„Die Höhle der Löwen“: Auf dem Rücken von steigenden Quoten zu neuen Traffic-Rekorden
So viele Besucher verzeichneten Limberry, Ankerkraut und Evrgreen während der Sendung
- Jüngste Folge verzeichnet Quotenrekord
- Warum Limberrys Server nicht abgeraucht ist
- 300 Prozent mehr Traffic auch Tage danach
- Das passiert, wenn der Shop in die Knie geht
- Viermal mehr Traffic seit der Sendung
- Evrgreen: Kein Deal, aber trotzdem Traffic
Mit der Startup-Sendung „Die Höhle der Löwen“ feiert der TV-Sender Vox neue Quotenrekorde. Aber spült die Sendung den teilnehmenden Unternehmen auch entsprechend mehr Nutzer auf ihre Websites und in deren Online-Shops? Wir haben nach der ersten Folge der aktuellen dritten Staffel von drei DHDL-Startups exklusive Insights über Besucherzahlen, SEO-Effekte und die technische Abwicklung des TV-Traffics erhalten. 336.168 Besucher und 360.315 Visits am Dienstag, dem 23. August 2016, weist Google Analytics für die Website und den Online-Shop des Dirndl-Startups Limberry aus, wie ein Screenshot zeigt, den die Inhaber des Unternehmens Online Marketing Rockstars exklusiv zur Verfügung gestellt haben. Am Abend dieses Tages stellte Limberry-Gründerin Sibilla Kawala ihr Unternehmen in der Vox-Sendung „Die Höhle der Löwen“ vor (hier ihr Pitch im Video). Limberry produziert und verkauft Dirndl; die Kundinnen können aus einer Vielzahl von Stoffen und Designs ihr individuelles Dirndl zusammenstellen.
Konzept, Gründerin und bisherige Ergebnisse kamen offenbar nicht nur bei den „Löwen“ in der Sendung an (Carsten Maschmeyer und Judith Williams investierten für insgesamt 20 Prozent der Anteile des Unternehmens je 125.000 Euro in Limberry), sondern offenbar auch bei den Zuschauern. Viele schauten sich während der Sendung auf ihrem Handy den Shop an. „95 Prozent der Besucher kamen über Smartphones und Tablets“, so Limberry-Mitgesellschafter und Technikchef Benno Lippert gegenüber Online Marketing Rockstars. „Zeitweise waren 56.800 Leute gleichzeitig auf der Seite.“ Zahlen, von denen andere Startups nur träumen können.
Jüngste Folge verzeichnet Quotenrekord
Die Quoten von „Die Höhle der Löwen“ sind langsam, aber stetig gestiegen: Während in den neun Folgen der ersten Staffel im Jahr 2014 im Durchschnitt 1,83 Millionen Menschen einschalteten, waren es bei den zehn Folgen der zweiten Staffel im Jahr 2015 bereit 2,03 Millionen Zuschauer. Die erste Folge der dritten Staffel am vergangenen Dienstag lockte 2,63 Millionen Menschen vors Fernsehen.
Augenscheinlich steigt mit den Quoten auch der Traffic, den die Sendung den teilnehmenden Startups einbringt. So hat Online-Marketing-Experte Andreas Graap mit seinem Kuscheltier-Shop Ella & Paul in der ersten Staffel am Ausstrahlungstag noch 19.500 Besucher verzeichnet (gegenüber Online Marketing Rockstars legte Graap nach der Sendung die Zahlen offen). Die Macher des Sextoy-Einkaufsberaters „Lustblume“ verbuchten mit ihrer Seite am Tag ihres Auftritts in der zweiten Staffel im Jahr 2015 bereits 95.000 Unique User und 836.000 Seitenaufrufe (exklusive Angaben gegenüber Online Marketing Rockstars) – nicht unbedingt überraschend, angesichts des Themas. Ein Youtube-Video zeigt, dass auch Lustblume damals schon zeitweise 56.900 Besucher gleichzeitig verzeichnete.
Sowohl Ella & Paul und Lustblume hatten während der Ausstrahlung teilweise mit technischen Problemen zu kämpfen. Wegen des Ansturms erlebten einige Besucher einen „Time out“, weil die Seite zu lange lud.
Warum Limberrys Server nicht abgeraucht ist
Den Machern von Limberry ist es gelungen, mit ihrer Seite trotz des massiven Traffic-Anstiegs auch während der Sendung erreichbar zu bleiben – weil sie vorgebaut hatten. „Das größte Problem bei hohen Traffic-Mengen sind in der Regel dynamisch generierte Inhalte“, so Benno Lippert. Auf der Limberry-Seite seien dies der „Dirndl-Konfigurator“ sowie der Warenkorb und der Checkout (die Bestellaufgabe). Benno Lippert und Dietrich Janzen, beide für die technische Umsetzung verantwortlich, lagerten also den Konfigurator zu Amazon Web Services aus. „Da konnten wir auf Knopfdruck noch Ressourcen dazubuchen.“ Zudem cacheten sie schon einmal von Kundinnen erstellte Dirndl-Varianten, also speicherten diese vor und machten sie somit schneller verfügbar. Außerdem bauten Lippert und sein Team den Warenkorb und Checkout so um, dass er bis zur finalen Abgabe der Bestellung nicht auf dem eigenen Server gespeichert wurde, sondern lokal beim Kunden auf dessen Gerät. Als Server nutzten sie Cloudflare. „Über das Cloudflare Content Delivery Network sind an diesem Abend 600 Gigabyte Daten von uns ausgeliefert worden“, so Lippert. Auch bei einer Analyse der Erreichbarkeit der Websites der DHDL-Teilnehmer von Online-Marketing-Experte Justus Blümer schnitt Limberry positiv ab.
Weil das Limberry-Team aufwändig vorgearbeitet hatte, konnte der Besucheransturm aufgefangen und Besuchern (und damit potenziellen Kunden) die Website ausgeliefert werden. Aber wie viele dieser Besucher haben wirklich etwas bestellt? „Die Conversion Rate am Ausstrahlungstag betrug ein Zehntel von der, die wir normalerweise haben“, so Lippert. „Sie ist aber auch schnell wieder deutlich gestiegen. Viele, die die Seite während der Sendung auf dem Handy aufgerufen haben, sind in den Tagen danach noch einmal auf einem Desktop-Gerät zurückgekehrt und haben teilweise schon gefüllte Warenkörbe noch einmal bearbeitet.“ Heute sei die Conversion Rate (also der Anteil der Käufer an den Besuchern) noch nicht wieder auf dem Vorsendungsniveau angekommen. „Aber sie nähert sich dem schnell an, obwohl der Traffic nach wie vor sehr hoch ist.“
300 Prozent mehr Traffic auch Tage danach
Offenbar wirkt sich ein Auftritt in der Sendung also nicht nur kurz-, sondern zumindest auch mittelfristig auf das Besucheraufkommen einer Website aus. „Wir haben aktuell über 300 Prozent Besucher mehr als normalerweise zu dieser Jahreszeit“, so Lippert – und das, obwohl der August sowieso Hochsaison sei. Das liege auch an der Folgeberichterstattung in anderen Medien und Sendern: So sei über über Limberrys DHDL-Auftritt auch in der Vox-Sendung Prominent sowie bei RTL (gleiche Sendergruppe) in Explosiv, bei RTL Nord und auf Websites wie Stern.de und Gründerszene berichtet worden.
Das dürfte sich auch positiv auf die Sichtbarkeit von Limberry bei Googles Suchmaschine auswirken: Backlinks von starken, bekannten Medienmarken steigern das Vertrauen von Google in eine Website und führen zu besseren Platzierungen auf den Suchergebnisseiten. Wie eine lesenswerte Analyse von SEO-Experte Daniel Reeh zeigt, hat die Sichtbarkeit von Limberry bei Google in der Woche nach der DHDL-Ausstrahlung deutlich zugenommen – stärker, als bei anderen Startups aus der Folg. Außerdem hat Google deutlich mehr Seiten von Limberry.de indexiert als zuvor. Auch hier haben die Limberry-Macher vorgearbeitet: „Wir haben in unserm Unternehmens-Blog eine dreiteilige Tagebuch-Serie von Sibilla über ihre DHDL-Teilnahme veröffentlicht, mit der wir bewusst Backlincks generieren wollten.“ Außerdem haben Lippert und Kollegen spezielle Landingpages eingerichtet, etwa zu den Geschenken, die die Gründerin den Löwen in der Sendung überreichte.
Mit den Ergebnissen der DHDL-Teilnahme ist Lippert deswegen sehr zufrieden. Momentan könnte Limberry gar nicht mehr Kunden bedienen. „Wir sind am Limit, unsere Wartelisten sind auch voll. Mehr Anfragen als derzeit könnten gar nicht verkraften.“
Das passiert, wenn der Shop in die Knie geht
Was passieren kann, wenn die technische Infrastruktur nicht trägt, zeigt das Beispiel Ankerkraut. Anne und Stefan Lemcke, die Gründer des Gewürz-Online-Shops, konnten in der ersten Folge der aktuellen Staffel zwar (nach harten Verhandlungen) Internet-Unternehmer Frank Thelen als Investor gewinnen. Aber ihre Seite verkraftete den Besucheransturm nicht. „Uns ist mehrfach der Server abgeraucht als wir 10.000 Besucher gleichzeitig auf der Seite hatten.“ Die Konsequenz: Ankerkraut kam nur auf 50.000 Unique User am Tag der Ausstrahlung.
„Wir hatten sechs Lightspeed-Server bei Amazon Web Services in der Cloud gebucht“, so Lemcke. Davor hatte das Ankerkraut-Team software-basierte „Load Balancer“, ebenfalls von Lightspeed, geschaltet, der die Last auf die einzelnen Server verteilen sollte. „Das Problem war: Die Software hatte einen Bug.“
Besonders ärgerlich: Der Technikchef von e42, der Firma von Investor Frank Thelen, hatte Lemcke zuvor zu einem anderen Server-Modell geraten. Doch weil bei einem Test der Lightspeed-Server gut funktioniert hatte, entschied Lemcke entgegen dessen Ratschlag. „Das ist bitter, und damit muss ich jetzt leben.“
Viermal mehr Traffic seit der Sendung
Immerhin: Auch in den Tagen seit der Ausstrahlung entwickeln sich die Besucherzahlen sehr positiv: „Unser Traffic ist heute viermal höher als vor der Show“, sagt Lemcke. „Wobei man sagen muss: Bei uns lief es ja schon vorher gut; wir hatten ja schon mehrere Tausend Unique User am Tag.“
Vielleicht sind auch einige jener Besucher, die die Ankerkraut-Website während der Sendung nicht erreicht haben, zumindest Facebook-Fans geworden. So hat das Unternehmen in den ersten fünf Tagen nach der Ausstrahlung 7.400 neue Fans gewonnen. Stand heute steht der Zähler bei 28.800 Fans.
Offensichtlich wollen die Kunden das „Ankerkraut“ auch gerne im Handel kaufen, und nicht im Shop: „Unsere Händlerliste war nach der Sendung die meistbesuchte Seite nach der Homepage. Und unter den Suchbegriffen, über die die Leute auf unsere Seite gelangen, liegt ‚ankerkraut edeka’ auf Platz drei“, so der Gründer.
Evrgreen: Kein Deal, aber trotzdem Traffic
Das Kölner Startup Evrgreen, dass über einen Online-Shop an Pflanzen-unerfahrene Kunden Blumen und Zimmerpflanzen verkaufen will, konnte in der jüngsten DHDL-Sendung zwar keinen Investor finden – verzeichnete aber ebenfalls massiv Traffic. Ein mittlerweile nicht mehr verfügbares Video der verantwortlichen Agentur Yay Digital bei Facebook zeigte, dass Evrgreen.de innerhalb von zwei Stunden von 60.000 Besuchern aufgerufen wurde. Höhepunkt waren 24.000 Nutzer auf der Seite während einer TV-Werbepause (hier eine Zusammenfassung des Videos).
Deutlich ist: Über eine Teilnahme an „Die Höhle der Löwen“ lässt sich für Startups ein massiver Werbeeffekt erzielen – können die Gründer ihr Produkt doch teilweise zehn bis 15 Minuten lang einem Millionenpublikum präsentieren. Die Buchung von Werbung in der Primetime von Vox dürfte mit einem mittleren fünf- bis niedrigen sechsstelligen Euro-Betrag zu Buche schlagen – für einen 15- oder 30-sekündigen Spot.