Alexander Geiser: "Ich glaube an ein zweites Wirtschaftswunder"
Er berät die wichtigsten Manager*innen der Republik. Hier verrät er, wie Deutschland aus der Krise kommt.
Alexander Geiser ist der wohl einflussreichste Kommunikationsexperte der Republik. Der CEO der Beratung FGS Global vertritt das Who is who der deutschen Wirtschaft. "Der Einflüsterer" hat ihn das "Manager Magazin" einst getauft. Im OMR Podcast spricht der Deutsch-Kanadier über die Stimmung in den deutschen Chef-Etagen, die potenziellen Folgen eines Wahlsiegs von Donald Trump in den USA – und die Frage, was nötig ist, damit Deutschland wieder aus der Krise kommt.
Bevor Alexander Geiser über die Lage von Deutschland spricht, zitiert er eine Zahl: 700 Millionen. Das ist die Zahl der ankommenden Reisen in Europa im Jahr 2023. Mehr als die Hälfte des weltweiten Reiseverkehrs entfällt auf diese Region. Europa, das ist die Botschaft von Alexander Geiser, ist attraktiv. Sehr attraktiv. "Europa ist magnetisch", sagt der CEO der globalen Kommunikationsberatung FGS Global: "Es ist erstrebenswert, hier zu sein." Die Frage ist aber, ob das nur für Tourist*innen oder gleichermaßen auch für Investor*innen gilt? Zweifel sind zumindest mit Blick auf Deutschland angebracht aus seiner Sicht, was auch an der Politik liege: Deutschland sei immer als verlässlicher Partner wahrgenommen worden, sagt Alexander Geiser: "Wir waren immer der Fels in der Brandung. In den letzten zwei, zweieinhalb Jahren hat sich dieses Bild dramatisch verändert".
"CEO-Einflüsterer" hat das "Manager Magazin" den FGS-CEO mal genannt, weil er in den deutschen Chefetagen der Wirtschaft ein- und ausgeht und damit so gut wie kaum jemand sonst die Stimmung in der deutschen Wirtschaft beurteilen kann. Dabei wollte Alexander Geiser eigentlich Investmentbanker oder Unternehmensberater werden – stattdessen steigt er 2001 nach dem BWL-Studium bei der damaligen Kommunikationsberatung Hering Schuppener ein. Als das Unternehmen rund 20 Jahre später mit den Konkurrenten Finsbury (Großbritannien) und The Glover Park Group (USA) fusioniert, übernimmt er im neu geschaffenen Konstrukt ab 2020 die Rolle des CEO.
Wirtschaftskommunikation hat sich verändert
Durch die Fusion steigt FGS Global – neben Brunswick – zur weltweit dominierenden Kommunikationsagentur im Wirtschaftsbereich auf. 2024 übernimmt der Finanzinvestor KKR die Mehrheit am Unternehmen, die Bewertung liegt damals bei rund 1,6 Milliarden Euro. Die Vision für weiteres Wachstum leitet sich dabei von einem grundlegenden Wandel in der Wirtschaft ab. "Die Welt hat sich in den vergangenen 20 Jahren von einer Shareholder Economy zu einer Stakeholder Economy weiterentwickelt", sagt Alexander Geiser. Früher habe sich die Kommunikation stark an den Aktienmärkten ausgerichtet, heute gelte es, viel mehr Gruppen zu bedenken und zu bedienen, etwa die Politik, Regulatoren, Kund*innen und Zulieferer*innen. Das müsse in der Kommunikation berücksichtig werden.
Fragt man Alexander Geiser, wer denn dann gute Kommunikation mache, nennt er den polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk. Dieser habe in seinem Wahlkampf eine klare Botschaft gesendet, die seine Kampagne getragen habe – und dann mit den Menschen in Polen klar und unverblümt gesprochen. "Er hat gesagt: Es wird sich etwas verändern. Ich bin nicht hier, um zu verwalten". In Deutschland erreiche die Politik Teile der Menschen aus seiner Sicht häufig nicht mehr mit der Kommunikation. Viele Menschen würden merken, dass es Probleme gibt, die aber aus ihrer Sicht nicht ausreichend angegangen würden. "Das ist ja auch mein Appell jedes Mal, wenn ich mit politischen Leistungsträgern in diesem Land spreche: Die beste Verteidigung ist Angriff."
"Trump wäre ein Beschleuniger für unsere Probleme"
Ein Sieg von Donald Trump bei den Präsidentschaftswahlen in den USA würde die Welt aus europäischer Sicht laut Alexander Geiser noch komplizierter machen: "Ich glaube, Donald Trump wäre ein Beschleuniger für unsere aktuellen Probleme." Er werde Amerika, was die Attraktivität für Kapitalinvestoren angeht, nochmal attraktiver machen. Doch was heißt das jetzt für Deutschland? Bräuchte es hierzulande vielleicht einfach mehr Wirtschaftskompetenz in der Regierung? Müssten mehr Manager die Seiten wechseln? Alexander Geiser hält von solchen Rochaden nicht so viel, genauso wenig wie von Wechseln aus der Politik in die Wirtschaft. Beides seien zwar Hochleistungssportler – nur eben in unterschiedlichen Sportarten.
Eine Antwort könnte aus seiner Sicht dennoch aus dem Sport kommen. Alexander Geiser empfiehlt einen Blick auf Julian Nagelsmann, den Trainer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft: "Er tritt an und sagt: Natürlich will ich Weltmeister werden." Nagelsmann, sagt Geiser, sende die Botschaft, dass alle mitmachen müssten, um dieses Ziel zu erreichen – der Verband, die Spieler, auch die Fans. In der Politik fehle diese klare Ansage, wo Deutschland hin wolle. "Die kann nur von oben kommen", sagt Geiser. Potenzial gebe es im Land allemal: "Ich glaube an ein zweites Wirtschaftswunder."
Warum Alexander Geiser als Politiker eine Wirtschafts-Nationalmannschaft "berufen" würde und was sich hinter diesem Begriff verbirgt, erklärt er im OMR Podcast. Dort verrät er außerdem, wieso eine Demonstration kurz nach seiner Ankunft in Deutschland vor rund 20 Jahren bei ihm Stirnrunzeln verursacht hat – und ihn bis heute davon überzeugt, dass hierzulande wieder mehr für Leistung getan werden müsse.
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