39-Quadratmeter-Wohnung, aber ein Mantel für 1800 Euro – so tickt Influencer Ben Bernschneider

Trotz Erfolgen als Fotograf und Drehbuchautor fiel Ben Bernschneider in eine Krise. Dann kam Instagram.

OMR-Gründer Philipp Westermeyer und Mode-Influencer Ben Bernschneider
OMR-Gründer Philipp Westermeyer und Mode-Influencer Ben Bernschneider trafen sich in Hamburg zur Podcast-Aufnahme. Foto: OMR
Inhalt
  1. 10.000 Euro Schulden bei seiner Mutter
  2. Es geht primär um Stil statt Luxus

Ben Bernschneider ist fast 47 Jahre alt, als seine Karriere als Influencer losgeht. Geplant war das nicht, eher das Ergebnis einer Lebenskrise. Ben Bernschneider ist finanziell abgebrannt, emotional in einem Loch – aber hat sich seine Leidenschaft für Ästhetik bewahrt. Er dreht sein erstes Reel für Instagram. Und was dann passiert, hätte er wohl selbst nicht für möglich gehalten.

Als am Ende noch etwas Geld fehlt, investiert Paul Ripke einfach selbst. 500 Euro sollen es gewesen sein – ungefähr, so ganz weiß Ben Bernschneider das nicht mehr. Das Geld sorgt dafür, dass die Crowdfunding-Kampagne von Ben Bernschneider zum Erfolg wird. Er kann jetzt seinen Bildband veröffentlichen, davon hatte er geträumt. Analoge Fotos in einer Zeit des immer stärker werdenden digitalen Wandels, das war sein Ansatz. Mehrere Bildbände werden so entstehen mit Fotos aus den USA. Paul Ripke, der bekannte Influencer, hatte Bernschneider auf die Idee gebracht, es per Crowdfunding zu versuchen und so Unterstützer*innen für sein Projekt zu finden. Ein Herzensmensch sei der Paul, sagt Ben Bernschneider – und überhaupt, das mit dem Geld sei eine sehr noble Geste gewesen.

Diese Zeit als Fotograf, sie ist nur eine Episode in den vielschichtigen Leben von Jonas Bernschneider, der selbst aber inzwischen eigentlich nur noch seinen Künstlernamen Ben Bernschneider verwendet. Der 47-Jährige, aufgewachsen am Niederrhein mit temporärem Auslandsaufenthalt in Brasilien, war schon Werbetexter, bis er es irgendwann nicht mehr fühlte. So sagt er das. Er wird dann Drehbuchautor, sein Film "Gonger – Das Böse vergisst nie" läuft damals zur Primetime. Aber am Ende ist auch das nur eine Episode. Jetzt ist er Influencer, fast 500.000 Accounts folgen ihm allein bei Instagram.

10.000 Euro Schulden bei seiner Mutter

Die Social-Media-Karriere beginnt dabei im Grunde ausgerechnet zu einer Zeit, in der Ben Bernschneider seinen persönlichen Tiefpunkt erlebte. Während seiner Zeit als Fotograf dümpelt sein Instagram-Account bei rund 16.000 Abonnent*innen. Kein schlechter Wert, aber auch nicht überragend. Überhaupt geht es mit der Fotografie nicht so richtig weiter. Bernschneider ist frustriert. "Ich wusste nicht, wohin mit meinem Leben", sagt er im OMR Podcast. Ihm geht damals das Geld aus, seine Kreditkarten sind überzogen, er leiht sich 10.000 Euro von seiner Mutter – nur um dann ein Instagram-Reel zu drehen, dass so gar nicht zu diesen Umständen passen will. Denn Ben Bernschneider redet über einen Mantel für 1800 Euro. Seinen Mantel.

Er lädt das Video bei Instagram hoch und – nichts passiert. Keine Likes, keine Begeisterung. Was soll Mantel-Content auf einem Foto-Kanal? Aber Ben Bernschneider macht weiter, postet am nächsten Tag wieder ein Video und am darauffolgenden erneut. Jedes Mal geht es um ein Kleidungsstück. Nach 14 Tagen merkt Ben Bernschneider, dass die Follower*innen-Zahlen wachsen, zuerst nur leicht, dann immer schneller. Innerhalb von knapp einem Jahr wächst sein Account um mehr als 400.000 Nutzer*innen. Es kommen die ersten Werbeanfragen rein, irgendwann sogar eine Kooperation mit der Fastfood-Kette McDonalds.

Es geht primär um Stil statt Luxus

Ben Bernschneider ist als Männermode-Influencer erfolgreich – interpretiert diesen Job aber ganz anders als man es auf den ersten Blick vielleicht denken könnte. "Stil und Flexen passen nur bis zu einem gewissen Grad zusammen", sagt er. Am Ende brauche es nicht viel Geld, um sich stilvoll zu kleiden. Teure Marken sollten den Tragenden nicht dazu dienen, sich über andere Menschen zu erheben, findet Bernschneider: "Sobald Menschen diskriminiert werden, sobald Menschen ausgeschlossen werden, ist das Spiel für mich vorbei."

Ihm selbst geht es weniger darum, mit Kleidung und deren Preis zu prahlen, sondern vielmehr darum, was diese Marken verkörpern, welche Historie sie vielleicht auch haben. Es geht primär um Stil statt Luxus. Mit seiner Frau wohne er auch noch immer auf 39 Quadratmetern, sagt Ben Bernschneider im OMR Podcast. Und für die Mäntel und Co. reiche im Zweifel auch eine Kleiderstange von Ikea. Überhaupt möchte er sich nicht durch seinen aktuellen Job definieren. "Ich bin kein 16-Jähriger, der davon träumt, Influencer zu werden. Für mich ist es total wichtig, außerhalb dieser dieser Bubble was handfestes, künstlerisches zu haben, etwas Neues zu machen."

Was genau Ben Bernschneider gerade plant, welchen Tipp er von Sascha Lobo bekommen hat und welche Hotels er weltweit am liebsten mag, verrät er im OMR Podcast.

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OMR PodcastInfluencer
Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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