Von LeBron James bis Mario Götze: Wie erfolgreich sind Sportstars als Startup-Investoren?
Die "Athlete Investors" können für Startups mehr als nur reine Geldgeber sein
- 50 Millionen US-Dollar mit Pizza-Kette
- Mit Family Office zum Erfolg
- Serena Williams baut an ihrer „Legacy“
- Wer sind die deutschsprachigen Athlete Investors?
- Mario Götze ist der deutsche LeBron James
- Die Liste des Scheiterns ist lang
- Christian Mees‘ Ratschläge an Profisportler*innen, die in Startups investieren möchten:
- Eigene Produkte per „Company Builder“
- Sport ist das „Gold der Neuzeit“
- Athlete Investors sorgen für Aufmerksamkeit
- „Keine klassischen Werbeträger“
- Organic Garden verzichtet auf Werbeverträge
„Ich habe viel Geld für Alkohol, Frauen und schnelle Autos ausgegeben, den Rest habe ich einfach verprasst.“ So wie George Best, der in den 60er und 70er Jahren vielleicht bekannteste Fußballer in Großbritannien, waren Sportstars in der Vergangenheit nicht zwingend dafür bekannt, gut mit Geld umgehen zu können. Heute hat sich das Bild gewandelt; Profisportler*innen investieren dabei auch immer häufiger in Tech-Firmen und Startups. OMR zeigt erfolgreiche und weniger erfolgreiche Beispiele und hat Startups nach ihren Erfahrungen mit Sportpromis als Investoren befragt.
Was verbindet einen Koblenzer Fahrradhersteller mit dem NBA-Star LeBron James? Die Antwort in Zahlen: 30 Millionen Euro Investment auf der einen und vier Prozent der Anteile auf der anderen Seite. Ende Juli 2022 staunen viele nicht schlecht, als die Beteiligung von „King James“ an Canyon Bicycles publik wird. Auf den zweiten Blick wirkt das Investment weniger überraschend: Canyon will im US-Markt wachsen und LeBron James ist nicht nur ein glühender Fahrradfan, sondern aktuell auch der vermutlich erfolgreichste Geschäftsmann im Profisport.
50 Millionen US-Dollar mit Pizza-Kette
2022 übersteigt James‘ Vermögen nach Schätzungen von Forbes erstmals den Wert von einer Milliarde US-Dollar. Die gigantische Summe nährt sich zum einen aus seinem Jahresgehalt als NBA-Profi, das bei den Los Angeles Lakers aktuell bei knapp 45 Millionen US-Dollar liegen soll. Hinzu kommen lukrative Werbeverträge mit Pepsi, Nike oder Walmart, die weitere 70 bis 80 Millionen US-Dollar per annum in James‘ Kasse spülen sollen.
Der wahre Schlüssel zu James‘ Milliardenvermögen ist aber ein anderer: Unternehmensbeteiligungen. Schon 2015 kündigt er einen angeblich 15 Millionen US-Dollar schweren Vierjahres-Werbe-Deal mit McDonald’s. Stattdessen rührt James die Werbetrommel für Blaze Pizza, wo er sich schon 2012 gut zehn Prozent der Anteile für rund eine Million US-Dollar gesichert hatte. 2022, zehn Jahre später, soll sein Invest in die Kette einem Medienbericht zufolge das fünfzigfache wert sein.
Der Blaze-Pizza-Case ist bei Weitem keine Eintagsfliege. Ein anderes Beispiel ist James‘ Zwei-Prozent-Anteil am englischen Fußballclub FC Liverpool: 2011 für 6,5 Millionen US-Dollar gekauft steigt der Wert im Jahr 2018 auf schlappe 32 Millionen, ehe er seine Anteile auf die Fenway Sports Group (FSG) ausweitet – den Hauptanteilseigner am FC Liverpool. James tätigt seine Investments nicht allein. Schon 2005 gründet er gemeinsam mit seinen Freunden Rich Paul, Maverick Carter und Randy Mims die Firma LRMR Ventures.
Mit Family Office zum Erfolg
Ein anderer Vorzeige-„Athlete Investor“ aus der NBA ist Kevin Durant – er fährt eine ähnliche Strategie wie LeBron James: 2016 gründet der heutige Star der Phoenix Suns zusammen mit seinem Geschäftspartner und Freund Rich Kleiman das Sport-, Medien- und Unterhaltungsunternehmen Thirty Five Ventures (35V). Auch das ist mit einigen seiner Investments vom Fleck weg erfolgreich: 2016 investiert 35V laut „Forbes“ rund eine Million US-Dollar in Postmates. 2020 übernimmt Uber das Food-Delivery-Startup für 2,65 Milliarden US-Dollar – und Durants Anteile sind auf einen Schlag 15 Millionen US-Dollar wert. Durant und Kleiman zählen zu dem Zeitpunkt rund 15 Mitarbeitende und investieren laut Forbes rund 15 Millionen US-Dollar in 40 verschiedene Startups.
Serena Williams baut an ihrer „Legacy“
Derweil hat Tennislegende Serena Williams mit Serena Ventures seit 2014 in über 50 Unternehmen investiert – zum Teil mit großem Erfolg: Die 41-Jährige hält seit 2009 Anteile am NFL-Team Miami Dolphins. Damals beträgt der Wert des NFL-Franchises rund eine Milliarde US-Dollar, 2022 sind es über 4,6 Milliarden US-Dollar. Eine weitere Beteiligung von Williams ist 2016 die UFC, der Wert der Kampfserie hat sich von seinerzeit vier Milliarden auf rund zwölf Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 verdreifacht.
All ihre Investments lassen sich analog zum Titel ihres Auftritts beim OMR Festival 2023 in Hamburg recht einfach in genau vier Worten zusammenfassen: „Building her next legacy“, denn genau darum geht es vielen US-Sportstars.
Wer sind die deutschsprachigen Athlete Investors?
Der „Athlete Investors“-Trend schwappt zunehmend auch nach Europa. Prominentestes Beispiel ist die Schweizer Tennisikone Roger Federer: Die beteiligt sich 2020 an der ebenfalls aus der Schweiz stammenden Schuhmarke On Running. Federer könnte 50 Millionen Euro für drei Prozent der Anteile gezahlt haben, schätzt die Schweizer „Handelszeitung“ (€). 2021 geht On in New York an die Börse – und Federers mutmaßlicher dreiprozentiger Anteil ist plötzlich rund 300 Millionen US-Dollar wert.
Seit einigen Jahren finden auch deutsche Sportgrößen Freude an Startup-Beteiligungen. Nico Rosberg ist dabei schon ein vergleichsweise alter Hase in der Szene. Als Investor fokussiert er sich auf die Bereiche E-Mobility und Greentech und beteiligt sich unter anderem an den Mobilitäts-Startups Lilium und Volocopter.
Mario Götze ist der deutsche LeBron James
Derzeit erschließen sich ansonsten vornehmlich Fußballprofis von Julian Draxler über Kevin Trapp bis Benjamin Henrichs nach und nach das Investment-Spielfeld. Ein schräger Vergleich, aber: Beim Investieren ist Mario Götze so etwas wie der deutsche LeBron James – zumindest ist der Fußballer von Eintracht Frankfurt hierzulande der geschäftstüchtigste aktive Sportprofi. Bei Linkedin hat sich Götze den Jobtitel „Professional Athlete and Business Angel“ gegeben.
Mit seiner Firma Companion-M hat sich Götze bereits an über 40 Startups beteiligt, wie er im OMR Podcast erzählt. „Die Strategie ist schon, ein komplementäres Portfolio aufzubauen“, sagt er. Es gehe ihm dabei auch darum, alle Stufen bei der Finanzierung abzubilden – von Angel- über Later-Stage-Investments bis hin zu Investitionen im Private-Equity-Bereich.
Die Liste des Scheiterns ist lang
Die von deutschen Profis bisher getätigten Investments sind allerdings längst nicht nur Erfolgsgeschichten, Stichwort: Risiko. Eine beispielhafte Auswahl:
- Ex-Profi Marcell Jansen, der seit einigen Jahren umtriebig in der Gründerszene unterwegs ist, musste mit Picue sein 2018 als „Instagram für Mannschaften“ ausgerufenes Digitalprojekt vorzeitig wieder einstampfen und verlor dabei nach eigenen Angaben einen „deutlich siebenstelligen Betrag“.
- Ein anderes Negativbeispiel ist der tiefe Fall des einstigen Höhenfliegers Staramba. Das Unternehmen zählte einige namhafte Spieler und Funktionäre wie Niko Kovac und Fredi Bobic zu seinen Geldgebern. Dem Börsengang folgt jedoch der große Einbruch, der Unternehmenswert sinkt von 150 Millionen auf 15 Millionen Euro.
- Auch Philipp Lahm zahlt bei seinen verschiedenen Investments einiges an Lehrgeld. Der Fußball-Weltmeister fokussiert sich bei seinen Beteiligungen auf den Bereich Sport oder Gesundheit. 2016 erwirbt er 40 Prozent am fränkischen Gesundheitsstartup Danova und zieht sich wenig später still und leise wieder zurück. Er übernimmt 2017 auch den Pflegeproduktehersteller Sixtus komplett, um ihn 2021 pleite weiterzuverkaufen. Und auch seine Investments in Schneekoppe (wo ihm seit 2018 75,1 Prozent gehören) und Fanmiles laufen eher schleppend.
Wohl auch vor diesem Hintergrund schrillen bei Christian Mees die Alarmglocken, wenn er hört, dass Profisportler*innen bei ihren Startup-Investments siebenstellige Summen auf nur ein Pferd setzen: „Ein paar Millionen in eine Sache zu investieren, entspricht dem Gegenteil von dem, was ich versuche, Profis mit auf den Weg zu geben.“ Der Hamburger hat das Beteiligungsvehikel Players Tech ins Leben gerufen, das Athlet*innen ein „geschütztes Umfeld“ bieten will und in dem diese mit Unternehmer*innen und Branchenexpert*innen gemeinsam in Startups investieren können.
Christian Mees‘ Ratschläge an Profisportler*innen, die in Startups investieren möchten:
- Investiert möglichst kleine Beträge von 50.000 bis 100.000 Euro oder sogar noch weniger in Startups – auf gar keinen Fall aber mehr als drei bis fünf Prozent eures Vermögens.
- Seid bei euren Investments niemals allein, sondern nur im Kreise weiterer Investor*innen, die im besten Fall nicht nur Profi-Kumpel sind. Das Allerwichtigste ist, auch Expert*innen aus der jeweiligen Branche mit an Bord zu haben.
- Entscheidet nicht in fünf bis zehn Minuten per WhatsApp über Beteiligungen. Wir brauchen inklusive aller Prozesse in Summe 120 Stunden, um in ein Startup zu investieren. Aus in der Regel rund 1.000 angeschauten Startups resultieren circa vier bis fünf Investments.
- Bleibt beim Investment so lange wie möglich anonym und sucht den Zeitpunkt selbst aus, wann ihr über eine Beteiligung kommuniziert.
- Die Ausfallquote liegt bei 60 bis 80 Prozent. Im Schnitt muss 1 von 14 Beteiligungen klappen, damit ihr ein Mehrfaches eures Investments zurückbekommt und ihr die anderen 13 auffangen könnt.
Eigene Produkte per „Company Builder“
Profifußballer wie Mats Hummels (Borussia Dortmund), Alexander Hack (1. FSV Mainz 05) und der isländische Nationalspieler Alfred Finnbogason investieren bereits über Players Tech. Mit einigen Spielern hat Mees zudem einen „Company Builder“ geschaffen, bei dem die Profisportler*innen als Ideengeber und/oder Cofounder mit zum Startup-Team gehören. Aktuell entsteht dabei das Trinkflaschen-Projekt „Your Last Bottle“.
Darüber hinaus setzt Players Tech aber auch auf ein klassisches Fonds-Modell. Mees & Co. planen derzeit einen 30 Millionen US-Dollar schweren Fonds namens Players Tech X Fund. Daran wirkt im Hintergrund unter anderem auch das von drei Enkeln des Adidas-Gründers initiierte Unternehmen Lead Sports & Health Tech Partners mit („Lead“ steht dabei für „legacy of Adi Dassler“). Mit dem Fonds sollen in erster Linie deutschsprachige Sportprofis für das Thema Athlete Investors begeistert werden.
Lead Sports treibt in seinem Netzwerk das Wachstum von Sport- und Gesundheitstechnologie-Startups auf der ganzen Welt voran. Dazu gehören beispielsweise ein 30 Millionen US-Dollar großer Seed-Fund in den USA, ein 50 Millionen US-Dollar schwerer Series-A-Fund, der auf Nordamerika, Europa und Israel ausgerichtet ist sowie ein Growth-Stage-Fund mit bisher drei Investments.
Sport ist das „Gold der Neuzeit“
Ein anderes Beispiel für das Fonds-Modell im Sport ist der bis zu 250 Millionen US-Dollar große Growth Funds Cerro Capital, der sich 2022 im Rahmen einer 50 Millionen US-Dollar schweren Series-B-Runde an der von NFL-Legende Tom Brady gegründeten Filmproduktionsgesellschaft Religion of Sports beteiligt hat.
Teil von Cerro ist der Sport- und Investmentexperte Marcus Höfl. Davon ausgehend, dass Sportprofis tendenziell in Sportthemen investieren, ist für den Sport- und Investmentexperten das Potenzial von Athlete Investors noch lange nicht ausgeschöpft. Er sagt: „Der globale Sportmarkt ist über 500 Milliarden Euro groß und wächst jährlich um über fünf Prozent. Der Sportwettenmarkt ist rund 200 Milliarden groß und wächst um zehn pro Jahr. Und Esports ist über eine Milliarde groß und wächst mit 20 Prozent per annum.“ Sport sei zudem „sehr krisenfest und trotz Lehman und Corona immer gewachsen“. Das alles mache die Sportbranche zum „Gold der Neuzeit“.
Athlete Investors sorgen für Aufmerksamkeit
Vehikel wie der Players Tech X Fund könnten es Startups künftig möglicherweise leichter machen, Profisportler*innen gezielt als Investor*innen zu akquirieren. Denn schließlich können ihnen die Promis der Szenen mehr bringen als nur Geld – Aufmerksamkeit zum Beispiel. „Wir haben einige Erwähnungen von Koro in Verbindung mit Mario Götze als Business Angel in der Presse erhalten. Ebenso bringt Mario dank seines breiten Netzwerks in die Startup-, Medien- und Sportwelt viele tolle Kontakte mit, die er mit uns teilt“, sagt beispielsweise Florian Schwenkert, COO vom nachhaltigen Online-Lebensmittelshop und Food-Anbieter Koro.
Dazu verfügen viele Sportstars ja auch über eigene, ansehnliche digitale Reichweiten. Mario Götze postet im Rahmen einer Werbevereinbarung für Koro auf Instagram und hat sein Investment zudem auch in einigen Posts bei Linkedin thematisiert. Schwenkert empfiehlt dementsprechend auch anderen Startups, die Bekanntheit von Profisportler*innen für die eigene Marke zu nutzen: „Vor allem für eine Consumer Brand ist so ein bekanntes Gesicht sehr hilfreich. Es schafft Glaubwürdigkeit und Vertrauen.“
„Keine klassischen Werbeträger“
Alexander Piutti glaubt, dass Profisportler*innen aber auch im B2B-Bereich mehr als nur Geldgeber*innen sein können. Der Gründer und CEO von SPRK.global, eine KI-gestützte Lebensmitteldistributionsplattform, hat ebenfalls Mario Götze als Investor gewonnen. Der Fußballprofi habe beispielsweise in einem Video zur Zusammenarbeit von SPRK und der German Food Bridge Dritte „aktiv dazu aufgerufen, mit SPRK zu partnern“, so der Gründer gegenüber OMR.
Auch Thomas Isermann, Gründer des veganen Lebensmittelanbieters Greenforce, in das Thomas Müller vom FC Bayern München investiert hat, zeigt sich gegenüber OMR überzeugt, dass bekannte Sportprofis wie Müller in der Außenwahrnehmung der Marke „ein enormer Mehrwert“ seien, „insbesondere weil er sich nicht rein vegan ernährt“. Dadurch spreche der Fußballprofi „authentisch genau die Zielgruppe an, die wir erreichen wollen: Flexitarier*innen, oder anders gesagt diejenigen, die gerne ab und an eine pflanzliche Alternative in ihren Speiseplan einbauen möchten, ohne auf Geschmack zu verzichten“.
Der Content mit Thomas Müller auf den Social-Media-Kanälen von Greenforce performe laut Isermann zudem „stark“. Für das Startup habe Müllers Engagement dementsprechend „bisher aus medialer Sicht sowie umsatz- und reputationsseitig sehr viel gebracht“. Dem Gründer ist dabei wichtig hinzuzufügen, „dass Thomas Müller für uns kein klassischer Werbeträger ist, sondern an der Steigerung des Unternehmenswertes aktiv partizipiert und uns strategisch dabei hilft, die Marke weiterzuentwickeln“. Anderen Startups empfiehlt der Greenforce-Gründer darauf zu achten, „dass das Unternehmen sowie der Profisportler inhaltlich dieselben Wertevorstellungen haben, damit die Zusammenarbeit auch authentisch und glaubhaft ist“.
Organic Garden verzichtet auf Werbeverträge
Einen anderen Ansatz fährt derweil das Food-Tech-Startup Organic Garden, in das ebenfalls Thomas Müller sowie Ex-Profi Mario Gómez investiert haben. Natürlich hätten die Beteiligungen „für Reichweite gesorgt“, sagt Angela Puschner, Head of Marketing, Brand & Communications im Gespräch mit OMR. Dem Startup sei es aber bei der Auswahl der Investor*innen um „die Überzeugung für das Gesamtkonzept Organic Garden“ gegangen. Gómez, Müller und Co. „sind für uns Partner und Begleiter auf dem Weg zu einem gemeinsamen Ziel. Insofern haben wir auch ganz bewusst auf Verträge als Werbebotschafter verzichtet“, erklärt Puschner die Philosophie des Startups.