Beim Startup Emma dürfen selbst Praktikanten Verträge über tausende Euro abschließen

Florian Rinke23.3.2022

Das Matratzen-Startup hat eine eigene Führungsphilosophie – und ist damit extrem erfolgreich

OMR-Gründer Philipp Westermeyer und Emma-Gründer Dennis Schmoltzi (von links). Foto: OMR
OMR-Gründer Philipp Westermeyer und Emma-Gründer Dennis Schmoltzi (von links). Foto: OMR
Inhalt
  1. 2019 gewann die Emma-Matratze bei Stiftung Warentest
  2. Emma verkauft seine Produkte inzwischen auch im stationären Handel
  3. Emma plant die Expansion nach China und in die USA
  4. Die Themen des OMR Podcasts mit Dennis Schmoltzi im Überblick:

Innerhalb von sechs Jahren ist das Startup Emma mit dem Verkauf von Matratzen von null auf 645 Millionen Euro Umsatz gewachsen. Beschleunigt wurde das Wachstum durch Testsiege bei Institutionen wie der Stiftung Warentest. Doch Gründer Dennis Schmoltzi sagt, darauf dürfe man sich nicht ausruhen. Denn der Markt ist hart umkämpft – und etliche ambitionierte Konkurrenten haben gezeigt, wie schmerzhaft der Absturz sein kann.

Das Frankfurter Startup Emma verdient sein Geld mit Schlaf – doch gerade deswegen setzt Gründer Dennis Schmoltzi alles daran, dass die Arbeit im Unternehmen nicht einschläfernd ist. Selbst Praktikanten dürften bei Emma Budgets von 10.000 Euro und mehr freigeben, verrät Dennis Schmoltzi im Gespräch mit Philipp Westermeyer im OMR Podcast. Aus seiner Sicht ist das notwendig, um trotz inzwischen 900 Mitarbeitern langfristig die risikofreudige und unternehmerische Mentalität eines Startups zu behalten. Es dauere länger, wenn der Praktikant immer erstmal noch zu jemand anderem laufen müsse, um eine Erlaubnis einzuholen, sagt Schmoltzi. Hinzu kommt aus seiner Sicht: „Du denkst dann als Praktikant: Da guckt ja eh nochmal jemand drauf, so richtig gute Arbeit muss ich nicht machen.“ Das sei anders, wenn man sich für diese 10.000 Euro verantwortlich fühle. „Dann werde ich als Praktikant verdammt nochmal einen guten Job machen und dreimal drüber nachdenken, ob das jetzt Sinn macht.“

Dennis Schmoltzi hat 2013 zusammen mit Manuel Müller das Start-up “Emma – The Sleep Company” gegründet. Zunächst startete man als reiner Online-Shop, über den Matratzen anderer Marken verkauft wurden. Zwei Jahre später begann man dann mit der Entwicklung eines eigenen Produkts, einer Matratze namens „One“. Damit wagte sich Schmoltzi, nach knapp sechs Jahren bei der Unternehmensberatung McKinsey, in einen der umkämpftesten Märkte überhaupt. Denn Matratzen werden zwar nur selten gekauft (in Deutschland etwa alle 10 Jahre), sind dafür aber extrem margenträchtig. Jahrelang wurde der Markt von etablierten Anbietern dominiert, die auch schon mal als „Matratzen-Kartell“ bezeichnet wurden. 

2019 gewann die Emma-Matratze bei Stiftung Warentest

Doch dann wagten weltweit eine ganze Reihe von Startups die Revolution. In den USA war es unter anderem der Anbieter Casper, der mit hohen Werbeausgaben versuchte, Aufmerksamkeit für sein Produkt zu generieren. In Deutschland waren es zunächst der Berliner Anbieter Bett1, der den Markt aufmischte. Anfangs profitierte der Emma-Konkurrent dabei von Auszeichnungen der Stiftung Warentest.

Doch 2019 war es damit vorbei. Da löste die Matratze „One“ von Emma das Modell „Bodyguard“ von Bett1 an der Spitze ab – und bescherte dem Frankfurter Startup rasant steigende Umsätze. Denn der Einfluss von Testergebnissen der Stiftung Warentest in Deutschland ist riesig. „Wenn man bei Stiftung Warentest gewinnt, ist das ein enormer Booster, weil es einfach Vertrauen schafft“, sagt auch Dennis Schmoltzi: „Aber einen Testsieg hat man nicht gebucht. Deswegen ist es enorm wichtig, dass man ihn nutzt, aber weiß, dass man davon nicht abhängig sein darf.“

Emma verkauft seine Produkte inzwischen auch im stationären Handel

Bei Emma arbeiten sie daher inzwischen daran, die Marke weiter zu stärken und das Unternehmen breiter aufzustellen. Emma verkauft inzwischen auch Betten, Kissen oder Bettdecken. Parallel dazu wurde das Logo überarbeitet. „Wir haben jahrelang das Konzept Marke nicht verstanden“, gibt Dennis Schmoltzi zu. Anfangs haben man eher auf die Performance geschaut und sich daran orientiert. Abverkauf statt Markenaufbau. Künftig soll es nicht mehr ausschließlich um Matratzen gehen, sondern um Lösungen, mit denen sich der Schlaf verbessern lässt. In der Schweiz testet Emma daher bereits eine intelligente Matratze, die dank Sensoren unterschiedliche Liegepositionen erkennt und sich entsprechend anpasst.

In 30 Ländern ist Emma inzwischen aktiv, neben dem Online-Vertrieb setzt man längst auch auf Kooperationen mit stationären Anbietern wie Jysk (früher bekannt als „Dänisches Bettenlager“). „Wir sind inzwischen weltweit in über 3500 Läden“, sagt Dennis Schmoltzi. Allein im vergangenen Jahr wuchs der Umsatz dabei um 60 Prozent auf rund 645 Millionen Euro. Für das laufende Geschäftsjahr peilen die beiden Gründer nun fast 900 Millionen Euro an – und das profitabel.

Emma plant die Expansion nach China und in die USA

Kein Wunder, dass Emma zwischenzeitlich bereits das Interesse bei Investoren geweckt hat. 2019 übernahm die Duisburger Beteiligungsfirma Haniel die Mehrheit am Frankfurter Unternehmen, das zuvor laut Schmoltzi nur fünf Millionen Euro Wagniskapital eingesammelt hatte. Er verrät auch, dass man gerne mehr Kapital eingesammelt hätte, doch viele Investoren abgewunken haben. „Damals war es ein Fluch, weil wir dachten: Mist, es kann ja nicht sein, dass wir kein Geld bekommen. Aber heute wissen wir: Das hat uns stärker gemacht“, sagt Emma-Gründer Schmoltzi.

Inzwischen hat Schmoltzi einen anderen Blick auf das Thema. „Ich glaube, dass Kapital per se nicht die Lösung ist. Ich glaube teilweise sogar, dass es hinderlich ist“, sagt er. Mit seinem Mitgründer habe er anfangs sogar darüber diskutiert, ob ein Telefon für 60 Euro angeschafft werden sollte – oder ob nicht auch eins für 20 Euro reicht. „Das hört sich banal an“, sagt Schmoltzi. Dennoch sei es sinnvoll, immer zu überlegen, ob Gelder sinnvoll ausgegeben seien. Das gelte auch für die nun geplante Expansion in die USA und China. Denn dort will Emma nun die nächsten Schritte gehen. In Shanghai habe man bereits ein Team von 30 Leuten aufgebaut. „Wenn es unser Anspruch ist, die größte Schlaf-Marke der Welt zu werden, dann müssen wir diese Länder auch angehen.” 

Im OMR Podcast verrät Dennis Schmoltzi außerdem, wieso er keine Angst vor der US-Konkurrenz hat, mit welchen strategischen Überlegungen er den Großteil seiner Zeit verbringt – und wieso Emma bislang auf Sport-Sponsering verzichtet hat.

Die Themen des OMR Podcasts mit Dennis Schmoltzi im Überblick:

  • Wie Emma entstanden ist und was Matratzen so attraktiv macht (00:04:40)
  • So entwickelte sich das Geschäft von Emma (00:10:30)
  • Warum Emma auf Boni für Mitarbeiter verzichtet (00:15:15)
  • So entsteht die Emma-Matratze (00:24:15)
  • Sport-Sponsering als Marketing-Kanal? (00:33:00)
  • Warum Praktikanten Verträge über tausende Euro abschließen dürfen (00:40:00)
  • Die Rolle von Stiftung Warentest und Co. (00:42:30)
  • Darum haben die Emma-Gründer Haniel mit ins Boot geholt (00:50:15)
  • Der Börsengang als Endgame? (00:56:20)
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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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