr 2003 innerhalb von nur vier Monaten.
Frag-Mutti startet ohne Content- und SEO-Strategie
Eine richtige Content- und SEO-Strategie existiert kurz nach dem Launch der Webseite zwar noch nicht, Bernhard Finkbeiner erkennt aber schnell, welche Relevanz das gezielte Optimieren auf Keywords noch haben sollte. Mit Hilfe einer selbstentwickelten Tracking-Lösung stellt er fest, dass der Großteil der Besucher von Anfang an organisch über Google auf seine Seite komme. „Google erkannte zu der Zeit immer mehr die Suchintention hinter einem Suchbegriff und lieferte die Seiten, die wirklich für den Nutzer sinnvoll waren“, so Finkbeiner. Sein bis dahin nur spärlich vorhandenes SEO-Wissen baut er in der Folge durch Learning-by-Doing aus.
Bis heute ist organischer Suchmaschinen-Traffic mit 78 Prozent (laut Similar Web) der wichtigste Kanal. Ein Blick in das SEO-Tool Sistrix zeigt aber eine leicht negative Entwicklung. Das bestätigt auch OMR-Buddy und SEO-Experte Andre Alpar: „Der Sichbarkeitsindex von frag-mutti.de geht seit vier, fünf Jahren nach unten.“ Die Ratgeber-Seite habe vor allem an Googles Qualitäts-Updates zu knabbern. Ein laut Alpar möglicher Grund: Die Website besteht zu einem sehr großen Teil aus User-generated Content. Google bevorzuge allerdings redaktionellen Content und eine klare Trennung der beiden Content-Arten.
Ein möglicher Hebel könne das gezielte Optimieren auf Googles Answer Box sein, so Alpar weiter. Die sogenannten Featured Snippets werden zwar unter den bezahlten, aber immer über allen organischen Suchergebnissen und außerdem vom Smart-Lautsprecher Google Home ausgespielt. Vor allem für konkrete Fragen, die bei Frag-Mutti beantwortet werden, stecke in dem Format ein enormes Traffic-Potenzial.
Linkbuilding und die Wichtigkeit von gutem Content
„Viele SEOs haben damals ja auch stark den manuellen Linkaufbau betrieben und ausgenutzt“, erinnert sich Bernhard Finkbeiner. Beim Linktausch beispielsweise haben sich Webmaster nach Absprache einfach gegenseitig verlinkt, um ihr Suchmaschinen-Ranking zu erhöhen. Frag-Mutti habe das allerdings nur im sehr kleinen Rahmen mittels der sogenannten „Lieblinks“ gemacht. In dieser Kategorie verlinkten sie Seiten, die sie selbst interessant fanden. Anschließend wurden die jeweiligen Website-Betreiber auf den Verweis aufmerksam gemacht – und ihnen vorgeschlagen, frag-mutti.de ebenfalls zu verlinken. „Das war auch noch völlig in Ordnung, da es ja wirklich nur reine Empfehlungen waren“, so der Gründer gegenüber OMR.
Heute vertritt er die gängige Meinung, dass guter und hilfreicher Content der Schlüssel zu Links auf die eigene Seite ist. Finkbeiner sagt: „Es existiert sogar ein Wikipedia-Eintrag über Frag-Mutti, den wir nicht selbst angelegt haben. Da haben wir wahrscheinlich schon davon profitiert, dass wir einfach sehr früh im Netz waren und durch die Medien wichtige Links gesetzt wurden.“
Stern TV sorgt für Traffic-Peaks bei Frag-Mutti
Der organische Suchmaschinen-Traffic liefere zwar seit Jahren konstante Reichweite, doch für wirkliche Traffic-Peaks haben vor allem Erwähnungen in Medien und TV-Auftritte geführt. „Wenn Frag-Mutti in einer Zeitung erwähnt wurde, führte dies zu spürbar mehr Traffic. Der größte Ausschlag kam aber nach einem Auftritt bei Stern TV 2005 zustande“, sagt Bernhard Finkbeiner. Passanten traten in dem Beitrag gegen die „virtuelle Mutti“ an. Eine zu lösende Aufgabe war beispielsweise das Reinigen eines verkrusteten Topfs – und der Frag-Mutti-Gründer zeigte dafür einen Trick mit aufgekochtem Waschpulver. „Während und nach den Fernsehbeiträgen hatte ich alle Hände voll zu tun, mich darum zu kümmern, dass der Server nicht down geht. So viel Traffic kam da in kurzer Zeit. Die Größenordnung des zusätzlichen Traffics kann man sich in etwa so vorstellen: An einem normalen Tag hatten wir zwischen 10.000 und 20.000 Besucher auf unserer Seite. Während und vor allem nach dem Stern TV-Auftritt schießt der Traffic dann innerhalb weniger Stunden auf etwas über 100.000 Besucher”, so Finkbeiner.
Auch am Tag nach der Ausstrahlung habe der Traffic das hohe Niveau noch gehalten. Seine Erklärung: „Das war noch vor der Smartphone-Zeit. Viele Zuschauer haben sich die URL vermutlich notiert und Frag-Mutti dann am nächsten Tag besucht.“ Jeder durch solche Medienberichte und TV-Auftritte erzeugte Traffic-Peak habe zu neuen Stamm-Usern geführt. Finkbeiner schätzt, dass jeweils zwischen zehn und 20 Prozent der neuen User Frag-Mutti auch im Anschluss regelmäßig besucht haben. Heute ist frag-mutti.de sowohl bei der IVW, als auch bei der AGOF gelistet. Demnach kam die Ratgeber-Community im November auf 3,6 Millionen Visits und 7,1 Millionen Page Impressions; die AGOF weist für den Oktober 2017 2,63 Millionen Unique User aus – mehr als Portale wie beispielsweise Stepstone, Huffington Post, Twitch und Urlaubsguru in Deutschland haben.
Neben der Website sind die Frag-Mutti-Inhalte auch per Android- und iOS-App abrufbar; in Summe verzeichnen sie laut Bernhard Finkbeiner rund 300.000 Downloads. Das Forum von Frag-Mutti komme auf circa 13.000 jährlich aktive Nutzer.
Frag-Mutti setzt auf verschiedene Content-Formate
Seit dem 1. April 2006 sind Bernhard Finkbeiner und Hans-Jörg Brekle auch Autoren von mehreren Büchern rund um Frag-Mutti und die frühere, inzwischen eingegliederte Bruder-Plattform „Frag-Vati“. Die Bücher tragen laut Finkbeiner nicht sehr viel zum Gesamtumsatz bei. Trotzdem hält er die gedruckten Tipps für einen wertvollen Offline-Marketing-Kanal. Sie ermöglichen Frag-Mutti-Fans, die Website indirekt als Geschenk an Freunde und Verwandte weiter zu empfehlen.
Um die Community zu aktivieren, veranstaltet Frag-Mutti seit mittlerweile fast zehn Jahren gemeinsam mit Henkel Produkttests, für die sich Nutzer bewerben können. Wenn sie ausgewählt werden, erhalten sie ein Paket mit Henkel-Produkten und einem Frag-Mutti-Buch. So werde die Nutzerbindung gesteigert und Henkel platziere Haushalts-Produkte direkt in der passenden Zielgruppe. Seit Mitte 2017 erstellt Frag-Mutti zusätzlich redaktionelle Produktvergleiche und -tests und erhält so Affiliate-Provisionen über Amazons Partnerprogramm.
Als Tests bezeichnet Frag-Mutti dabei laut dem Gründer nur wirklich selber durchgeführte Tests. Anfang des Jahres hatte es in der Branche noch große Aufregung über „Fake-Test-Seiten“ gegeben; es kam zu Abmahnungen. Finkbeiner vertritt eine klare Position: „Zusammenfassende Vergleiche sollten dem Besucher nicht als Tests angeboten werden, wenn keine eigenen Tests durchgeführt wurden. Das ist meiner Meinung nach irreführend. Wer einen Testsieger kürt, der muss auch wirklich getestet haben. Wir gehen den steinigen Weg und testen die Produkte selbst.“
Video als wachsender Kanal und Monetarisierung
Auch auf Youtube ist Finkbeiner mit Frag-Mutti aktiv. Den gleichnamigen Kanal haben aktuell über 31.000 Nutzer abonniert, die Videos kommen auf rund 6,6 Millionen Views. Auf dem Channel werden nicht nur Clips hochgeladen, in denen Finkbeiner vor der Kamera steht und Tipps an die Community weitergibt, sondern auch von Usern erstellter Content. Als Anreiz verspricht Finkbeiner für jedes veröffentlichte Video aus der Community einen Amazon-Gutschein in Höhe von 50 Euro.
Ursprünglich sollte die als Hobby gestartete Ratgeberseite nicht monetarisiert werden. Nach zwei Jahren und immer mehr Aufwand integriert Finkbeiner dann die ersten Google-Adsense-Anzeigen. „Ich war überrascht, wie gut das funktioniert und dass sich damit das Taschengeld doch ordentlich aufpolstern lässt“, sagt er. Heute generiert Frag-Mutti einen Jahresumsatz im mittleren sechsstelligen Bereich und beschäftigt neben Bernhard Finkbeiner vier weitere Vollzeit-Mitarbeiter sowie einen Werkstudenten. 70 Prozent des Umsatzes entstehen durch die Einbindung von Google Adsense, 20 Prozent aus weiteren Display-Ads und rund zehn Prozent werden mit Produkttests und Affiliate-Einnahmen generiert. Frag-Mutti bietet für Advertiser auch die Möglichkeit, in ihrem Newsletter mit circa 100.000 Abonnenten Werbung zu schalten.
Wie alle Online-Publisher hat aber auch die Ratgeberseite mit der hohen Verbreitung von Adblockern zu kämpfen. Momentan setzt das Team das Tool Tisoomi ein, das ihnen ermöglicht, trotz aktiviertem Adblocker Banner auszuspielen. Die Adblocker-Rate liege bei zehn bis zwölf Prozent vom Gesamt-Traffic.
Investoren und Übernahmeangebote
Hin und wieder habe Finkbeiner auch schon Übernahmeangebote erhalten – doch bislang sei nichts dabei gewesen, was ihn hätte schwach werden lassen. Ein wichtiger Punkt für ihn sei die unternehmerische Freiheit, die er durch Frag-Mutti habe. Ein Verkauf sei also nicht geplant. „Ich freue mich einfach, dass ich vor 14 Jahren eine Seite ins Netz gestellt habe, die es heute immer noch gibt und die sehr vielen Leuten sehr viel Freude bereitet“, so Finkbeiner. Und das soll – wenn es nach ihm geht – auch noch viele Jahre so bleiben. Sein etwas seltsamer Lieblings-Tipp nach all den Jahren übrigens: Lachs aus der Spülmaschine.