Wie diese drei Frauen aus einem Satire-Blog eine Medien- und E-Commerce-Brand aufgebaut haben

Martin Gardt21.7.2017

Betches war als humoriges Digital-Magazin für Millenial-Frauen gestartet – heute ist es ein Unternehmen

Betches-Gründerinnen
Die Betches-Gründerinnen Jordana Abraham, Aleen Kuperman und Samantha Fishbein (v.l.)
Inhalt
  1. Magazin nur als Startpunkt in die Betches-Welt
  2. Dank Memes zu ein paar Millionen Instagram-Fans
  3. Rundum-Angebot für die Brand-Partner
  4. Eigener Shop als Umsatz- und Branding-Maschine
  5. Bestseller, Podcast, Newsletter, TV-Show

Betches-Gründerinnen Jordana Abraham, Aleen Kuperman und Samantha Fishbein (v.l.)Als drei Freundinnen 2011 den Blog „Betches Love This“ gründen, wissen sie noch nicht, dass ein paar Jahre später daraus eine riesige Medienmarke wird. Heute heißt das Projekt „Betches“ und umfasst neben einem Online-Magazin einen eigenen Shop, einen Podcast, einen Instagram-Account mit 5,7 Millionen Abonnenten, zwei Bestseller und eine Social-Media-Agentur mit Kunden wie Netflix.

2011 gründen die drei Studentinnen Jordana Abraham, Samantha Fishbein und Aleen Kuperman den selbstironisch-satirischen Blog „Betches Love This“. Er war als Gegenentwurf zu den Macho-Männer-Blogs wie Unilad und LadBible gedacht, die bis heute populär sind. Mit Texten wie „5 Ways To Get Away With Looking Low-Key Slutty At A Wedding“ oder „How To Day Drink And Still Make It Out At Night“ treffen die drei offenbar schnell den Nerv der jungen weiblichen Zielgruppe. „Betch“ ist dabei eine Abwandlung von „Bitch“ – schließlich ist das Wort nicht unbedingt eine Selbstbeschreibung, die viele Frauen benutzen wollen: „Sie [eine Betch] ist schlau, gut gebildet, selbstbewusst, gleichzeitig desinteressiert und sich selbst nicht zu ernst nehmend.“ So beschreibt Gründerin Abraham die typische Leserin ihrer Seite.

Magazin nur als Startpunkt in die Betches-Welt

Das Magazin kommt wie . Der Claim: „Brutally honest news, gossip & advice for young women“ – auch das sicherlich mit einem Augenzwinkern zu verstehen. Das Team aus 15 Mitarbeitern schreibt vor allem über aktuelle Trendthemen wie Game of Thrones, Promis wie Taylor Swift und Make-up-Tipps.

Betches Webseite

Die Webseite von Betches

Pro Monat verzeichnet die Seite laut Aussagen der Gründerinnen durchschnittlich 10 Millionen Seitenaufrufe und 1,5 Millionen Besucher – 80 Prozent davon seien Frauen. Laut dem Analyse-Tool Similar Web stammen jeweils 30 Prozent des Traffics aus Social-Kanälen, Search und direkten Seitenaufrufen. Aber allein mit den eingebundenen Adsense-Bannern und Content Recommendations von Revcontent auf betches.com könnte das Unternehmen nicht überleben. Und auch die Affiliate-Links, die in vielen Artikeln etwa zu Make-Up-Produkten gesetzt werden, dürften keine riesigen Umsätze abwerfen. Deshalb entschieden die drei Gründerinnen schon früh, mehrere Monetarisierungsarten zu erschließen.

Dank Memes zu ein paar Millionen Instagram-Fans

Eine immer größere Rolle spielt dabei der Instagram-Account mit über 5,7 Millionen Abonnenten – Facebook mit 180.000 Fans spielt offenbar eine deutlich kleinere Rolle. Die Inhalte auf den Social-Plattformen bestehen zu 90 Prozent aus Memes – viele davon selbst erstellt. Damit grenzen sich die Betches-Gründerinnen von anderen erfolgreichen Meme-Kanälen ab, die vor allem mit geklauten Inhalten Kasse machen. Die humorigen Sprüche auf passenden Bildern drehen sich – genauso wie die Inhalte des Magazins – um aktuelle Popkultur-Themen. Offenbar ist Betches mit der Meme-Strategie auf Instagram erfolgreicher, als viele andere Medienmarken mit klassischen „schönen“ Bildern. Pro Monat gewinnt der Account des Publishers laut dem Analyse-Tool Socialblade durchschnittlich knapp 70.000 neue Follower.

Und diese Reichweite nutzt Betches als Umsatz-Kanal. Denn Memes sind mittlerweile auch ein geeignetes Mittel für Sponsored Posts – weil die unter all den anderen Inhalten sehr nativ daher kommen. Zuletzt sammelte ein Post für die US-Handelskette Bed, Bath and Beyond über 30.000 Likes und fast 500 Kommentare, ein Beitrag über einen neuen Drink von Captain Morgan kommt auf über 15.000 Likes und knapp 1.300 Kommentare. Zusätzlich landen immer wieder Werbebeiträge für Produkte aus dem eigenen Shop im Account.

Rundum-Angebot für die Brand-Partner

Laut Aussage der Gründerinnen macht die Social-Media- und Agentur-Arbeit für Brand-Partner 70 Prozent der Umsätze aus. Über genaue Zahlen schweigen sie sich aus, sprechen aber von einem jährlichen Wachstum von 30 bis 50 Prozent. Betches sei seit vier Jahren profitabel.

Wie so eine Partnerschaft aussehen kann, zeigt die Zusammenarbeit mit der britischen Kosmetikmarke Soap & Glory. Betches entwickelte die Kampagne „Slay Your Pay“, in der es vor allem um Gleichberechtigung geht. Unter Hashtags wie #thefutureisfemale oder #womenspiration sollen Instagram-Nutzer zum Beispiel teilen, welche Frauen sie inspirieren. Gleichzeitig fordern die Gründerinnen die Fans auf, ihre Erlebnisse am Arbeitsplatz bei Instagram oder Twitter zu teilen und steigen so auch tiefer in Themen wie ungleiche Bezahlung der Geschlechter ein.

Das Thema unterfüttert Betches mit eigenen Social-Media-Posts, Artikeln auf der Webseite und Erwähnungen im Podcast. Laut Business Insider generierte die Kampagne bisher im Durchschnitt 1,9 Millionen Impressions und 52.000 Likes und Kommentare pro Post – immer mit erwähnt: Soap & Glory. Für das Unternehmen dürfte es dabei um reines Branding zu Image-Zwecken gehen. Als Teil der Kampagne kann sich Soap & Glory als Vorkämpfer für Frauenrechte inszenieren. „Wir fühlten uns wegen ihrer einzigartigen Ansprache und der perfekt passenden Zielgruppe zu ihnen hingezogen“, sagt Kristina Amrigo, Senior Brand Manager bei Soap & Glory gegenüber Business Insider. „Sie nehmen sich relevanter Themen und Popkultur-Momenten in ihrem ganz eigenen witzigen Weg an.“

Eigener Shop als Umsatz- und Branding-Maschine

Das zweite große Standbein der eigene Online-Shop, der derzeit laut den Gründerinnen für den Großteil des restlichen Umsatzes sorgt und seit 2014 am Start ist. Hier verkaufen die Betches-Gründerinnen T-Shirts, Handyhüllen, Taschen, Mützen, Kerzen, Kissenbezüge und Handtücher. Meist mit Sprüchen, die vorher als Meme gut funktioniert haben oder einfach zur Sprache der Zielgruppe passen. Da steht dann auf einem Kissenbezug „Gangsta Napper“, auf einem T-Shirt „Kicking Ass & Forgetting Names“ und auf einer Handyhülle „Whatever, I’m getting Cheese Fries“.

Gründerin Kuperman erklärte 2015 gegenüber Digiday, dass der Shop pro Monat im Durchschnitt 1.000 Bestellungen verzeichne und 60.000 US-Dollar Umsatz bringe. Wenn der Shop-Umsatz 30 Prozent des Gesamtumsatzes ausmacht, müsste sich der gesamte monatliche Umsatz zu diesem Zeitpunkt auf 200.000 US-Dollar belaufen haben. Bei dem angegebenen jährlichen Wachstum von 30 bis 50 Prozent könnte Betches also 2017 einen Monatsumsatz zwischen 340.000 und 450.000 US-Dollar erwirtschaften.

Verkäufe generiert Betches durch Verweise auf den Shop aus dem eigenen Digital-Magazin und durch Posts auf den Social-Kanälen. Bei Instagram tauchen die Bilder neuer Produkte in regelmäßigen Abständen zwischen Meme-Inhalten auf. Gleichzeitig hat der Shop einen eigenen Account mit über 160.000 Abonnenten. Auch Influencer kommen zum Einsatz, der Großteil der Posts zeigt aber Bilder aus Model-Shootings. Selten ist auch User-Generated-Content zu sehen – also Bilder von Fans in Shirts der Betches-Marke. Mittlerweile hat Betches auch eine Kollektion in Zusammenarbeit mit dem US-Modeversand Justfab herausgebracht und damit Zugriff auf 1,8 Millionen Kunden, die ein Abo bei dem Unternehmen abgeschlossen haben.

Bestseller, Podcast, Newsletter, TV-Show

Daneben probiert das Unternehmen, neue Reichweiten auf anderen Kanälen zu erschließen. Ihr erstes Buch brachten die Betches-Gründerinnen schon 2013 auf den Markt – als das Projekt noch vor allem ein Satire-Blog war. „Nice is Just a Place in France: How to Win at Basically Everything“ erreichte Platz zwölf der New York Times Bestseller-Liste, das zweite Buch „I Had a Nice Time And Other Lies…: How to Find Love & Sh*t Like That“ landete ebenfalls in der Liste. Der wöchentliche Podcast „Betch Slapped“, den Abraham, Fishbein und Kuperman vor sechs Monaten gestartet haben, kommt auf 15.000 Downloads pro Episode.

Und natürlich gibt es verschiedene Newsletter, der ambitionierte heißt „The Sup“ und versorgt die Abonnenten drei Mal pro Woche mit aktuellen Betches-News. Dabei erinnert das Format ein wenig an „theSkimm“, den Newsletter zweier Freundinnen, die daraus ein eigenes Business aufgebaut haben. Das Geheimnis des Erfolgs: News für abgesteckte Zielgruppen (in beiden Fällen Millenial-Frauen) in einer ganz eigenen Tonalität. Darin sind die Betches-Gründerinnen ja geübt. Und diese Tonalität könnte ihnen jetzt auch noch einen TV-Deal einbringen. Derzeit spreche man bereits mit einer Produktionsfirma, um mehr Video-Content zu erstellen. Bisher besteht der aus kurzen Sketches, zugeschnitten auf Instagram.

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Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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