Dieses Unternehmen macht aus seinen Spielzeugen Influencer – um Spielzeuge zu verkaufen

Martin Gardt29.8.2019

Innerhalb weniger Wochen hat "Superplastic" 100.000 Instagram-Follower für seine Spielzeug-Influencer gewonnen

Superplastic Janky Guggimon
Die Superplastic-Influencer Janky (l.) und Guggimon
Inhalt
  1. Virtuelle Stars
  2. Reichweite als Influencer monetarisieren?
  3. Teuer und trotzdem ausverkauft
  4. Neuer Ansatz, oder doch nicht?

Wer seine Produkte durch Influencer Marketing bekannt machen will, sucht sich normalerweise einfach die passende Person, schickt seine Produkte und zahlt bei reichweitenstarken Stars auch noch gutes Geld dafür. Die Macher des Spielzeugherstellers „Superplastic“ gehen einen anderen Weg: Sie machen einfach aus ihren Produkten Influencer mit Zehntausenden Fans. Wie Superplastic so nicht nur seine teuren Spielfiguren ausverkauft, sondern auch noch weitere Geschäftsmodelle hebt, und warum Justin Biebers Manager in die Firma investiert hat, steht hier.

Paul Budnitz ist ein Spielzeug-Veteran. 2002 gründet er das Unternehmen Kidrobot, das bis heute eigene Figuren, aber auch lizenzierte Spielzeuge von DC- (Joker, Batman, etc.), Marvel- oder Simpsons-Charakteren verkauft. Gleichzeitig will Budnitz schon immer mehr herausholen aus dem Spielzeug-Business. Er hat Hollywood im Blick. „Verschiedene Hollywood-Studios haben sich Lizenzen für unsere Charaktere gesichert“, erzählt er Variety. „Das Problem war, das nie etwas daraus gemacht wurde.“ Mit seinem neuen, 2017 gegründeten Unternehmen Superplastic nimmt Budnitz deshalb auch die Entertainment-Vermarktung in die eigene Hand. Er baut aus seinen Superplastic-Figuren „Guggimon“ und „Janky“ animierte Charaktere und baut aus ihnen virtuelle Influencer.

Virtuelle Stars

Beide Spielfiguren haben von Superplastic einen eigenen Instagram-Account spendiert bekommen. Und beide haben innerhalb weniger Wochen kräftig Follower gewonnen. Guggimon, eine Art Albtraum-Hase mit einer Schwäche für Äxte, kommt auf über 67.000 Fans bei nur 24 Beiträgen seit Juni 2019. Sein „Kumpel“ Janky, eher eine Mensch-gewordene Katze, immerhin auf mehr als 36.000 Fans in der gleichen Zeit. Bei beiden Accounts sind die Engagement-Rates (Likes im Verhältnis zur gesamten Follower-Zahl) zum Teil sehr hoch, auf einzelne Posts erreichen sie eine Rate von über zehn Prozent. Das ist insofern beachtlich, als Superplastic derzeit vor allem durch bezahlte Anzeigen die Follower-Zahl in die Höhe treibt. Für Guggimon schaltet das Unternehmen zum Beispiel sechs Instagram-Posts des Accounts auch als Anzeige im Instagram-Feed.

Der Account des Unternehmens Superplastic kommt zwar auf über 112.000 Instagram-Follower, besteht aber schon seit Ende 2017 und damit deutlich länger als die Accounts der beiden Spielzeug-Influencer. „Unsere Charaktere leben ihr Leben auf Social Media“, sagt Budnitz. „Das ist, wie einen Film drehen, der niemals endet.“ Und für diesen Film hat er zehn Grafikdesigner eingestellt, die die Abenteuer von Guggimon und Janky animieren. Heraus kommen dann kurze Videosequenzen für Instagram oder Bilder mit den animierten Charakteren in ihrer animierten und auch der echten Welt.

Reichweite als Influencer monetarisieren?

Das Animations-Team verpasst den beiden in den Posts auf jeden Fall einen Influencer-Look: Guggimon zeigt seine Louis Vuitton-Tasche gern und trägt Balenciaga-Schuhe. Janky zeigt eine nur in seiner digitalen Welt existierende Zusammenarbeit zwischen Crocs und der Streetwear-Marke Off-White. Bisher scheinen das nur unbezahlte Erwähnungen von Marken zu sein, langfristig plane Budnitz aber auch die Reichweite auf den Plattformen zu monetarisieren – durch Lizenzierung der Charaktere an andere Brands und eben Influencer-Deals auf den Accounts der virtuellen Figuren.

Echte Werbung machen Guggimon und Janky derzeit nur für Superplastic selbst – nicht nur, weil die beiden dort als Spielfiguren zu kaufen sind. In ersten Posts zeigen ihre Accounts jetzt auch andere Produkte von Superplastic und weisen auf Drops neuer Spielzeuge und T-Shirts hin.

Gründer Paul Budnitz, der neben Kidrobot und Superplastic auch das vor Jahren mal angesagte soziale Netzwerk Ello mitgegründet hat, konnte mit dieser Verkaufsstrategie namhafte Investoren überzeugen. Explizit für den Aufbau seiner digitalen Influencer sammelte er vor Kurzem zehn Millionen US-Dollar von namhaften Investoren ein. Darunter: Index Ventures, Scooter Braun, Manager von Justin Bieber und Ariana Grande, sowie Kevin Weil, ehemals VP of Product bei Instagram und mittlerweile VP of Product bei Facebooks Tochtergesellschaft Calibra, die sich um die Einführung der Kryptowährung Libra kümmert.

Teuer und trotzdem ausverkauft

Ein kleiner Hype scheint durch die Social-Strategie um die Spielfiguren von Superplastic entstanden zu sein. Von den insgesamt 35 Spielzeugen im Online-Shop sind 29 ausverkauft – und das bei Preisen von meist 65 US-Dollar pro Figur (manche kosten bis zu 80 Dollar). Weitere Aufmerksamkeit in der Sammler-Community erzeugt das Unternehmen durch die Zusammenarbeit mit bekannten Künstlern wie Add Fuel, Pete Fowler, Caramelaw oder Jor Ros.

Eine nur neun Zentimeter große Figur gibt es in über zwanzig zu sammelnden Varianten und jeder Käufer bekommt eine Überraschungsbox mit einer Zufallsversion zugeschickt – wie ein Überraschungsei ohne Schokolade. Für jede Figur werden zehn US-Dollar fällig, wer direkt 24 kauft, spart immerhin etwas und zahlt 210 US-Dollar. Sammlerspielzeug ist ein lukratives Geschäft, wenn erstmal genug Kunden Lust auf die Produkte haben. Zusätzlich verkauft Superplastic auch T-Shirts und Pullover – alle Produkte vor allem über die eigene Webseite.

Neuer Ansatz, oder doch nicht?

Die etwas verrückte Geschichte rund um zwei Spielzeuge, die zu Influencern aufgebaut werden sollen, ist bisher sicherlich einmalig. Das Konzept des virtuellen Influencers dagegen schon erprobt. Schon Anfang 2018 haben wir über die 3D-Instagrammerin „Lil Miquela“ geschrieben. Die hatte zu der Zeit noch 570.000 Follower, heute sind es bereits über 1,6 Millionen.

Anders als Miquela sollen Guggimon und Janky aber nicht einfach virtuell in die echte Welt transportiert werden und Produkte vorstellen. „Sie sind keine Menschen“, sagt er. Beide sollen das Leben von Spielzeugen führen, mit einer vorgegebenen Handlung und einigen Twists. Und vielleicht bekommt Budnitz ja doch irgendwann den erträumten Film über seine Figuren. Die Transformers, Lego und G.I. Joe haben es ja auch geschafft – und ein Film mit den bekannten Funko Pop-Figuren ist auch schon in Arbeit.

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Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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