Trade Republic wird mit Bezahl-Karte zum Konkurrenten von Sparkassen & Co.

Florian Rinke10.1.2024

Im OMR Podcast spricht CEO Christian Hecker über das rasante Wachstum und die neuen Angebote.

Christian Hecker hat Trade Republic gegründet
Christian Hecker ist Gründer und CEO des Berliner Neobrokers Trade Republic. Foto: Trade Republic

Eine Zinsaktion hat dem Neobroker Trade Republic im vergangenen Jahr zahlreiche Neukund*innen beschert. Nun will Gründer Christian Hecker diesen Erfolg mit der Einführung einer Bezahl-Karte toppen. Aus der Börsen-App wird damit ein Konkurrent von Sparkassen, Neobanken und Co., wodurch auch die Bewertung des Startups weiter steigen könnte. Hecker hat jedenfalls große Pläne – und ein 100-Milliarden-Dollar-Vorbild in den USA.

Die Nachricht kam an Nikolaus: Trade Republic erhält eine Vollbanklizenz der Europäischen Zentralbank. An vielen Kund*innen des Berliner Neobrokers dürfte dieser vielleicht größte Meilenstein der Firmengeschichte dennoch vorbeigegangen sein – bis jetzt. Denn nun zeigt sich, was diese Lizenz konkret ermöglicht. Europas größter Neobroker dringt mit einer eigenen Bezahl-Karte in das Stammterritorium von Sparkassen, Volksbanken und Co. vor. Die Logik dahinter ist so einfach wie bestechend: Nur zwei von zehn Europäern legen ihr Geld bislang in Aktien an. "Aber zehn von zehn haben ein Girokonto", sagt Gründer Christian Hecker im OMR Podcast. Statt die Mehrheit also mühsam per Marketing vom Börseneinstieg zu überzeugen, wählen Hecker und sein Team lieber die Abkürzung – direkt ins Portemonnaie.

Christian Hecker ist zum dritten Mal im OMR Podcast zu Gast, jeweils im Abstand von knapp zwei Jahren. Und allein der Blick zurück zeigt, wie rasant sich das Berliner Fintech entwickelt hat. Ging es bei der ersten Aufnahme noch um eine Finanzierungsrunde von 67 Millionen Euro, hatte Trade Republic bei der Aufnahme 2022 bereits eine Milliarden-Bewertung erreicht und mehr als eine Million Kund*innen. Jetzt, wieder zwei Jahre später, sind es bereits mehr als als vier Millionen Kund*innen, die in Summe mehr als 35 Milliarden Euro bei den Berlinern angelegt haben. Eine Prognose, wie sich Trade Republic weiter entwickelt, will Hecker daher öffentlich lieber nicht abgeben – zumindest mit Blick auf die Kund*innenzahl. Bei der Bewertung der eigenen Firma ist er hingegen selbstbewusst: "Ein großes Vorbild von uns ist Charles Schwab", sagt Christian Hecker. Der US-Vermögensverwalter kommt aktuell auf eine Börsenbewertung von mehr als 100 Milliarden Dollar. "Es ist möglich, das auch in Europa zu kreieren."

Ein neues Girokonto soll Kund*innen locken

Die neue Debitkarte soll dabei helfen, noch schneller zu wachsen. Anders als andere Banken verzichtet Trade Republic dabei aktuell auf Kontoführungsgebühren. Weltweit sollen Kund*innen außerdem kostenlos ab einem Wert von 100 Euro Geld abheben können. Lediglich bei der Anschaffung einer physischen Karte wird eine einmalige Gebühr fällig. Der größte Hebel zur Neukund*innen-Gewinnung dürfte jedoch eine andere Funktion sein, die Trade Republic mit der Karte verknüpft: das Safeback-Programm. Bei jeder Ausgabe mit der Karte soll automatisch ein Prozent der Summe in einen Sparplan fließen. Aus Karten-Kund*innen würden dann langfristig eben doch Anleger*innen, so die Hoffnung von Christian Hecker: "Für uns ist das eine spannende Maßnahme, um unseren Markt über Nacht zu verfünffachen."

Welche Effekte ein solcher Schritt haben kann, hat Trade Republic dabei bereits in der Vergangenheit gemerkt. Anfang 2023 sorgte der Neobroker abseits von Aktien und Sparplänen für Aufsehen, als er plötzlich zwei Prozent Zinsen auf Sparguthaben ankündigte. Kein Anbieter bot damals einen höheren Zinssatz. Einige Monate später wurde das Angebot sogar noch auf vier Prozent erhöht. Die Zins-Offensive bescherte dem Berliner Startup damals auf einen Schlag eine enorme Zahl an Neukund*innen. Aus einem Produkt wurde damit ein Marketinginstrument.

Trade Republic hat 2023 Gewinn gemacht

Dem Startup ist es so gelungen, trotz des massiven Gegenwindes im Markt rasant zu wachsen. Denn Zinswende und Ukraine-Krieg haben die Bewertungen und das Geschäft von vielen Startups zuletzt gehörig unter Druck gesetzt. Speziell Neobroker, einer der Profiteure während der Corona-Pandemie, wurden dabei von einem Doppeleffekt getroffen: Denn 2020 sorgten die niedrigen Leitzinsen für hohe Bewertungen von Startups und einen Boom an den Börsen, was Trade Republic und Co. hohe Handelsumsätze bescherte.

Doch dann kam die Zinswende. "Wenn die Zinsen nach oben gehen, gehen die Venture-Capital-Bewertungen nach unten und es wird unglaublich schwierig, Geld einzusammeln", sagt Christian Hecker: " Und gleichzeitig gehen die Börsenumsätze auch nach unten, wodurch man im Zweifelsfall auch noch weniger Geld verdient." 2022 habe man daher sehr früh reagiert und sich an die neue Situation angepasst. "Wir haben viele Investitionsprojekte auf den Prüfstand gestellt und die Firma restrukturiert." Der Erfolg zeigte sich zuletzt in der Bilanz: 2023 schrieb der Neobroker am Ende des Jahres erstmals seit der Gründung schwarze Zahlen.

Im OMR Podcast verrät Christian Hecker außerdem, wieso er vor dem drohenden Verbot von Rückvergütungen bei Aktienkäufen keine Angst hat, obwohl es eine der wichtigsten Einnahmequellen von Trade Republic ist, warum er noch keine Filialen eröffnen möchte und welches Getränk seines Mitgründers seit Studienzeiten bei Feiern nicht fehlen darf.

Die Themen des OMR Podcasts mit Christian Hecker im Überblick:

  • (00:00:00) Intro
  • (00:05:30) Vier Millionen Kund*innen und neue Produkte
  • (00:15:15) Wie Trade Republic mit Zinsen als Marketing-Hack rasant gewachsen ist
  • (00:20:00) 100 Millionen Euro Verlust, jetzt profitabel: So verdient Trade Republic Geld
  • (00:32:45) So denkt Christian Hecker über bezahlte Produktplatzierungen in der App
  • (00:40:40) Eine Bezahl-Karte als Wachstumshebel
  • (00:57:00) Was Christian Hecker von seinen Board-Mitgliedern gelernt hat
  • (01:06:15) Welche Rolle Krypta-Währungen für Trade Republic spielen

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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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