Neues Joint Venture: Facelift und thjnk wollen mit upljft gemeinsam Advertiser von Markenwerbung auf Facebook überzeugen

thjnk Co-Gründer und Vorstand Michael Trautmann (links) und Facelift-Geschäftsführer Benjamin Schroeter

Benjamin Schroeter und Michael Trautmann im Gespräch mit Online Marketing Rockstars

thjnk Co-Gründer und Vorstand Michael Trautmann (links) und Facelift-Geschäftsführer Benjamin Schroeter

thjnk Co-Gründer und Vorstand Michael Trautmann (links) und Facelift-Geschäftsführer Benjamin Schroeter

Es ist eine Kooperation, die der deutsche Markt so in dieser Form noch nicht gesehen hat: Erstmals gehen eine Kreativagentur und ein Adtech-Unternehmen ein Joint Venture ein. Unter dem Namen upljft wollen die Hamburger Agentur thjnk, zu deren Kunden unter anderem Audi, Ikea und McDonalds gehören, und der Online-Werbetechnologie-Dienstleister Facelift (ebenfalls aus der Hansestadt, Kunden: Nestlé, Deutsche Bahn und Otto) künftig Kunden von Markenwerbung auf Social-Media-Plattformen überzeugen. Online Marketing Rockstars konnte mit den beiden Geschäftsführern Benjamin Schroeter und Michael Trautmann ein exklusives Interview führen.

Facelift ist eine Social-Media-Tech-Firma, thjnk eine Kreativagentur. Beide Unternehmen dürften damit in vielerlei Hinsicht sehr unterschiedlich sein. Nun gehen sie unter dem Namen upljft ein Joint Venture ein. Was ist der Grundgedanke hinter diesem Schritt? Benjamin Schroeter: „Wir glauben, dass es sinnvoll ist, die unterschiedlichen Stärken der beiden Unternehmen zu vereinen. Wir sehen aktuell eine große Lücke im Markt: Über Social Media Advertising findet bisher noch wenig gut gemachtes Branding statt. Facebook, Instagram, Twitter und Pinterest bieten eine riesige Reichweite und gleichzeitig völlig neuartige Möglichkeiten des Targetings. Allerdings wird hier bisher größtenteils komplett generisch gearbeitet, indem Material aus anderen Kanälen einfach auf Social Media „verlängert“ wird. Das ist ganz einfach darin begründet, dass Werbung auf Social-Media-Plattformen allen voran Facebook extrem technisch geworden ist und die Kreativindustrie bisher wenig Detailverständnis dafür aufgebracht hat. Und genau diese Lücke füllt upljft. Kreativität und Technologie werden eine Einheit, um so auch anspruchsvolle Branding-Kampagnen optimal in Social Media zu realisieren. Dabei werden kreative Kampagnen individuell je Zielgruppen-Segment erstellt, angepasst, ausgesteuert und optimiert. Im Ergebnis ist es also nicht mehr ‚eine Kampagne für die gesamte Zielgruppe’ sondern ‚eine individuelle Kampagne für jedes Zielsegment’.“

Michael Trautmann: „Social Media Advertising ist aus unserer Sicht der Bereich mit dem spannendsten Zukunftspotenzial im digitalen Marketing. Nicht nur wegen des rasanten Wachstums, sondern auch, weil er künftig ein noch viel stärkeres Potenzial für Kreation bietet. Die Möglichkeiten, die sich für Marken auf diesen Kanälen bieten, wachsen und werden immer spannender – gerade auch für Branding-Kampagnen und nicht nur, wie bisher, für Performance Marketing. Damit solche Branding-Kampagnen erfolgreich sind, braucht es einen Dreiklang aus der richtigen Markenstrategie, exzellenter kanalspezifischer Kreation und der bestmöglichen Distribution durch den richtigen Einsatz von Daten und Technologie. Genau das bringen die beiden beteiligten Partner mit in das Joint Venture ein.“

Wie soll denn bei Ihnen die Zusammenarbeit zwischen Kreation und Technologie in Praxis konkret aussehen? Bei Facebook werden bisher ja häufig eine Vielzahl von sehr granularen Zielgruppen mit leicht variierten Werbemitteln angesprochen; dieses spitze Targeting gilt als große Stärke von Facebook. Sie werden ja nicht künftig für jedes einzelne, kleine Segment eine komplett neue kreative Idee produzieren können…?

Das Logo des neuen Joint Ventures

Das Logo des neuen Joint Ventures

Schroeter: „Digitalisierung ermöglicht ja nicht nur neue Formen des Targetings, sondern verändert auch Produktionsprozesse. Wir sind sicher, dass wir in der Lage sein werden, für jede Zielgruppe das für sie richtige Creative zu erstellen und auszuspielen. Dabei wird es natürlich auch darum gehen, Zielgruppen smart zu segmentieren. In manchen Fällen kann das Personalisierung bis auf den einzelnen User bedeuten, in anderen Fällen werden wir sehr viel größere Zielgruppensegmente ansprechen. Je nachdem, was für die jeweilige Kampagne sinnvoll ist. Nicht zuletzt liegt der Fokus von upljft ja sehr viel stärker auf Branding-Kampagnen, die andere Anforderungen an Personalisierung stellen als Performance-Kampagnen.“

Trautmann: „Ein gutes Beispiel für smarte Zielgruppensegmentierung und Creative-Individualisierung in Branding-Kampagnen ist beispielsweise der Coca-Cola Superbowl Case aus 2014. Im Zentrum stand ein Spot, bei dem Menschen verschiedener Herkunft ‚America the Beautiful’ gesungen haben. Bei der Ausspielung auf Facebook wurden Thumbnails, Headlines, Texte an die ethnische Herkunft des jeweiligen Users angepasst. Bisher war so etwas nur sehr aufwändig umzusetzen. Mit Technologie geht das jetzt 50 Mal effizienter.“

Herr Trautmann, kommt Ihre Kooperation mit Facelift einem Eingeständnis gleich, dass Agenturen wegen der Digitalisierung ohne eigene Technologie nicht mehr überleben können? Trautmann: „Agenturen haben sich schon immer der notwendigen Technologien bedient, um erfolgreiche Kampagnen und kreative Ideen zu entwickeln. Das galt auf Produktionsseite schon für alle klassischen Medien. Für digitale Kampagnen ist Technologie-Know-How natürlich immer mehr ein zentraler Erfolgsfaktor. Wir glauben auch: Ohne die richtige Kreation ist die beste Technologie nichts wert. Kreation bleibt auch in der digitalen Welt der beste Conversion-Treiber.“

Herr Schroeter, vom Geschäft der reinen Facebook-Advertising-Tools hört man, dass die Margen dort sehr niedrig seien. Hoffen Sie durch die Kooperation mit thjnk an die Markenwerbetöpfe gelangen und letztlich eine bessere Marge erzielen zu können? Schroeter: „Auch wenn Sie es kaum glauben mögen, das ist nicht unser Motiv. Wir haben bereits über 1.000 Kunden, viele davon europa- oder weltweit bekannte Marken. Wir sind also schon ‚nah dran’. Uns geht es vielmehr darum, die offensichtliche Lücke im Markt mit einem tollen Angebot zu schließen – auch bei unseren Bestandskunden. Wenn wir das schaffen, folgt der Business Case ganz automatisch. So war es bei Facelift, so wird es bei upljft sein.“

Wer ist Ihre Zielgruppe? Schroeter: „Alle Unternehmen, die das Gefühl haben, dass ihr ‚Paid Social Advertising’ im Bereich von Branding-Kampagnen noch nicht optimal umgesetzt wird. Das dürften über 90 Prozent aller Werbetreibenden sein. Aber auch für Media-Agenturen sind wir ein sehr interessanter Partner, um Brand-Budgets mit wenig Aufwand aber maximaler Wirkung auszusteuern.“

Letztendlich verantworten die Media-Agenturen große Teile der Budgets – die haben aber zum Teil schon selbst Adtech-Firmen aufgebaut oder sind daran beteiligt, wie etwa die GroupM mit Xaxis und, im Facebook-Bereich, esome. Wie wollen Sie mit dieser Situation umgehen? Schroeter: „Ich tue mich schwer, das eine mit dem anderen zu vergleichen. Wir reden bei upljft über High-End-Kampagnen auf allen Social-Media-Plattformen. Dabei werden wir eine Vielzahl von Aspekten rund um echte ‚Brand Performance’ vereinen. Es geht auch gar nicht um ‚Konkurrenz’. Vielmehr fragen gerade auch Media-Agenturen bei uns an, ob wir das hohe Niveau von guten TV-Kampagnen nicht auch auf Social Media umsetzen können. In der Realität werden doch derzeit zu 90 Prozent nur bestehende Motive für Online-Banner klein gezogen. Das kann es nicht sein. Das werden wir verändern. Trautmann: „Natürlich ist der Markt von Social Media Advertising kein weißer Fleck, auf dem wir die ersten Player am Markt sind. Sonst wäre der Markt offenkundig nicht so attraktiv. Die Rolle von Media-Agenturen verändert sich insofern, als dass im digitalen Marketing vollkommen neue Wertschöpfungsketten und Mechanismen entstehen. Werbeinventar wird immer häufiger auktionsbasiert vergeben und Preisbildung richtet sich weniger nach der Bündelung von Einkaufsmacht wie auf klassischen Mediakanälen. Das eröffnet natürlich den Raum für neue Player und Geschäftsmodelle. Und wir sind fest davon überzeugt, dass erst das integrierte Zusammenspiel von Technologie, Strategie und Kreation Social-Media-Kampagnen erfolgreich macht. Genau das ist der USP von upljft.“

Wie wollen sie sich von anderen Social-Media-Dienstleistern im Markt absetzen? Schroeter: „Hier kombinieren zwei erfolgreiche Unternehmen ihre Kernkompetenzen zu einem vollkommen neuen Angebot. Ganz wichtig: upljft ist keine klassische Social-Media-Agentur, sondern ein neuartiger Ansatz, bei dem Technologie und Kreativität für ‚Paid Social Advertising’ zu einer Einheit verschmelzen. Das bietet derzeit niemand.“ Trautmann: „Auf der letzten Online-Marketing-Rockstars-Konferenz hat der amerikanische Social-Media-Vordenker Gary Vaynerchuk in seiner Keynote viel über die Rolle von ‚Team Brain’ und ‚Team Heart’ im digitalen Marketing gesprochen. Hier liegt unserer Ansicht nach die große Herausforderung für unsere gesamte Industrie. Unser Joint Venture bringt beide Teams zusammen aufs Spielfeld. Facelift verfügt über exzellente Technologie zur Skalierung und Optimierung, während thjnk langjährige Erfahrung mit Markenstrategien und Kreation auf höchstem Niveau hat.“

Wie sieht das Geschäftsmodell von upljft aus, wie die Vergütung? Trautmann: „Marken erhalten ein 100 Prozent transparentes Modell mit fünf Kern-Komponenten: Strategie, Kreation, Technologie, Media Buying und Kampagnenmanagement bzw. -optimierung. Für die Technologielizenzen gibt es Festpreise, der Rest wird in Abhängigkeit vom eingesetzten Mediabudget als Festpreis oder Prozentsatz vergütet.“

Herr Trautmann, glauben Sie, dass die – im internationalen Vergleich eher konservativen – deutschen Werbetreibenden von Markenwerbung auf Facebook zu überzeugen sind? Trautmann: „Ich finde nicht, dass die deutschen Werbetreibenden so konservativ sind. Es gibt ja heute keinen großen Werbetreibenden mehr, dem man die Bedeutung von Facebook, Twitter, Instagram oder Pinterest erklären muss. Ich bin aber sicher, dass viele Player sich die Frage stellen, wie sie diese Kanäle bestmöglich bespielen. Und hier machen wir mit upljft ein Angebot, das hierfür die aus unserer Sicht bestmögliche Antwort liefert.“

Wie gestaltet sich das Joint-Venture denn unternehmensrechtlich – gründen Sie eine gemeinsame GmbH? Schroeter: „Ja, das ist schon vollzogen. Einerseits ist das ein Zeichen unseres Commitments zu dem Thema, andererseits können die Muttergesellschaften so ihren eigenen Fokus halten. Bei Facelift bedeutet das, weiterhin die beste und meistgenutzte ‚All-in-One-Lösung’ für professionelles Social-Media-Management zu bieten.“ Trautmann: „Für thjnk können wir nur ergänzen, dass auch wir natürlich unseren Fokus behalten – unsere Kunden über alle relevanten Kanäle hinweg bestmöglich zu betreuen. Dazu gehören klassische Werbekanäle genauso wie Content Marketing, die Entwicklung von Plattformen und natürlich auch alle digitalen Marketingkanäle. upljft ist hier ein toller neuer Baustein, der unser Leistungsspektrum hervorragend ergänzt.“

Wie hoch sind die Investitionen von beiden Partnern in das neue Unternehmen? Schroeter: „Signifikant. Wir gehen mit voller Power in den Markt. Über konkrete Zahlen können wir naturgemäß in dieser frühen Phase nicht sprechen.“

Wie viele Mitarbeiter werden zum Start für upljft tätig sein? Stellen Sie für upljft neue Mitarbeiter ein oder stellen die beiden Partner jeweils Mitarbeiter für das Projekt ab? Trautmann: „Sowohl als auch. upljft verfügt von Beginn an über ein Team erfahrener Kreativer, das mit Dirk Weipert (CFO Facelift) und unserem Chief Digital Officer Jan Bechler um zwei im Digitalmarketing erfahrene Geschäftsführer ergänzt wird. Dazu wird es so sein, dass beide Unternehmen zusätzlich projektspezifische Ressourcen bereitstellen. thjnk insbesondere in den Bereichen Strategie, Konzeption und Kreation, Facelift insbesondere in den Bereichen Technologie, Daten und Kampagnenmanagement. upljft ist vom ersten Tag an mit allen Ressourcen ausgestattet, die zum Start notwendig sind. Zur Einordnung: thjnk hat derzeit rund 320 Mitarbeiter, Facelift rund 200 Mitarbeiter.“

Gibt es Startkunden, die sie namentlich nennen können? Werden aktuell bereits Kampagnen gefahren, über die sie berichten können? Schroeter: „Wir haben bereits einige bekannte Marken aus unterschiedlichen Industrien als Gründungskunden gewinnen können. Für konkrete Namen ist es jedoch noch etwas zu früh. Ich denke, dass wir in vier bis sechs Wochen damit aus der Deckung kommen werden.“

Was sind Ihre Ziele für das Jahr 2016? Wann wollen Sie mit upljft profitabel werden? Trautmann: „Die Firma ist schlank aufgestellt, sie ist ein Startup und wird auch so geführt – mit sehr schlanken Strukturen und hoher Agilität. Sie kann auf viele schon bei ihren Gesellschaftern vorhandene Ressourcen und Strukturen zurückgreifen und dadurch schnell profitabel sein.“ Schroeter: „upljft ist quasi schon durch die Gründungskunden profitabel. Nichtsdestotrotz soll upljft natürlich schnell wachsen. Es geht uns jetzt erst mal darum, ein Top-Produkt auf den Markt zu bringen und groß zu machen.“

Herr Schroeter, Herr Trautmann, wir danken Ihnen für das Gespräch!

FaceliftJoint Venturethjnk
Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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