Ärger im Youtuber-Paradies – Was der Konflikt zwischen LeFloid und Mediakraft bedeutet

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Inhalt
  1. Wie die Professionalisierung bei den Youtube-Netzwerken zu Wachstumsschmerzen führt
  2. Trennung in spätestens sechs Monaten?
  3. Neuer Verein soll „den alten Netzwerkgedanken wiederbeleben“
  4. Mediakraft will die Professionalisierung

Wie die Professionalisierung bei den Youtube-Netzwerken zu Wachstumsschmerzen führt

Christoph Krachten (links, bei den Online Marketing Rockstars 2013) und LeFloid (bei der re:publica 2013, Quelle: Flickr, CC BY 2.0), Collage: Online Marketing Rockstars)

Christoph Krachten (links, bei den Online Marketing Rockstars 2013) und LeFloid (bei der re:publica 2013, Quelle: Flickr, CC BY 2.0), Collage: Online Marketing Rockstars

LeFloid will Mediakraft verlassen – diese Nachricht sorgte vor wenigen Tagen in der Youtuber-Szene und der Medienbranche für Wirbel. Er habe bei dem Netzwerk immer häufiger den Zusammengehörigkeitsgedanken vermisst, sagte LeFloid im Gespräch mit Online Marketing Rockstars zu den Gründen für die Trennung. Mediakraft-Geschäftsführer Christoph Krachten sieht demgegenüber die Chance, die Entstehung einer neuen Medienbranche anzuführen – und deswegen die Notwendigkeit der Professionalisierung. Möglicherweise findet in der Branche der Youtube-Netzwerke ein Klimawechsel statt.

Er sei „leider noch“ bei Mediakraft – aber seine Kündigungsfrist laufe schon, sagte LeFloid im Interview mit Vice. Er habe feststellen müssen, dass Netzwerke ihren ursprünglichen Gedanken in Gänze verloren hätten. „Ein Netzwerk ist nicht mehr als ein hart gewinnorientiertes Unternehmen, das auch nicht mal zwangsweise daran interessiert ist, die kleinen Youtuber zu unterstützen und zu promoten, sondern die Großen noch größer zu pumpen […] um den eigenen Netzwerk-Wert zu erhöhen.“

Trennung in spätestens sechs Monaten?

Gegenüber Online Marketing Rockstars sprach LeFloid von einer sechsmonatigen Kündigungsfrist. Bis zu deren Auslaufen werde er seinen Vertrag erfüllen. Dreckige Wäsche wolle er nicht waschen: „Die Wege sind einfach mit der Zeit auseinander gegangen. Als ich zu Mediakraft gekommen bin, bestand das Netzwerk vielleicht aus 20 Youtubern. Irgendwann sieht man sich dann um und stellt fest, dass man sich in einem riesigen Gebilde befindet – da sieht man dann auch nicht mehr unbedingt einen Zusammengehörigkeitsgedanken“, so der 27-Jährige. Heute gehe es „nur noch um das Hin- und Herschieben von Zahlen“.

LeFloid ist seit Sommer 2012 Mitglied von Mediakraft und eines der renommiertesten Zugpferde des deutschen Netzwerkes. Der Youtuber, bürgerlich Florian Mundt, kommentiert auf seinem Kanal aktuelle Nachrichten und Medienberichte. Mit diesem Konzept gewann LeFloid in den vergangenen beiden Jahren mehrere Preise, etwa den Publikumspreis des Grimme Online Award, den deutschen Webvideopreis und die „EinsLive Krone“ des gleichnamigen Radiosenders. Seit seinem Eintritt bei Mediakraft stieg die Zahl der monatlichen Videoabrufe seines Kanals von einem niedrigen einstelligen Millionenbereich auf die Höhe von rund zwölf Millionen Views.

(Quelle: Socialblade

(Quelle: Socialblade)

Trotzdem war der junge Web-Promi offenbar nicht in Gänze mit der Unterstützung durch Mediakraft zufrieden: „Ich habe in der Vermarktung durch Mediakraft keinen Mehrwert gesehen“, so LeFloid. Mediakraft betreibt unter dem Namen ‚Produktkraft’ einen eigenen Vermarkter und bietet über diesen Product-Placement-Deals als auch die Buchung von Standard-Youtube-Werbemitteln an. Von allen Einnahmen der Kanäle, die über eine bestimmte Schwelle hinausgehen (anfangs 500 Euro, bei höheren Einnahmen wird der Beitrag laut Mediakraft angepasst), behält Mediakraft einen Prozentsatz ein. A „Wenn man dann das Gefühl hat, dass sich das für einen nicht rechnet, macht es auch keinen Sinn“, sagt LeFloid. Er wolle sich deswegen nach Ablauf des Vertrages mit Mediakraft erst einmal selbst vermarkten.

Neuer Verein soll „den alten Netzwerkgedanken wiederbeleben“

Den Austausch mit anderen Youtubern sucht er künftig über den Verein 301+, in dem sich 15 teilweise recht bekannte Kanalbetreiber (darunter die Lifestylebloggerin Daaruum) organisieren, und bei dem er als zweiter Vorsitzender agiert. „Bei 301+ geht es uns nicht um finanzielle und um Vermarktungsthemen, sondern den Netzwerkgedanken. Wir haben dort ja auch noch Leute, die bei Mediakraft oder Studio71 sind – die bleiben auch da.“ Es gehe mehr um den persönlichen Kontakt – „wir wollen das ein wenig in einem kleineren Kreis halten“.

Mediakraft will die Kündigung von LeFloid weder dementieren noch bestätigen. „Zu Einzelfällen äußern wir uns nicht“, sagte Mediakraft-Gründer Christoph Krachten gegenüber Online Marketing Rockstars.

Dem von LeFloid geäußerten Vorwurf, Mediakraft fördere keine kleinen Youtube-Kanäle, widerspricht Krachten: „Der Netzwerkgedanke ist in unserem Geschäftsmodell immanent. Es ist für uns entscheidend, kleine Kanäle zu finden, zu professionalisieren und deren Reichweite zu steigern, denn damit erreicht ein Netzwerk das größte Wachstum. Mit dem Mediakraft Talents Network haben wie die Förderung kleinerer Kanäle sogar zum Prinzip erhoben.“

Im Talents Network bündelt Mediakraft Neuzugänge des Netzwerks. Sie werden durch Workshops unterstützt. „Wenn die Kanalbetreiber dann schnell wachsen, Abonnenten generieren und guten Content machen, holen wir sie in unsere größeren Netzwerke. Dort beraten und schulen wir sie individuell und helfen ihnen bei der Reichweite – indem unsere anderen Mitglieder sie verlinken, Abo-Empfehlungen abgeben oder gemeinsam mit den Talents Videos drehen.“ Ein Beispiel dafür sei etwa der Kanal der Youtuberin „Mirellativegal“. „Der lag Anfang des Jahres noch bei 20.000 Abonnenten. Nachdem sie in ganz vielen unserer Formate aufgetreten ist und mit anderen Mitgliedern unseres Netzwerks Crosspromotion gemacht hat, liegt Mirellativegal heute bei knapp 110.000 Abonnenten.“

Mediakraft will die Professionalisierung

Die Kritik an der angeblichen „harten Gewinnorientierung“ von Mediakraft kann der 54-Jährige nicht nachvollziehen: „Wir sind ein Start-up und damit noch in der Entwicklungsphase. Das bedeutet auch, dass wir derzeit noch kein Geld verdienen. Unsere gesamten Einnahmen reinvestieren wir in die Entwicklung unserer Kanäle und in Programm. Außerdem ziehen wir Investoren hinzu, um das Wachstum noch einmal zu beschleunigen.“ Krachten sieht offensichtlich die Chance, mit Mediakraft einen beträchtlichen Claim in einem entstehenden Markt abzustecken. „Aktuell entwickelt sich ein Ökosystem, eine ganze Medienbranche komplett neu – da wollen wir an der Spitze mit dabei sein.“ Zurzeit sieht Krachten sein Unternehmen auf Kurs: „Wir liegen jetzt bei 420 Millionen Views – Anfang des Jahres waren es noch 300 Millionen Views. Das ist ein extremes Wachstum, das deutlich größer ist als das Wachstum von Online-Video im Allgemeinen.“

Das Geschäft mit Youtube-Netzwerken durchläuft aktuell offenbar einen Professionalisierungsprozess – auf nationaler und internationaler Ebene haben bereits erste Übernahmen stattgefunden. In den USA kaufte die Walt Disney Company für mindestens 500 Millionen US-Dollars die Maker Studios, in Deutschland beteiligte sich Ströer mehrheitlich an TubeOne Networks. Mediakraft selbst hat jüngst eine hoch dotierte Finanzierungsrunde abgeschlossen. Damit stehen die Netzwerk-Betreiber unter dem Druck, den Wert ihres Unternehmens deutlich steigern zu müssen. Das Portfolio der Youtuber ist dabei für das Unternehmen eines der wichtigsten Assets. Von den aktuellen Ereignissen rund um LeFloid oder vergangene Unstimmigkeiten mit dem Youtuber „ungespielt“ lässt sich Krachten aber nicht beunruhigen. „Derzeit umfasst unser Netzwerk ungefähr 2.500 Kanäle. Bei so vielen Kanälen wird es immer mal mal wieder den ein oder anderen geben, der unzufrieden ist oder bei dem es Diskussionsbedarf gibt. Das ist aber eine absolute Minderheit und beeinträchtigt unser Geschäft nicht – der Großteil unserer Mitglieder ist absolut zufrieden.“

Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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