150 Millionen User pro Woche bei Facebook: The Lad Bible hat die Männer im Netz

Martin Gardt14.12.2015
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Inhalt
  1. Das britische Startup 65twenty hat ein lukratives virales Imperium aufgebaut
  2. Männer erreichen – mit Männer-Themen
  3. Mit der Reichweite kommen die Werbekunden
  4. Auf dem Weg zum ernstzunehmenden internationalen Medienunternehmen

Das britische Startup 65twenty hat ein lukratives virales Imperium aufgebaut

550_LadBible 9,2 Milliarden Alltime-Video-Views bei Facebook, 26 Millionen Fans und 35 Millionen Unique User auf den Websites: Das britische Startup 65twenty hat mit der Medienmarke The Lad Bible eine beeindruckende Erfolgsstory geschrieben. Bereits jetzt setzt das Unternehmen mehrere Millionen Euro pro Jahr um. Was 2012 als leicht schmuddeliges Sammelsurium von Witzchen und Nackedei-Bildchen von und für männliche Studenten begann, soll nun nach dem Willen des Gründers und CEOs ein ernsthaftes Business und der größte britische Verlag werden – wir erklären das Phänomen.  

Hinter The Lad Bible steht das britische Startup 65twenty, das unter anderem auch die Facebook-Seiten The Sport Bible (über 7,1 Millionen Facebook-Fans), The Odds Bible (über 636.000 Twitter-Follower), Pretty 52 (über 1,1 Millionen Fans) für die weibliche Zielgruppe und die E-Commerce-Seite Top Lad betreibt. 2012 als typische Seite für pubertierende Teenager und junge Männer gegründet, ist das Startup mittlerweile einer der spannendsten Facebook-Publisher der Welt. Das Erfolgsrezept: User Generated Content und Community Management. Wie Marketing Director Mimi Turner gegenüber The Drum erklärte, schicken die Fans pro Tag zwischen 1.000 und 1.200 eigene Fotos oder Videos an Lad Bible, nur um auf der Facebook-Seite aufzutauchen. Insgesamt arbeiten mittlerweile 70 Menschen bei 65twenty, wobei sich das Content-Team aus 30 Leuten darum kümmert, potenziell virale Clips und Bilder herauszufiltern und im Anschluss bei Facebook zu veröffentlichen. Gleichzeitig erkennt das Unternehmen dank der Zusendungen, was ihre Fans gerade bewegt. Dank dieser Taktik stieg die Zahl der Facebook-Fans allein in diesem Jahr von etwa sieben auf fast 11 Millionen. Der Content ist so viral, die Beiträge werden so oft geteilt, dass Lad Bible aber 150 Millionen Menschen auf Facebook erreicht – pro Woche. 

Männer erreichen – mit Männer-Themen

Die Zielgruppe von Lad Bible ist laut Mimi Turner zu 74 Prozent zwischen 18 und 34 Jahre alt und männlich. Die jungen Männer sind auf der Suche nach Content, der sie zum Lachen und im besten Fall zum Teilen der Geschichte bringt. Die meisten Beiträge auf der Facebook-Seite von The Lad Bible sind kurze Videoclips, Bilder mit witzigen Statements und eigene Beiträge des Content-Teams. Diese eingestreuten Meldungen treiben immerhin 35 Millionen Unique Visitor (nach eigenen Angaben) pro Monat auf die Webseites von 65twenty. Laut dem Analysetool Similarweb waren es im November 2015 allein für Lad Bible etwa 17,5 Millionen. Über 90 Prozent der Nutzer kommt über soziale Netzwerke. „Lad Bible ist besonders gut darin, Inhalte zu sammeln. So ein bisschen wie Pinterest“, sagt der Social Media Reporter der BBC LJ Rich

Ein typischer Facebook-Post von The Lad Bible.

Ein typischer Facebook-Post von The Lad Bible.

Erfunden wurde das Projekt vom mittlerweile 24-jährigen CEO Alexander Solomou (genannt Solly) und Adian Kalantari. Solomou bekam die Idee für ein virales Männermagazin, als er noch Business Management an der Leeds University studierte. Von der Uni gab es dann auch eine kleine Starthilfe für sein Projekt. Mit steigender Reichweite wuchs allerdings die Kritik. Einerseits wird bei einigen Beiträgen nicht auf Copyrights hingewiesen, andererseits sehen viele Nutzer die Inhalte kritisch. Die Lad Bible selbst war zu Beginn nichts anderes als eine Sammlung aus Anweisungen für den „echten“ Mann im Stile der zehn Gebote. Später beherrschten Witzchen und Fotos von leichtbekleideten Frauen am #CleavageThursday oder #BumdayMonday. Mittlerweile ist der Ton weniger rau, was sicherlich auch am Ziel von CEO Solomou liegt, vom kindischen Startup zum ernstzunehmenden Medienunternehmen zu wachsen. Trotzdem bleibt die Kritik: „Lad Bible ermutigt männliche Nutzer fremde Frauen zu bewerten und frauenfeindliche Kommentare zu schreiben“, sagt Radhika Sanghani von der britischen Zeitung Telegraph

Dabei ist der Name schon recht vielsagend. Er leitet sich vom englischen Wort „lad“ ab, was etwa Kumpel, Bursche oder Junge bedeuten kann. Traditionell steht der Begriff Lad’s Magazine auf der Insel für Männermagazine wie FHM, Maxim oder Zoo. Diese alten Größen befinden sich weltweit im Niedergang, in Großbritannien wurden FHM und Zoo bereits eingestellt. The Lad Bible überholt diese klassischen Player im Eiltempo. CEO Solomou träumt schon davon „das nächste IPC Media“ zu werden. So hieß Großbritanniens größtes Magazin-Unternehmen bevor es in Time Inc. UK umbenannt wurde. 

Mit der Reichweite kommen die Werbekunden

Insgesamt hat das Unternehmen 65twenty nach eigenen Angaben 26 Millionen Follower auf allen sozialen Plattformen – diese Reichweite soll jetzt für Umsätze sorgen. Laut einem Bericht des Guardian soll der Umsatz in diesem Jahr bei etwa 4,1 Millionen Euro liegen. Monetarisiert wird vor allem auf den Webseiten mit Adsense und Content-Werbung durch Taboola. Firmen, die bereits bei Lad Bible geworben haben sind unter anderem Spotify, Topman, Ubisoft, Unilever und Nissan. Die Zielgruppe eignet sich schließlich perfekt für Unternehmen, die Männer ansprechen wollen. Und das macht The Lad Bible für diese Partner mit Native Ads. Da ist etwa die Werbung für einen Hooligan-Film oder für Ramen-Nudeln. Mit solchen Ads dürfte 65twenty den größten Teil der Umsätze machen. Außerdem rüstet sich das Startup gegen die schwankenden Umsätze im Online Marketing mit einer eigenen E-Commerce-Seite und dem Wett-Affiliate Odds Bible. Die Produkte auf Top Lad können sie wiederum perfekt an die eigenen Leser vermarkten.

Die Entwicklung der Facebook-Fans von Lad Bible im Vergleich zu Daily Mail und The Guardian. (Quelle: Socialbakers)

Die Entwicklung der Facebook-Fans von Lad Bible im Vergleich zu Daily Mail und The Guardian. (Quelle: Socialbakers)

Wie so viele Facebook-Publisher ist Lad Bible darauf angewiesen, dass Facebook weiter Reichweite liefert. Auf der einen Seite kann Facebook seinen Algorithmus jederzeit so verändern, dass Nutzer Inhalte des Publishers immer seltener im eigenen Newsfeed angezeigt bekommen, andererseits können reichweitenstarke Angebote wie Lad Bible auf neue Möglichkeiten der Monetarisierung hoffen. Facebook testet mit ausgewählten Partnern bereits eine Beteiligung an den Werbeeinnahmen im Video-Umfeld. Sollte die Strategie auf alle Publisher ausgeweitet werden, würde 65twenty wohl profitieren. Zusammen mit Sport Bible kommen die beiden größten Seiten von 65twenty bei Facebook auf etwa 750 Millionen Video-Views pro Monat, insgesamt verzeichnet das Unternehmen über 9,2 Milliarden Video-Views bei Facebook. Allein das Video eines nasebohrenden Typen erreichte bisher 17 Millionen Views. Das einzige Problem: Lad Bible setzt wie schon gesagt nicht auf eigene Premium-Inhalte sondern auf Fan-Zusendungen. Es bleibt spannend, ob Unternehmen in diesem Umfeld werben wollen. Solly Solomou ist überzeugt, dass auch große Player kein Problem damit haben werden, schließlich würden sie immer dahin gehen, wo ihre Kunden sind – in diesem Fall bei Lad Bible.

Auf dem Weg zum ernstzunehmenden internationalen Medienunternehmen

Die Taktik, die Lad Bible derzeit fährt, erinnert ein bisschen an das Vorbild Buzzfeed – mit viralen Inhalten Reichweite aufbauen, Strukturen professionalisieren und zu einem Milliarden-Unternehmen aufsteigen. Das würde wohl auch CEO Solomou unterschreiben. Deshalb macht er jetzt mit drei Personalien den Anfang. Tom Toumazis, der frühe Head of Partnerships EMEA bei Yahoo, soll sich in enger Zusammenarbeit mit Solomou um Umsatzwachstum, Content Entwicklung und internationale Expansion kümmern. Außerdem hat der CEO Jonathan Durden, den Co-Gründer der Media-Agentur PHD, als Berater eingestellt. Vor kurzem stieß mit dem „Deputy Managing Editor“ von Vice Media, Ian Moore, ein Mann der Konkurrenz dazu. Er soll als Content Director die inhaltliche Richtung vorgeben. Gegenüber Digiday sagte er, dass nicht nur die massive Reichweite, sondern vor allem die Qualität der Community für ihn den Ausschlag zum Wechsel gegeben habe.

Die mobile-optimierte Webseite von The Lad Bible in Kacheloptik.

Die mobile-optimierte Webseite von The Lad Bible in Kacheloptik.

Natürlich ist Lad Bible auch auf den anderen Plattformen unterwegs. Neben Instagram (1,7 Mio. Abonnenten) und Twitter gewinnen dabei laut Marketing-Chefin Mimi Turner derzeit vor allem Snapchat und Periscope. Facebook-Publisher müssen sich in all den getrennten Plattformen (Stichwort „Walled Gardens“) positionieren, um nicht zu abhängig von nur einem Netzwerk zu sein. Gleichzeitig scheint sich das Unternehmen nicht nur auf seine Community verlassen zu wollen. Mit der eigenen App, die erst vor ein paar Tagen in den Stores landete, sollen Leser länger gehalten werden, ohne den Umweg über die Plattformen zu gehen. Mit dem neuen Apple TV ist übrigens auch dort eine App von Lad Bible gelandet. Hier sollen längere Videos aus dem eigenen Fundus laufen. Und vielleicht ist das auch ein Signal, dass bald noch mehr eigene längere Video-Inhalte produziert werden. Ob es mit der Internationalisierung klappt, bleibt abzuwarten. Das hängt ganz vom Humor der jungen Männer in anderen Ländern ab. 

MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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