Marketing mit Amazon Alexa: Das sind die ersten Reichweitenzahlen

13.4.2017

Sorgen „Skills“ nach den Apps für den nächsten Goldrausch?

Amazon Echo love
Amazon Echo love
Inhalt
  1. Mehr als 10.000 Skills weltweit
  2. Fünfstellige Nutzerzahlen pro Skill
  3. 4.000 Benutzer pro Tag
  4. BVG gibt 45.000 Verbindungsauskünfte
  5. 30.000 Nutzer pro Tag in den USA
  6. Achtstellige Echo-Verkäufe in 2017?
  7. Niemand redet vor anderen mit Siri
  8. Amazon investiert massiv in Alexa
  9. Blumen, Kaffee oder Essen bestellen
  10. Alexa ist (noch?) kein Traffic-Hebel
  11. „Washington Post“ bindet Werbung ein
  12. Hürden bei der Produktnutzung abbauen
  13. Einen Skill entwickeln: Wie geht das?
  14. Viel Zeit für Tests lassen
  15. Umdenken und fokussieren
  16. Alexa hat Verständigungsprobleme
  17. Nutzer bleiben selten bei der Stange
  18. Amazon lockt mit Gratis-Hosting

Seit Mitte Februar sind die Echo-Geräte von Amazon offiziell in Deutschland erhältlich – und somit auch Amazons Sprachassistent Alexa. Damit bieten sich auch Unternehmen neue Marketingmöglichkeiten, weil sie eigene Sprachanwendungen („Skills“) entwickeln und über Amazons Plattform vertreiben können. OMR hat mit diversen „Early Adoptern“ gesprochen, erklärt die Möglichkeiten sowie aktuellen Herausforderungen und hat von deutschen und US-amerikanischen Entwicklern erstmals Reichweitenzahlen ihrer Skills erfahren.

Nick Schwab erreicht jetzt schon 250.000 pro Monat mit Alexa Skills. Auf unserer New Platform Marketing Conference hat er erklärt, worauf es bei den Voice Apps ankommt:

Die aktuellen Werbe- und Erklärspots für die Echo-Geräte zeigen es eindrücklich: Nach Amazon Prime und den Dash-Buttons mit Alexa will Amazon noch tiefer in die Lebenswelt der Nutzer eindringen und sich in deren Alltag verwurzeln. Mit dem sprachbasierten digitalen Heimassistenten können die Nutzer freihändig bei Amazon bestellen, sich Nachrichten oder Rezepte vorlesen lassen, Kalendereinträge verwalten, ihre „Smart Home“-Geräte steuern oder Musik abspielen lassen – Amazon ist daran immer beteiligt.

Mehr als 10.000 Skills weltweit

Um die Attraktivität von Alexa für die Nutzer zu steigern, will Amazon auch andere Unternehmen auf die Plattform locken: Sie können sprachbasierte Anwendungen („Skills“) programmieren. Diverse Unternehmen sind Amazons Ruf bereits gefolgt: So ist es aktuell über Alexa möglich, nicht nur Musik von Amazons eigenem Streaming-Dienst Amazon Music zu hören, sondern auch über Spotify. Deutsche Nutzer können über den Skill der Deutschen Bahn Verbindungsanfragen stellen, sich von Chefkoch Rezepte oder von Bild Nachrichten vorlesen lassen, über Mytaxi ein Taxi bestellen oder über die Skills von Bundesliga-Vereinen deren Liga-Radio hören. Die Nutzer können die Skills über die Alexa-App auf ihrem Smartphone oder in ihrem Browser, auf Amazon.de, oder, wenn sie den Namen des Skills wissen, auch sprachgesteuert über Alexa selbst aktivieren.

Die Startseite des deutschen Skill Stores (Screenshot)

Zählt man die Zahlen hinter den jeweiligen Kategorien im deutschen „Skill Store“ zusammen, so kommt man auf bereits über 1.200 deutschsprachige Skills, die um Nutzer buhlen. Weltweit sollen es laut Amazon mehr als 10.000 sein; der größte Teil davon dürfte über den US-Skill-Store verfügbar sein. Offenbar spekulieren viele Unternehmen und Entwickler darauf, dass Alexa ein großer Erfolg wird und sie von dieser Entwicklung profitieren können.

Fünfstellige Nutzerzahlen pro Skill

Wie OMR-Recherchen zeigen, sind aktuell die von deutschen Entwicklern mit Alexa Skills erzielten Reichweiten von beispielsweise denen der erfolgreichsten hiesigen Smartphone Apps (noch?) weit entfernt. Angesichts der kurzen Zeit, die die Echo-Geräte hierzulande am Markt erhältlich sind, sind die Nutzerzahlen aber doch beachtlich.

So ist beispielsweise der Skill „Fernsehprogramm“ in den nicht einmal zweieinhalb Monaten seit Bestehen von knapp 29.000 „Unique Customern“ aktiviert worden. Dies zeigen Screenshots, die der Entwickler Tobias Knisch OMR zur Verfügung gestellt hat. Nach Aktivierung des Skills können die Echo-Nutzer Alexa nach dem Fernsehprogramm für die Primetime um 20:15 Uhr fragen. Pro Tag verzeichnet der Skill durchschnittlich 700 Nutzer, das Maximum waren 2.000 Nutzer an einem Tag.

Die Traffic-Statistik des Alexa Skills „Fernsehprogramm“ (Bild: Tobias Knisch)

4.000 Benutzer pro Tag

Obwohl der Skill für den 25-jährigen Knisch, der hauptberuflich für eine Versicherungstochter arbeitet, eher ein privates „Hobby-, Spaß- und Weiterbildungsprojekt“ sei, hat er damit offenbar einen Nerv getroffen: Bis in der vergangenen Woche war der Skill im deutschen Skill-Store unter den „Top aktivierten Skills“ auf dem ersten Platz. Welche Kennzahlen für diese Platzierung sorgen, ist unbekannt.

Ebenfalls seit geraumer Zeit in der Top 10 ist der Skill „Gehirnjogging“ vom ebenfalls unabhängigen Entwickler Alexander Martin. Nach Aktivierung des Skills stellt Alexa den Nutzern Rechenaufgaben, die mit der Zeit schwerer werden. Wie Screenshots zeigen, die Martin OMR zur Verfügung gestellt hat, erzielt das „Gehirnjogging“ eine ähnliche Reichweite wie das „Fernsehprogramm“. An Spitzentagen wie beispielsweise dem 16. Februar, haben fast 4.000 Echo-Besitzer den Skill genutzt.

Die Traffic-Entwicklung des Alexa Skills „Gehirnjogging“ (Bild: Alexander Martin)

BVG gibt 45.000 Verbindungsauskünfte

Auch Unternehmen erzielen offenbar schon fünfstellige Reichweiten: Das Schweizer Unternehmen Bring Labs bietet eine Smartphone-App an, mit der mehrere Nutzer eine Einkaufsliste erstellen und synchronisieren können. Mit dem Skill „Bring! Einkaufsliste“ können die Nutzer nun auch Alexa bitten, Artikel der Einkaufsliste hinzuzufügen. Aktuell ist der Skill mehrfach auf der Skill-Store-Startseite gefeatured, etwa auf Platz zehn der „Top aktivierten Skills“. „Wir haben in Deutschland mehr als 10.000 User, welche sowohl Alexa wie auch Bring! verwenden, Tendenz steigend“, so Bring-Mitgründer Dominic Mehr.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) stellen seit Januar einen Skill zur Verfügung, mit dem die Nutzer von Alexa Verbindungsauskünfte erhalten können. „Insgesamt gab es bisher rund 45.000 Anfragen an unseren Alexa Skill“, so ein BVG-Sprecher gegenüber OMR. „Die Anzahl der unterschiedlichen täglichen Nutzer schwankt und liegt an Spitzentagen derzeit bei über 150.“ Andere Unternehmen wie Mytaxi, die Deutsche Bahn und Spotify wollten sich auf Anfrage von OMR nicht zu Nutzerzahlen äußern.

30.000 Nutzer pro Tag in den USA

In den USA erzielen Alexa Skills offenbar schon höhere Reichweiten, wie Anfragen von OMR bei dortigen Entwicklern zeigen. „In der Regel verzeichne ich mit all meinen Ambient Noise Skills mehr als 30.000 Unique User pro Tag“, so der Programmierer Nick Schwab. „Aktuell streamen die Nutzer pro Tag so rund sieben Terabyte an Audiodaten.“ Schwab hat elf Skills entwickelt, acht davon warten unter dem Label Alexa Sounds mit Hintergrundgeräuschen auf. Mehrere davon waren schon mehrfach in den Top 10 Skills vertreten; aktuell sind es sogar drei: Kaminfeuergeknister, Meeresrauschen und Ventilatorsirren.

Nicht nur Nick Schwab ist im US-Store mit Ambient Noise Skills erfolgreich. Ebenfalls sehr gefragt ist der Skill Sleep Sounds von Jeff Bolton, der ebenfalls schon mehrfach in der Top 10 vertreten war. Hier können die Nutzer über Sprachsteuerung gleich aus mehreren Einschlafklängen auswählen. „Sleep Sounds bekommt aktuell rund 2.500 neue Nutzer pro Tag“, so Bolton gegenüber OMR. „Etwas mehr als zehn Prozent davon nutzt den Skill täglich.“

Achtstellige Echo-Verkäufe in 2017?

Dass die Nutzerzahlen von Skills in den USA höher sind als in Deutschland, ist wenig verwunderlich, dürfte dort doch nicht nur der Markt an sich, sondern auch die Zahl der Echo-Besitzer, also die Brutto-Reichweite von Amazon Alexa, ebenfalls deutlich größer sein – auch weil das Produkt dort schon seit Juni 2015 erhältlich ist. Dazu, wie viele Echo-Geräte wirklich im Markt sind, gibt es zurzeit keine verlässlichen Informationen. Amazon selbst will auf Anfrage von OMR keine Verkaufszahlen nennen. In einer Pressemitteilung heißt es, dass die Echo-Geräte bei Amazon zu den beliebtesten Artikeln im Weihnachtsgeschäft 2016 gehörten, der kleinere Echo Dot sogar das meistverkaufte Produkt gewesen sei.

Der US-Marktforscher Consumer Intelligence Research Partners schätzte Anfang Februar dieses Jahres, dass alleine in den USA 8,2 Millionen Amazon-Kunden ein Echo-Gerät besitzen. Einer Schätzung der Investmentbank Morgan Stanley zufolge (hier zitiert von der Seattle Times) hat Amazon bis zum 1. Dezember 2016 (also noch vor dem Höhepunkt des Weihnachtsgeschäftes) elf Millionen Echo-Geräte verkauft – den Großteil davon in den USA, aber auch 400.000 in Deutschland und 300.000 in Großbritannien. Laut „The Information“ will Amazon im Jahr 2017 zehn Millionen Echo-Geräte verkaufen. Hinzu kommt, dass Alexa in den USA mittlerweile auch über die reguläre Amazon-App genutzt werden kann, was zumindest die Brutto-Reichweite nochmal erhöht. Die Vermutung liegt nahe, dass dieser Schritt auch in Deutschland erfolgen wird.

Niemand redet vor anderen mit Siri

Wie groß das Phänomen Alexa noch wird, und wie sehr dementsprechend dann auch Entwickler und Unternehmen außer Amazon davon potenziell profitieren können werden, hängt davon ab, in welchem Maß die Nutzer bereit sind, sich auf sprachbasierte Dienste einzulassen und diese regelmäßig zu nutzen. Nicht nur Amazon setzt offensichtlich darauf, dass dies geschehen wird, sondern auch fast alle anderen groß Tech-Konzerne: Apple mit Siri, Google mit Google Home, Microsoft  mit Cortana und seit neuestem Samsung mit Bixby.

Auf dem Smartphone ist es Sprachassistenten wie Siri oder Google Now in den vergangenen Jahren augenscheinlich nicht gelungen, wirklich in den Mainstream vorzustoßen. Eine Befragung eines US-Marktforschers unter 500 US-amerikanischen Smartphone-Besitzern ergab, dass viele von ihnen die Sprachdienste zwar kennen, aber zwei Drittel von ihnen diese nur selten nutzen. Offensichtlich haben die Menschen damit vor allem in der Öffentlichkeit Hemmungen: Nur zwei Prozent der befragten iPhone-Besitzer würden Siri außerhalb der eigenen vier Wände nutzen.

Amazon investiert massiv in Alexa

Wenig verwunderlich also, dass Amazon nun mit den Echo-Geräten und Google mit Google Home versuchen, einen festen Platz in den Küchen und Wohnzimmern der Verbraucher zu erobern. Die Google-Home-Geräte sind bislang in Deutschland noch nicht frei erhältlich. Amazon ist hierzulande nicht nur früher im Markt, sondern verfügt auch über einen eigenen, extrem populären Vertriebskanal, der mit weltweit über 300 Millionen aktiven Kunden eine immense Reichweite hat. Der E-Commerce-Gigant hat damit potenziell nicht nur die finanzielle Kraft, das Produkt immer weiter zu entwickeln und somit attraktiver zu machen (angeblich arbeiten mehr als 1.000 Mitarbeiter an dieser Aufgabe), sondern auch die Vertriebs-Power, um Alexa mit Marketing und günstigen Preisen, Rabatten und Bundle-Angeboten in den Markt zu drücken.

Was kann es Unternehmen oder unabhängigen Entwicklern bringen, sich mit eigenen Skills für Alexa in diesem Bereich zu engagieren? Skills zu verkaufen ist aktuell nicht möglich; bislang sind alle Anwendungen kostenlos. In der „App Economy“ gehören Gaming-Anwendungen zu den größten Umsatzbringern. Für Alexa gibt es bereits auch erste sprachbasierte Spiele, beispielsweise das in der Entwicklerszene viel beachtete „Rollenspiel Soloabenteuer“. Wenn Alexa für unabhängige Entwickler langfristig attraktiv sein soll, dürfte es unumgänglich sein, dass Amazon diesen Verdienstmöglichkeiten bietet. Denkbar wären dabei auch unkomplizierte „In-Skill-Einkäufe“, die die Kunden über Amazon Pay bezahlen.

Blumen, Kaffee oder Essen bestellen

Aktuell bereits attraktiver dürften Alexa Skills für Unternehmen sein, die über ihre Sprachanwendung Transaktionen abwickeln oder zumindest anbahnen können. Zu den deutschen Startpartnern von Amazon Alexa in Deutschland gehört Mytaxi: Mit dem Skill des Unternehmens können die Nutzer sich ein Taxi rufen. In den USA bietet Uber auch eine „Ride Hailing“-Skill an; mit der 1-800-Flowers-Skill können die Alexa-Nutzer Blumen ordern und mit Starbucks Reorder bei der Café-Kette bestellen. Amazon ermöglicht es den Skill-Entwicklern seit Kurzem auch, Ortsdaten der Nutzer abzufragen – so diese ihre Einwilligung dazu erteilt haben. Das britische Unternehmen Just eat gehört zu den ersten Unternehmen, die dies nutzen. Über die Justeat-Skill können sich die Nutzer Essen liefern lassen.

Ein Unternehmen, das seinen Kunden die Aufgabe von Bestellungen via Skill ermöglichen will, muss vorab über den OAuth-Standard eine Schnittstelle zur eigenen Kundendatenbank einrichten. Die Endnutzer müssen dann ihr Kundenkonto beim jeweiligen Anbieter über die Alexa-Smartphone-App oder -Browser-Anwendung mit ihrem Amazon-Alexa-Account verknüpfen. Anders als bei Apps müssen die Unternehmen bei ihren Skills – zumindest den offiziellen Dokumentationen von Amazon nach zu schließen – keinen Anteil an den darüber zustande gekommenen Umsätzen an den Plattform-Anbieter Amazon abgeben. Trotzdem dürfte Amazon natürlich Einblick in wertvolle Daten über das Geschäft der Skill-Anbieter erhalten.

Alexa ist (noch?) kein Traffic-Hebel

Für digitale Publisher- und Inhalte-Anbieter dürfte mittel- bis langfristig entscheidend sein, ob sich mittels Alexa Traffic für ihre anderen Outlets generieren lässt. Aktuell ist das noch nicht möglich. Die Nutzer können sich zwar beispielsweise ein Rezept, das sie über einen Skill ausgewählt haben, auch in Kartenform in die Alexa-Smartphone-App schicken lassen. Eine Verlinkung aus der Rezeptkarte in die App oder auf die Website des Skill-Anbieters ist derzeit allerdings nicht möglich. Wie aus dem Umfeld von Chefkoch (ebenfalls Startpartner in Deutschland) zu hören ist, zögert die Business-Development-Abteilung deswegen, noch mehr Ressourcen in diesen Bereich zu investieren.

Ob eine Alexa-Skill die Downloads einer bestehenden App ankurbeln kann, ist derzeit nicht verlässlich zu beantworten. Dominic Mehr von der Einkaufslisten-App „Bring!“ ist diesbezüglich aber eher skeptisch: „Da wir das nicht genau tracken können, kann ich da keine Aussage machen. Ich denke aber, dass es weniger als ein Prozent ist.“

„Washington Post“ bindet Werbung ein

Der Menüpunkt „Tägliche Zusammenfassung“ in der Amazon-Alexa-App

Eine Möglichkeit für Publisher, ihre Alexa Skills direkt zu monetarisieren, besteht darin, Sprachwerbung in diese einzubinden. Eher nachrichtlich getriebene Publisher können eine Skill-Sonderform nutzen: Sie können den Nutzern anbieten, dass ihre Inhalte dessen „täglicher Zusammenfassung“ hinzugefügt werden. Fragt der Nutzer also morgens nach der täglichen Zusammenfassung, liest ihm Alexa die Inhalte der von ihm gewählten Publisher vor. In den USA hat die „Washington Post“ im vergangenen Sommer als erster Publisher damit begonnen, das „Flash Briefing“ zu vermarkten: Seitdem wird die Zusammenfassung von der Investment Bank Morgan Stanley „präsentiert“.

Möglicherweise vermarkten auch andere Publisher ihre „Flash Briefings“. So berichten zumindest auf Reddit (etwa hier, hier und hier) und auf Twitter mehrere US-Nutzer davon, dass ihnen über Alexa Werbung für die Fast-Food-Kette Taco Bell ausgespielt worden sei. Interessant in Sachen Werbevermarktung dürfte es beispielsweise für Radiosender auch sein, wenn sie über Alexa künftig mehr Daten über ihre Nutzer erhalten: Aufenthaltsort und Demographie beispielsweise.

Hürden bei der Produktnutzung abbauen

Aus strategischer Sicht könnten Alexa Skills Unternehmen vermutlich als eine Art Kundenbindungsinstrument dienen: Eine Sprachanwendung baut im besten Fall Barrieren bei der Nutzung eines Produktes ab, was die Wahrscheinlichkeit, dass diese regelmäßig genutzt wird, erhöht (s. dazu auch die These von OMR-Gründer Philipp Westermeyer, dass Produkt und Marketing nicht mehr voneinander zu trennen sind). Das könnte nicht nur für Streaming-Dienste, Verkehrsbetriebe und Lieferdienste gelten, sondern beispielsweise auch für Banking. In den USA ermöglicht Capital One den Kunden mit einer Alexa Skill bereits (nach Nennung einer vierstelligen PIN) die Abfrage der letzten Kontobewegungen und Kreditkartenzahlungen. In Deutschland hat die Hamburger Agentur Nuuk (die u.a. auch Skills für Antenne Bayern und mehrere Bundesligavereine entwickelt hat) zuletzt eine Demo-Version einer möglichen Alexa Skill der Volks- und -Raiffeisen-Banken präsentiert, über die sich auch Geld überweisen lassen soll.

Einen Skill entwickeln: Wie geht das?

Wie funktioniert Alexa Skills und was müssen Unternehmen bei deren Entwicklung beachten? Grundelement sind so genannte Slots, bestehend aus vordefinierten Sätzen, die die Nutzer Alexa fragen könnten. Eine Art Freitextsuche innerhalb einer Datenbank ist somit aktuell nicht möglich. Derzeit kann jeder Skill 50.000 mögliche Slots umfassen.

Das mag auf Anhieb nach vielen Optionen und Freiraum für die Entwickler klingen. Doch für einige der aktuellen Skill-Anbieter ist die Zahl zu niedrig. Die Datenbank von Chefkoch beispielsweise umfasst nach eigenen Angaben mehr als 300.000 Rezepte. Die Deutsche Bahn kennt zwischen 400.000 und 500.000 Haltestellen, wenn man jene der örtlichen Verkehrsverbünde mitrechnet. Zudem gibt es ja auch sprachliche Varianten und Variationen, was die Zahl der Variablen potenziell noch einmal erhöht.

Viel Zeit für Tests lassen

Die Lösung: Eine freiwillige Selbstbeschränkung. Chefkoch bietet über die Alexa Skill derzeit nur den Zugriff auf das Rezept des Tages sowie eine Hand voll vorselektierter Kategorien. Die Bahn ermöglicht nur Verbindungsauskünfte zu den eigenen Haltestellen – rund 10.000 große Bahnhöfe.

Die Auswahl der möglichen Beispielsätze sollten die Unternehmen mit viel Aufwand betreiben – denn wenn die Nutzer am Ende andere Fragen stellen als jene, die der Entwickler erwartet hat, kann der Skill seinen Zweck nicht erfüllen. „Der Testing-Aufwand sollte nicht unterschätzen werden“, so Alexander Köhn von der Agentur Nuuk. „Am besten führt man Real Life Tests mit externen Nutzern durch.“

Umdenken und fokussieren

Eine weitere, große Herausforderung: Sprachsteuerung ist ein vollkommen neues „Nutzer-Interface“. „Man muss von Grafik zu Audio umdenken“, so Dominic Mehr von der Einkaufslisten-Skill „Bring!“. Schließlich könne der Nutzer bei einer grafischen Benutzeroberfläche zwischen verschiedenen sichtbaren Optionen wählen und sich so mit ihnen vertraut machen. Das sei bei einem Interface, das über Sprache gesteuert werde, ganz anders.

Auch hier kann Reduktion helfen. „Man sollte sich auf einfache, kurze Wortwechsel fokussieren, die die Probleme oder Bedürfnisse der Kunden erfüllen. Es passiert schnell, dass man die Bedienung zu kompliziert macht“, so Ambient-Noise-Skill-Entwickler Nick Schwab. Alexander Köhn von Nuuk empfiehlt außerdem eine strukturierte Herangehensweise mit Hilfe von Voice-Diagrammen. Hilfreiche Tipps erhalten Entwickler auch in einer Präsentation der US-Bank Capital One.

Alexa hat Verständigungsprobleme

Derzeit tut Alexa sich offenbar mit der deutschen Sprache noch ein wenig schwer. „Alexa ist in der deutschsprachigen Version noch nicht so ausgereift wie in der englischsprachigen“, so „Gehirnjogging“-Entwickler Alexander Martin. Manche Slot-Typen gebe es zum Beispiel derzeit nur auf Englisch. Aber auch das Sprachverständnis hinke teilweise noch hinterher. Martin entwickelt derzeit auch einen eigenen Fernsehprogramm-Skill. „Ich wollte, dass die Nutzer fragen können ‚Wann läuft der nächste Tatort?’. Aber Alexa versteht das Wort ‚Tatort’ nicht.“ Ähnliche Erfahrungen machten die Entwickler der „Bring“-Skill: „Aus Aprikosen im Glas machte Alexa anfangs schon mal ‚alkoholfrei Gras’.“

Derzeit sind laut Alexander Köhn von der Agentur Nuuk innerhalb einer Konversation mit Alexa noch keine kontextbezogenen Fragen möglich: „Wenn ich Alexa zuerst ‚Wer ist die Bundeskanzlerin?’ frage und danach ‚Wie alt ist sie?’, dann versteht sie das nicht.“

Nutzer bleiben selten bei der Stange

Wie in der App Economy ist auch in der Welt der Alexa Skills das Thema „Discovery“ derzeit schwierig: „Es ist unheimlich schwer, neue Nutzer zu bekommen, wenn man nicht in einer der von Amazon hervorgehobenen Kategorien gefeatured wird“, so Nick Schwab.

So wird Mytaxi gerade im deutschen Skill Store gefeatured (Screenshot)

Ein weiteres Problem: Die niedrige Retention der Skills. „Als täglicher Alexa-Nutzer kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass ich die meisten der Skills, die ich aktiviere, kurz danach wieder deaktiviere“, so Sleep-Sounds-Entwickler Jeff Bolton. Er ist offenbar kein Einzelfall: Laut einer Studie von Voice Labs verwenden nur noch drei Prozent aller Nutzer einen aktivierten Skill in der zweiten Woche. Ein Gegenmittel könne hier laut Bolton guter Kundenservice sein: „Wir beantworten jede Bewertung, die schlechter als fünf Sterne ist. Wenn der Nutzer einen Fehler aufzeigt, lösen wir das Problem so schnell als möglich.“

Amazon lockt mit Gratis-Hosting

Allen Entwicklern und Unternehmen, die skeptisch sind, Ressourcen in die Entwicklung eines Alexa Skills zu investieren, will Amazon nun den Einstieg leicht machen: Über ein Promotion-Programm können Entwickler ihre Skills bis zu einem gewissen Volumen kostenlos über Amazon Web Service hosten.

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