So streiten Sven Schmidt und Alex Graf über Amazon und die E-Commerce-Zukunft

Martin Gardt9.12.2019

Ein Streitgespräch zwischen zwei langjährigen OMR-Freunden in der neuen Folge des OMR Podcasts

Sven Schmidt (l.) und Alexander Graf
Sven Schmidt (l.) und Alexander Graf

Der eine ist E-Commerce-Experte und bietet mit seinem Unternehmen Spryker eine Shop-Lösung an. Der andere ist OMR-Podcast-Stammgast und mit Maschinensucher.de im B2B-Classifieds-Business unterwegs. In der neuen Folge des OMR Podcasts diskutieren Alex Graf und Sven Schmidt aber ausschließlich über die Rolle von Amazon und wie sich das Unternehmen aus Sicht von Händlern, Kunden und Shareholdern entwickelt. Und liefern damit wahrscheinlich die bisher tiefgründigste und informativste Episode.

„Auf der Händler/Hersteller-Seite hat Amazon in den vergangenen Jahren massiv versagt. Ich kenne keinen Händler oder Hersteller, der sagt: ‚Ich mache ein Mega-Business und wir werden gemeinsam groß'“, sagt Alex Graf Ende Oktober im OMR Podcast – Folge 234. Grafs Analyse, dass Amazon seinen Höhepunkt bereits erreicht habe, ruft kurze Zeit später Sven Schmidt auf den Plan. Der sagt direkt in der nächsten OMR-Podcast-Folge: „Wer sich die Q3-Ergebnisse von Amazon angesehen hat, sieht, dass die Thesen von Alex Graf mit 180 gegen eine Betonwand fahren.“ Es scheint also Grund für ein kleines Gespräch zwischen den beiden zu geben – und hier ist es.

Aus Kundensicht noch die beste Option?

Sven Schmidt ist sich relativ sicher, dass Amazons Höhepunkt noch lange nicht erreicht ist. „Ich bin ja alles andere als ein Amazon-Fanboy. Ich würde den Amazon-Deutschland-Geschäftsführer in Beugehaft nehmen, weil chinesische Plattform-Händler keine Steuern und Zoll abführen“, sagt er im OMR Podcast. „Aber leider glaube ich, dass Amazon dem Kunden solche Vorteile bietet, dass es für andere Marktplätze und Händler ganz schwer wird.“ Viele Berührungspunkte mit Kunden (etwa durch Prime Video und Music), der Start vieler Produktsuchen auf der Plattform und Bequemlichkeits-Faktoren wie bereits hinterlegte Zahlungs- und Adressdaten seien für Konkurrenten und andere Marktteilnehmer kaum überwindbare Wettbewerbsvorteile. Sein Fazit: „Amazon wird weiter überproportional wachsen und damit den eigenen Marktanteil weiter ausbauen.“

Alex Graf ist da – wie auch in der vorherigen Podcast-Episode – nicht ganz so überzeugt. „Ich halte das Argument, dass Amazon nur wegen seiner Größe und des Marktplatz-Geschäfts mit Händlern, Herstellern und Kunden immer weiter wachsen wird, für schwer beweisbar“, sagt er. „Durch die digitale Plattform haben andere Marktplätze, die nur ein bisschen besser für das relevante Kundeninteresse agieren, gut Chancen.“ Vor allem die jüngere Zielgruppe kaufe ganz anders und vor allem mobil ein. Amazon habe zu lange eine Desktop-first-Strategie gefahren und die Entwicklung verschlafen. „Amazon wird es nicht schaffen – trotz aller Produkte – die jüngere Generation effektiv zu erreichen“, so Graf. Schmidt sehe für den Trend in den Quartalszahlen des Unternehmens keine Belege.

Haben Händler und Hersteller eine Wahl?

Die beiden thematisieren auch die Lage von Verkäufern auf der Plattform. Und die ist laut Alex Graf nicht gerade rosig: „Für Händler, die einfach Ware einkaufen und auf Amazon verkaufen, gibt es nach vorn keine Überlebensstrategie.“ Viel Wettbewerb und Kosten für Werbeplatzierungen auf der Plattform selbst würden die Marge extrem drücken. Bestehen könne nur, wer seine Abläufe sehr gut automatisiere. Und auch Hersteller, die auf Amazon verkaufen, befänden sich in einer Zwickmühle. „Der klassische Hersteller, der Produkte regional vertreibt, muss plötzlich auf Amazon Platzierungen kaufen, um seine Markenware oben in den Listings zu platzieren“, so Graf. „Ich kenne keinen Hersteller, der seine Abhängigkeit von Amazon erhöhen will. Die verdienen da keine Marge.“

Sven Schmidt sieht auch die prekäre Lage der Händler und Hersteller: „Amazon macht das clever. Die geben Händlern keine Möglichkeit, Brand Building zu betreiben. Ich habe als Händler gar keine andere Wahl, als über Amazon zu gehen.“ Es gebe bei jeder Plattform Phasen, in denen die Rahmenbedingungen neu gesetzt werden müssen. „In der Sekunde, wo Marge verloren geht, fallen ein paar Händler raus. Kommt Marge dazu, kommen auch wieder welche dazu“, so Schmidt. „Meine These: Amazon ist smart genug, um zu erkennen, dass Liquidität und die richtigen Produkt-Kategorien vorhanden sein müssen.“ Und auch von Alex Graf angesprochene Qualitätsprobleme bei der Kuratierung der Produkte (auf der deutschen Amazon-Plattform sind 500 Millionen Produkte gelistet) seien typisches Symptom eines Marktplatzes, der sich immer wieder verändert. Amazon werde auch solche Probleme in den Griff bekommen.

Wie die beiden die jüngsten Quartalszahlen von Amazon interpretieren und wie wichtig oder unwichtig das Cloud-Geschäft des Milliarden-Unternehmens ist, das hört Ihr im neuesten OMR Podcast.

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Alle Themen des Podcasts mit Alex Graf und Sven Schmidt im Überblick:

  • Warum überhaupt ein Streitgespräch zwischen Alex Graf und Sven Schmidt? (ab 01:57)
  • Alex Grafs Blick auf die aktuelle Entwicklung bei Amazon (ab 03:55)
  • Warum Sven Schmidt dieser Argumentation entschieden widerspricht (ab 05:44)
  • Reicht schiere Größe, um auch weiter den Online-Handel zu dominieren? (ab 08:13)
  • Das sind die großen Wachstumsgaranten von Amazon aus Sicht von Sven Schmidt (ab 09:59)
  • Warum sind Händler unglücklich mit Amazon, aber trotzdem auf der Plattform? (ab 12:44)
  • Ist Amazon aus Käufersicht noch der Champion im Online-Handel? (ab 31:55)
  • Könnten kleinere Online-Shops wirklich von der Schwäche Amazons in manchen Gebieten profitieren? Wer ist denn der nächste große Konkurrent? (ab 39:49)
  • Ein Blick auf die Quartalszahlen von Amazon (ab 51:27)
  • Alex Graf glaubt daran, dass einzelne Händler Gesamtpakete liefern können, die viele Nutzer überzeugen (ab 1:05:23)
  • Warme Abschiedsworte und ein Glückwunsch zu einem erfolgreichen Investment von Sven Schmidt (ab 1:11:29)

Viel Spaß beim Anhören – und vielen Dank für jede positive Bewertung!

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MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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