Der krasse Erfolg der Luxusmarke Miu Miu

Florian Heide15.8.2024

Mit Miniröcken und Handtaschen: So wurde das Prada-Tochterunternehmen zum Umsatzgiganten

Inhalt
  1. Trotz Branchenflaute explodiert der Umsatz
  2. "Von Biker-Boots bis Ballerinas"
  3. Mit dem Literaturclub auf Tour
  4. Auf den Osten folgt der Westen

Der Rock, der die Fashion-Welt im Herbst 2021 im Sturm erobert, ist ziemlich kurz. Genauer gesagt so kurz, dass das weiße Innenfutter der Tasche unterhalb des geschlitzten Saums herausragt. Umgehend nach der Modenschau von Miu Miu vor drei Jahren ist er auf der ganzen Welt zu sehen, auf Fashion-Magazin-Covern, an den Körpern von Supermodels und Influencern wie Gigi Hadid und in unzähligen Posts auf Social Media. 

Die Frau, die hinter diesem Erfolg steckt, weiß, wie das funktioniert: Einen Hype um ein Produkt erzeugen. Sie hat es schon hundertfach gemacht, für die italienische Luxusmarke Prada, deren Mitinhaberin und Kreativ-Chefin sie ist: Miuccia Prada. Seit 2020 teilt sie sich die Führungsrolle mit dem belgischen Modedesigner Raf Simons. Und seitdem hat sie mehr Zeit, sich um andere, auf der Strecke gebliebene Projekte zu kümmern: So wie um Miu Miu, die 1993 gegründete Tochtermarke von Prada, die als junger Ableger gedacht ist. 

Trotz Branchenflaute explodiert der Umsatz

Seit Miuccia Prada das Ruder in die Hand und zahlreiche personelle Änderungen vorgenommen hat, erlebt die 30 Jahre alte Marke einen Boom, finanziell und kulturell. In den ersten beiden Quartalen 2024 meldet das Unternehmen rund 500 Millionen Euro Umsatz, das sind 93 Prozent Wachstum im Vergleich zum Vorjahr und rund ein Viertel des Gesamtumsatzes von Prada. Auf dem Lyst Index, einer wichtigen Rangliste der angesagtesten Modelabels der Welt, rangiert Miu Miu Anfang des Jahres auf Platz Eins, nachdem es die große Schwester Prada überholt hat. 

All das wohlgemerkt trotz einer großen Flaute auf dem Luxusmarkt. Konkurrent LVMH, das Unternehmen hinter Louis Vuitton etwa, verzeichnet im zweiten Quartal dieses Jahres gerade einmal ein Umsatzwachstum von rund einem Prozent, vor zwei Jahren waren es noch 20 Prozent. Bei Konkurrent Kering sieht es ähnlich aus. Das Unternehmen hinter Marken wie Gucci und Yves Saint Laurent muss im vergangenen Quartal rund 10 Prozent weniger Umsatz hinnehmen als im Quartal zuvor, allein Gucci hat einen Umsatzverlust von ganzen 18 Prozent

"Von Biker-Boots bis Ballerinas"

Im Gegensatz zu Marken wie Hermes oder Brunello Cucinelli, die mit ihren hochpreisigen Produkten explizit Superreiche im Fokus haben und ihre Kunden gerne Monate auf eine Handtasche warten lassen, sind Produkte von Gucci, Prada, oder Miu Miu eher auf eine gut betuchte Masse ausgerichtet. Im Miu Miu Onlineshop gibt es Handtaschen, Schuhe, Oberteile, Sonnenbrillen, Parfums zu kaufen. Miniröcke wie der, den auch Gigi Hadid im Herbst 2021 trägt, gibt es für rund 1.000 Euro, ebenso ein paar schwarze Ballerinas. Eine leichte Jacke kostet rund 2.000 Euro, die Sonnenbrille mit den blauen Gläsern 430 Euro. 

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Einer der Miu Miu Bestseller: Die Arcadie-Bag für rund 2.400 Euro. Quelle: Miu Miu

Obwohl der Hype um die Miniröcke vorbei ist, beschleunigt sich Umsatzwachstum weiter. "Daran sieht man: Die Marke hat sich erst eine Präsenz aufgebaut, nun fängt es an die richtig zu monetarisieren", sagt Noah Leidinger, Börsenexperte und Host des Finanzpodcasts Ohne Aktien wird schwer (OAWS). Ein wichtiger Treiber für dieses Wachstum seien die vielen neuen Produkte, die Miu Miu regelmäßig auf den Markt bringt. Vor allem solche, denen in Fashion-Kreisen schnell ein ikonischer Status nachgesagt waren. Dazu zählen vor allem Lederwaren, wie etwa die Handtaschen aus der Arcadie- und der Wander-Kollektion. Sie kosten jeweils zwischen 890 und 2.700 Euro.

Dabei zielt Miu Miu längst nicht nur auf junge hippe Gen-Z-Kunden ab. Das zeigt sich auch auf dem Laufsteg: Die Models sind unterschiedlichen Alters, Körpertypen und Geschlechts. Gegenüber der Fashion-Zeitschrift The Business of Fasion ($) sagt Benedetta Petruzzo: "Wir sind von Biker-Boots bis Ballerinas". Daneben profitiert die Marke von Kooperationen. Gemeinsam mit der US-Schuhmarke New Balance etwa brachte Miu Miu einen Sneaker heraus, der kostet 890 Euro. Demnächst soll ein Lederschuh herauskommen, gemeinsam mit dem Luxusschuhhersteller Church’s, der zum Prada-Konzern gehört

Mit dem Literaturclub auf Tour

Wer den großen Erfolg von Miu Miu verstehen will, muss auch in Richtung Osten blicken: Japan, China, Südkorea. Länder, in denen die Verkäufe um ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sind. In denen Trendsetter wie K-Pop-Superstar Jang Won Young und Schauspielerin Liu Haocun zu Botschafterinnen der Marke wurden. 

Längst sind sie mit ihren Produkten – eine einfache Jacke kann 2.000 Euro kosten – in der "Hot Search List" der Shopping-App Weibo aufgeführt. Und wer auf der chinesischen Online-Plattform Xiahongshu, einer Mischung aus Social Media und E-Commerce, nach "Miu Miu Girls" sucht, findet sich zwischen Hunderttausenden von Usern erstellten Posts wieder. Der Hashtag "Miu Miu Girls Camp", unter dem junge Mädchen ihre Outfits posten, hat weit mehr als 100 Mio Views.  

Miu Miu versteht sich darauf, je eigene Hype-Momente um Produkte auf regionalen Märkten zu erzeugen. "Lokalisierung" nennt sich das: das Marketing auf Kultur und Kaufverhalten des Orts abstimmen, an dem das Produkt auf die Kunden trifft. Mit lokalen Events wie beispielsweise weltweiten Touren mit dem eigenen Literaturclub, aber auch Präsenz auf den viel genutzten Plattformen, wie Weibo in Asien.  

Auf den Osten folgt der Westen

"Das krasse überdurchschnittliche Wachstum wird Miu Miu langfristig nicht halten können", sagt Börsenexperte Leidinger. Noch gäbe es zwar keine Anzeichen, dass sich das Wachstum von Miu Miu stark verlangsame. Er schätzt aber, dass das Unternehmen schon bald normale Wachstumsraten haben wird. 

Miu Miu jedenfalls steht in den Startlöchern für größeres. Das Unternehmen will weiter den internationalen Markt erobern. Nun geht der Blick gen Westen: Um Ladenflächen vor allem in den USA auszubauen, stellt das Unternehmen im kommenden Jahr eine Milliarde Euro bereit.

FashionLuxusRetail
Florian Heide
Autor*In
Florian Heide

Florian arbeitet seit fast zehn Jahren als Print-Journalist. Angefangen beim Lokalblatt, später als Praktikant und Freelancer für DIE ZEIT und GEO. Seit 2020 ist er Redakteur bei OMR, wo er über Startups, Viraltrends, den Wandel von Social Media Plattformen und neue Technologien berichtet. Er hat nie Bargeld dabei und verbringt die Wochenenden am liebsten weit weg von Technologie in der Natur.

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