Crumbl: Mit bunten Keksen und Drop-Mechanik zum Reichweiten-(Krümel-)Monster auf Tiktok
Der Hashtag #crumblcookies kommt bei Tiktok auf 3,6 Milliarden Abrufe
Als die Cousins Sawyer Hemsley und Jason McGowan 2017 Crumbl gründen, starten sie mit einem nur sechsmonatigen Mietvertrag, einer Kekssorte und keinerlei Backerfahrungen. Heute gilt Crumbl mit fast 850 Locations als größtes Cookie-Franchise in den USA. Alleine auf Tiktok generiert die Brand Milliarden-Reichweiten, der Gesamtumsatz soll sich in ähnlichen Sphären bewegen. Dank welcher Marketing-Kniffe aus einem simplen Produkt in Rekordzeit ein gehyptes Business mit über zehn Millionen App-Downloads werden konnte, lest Ihr hier.
„Das war auf keinen Fall so geplant“, erzählt Jason McGowan in der ersten Folge von Crumbls eigenem Podcast-Format, „The Crumbl Mumbl Podcast“. Die Frage nach dem Erfolgsrezept – und sicher auch nach den Keksrezepten – höre er natürlich häufiger. Aber der Co-Gründer und CEO des Cookie-Franchises könne dann immer nur die eine, wahre Geschichte erzählen: Sein Cousin Sawyer Hemsley und er hätten sich 2017 ganz bewusst für einen Laden in Logan, Utah, entschieden, der sechs Monate später abgerissen werden sollte. So hätten sie einen langfristigen Mietvertrag vermieden und das Risiko gemindert.
Ohne jegliche Vorerfahrungen im Backen oder der Gastronomie hätten sie einfach losgelegt. „Sawyer, unsere Familien und ich lieben Essen, Süßigkeiten und Cookies.“ Schnell hätten das Duo die Realität und ihre Naivität eingeholt. Zur Eröffnung des ersten Stores können sie nur eine Kekssorte anbieten: einen Klassiker, den Chocolate Chip Cookie – den sie im Vorfeld bei Freunden, Verwandten und Fremden an Tankstellen getestet hätten.
Der Gen Z hinterher
Heute, knapp sechs Jahre später, ist von der fehlenden Erfahrung und der anfänglichen Naivität nichts mehr übrig geblieben. Auf Social Media gibt es in den USA, wenn es um Kekse geht, kaum ein Vorbeikommen an Content von oder über Crumbl. Auf Facebook folgen der Brand fast 2,5 Millionen User, bei über 38.000 Bewertungen kommen die Kekse auf einen Schnitt von 4,9. Auf Instagram sind es dann schon 3,8 Millionen Follower, Tiktok steht mit 6,9 Millionen Followern klar an der Spitze. Beeindruckender als die Zahl der Fans, die dem eigenen Kanal folgen, sind allerdings die Plays zu bestimmten der Marke eindeutig zuzuordnenden Hashtags.
Alleine mit #crumblcookies versehene Clips wurden insgesamt 3,6 Milliarden Mal abgerufen, #crumblreview kommt auf fast eine Milliarde Views. Dabei war Tiktok nicht direkt von Anfang an Teil des Marketing-Mix. Die Marke habe erst Familien und Mütter auf Facebook und Instagram ansprechen wollen. Um der Gen Z zu folgen, sei dann auch Tiktok dazugekommen, erklärt Mai Pham, VP Marketing, gegenüber Digiday: „Da konnten wir ganz neue Inhalte zeigen, die sich auf die Herstellungen unserer Cookies konzentrieren. Und wir haben festgestellt, dass sich die Community auf Tiktok zu unserem Content hingezogen fühlt.“ Das älteste noch abrufbare Video auf Tiktok stammt aus Dezember 2019.
Der Cookie-Hype-Cycle
Seit Dezember 2018 bedient sich Crumbl einer Marketing-Technik, die ursprünglich und bis heute vor allem aus dem Fashion- und da vor allem Sneaker-Bereich bekannt ist: Drops. Seitdem wechselt regelmäßig, aktuell einmal pro Woche, das Cookie-Angebot bei Crumbl komplett durch. Die sechs zeitlich limitierten Geschmacksrichtungen – teilweise in Kollaboration mit Marken wie Kellogg’s oder Rees – erzeugen immer wieder aufs Neue einen kleinen Hype unter Fans und „Fear of missing out“ (FOMO).
250 verschiedene Sorten soll es bis heute gegeben haben. Und diese Abwechslung sorgt dafür, dass neue Kreationen immer wieder neu bewerten werden. So widmen sich einige Tiktok-Accounts ausschließlich Reviews von Crumbl-Keksen und generieren für die Brand so extrem nativ hohe Reichweiten.
Ein weiterer Marketing-Clou von Crumbl: die Verpackung. „The unique shape along with the brand’s signature pink coloring make it recognizable and Instagrammable, perfect for posting that sweet Crumbl review, boomerang, or photo on social media!“, heißt es zum Beispiel auf der Website des Unternehmens. Auffällige Verpackungen mit bunten Farben sind auch hierzulande im Süßwaren-Business keine Seltenheit. Eine ganz ähnliche Strategie hat auch Royal-Donuts-Gründer (hier im OMR Podcast) mit seinem Franchise verfolgt.
Eine App für…Kekse?
Ebenfalls seit 2018 gibt es eine eigene Crumbl-App in den App Stores von Apple und Android. In der lassen sich die Kekse zur Abholung oder Lieferung bestellen, per Post verschicken, größere Mengen für Caterings anfordern, Gutscheinkarten kaufen und Treuepunkte mittels eigenem kleinen Referral-Programm sammeln. Das Folgen auf Social-Media-Accounts gibt jeweils fünf Punkt, das Weiterempfehlen an Freunde, das Abgeben einer Bewertung. Mit diesem eigentlich recht schlankem Angebot, hat es Crumbl dennoch auf beachtliche Downloadzahlen gebracht. Laut Zahlen des App-Analyse-Tools Appfigures kommt die App alleine in diesem Jahr auf fast vier Millionen Downloads, die überwiegende Mehrheit für Apples Betriebssystem iOS. Im Jahr 2022 waren es demnach ingesamt fast neun Millionen Downloads.
Im Herbst vergangenen Jahres hat sich Crumbl abseits aller digitalen Aktivitäten zum ersten Mal an einem TV-Spot versucht. Der legendäre Sportansage Michael Buffer, der vor allem durch sein markantes „Let’s get ready to rumble“ vor dutzenden Boxkämpfen in den vergangenen Jahrzehnten selber zum Star wurde, münzte diesen Ausruf dafür um. „Let’s get ready to Crumble“ lief unter anderem auf dem Sender ESPN zur College-Football- und NFL-Saison. Das Ziel sei es gewesen, sich neben den klassischen Sport-Fast-Foods wie Chips, Wings, Pizza und Burger zu etablieren.
Ob das langfristig gelingt, bleibt abzuwarten. Ein Keks ist dann einfach doch was anderes, als ein Hot Dog. Was Crumbl aber definitiv geschafft hat: in einem schon vorher schon recht umkämpften Markt – mitunter ist auf Grund der vielen Wettbeweber sogar die Rede vom „Great Utah Cookie War“ – ein national aktives Franchise-System aufzubauen. 845 Locations sollen es derzeit in den USA sein und zwei in Kanada. Ausgehenden von geschätzten durchschnittlichen Umsätzen von rund 1,6 Millionen US-Dollar Umsatz im Jahr pro Filiale, wäre die Marke längst ein Milliarden-Business.