Wie der Sender Vox am Erfolg der Startups aus „Die Höhle der Löwen“ mitverdient

Florian Rinke19.8.2024

Vor zehn Jahren lief die erste Folge der Gründershow. Im Laufe der Jahre hat sich die Fernsehsendung zu einer ausgeklügelte Vertriebsmaschinerie entwickelt.

"OMR Rabbit Hole: Die Höhle der Löwen" ist auf allen bekannten Podcast-Plattformen verfügbar. Grafik: OMR
Inhalt
  1. Ansturm auf Produkte lässt Webseiten zusammenbrechen
  2. Nur Startups mit Deal dürfen mit Logo werben
  3. RTL behält sich rechtliche Schritte vor
  4. Mark Cuban drohte bei "Shark Tank" mit Ausstieg

Seit zehn Jahren verfolgen Millionen von Menschen die Gründershow „Die Höhle der Löwen“ – auch mehrere bekannte Fintech-Startups wie Finanzguru oder die Steuerapp Zasta sind durch die Show bekannt geworden. Zum Start unseres neuen Podcasts "OMR Rabbit Hole: Die Höhle der Löwen" erklären wir – auch anhand interner Dokumente –, wie der Sender am Erfolg der Startups aus der Show durch Lizenzgebühren mit verdient.

An der Werbung der Frankfurter Finanzapp Finanzguru kommt man nicht vorbei. Kaum ein anderes Startup, das in der bekannten TV-Show „Die Höhle der Löwen“ aufgetreten ist, macht derart aggressives Marketing mit seinem Auftritt. Vor allem auf Nachrichtenseiten unter den Texten findet man bezahlte Artikelhinweise zu Finanzguru – die Überschrift lautet dann beispielsweise: „Finanz-App aus Die Höhle der Löwen ist ein Riesenerfolg“.

Tatsächlich lässt sich der Sender diese Erwähnungen bezahlen. Das zeigt unsere Recherche für den neuen Podcast „OMR Rabbit Hole: Die Höhle der Löwen“, der am 19. August 2024 startet. Es dürfte sich um ein einträgliches Geschäft für den Sender handeln, auch wenn die Details der Lizenzdeals nicht bekannt sind. Der Sender RTL, der hinter dem Format steht, betont, dass die Konditionen für die Startups „deutlich unter den für das jeweilige Produkt marktüblichen Preisen liegen“.

Ansturm auf Produkte lässt Webseiten zusammenbrechen

Die Lizenzdeals zeigen dabei sehr gut, wie sich aus der Fernsehsendung im Laufe der Jahre eine ausgeklügelte Vertriebsmaschinerie entwickelt hat. Denn als die Sendung am 19. August 2014 das erste Mal bei Vox läuft, geht es zunächst darum, den Beweis anzutreten, dass das Thema „Wirtschaft“ im deutschen Fernsehen als Unterhaltungsformat funktionieren kann. Schnell zeigt sich, wie groß der DHDL-Effekt auch abseits des Bildschirms ist: Schon in den ersten Staffeln brechen die Webseiten vieler Startups unter dem Ansturm der Zuschauer zusammen, manche Produkte aus der Sendung sind wochenlang vergriffen. 

Hier geht es direkt zum Podcast "OMR Rabbit Hole: Die Höhle der Löwen".

Eine Zäsur stellt rückblickend Ralf Dümmel dar, der 2016 als Investor mit in die Show kam. Mit seiner Firma DS Produkte sorgt Ralf Dümmel ab der dritten Staffel dafür, dass die Produkte pünktlich zur Sendung in großer Stückzahl im Handel landen – und da auch entsprechend beworben werden. Dümmel wollte dafür auch das Sendungs-Logo verwenden. Anfangs, erinnert er sich im Podcast „OMR Rabbit Hole“, seien die Zuständigkeiten unklar gewesen. Wer kann diese Lizenz vergeben? Vox als Sender? Sony Pictures als Produktionsfirma? „Also jedem war klar, dass ich dafür was bezahlen muss, aber keiner wusste, mit wem ich da reden soll“, erinnert sich Dümmel an die Anfänge. 

Nur Startups mit Deal dürfen mit Logo werben

Inzwischen gibt es dafür klare Regelungen. Die Startups, die an der Sendung teilnehmen, bekommen alle Infos dazu in einem sogenannten „Gründerhandbuch“, das OMR vorliegt. Die Lizenzierung wird inzwischen über die Vermarktungstochter von RTL Deutschland abgewickelt. Dort können sich DHDL-Startups ein Angebot erstellen lassen, was sie die Nutzung des Logos auf den Produkten, Werbemitteln und digitalen Kanälen kosten würde – allerdings nur, wenn sie auch einen notariell bestätigten Deal bekommen haben. Denn mit der Höhle der Löwen dürfen nur die Gewinner-Startups werben.

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Gleichzeitig gibt es sehr rigide Vorgaben, was die Startups alles nicht machen dürfen: Eine Überschrift auf der eigenen Internetseite, in der der Name “Die Höhle der Löwen” auftaucht? Verboten. Im Fließtext den Namen „Die Höhle der Löwen“ fett gedruckt verwenden? Verboten. Grafische Elemente verwenden, die an die Sendung erinnern könnten? Verboten. Ein Foto vom eigenen Auftritt in der Sendung zeigen? Erlaubt – allerdings nur in der ersten Woche nach Ausstrahlung, danach muss es aus Lizenzgründen laut „Gründerhandbuch“ von der Internetseite entfernt werden. 

RTL behält sich rechtliche Schritte vor

Teilnehmende berichten immer wieder, dass Vox genau darauf achte, dass beispielsweise nicht mit dem DHDL-Logo geworben wird. Eine RTL-Sprecherin bestätigt auf Anfrage, dass man sich vorbehalte, rechtliche Schritte einzuleiten, sofern gegen die vereinbarten Lizenzverträge verstoßen werde. Sie sagt aber auch: „Das war bisher nur in sehr seltenen Einzelfällen nötig.“ 

Dass sich der Auftritt in der Sendung auch ohne Deal und Lizenzvereinbarung lohnen kann, hat sich dennoch unter vielen Gründer*innen inzwischen herumgesprochen – weshalb auch immer wieder Startups bei der Sendung mitmachen, die von vornherein gar keinen Deal mit den Löwen anstreben. Laut Löwin Dagmar Wöhrl haben die etwa zehn bis 15-minütigen Auftritte in der Sendung einen Gegenwert von 757.000 Euro. Diese Summe müssten Gründer*innen laut Wöhrl ausgeben, wenn sie die Bekanntheit ihres Startups ohne DHDL auf das gleiche Level steigern wollten. „Und da sind natürlich viele, die von Anfang an im Sinn haben: Ok, ich will die Sendezeit und sonst nichts.“ 

Mark Cuban drohte bei "Shark Tank" mit Ausstieg

In den USA ist man dieser Form von Startup-Tourismus frühzeitig mit sehr weitgehenden Regelungen begegnet. So gab es in der Vergangenheit bei der US-Version „Shark Tank“ Versuche, am Erfolg der Startup direkt zu partizipieren. 2012 berichtet die „New York Times“, dass die Produktionsfirma Finnmax von Teilnehmenden als Gegenleistung für eine Teilnahme an der Sendung eine Beteiligung in Höhe von zwei Prozent am Betriebsgewinn oder eine Beteiligung in Höhe von fünf Prozent am Unternehmen fordere. Erst auf Druck von Investor und „Shark“ Mark Cuban sollen die Produktionsfirma und der Sender diese Klausel später dann gestrichen haben. Der Milliardär hatte offenbar Sorge, dass viele gute Unternehmen aufgrund der Bedingungen auf einen Auftritt in der Show verzichten würden – und drohte mit seinem Ausstieg, sollten die Klauseln nicht gestrichen werden.

In Deutschland ist man also gewarnt – und verzichtet von Anfang an auf solche Regelungen. „Ich glaube, das wäre uns um die Ohren geflogen“, sagt der damalige Vox-Chef Bernd Reichart im Podcast. Für Vox sei es damals richtig gewesen, die Interessen nicht zu vermengen, sondern sich allein auf die Geschichte zu konzentrieren. Die Einnahmen entwickeln sich aufgrund des Erfolgs auch so mehr als erfreulich, denn die hohen Einschaltquoten bescheren Vox auch rasant steigende Werbeerlöse. 

Die RTL-Sprecherin bestätigt, dass diese Regelung auch weiterhin Bestand hat: „An den Deals selber ist Vox als Sender nicht beteiligt, wir schaffen mit der Sendung lediglich die Plattform dafür, dass diese – bei beidseitigem Interesse – zustande kommen können.“ Ob Vox inzwischen in Form der Lizenzdeals zumindest indirekt an den Umsätzen bzw. Verkäufen der Startups mitverdient, wollte der Sender auf Anfrage nicht sagen. Ralf Dümmel sieht das ganze Thema Lizenzen sowieso entspannt. Für ihn sind die Lizenzgebühren Teil einer Gesamtkalkulation. Auch bei einem Fußballverein wie Bayern München müsse man schließlich Lizenzgebühren bezahlen, wenn man „eine Käppi“ machen wolle. 

"OMR Rabbit Hole: Die Höhle der Löwen" ist ein achtteiliger Storytelling-Podcast. Die ersten beiden Folgen erscheinen am 19. August auf allen bekannten Podcast-Plattformen. In dem Format erzählen wir die Geschichte des Erfolgs der TV-Show. Doch wir richten den Scheinwerfer auch in die Ecken, die das Fernsehen lieber nicht zeigen will. ⁠ ⁠Hier geht es direkt zum Podcast "OMR Rabbit Hole: Die Höhle der Löwen".

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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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