Dieser 20-jährige Holzbildhauer verdient bis zu 2.000 Euro pro Monat mit einer Dating-App

Torben Lux9.8.2018

Alex Bartl aus Österreich fertigt Barockfiguren aus Holz – und streamt seine Arbeit live bei Lovoo

Alex Alexander Bartl Lovoo Live Video OMR
Alexander Bartl in seiner kleinen Holzwerkstatt im Elternhaus.

Sein Vorbild ist der Bildhauer Ignaz Günther, genau wie der 1775 in München verstorbene Künstler arbeitet er vor allem im Barock- und Rokoko-Stil für Kirchen. Und doch ist eine Sache komplett anders: Der 20-jährige Alexander Bartl streamt sich, während er an Figuren werkelt, live – und generiert so den Großteil seiner Einnahmen online. OMR hat mit dem selbstständigen Holzbildhauer gesprochen, erklärt den Ursprung der ungewöhnlichen Berufs-Kombination und weshalb er nicht zu den großen Streaming-Plattformen wechselt.

Es sind zwei Jobs, die gegensätzlicher wohl nicht sein könnten: Auf der einen Seite das mehrere Jahrhunderte alte Handwerk der Holzbildhauerei, auf der anderen Seite die moderne, erst in den vergangenen Jahren dank Plattformen wie Twitch so richtig populär gewordene Tätigkeit als Streamer. Alexander Bartl aus Österreich vereint beides. Mit 15 besucht er die Fachschule für Kunsthandwerk und Design in der Tilorer Gemeinde Elbigenalp. Seit April 2018 ist er ausgebildeter Bildhauer mit eigenem Gewerbe. Als die Dating-App Lovoo wenige Wochen später ihr neues Live Video-Feature in Österreich ausrollt, ist der heute 20-Jährige von Anfang an dabei. 

Nicht nur die ungewöhnliche Kombination aus Streaming und Holzschnitzkunst sorgen dafür, dass Alex schnell eine kleine Fangemeinde aufbauen kann. Vor allem das frühe Ausprobieren der neuen Funktionen macht sich bezahlt. User werden mit Hilfe eines großen Banners innerhalb der App auf das neue Feature aufmerksam gemacht. Besonders „Streamer“ der ersten Stunde haben so eine gute Chance, entdeckt zu werden. 

Erste Einnahmen durch virtuelle Geschenke

Ähnlich wie bei großen Livestreaming-Plattformen können Nutzer der App Streamer unterstützen. Während das bei der von Amazon übernommenen Company Twitch vor allem durch monatliche Subscribtions und direkte Geldspenden funktioniert, setzt Lovoo auf das Musically-Modell (inzwischen mit Tik Tok verschmolzen): virtuelle Geschenke. User können per In-App-Kauf Credits erhalten, diese beispielsweise für Emojis einlösen und einem Streamer schicken. Der sammelt so die Währung Diamanten an – und kann sie entsprechend in Credits umwandeln und per Cashout Geld dafür erhalten. 

Alex Bartl hat schnell gemerkt, dass dieses Modell Potenzial hat. In den vergangenen knapp drei Monaten konnte er insgesamt über zwei Millionen Diamanten einsammeln, das entspricht einem Geldwert von über 4.000 Euro. Im Durchschnitt hat der Bildhauer also rund 2.000 Euro pro Monat verdient. Dass er offenbar gut bei seiner kleinen Fangemeinde ankommt, erklärt er sich unter anderem mit dem Überraschungseffekt: „Wenn man mich sieht, rechnet keiner damit, dass ich Holzbildhauer bin. Ich entspreche nicht den Klischees, bin sehr jung und kein typischer Künstlertyp“, so Bartl gegenüber OMR. Einen weiteren Faktor möchte er aber nicht verheimlichen: Viele Zuschauerinnen hätten ihm schon geschrieben, mit zweien habe er sich auch mal getroffen. Er scheint also besonders in der jungen, weiblichen Zielgruppe gut anzukommen.

Andere Plattformen und Marketing für seine Streams

Zwar ist Alex Bartl auch auf anderen Plattformen vertreten – seine Facebook-Page hat rund 1.500 Fans, bei Instagram folgen ihm 2.700 Abonnenten – Live-Streams will er dort oder bei Youtube, Twitch & Co. aber nicht teilen. Er sagt: „Bei Lovoo habe ich bisher nur einen Bekannten getroffen und erreiche quasi nur neue Leute.“ Damit Nutzer auch von seinen Streams erfahren, kündigt er diese regelmäßig im Vorfeld an. Eine Funktion, dass Live-Übertragungen auch nachträglich noch abrufbar sind, gibt es übrigens nicht. 

Obwohl man als Holzbildhauer laut Alex Bartl nicht viel Platz braucht und er mit der kleinen Werkstatt im Elternhaus gut zurecht kommt, wird er dennoch zeitnah den nächsten Schritt machen: eine eigene Wohnung inklusive eigener, größerer Werkstatt. Die wird er auch brauchen. Denn dank der Live-Streams hat er nicht nur Bekanntheit erlangt, sondern gleichzeitig auch viele Aufträge erhalten. 

Ist Video das nächste große Ding im Online-Dating?

Das Dresdner Unternehmen Lovoo, das im September 2017 für 70 Millionen US-Dollar von der Meet Group aus den USA übernommen wurde, ist nicht der einzige Dating-App-Player, der aktuell mit Video-Formaten experimentiert. Im Mai dieses Jahres hatte Badoo ein Face-To-Face-Video-Feature gelauncht. Und Tinder hat nach ersten Tests vor wenigen Wochen Video-Loops als Profilbilder global eingeführt. 

Lovoo hatte vor dem Launch in Deutschland vor wenigen Tagen unter anderem in Österreich und Frankreich getestet, wie die Live-Streaming-Funktion ankommt. „Das Nutzerfeedback war enorm und hat dazu geführt, dass die Verweildauer in der App gestiegen ist“, erklärt Eric Jangor, VP Marketing beim Unternehmen. „Der durchschnittliche Viewer bleibt aktuell 15 Minuten dabei und im Schnitt streamen entweder 15 Prozent aller Nutzer selbst oder schauen zu.“ Dass das neue Feature offenbar wirklich ganz gut anläuft, deutet auch ein Hinweis auf der Support-Seite an. Dort heißt es: „Nicht nur der Sommer bricht gerade alle Rekorde, auch Lovoo Live geht durch die Decke. Wir gönnen unseren Servern deshalb eine kurze Auszeit und es kann sein, dass du das Live-Feature vorübergehend nicht nutzen kannst.“ 

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Torben Lux
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Torben Lux

Torben ist seit Juni 2014 Redakteur bei OMR. Er schreibt Artikel und Newsletter, plant das Bühnenprogramm des OMR Festivals, arbeitet an der "State of the German Internet"-Keynote, betreut den OMR Podcast und vieles mehr.

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