Fake Podcast Ads als Marketingtrend: Diese Marken nutzen den Trick

Screenshots von Werbeanzeigen von (von links) Carpe, Onlyfy und V Shred (Montage: OMR)
Inhalt
  1. Fake it so you don't have to make it
  2. "You've seen the big boys do it"
  3. Auch Xing-Tochter Onlyfy mischt mit
  4. Die nächste Ausbaustufe der UGC-Strategie
  5. Fünfstelliger Monatsumsatz dank Fake Podcast Ads?

Eine Person, die in einen Podcast eingeladen wird, verfügt bei dem Thema, über das sie spricht, über eine gewisse Authorität. Diese Grund-Annahme machen sich Marketingmacher*innen aktuell zunutze, indem sie Video-Anzeigen produzieren, die aussehen, als stammten sie aus einer Podcast-Aufnahme. Angeblich setzen manche Schauspieler*innen, die sich über Plattformen wie Fiverr für Werbe-Clips als Fake-Podcast-Hosts anbieten, damit fünfstellige Summen im Monat um. OMR zeigt Beispiele.

Es ist alles da: der dunkelrote Samtvorhang im Hinter- und das Shure SM7B-Mikrofon im Vordergrund. Fitness-Influencer Vince Sant alias "V Shred" trägt in dem Werbevideo sogar dasselbe Kopfhörer-Modell wie die Gäste von Podcaster Joe Rogan. "Der größte Irrglaube ist, dass man sein Leben aufgeben muss", gibt Sant in dem Kurzvideo, das er als bezahlte Anzeige auf Plattformen wie Youtube schaltet, vollmundige Versprechen zu seinem Abnehmprogramm ab.

Fake it so you don't have to make it

Für viele Zuschauende, die das Video in ihren digitalen Feed gespült bekommen, dürfte der Clip wirken, als sei Sant wirklich zu Gast in einem Podcast und dort wegen seiner Expertise eingeladen worden. Nicht wenige "erkennen" vermutlich sogar das Set des Joe Rogan Podcasts (mit knapp 15 Millionen Abonnent*innen auf Spotify der vielleicht reichweitenstärkste Podcast der Welt) wieder. Doch Sant ist nie von Rogan in den Podcast eingeladen worden; der Werbespot legt es nur gezielt darauf an, diesen Eindruck zu erwecken.

Es ist eines der unverfroreneren Beispiele eines aktuellen Marketingtrends: Fake Podcast Ads. In den USA ist die Praxis offenbar schon seit einiger Zeit verbreitet; andere Fitness Influencer wie James Smith und Greg Doucette haben Sants u.a. wegen seiner gefakten Podcast-Auftritte schon vor einem Jahr öffentlich an den Pranger gestellt. In der Google Ad Library ist einsehbar, dass Sant die Videos immer noch als Werbung schaltet.

"You've seen the big boys do it"

Im vergangenen September hat der aus Großbritannien stammende Marketingdienstleister Sufian Asghar auf X (ehemals Twitter) ein Video veröffentlicht, indem er potenzielle Kund*innen dazu einlädt, sich solche Fake Podcast Ads von seiner Firma Adtok produzieren zu lassen – andere Marken wie "Onnit", "Magic Mind" (beides Nahrungsergänzungsmittelfirmen), "Hismile" (Zahn- und Mundpflegeprodukte) und "Ridge Wallet" (Geldbörsen) würden dieses Mittel bereits nutzen. Er habe eigens eine Gruppe an Content Creator*innen zusammengestellt, die Videos im Podcast-Look erstellen, so Asghar in seinem Clip auf X. Offenbar legt er es mit den von ihm produzierten Video Ads also nicht darauf an, den Eindruck zu erwecken, dass diese aus großen und bekannten Podcasts stammen.

Auch die US-Deo-Marke Carpe setzt auf Fake Podcast Ads. Auf dem Tiktok-Account der Marke finden sich Videos, in denen u.a. Mitgründer Kasper Kubica bei einer vermeintlichen Podcast-Aufnahme zu sehen ist; in der Werbebibliothek von Meta ist einsehbar, dass das Unternehmen solche Videos auch als Werbe-Clips schaltet.

Auch Xing-Tochter Onlyfy mischt mit

Ein weiteres Beispiel: Für "Brawl Stars", eines der vielleicht umsatzstärksten Mobile Games überhaupt (das bereits bis zum Jahr 2021 mehr als eine Milliarde US-Dollar Umsatz erwirtschaftet haben soll), hat die finnische Gaming-Firma Supercell vor fünf Monaten bereits ebenfalls Werbung im Fake-Podcast-Look geschaltet, wie ein Post in der Social Community Reddit zeigt.

In Deutschland hat Recruiting-Dienstleister Onlyfy die Strategie adaptiert. Auch die Xing-Tochter versucht in ihren Videos nicht den Eindruck zu erwecken, dass die Protagonist*innen in großen, bekannten Podcast-Formaten zu Gast waren, sondern zeigt einfach Mitarbeitende in einem Podcast-Studio. Umgesetzt wurde die Kampagne offenbar vom Berliner Dienstleister Adslab, wie einer Case Study auf seiner Website zu entnehmen ist. Wie in den Werbebibliotheken von Tiktok und Meta zu sehen ist, werden die "Fake Podcast"-Clips aktuell als bezahlte Werbung ausgeliefert.

Die nächste Ausbaustufe der UGC-Strategie

Die Veröffentlichung von kurzen Video-Ausschnitten aus Podcast-Aufnahmen als Kurzvideos auf Plattformen wie Tiktok, Instagram und Youtube war bislang eigentlich hauptsächlich ein Wachstumshebel für wirklich existierende Podcasts, um so neue Hörer*innen zu erreichen und Abonnent*innen zu gewinnen. Mit Schnipseln von besonders meinungsstarken bis kontroversen Momenten konnte beispielsweise vor wenigen Monaten der umstrittene Podcast "Hoss & Hopf" auf Platz 1 der deutschen Podcast-Charts vordringen (wir berichteten).

Nun haben findige Marketingmacher*innen dieses Instrument offenbar für sich entdeckt. Die "Fake Podcast Ads" wirken dabei wie die neueste Ausbaustufe der "User Generated Content"-Strategie, die vor circa zwei Jahren aufgekommen ist (wir haben die Strategie damals in unsere Keynote "State of the German Internet" erklärt). In deren Rahmen lassen Marken und Unternehmen Kurzvideos von vermeintlichen "Otto-Normal-Nutzer*innen" erstellen, um so den Eindruck einer möglichst authentischen Produktempfehlung zu erwecken, und diese dann als Werbung ausspielen zu können.

Fünfstelliger Monatsumsatz dank Fake Podcast Ads?

Der aktuelle Trend zu "Fake Podcast Ads" beschert einigen Schauspieler*innen offenbar klingelnde Kassen. Wie Bloomberg entdeckt hat, bieten auf Plattformen wie Fiverr mehrere Menschen an, solche gestellten Podcast-Clips zu produzieren; zu Preisen im dreistelligen US-Dollar-Bereich pro Video.

Er nehme mit diesem Service 25.000 US-Dollar im Monat ein, so Jacob Steven gegenüber Bloomberg. Mitbewerber MJ Wolfe beziffert seinen Verdienst zwischen 9.000 und 16.000 US-Dollar im Monat. Beide wollen jedoch nicht langfristig "User Generated Ads" produzieren, sondern als Content Creator bzw. seriöser Schauspieler reüssieren. "Ich persönlich hasse Social Media", so MJ Wolfe gegenüber Bloomberg.

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Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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