Diese Jungs haben einen TV-Sender auf Twitch und Youtube gegründet, der die Löhne von 65 Mitarbeitern zahlt

Rocket Beans TV erklären im Rockstars Podcast den Wert von Community Building

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Inhalt
  1. Gleich zum Start rund um die Uhr Programm
  2. 50.000 Menschen schauen live zu
  3. Fans lassen sich die „Bohne tättowieren“
  4. Alle Themen vom neuesten Rockstars Podcast mit den Digital-TV-Raketen Rocket Beans im Überblick:

Es dürfte in ganz Europa kein vergleichbares Projekt geben: Rocket Beans TV ist ein Sender, der alleine im Internet existiert, auf Twitch und Youtube. Bis zu 50.000 Zuschauer sehen den Stream gleichzeitig, knapp 65 Angestellte arbeiten mittlerweile für das Unternehmen. Im Online Marketing Rockstars Podcast erzählen zwei der insgesamt fünf Gründer, wie sie ihr Business aufgebaut haben. „Rein wirtschaftlich hätten wir den Schlussstrich ziehen müssen, aber wir wollten einfach noch nicht aufhören“, sagt Etienne Gardé im Rückblick auf das Jahr 2014. Zu dieser Zeit moderierte und produzierte Gardé gemeinsam mit vier Kollegen die erfolgreichste deutsche Gaming-Sendung in Deutschland: Game One. Die Show wird unter anderem auf MTV, Viva und Comedy Central ausgestrahlt; das Team hinter der Sendung hatte zuvor schon auf NBC Giga das Format Giga Games produziert. Doch 2014 steht die Sendung vor dem aus: Das US-Management von Viacom zieht aus strategischen Gründen den Stecker. Das Game-One-Team pitcht seine Ideen anderen Sendern, „doch die waren den meisten zu schräg“, so Gardé.

Gleich zum Start rund um die Uhr Programm

Weil sie ihre Ideen trotzdem umsetzen wollen und sich über die Jahre hinweg ein treues Publikum erarbeitet haben, treffen sie eine radikale Entscheidung: Sie starten Rocket Beans TV, einen Sender, der alleine im Internet lebt und dort rund um die Uhr und an allen Tagen der Woche auf Sendung ist. Der Name ist eine Spielerei der Anfangsbuchstaben der Vor- bzw. Spitznamen der Gründer: Daniel „Budi“ Budiman, Etienne Gardé, Arno Heinisch, Nils Bomhoff und Simon Krätschmer. Eine Crowdfunding-Aktion hilft bei der Anschubfinanzierung.

Das Rocket-Beans-Gründer-Moderatoren-Team (von links): Etienne Gardé, Daniel Budiman, Nils Bomhoff, Simon Krätschmer (Foto: Rocket Beans Entertainment GmbH)

Das Rocket-Beans-Gründer-Moderatoren-Team (von links): Etienne Gardé, Daniel Budiman, Nils Bomhoff, Simon Krätschmer (Foto: Rocket Beans Entertainment GmbH)

Offizieller Startschuss des Senders ist der 24. Januar 2015. Die Hauptplattform des Senders ist ein Kanal auf der heute zu Amazon gehörenden Streaming-Plattform Twitch (wir haben an dieser Stelle bereits ausführlich über Twitch und über den Start von Rocket Beans TV berichtet). Dort senden die „Bohnen“ 24 Stunden am Tag, sechs bis zehn Stunden davon live. Der Rest der Zeit wird mit Voraufzeichnungen, Wiederholungen und Fremd-Content aufgefüllt. Weil sie aus dem Games-Bereich kommen, bildet dieser auch bei ihrem neuen Projekt einen Schwerpunkt. Aber auch Themen wie Sport, Comics, Serien, Bücher und Musik spielen eine Rolle. Als Mediathek dient Youtube. Auf Googles Video-Plattform hatte das Game-One-Produktionsteam bereits 2012 einen Kanal unter dem Namen Rocket Beans eingerichtet. Die eigene Website bündelt alle Aktivitäten, dient als Programmplaner und wartet heute auch mit einem Forum für die Community auf.

50.000 Menschen schauen live zu

Was nach Harakiri-Aktion klingen mag, funktioniert offenbar vom Fleck weg. „Wir waren gleich zu Beginn profitabel“ sagt Mitgründer Arno Heinisch, Geschäftsführer der Rocket Beans Entertainment GmbH. Zum Start von Rocket Beans TV schauen auf Twitch 50.000 Menschen gleichzeitig zu. Auch heute noch erreichen die Bohnen zu Spitzenzeiten 40.000 Zuschauer gleichzeitig über die Streaming-Plattform – etwa bei der Sendung Chat-Duell, an der am kommenden Dienstag, dem 2. August, übrigens auch das OMR-Team teilnehmen wird. „Unsere Quote wird direkt angezeigt, das ist viel genauer als die Fernsehquoten, die von der GfK erhoben werden. Bei denen bleibt vieles im Dunkeln, etwa, ob die für die jüngere Generation überhaupt noch repräsentativ sind“, sagt Gardé.

„Wir sind noch nicht ganz auf Augenhöhe mit den TV-Sendern; das ist uns aber auch egal, das Projekt muss für sich genommen funktionieren“, sagt Arno Heinisch. „Früher hat man ja gesagt, ‚Wetten, dass…’ war das moderne Lagefeuer. Wir wollen heute eben 10.000 ‚Lagerfeuerchen’ machen.“

Das gelingt den Rocket-Beans-Machern offenbar ganz gut. Auf Twitch sind sie in den Top 10 aller Kanäle weltweit; zwischen 10 und 15 Prozent der Streaming-Zeit von Twitch in Deutschland geht auf ihr Konto. Zu den Livestream-Abrufen bei Twitch kommen On-Demand-Abrufe bei Youtube (bislang 146 Millionen Views) sowie Zuschauer des „klassischen“ Fernsehsenders RTL II You, der seit Mai 2016 einige Rocket-Beans-Formate parallel überträgt.

Fans lassen sich die „Bohne tättowieren“

Die wichtigsten Erfolgsfaktoren: Die Macher lassen sich nicht verbiegen, machen das, worauf sie Lust haben und wovon sie überzeugt sind. Das honoriert die Fan-Community, die die „Bohnen“ seit der Giga-Games-Zeit aufgebaut haben. „Wir haben über 15 Jahre hinweg all die Puzzle-Teile aufgesammelt, die heute den Sender ergeben“, sagt Arno Heinisch. Community Building war sicherlich der stärkste Hebel für den Erfolg. „Es gibt in vielen Städten selbstständig organisierte Rocket-Beans-Gruppen auf Facebook, über die sich die Leute zu Treffen verabreden“, sagt Etienne Gardé. „Wir haben schon WG-Anzeigen gelesen, wo Leute geschrieben haben: ‚Rocket-Beans-Fans sind gerne gesehen’. Das geht so weit, dass manche sich sogar unser Logo, eine Bohne, tättowieren lassen.“ Das Durchschnittsalter der Fans liegt bei 29 Jahren. „Unsere Community ist mit uns mitgewachsen“, so Heinisch.

Der Sender finanziert sich über sieben verschiedene Säulen; zum Teil kommt das Geld direkt aus der Community, zum Teil aus der Vermarktung. Im Podcast bestätigen die Macher Schätzungen, dass der Umsatz im unteren einstelligen Millionen-Euro-Bereich liegen muss. „Der Umsatz steigt, das muss er aber auch“, sagt Heinisch. Nachdem das Rocket-Beans-Team zum Start 25 Köpfe zählte, sind es heute schon 65.

Der Erfolg habe auch schon das Interesse von Venture-Capital-Firmen geweckt, bestätigen die zwei Mitgründer im Rockstars-Podcast. „Wir sind aber noch mit keinem von ihnen ins Bett gegangen.“ In den ersten anderthalb Jahren sei das Fundament gelegt worden. „Wir müssen aufpassen, dass wir jetzt die richtigen Weichen stellen, das ist für uns eine spannende Phase aktuell“, so Heinisch.

Alle Themen vom neuesten Rockstars Podcast mit den Digital-TV-Raketen Rocket Beans im Überblick:

  • Was genau ist Rocket Beans TV? (ab 2:30)
  • Wie wichtig war Community Building für den Erfolg? (ab 8:20)
  • Warum Viacom den Stecker bei Game One gezogen hat (ab 9:40)
  • Wie finanziert sich Rocket Beans TV? (ab 14:20)
  • Wer ist die Zielgruppe? (ab 21:00)
  • Wie viel Umsatz macht Rocket Beans? (ab 22:35)
  • Die Schwierigkeit, Geld zu verdienen, ohne alleine den Mainstream zu bedienen. (ab 26:40)
  • Wie stehen Rocket Beans zu Plattformen wie Facebook Live, Periscope und Snapchat? (ab 33:00)
  • Wie kam es zu dem Namen Rocket Beans? (ab 38:40)
  • So schnell verkaufen sich Tickets für Live-Aufzeichnungen (ab 41:00)
  • Bauen die Moderatoren sich über eigene Social-Media-Profile als Personality Brands auf? (ab 43:00)
  • Was sind die Zukunftspläne von Rocket Beans? (ab 47:40)
  • Ist die Abhängigkeit von Twitch für die Rocket-Beans-Macher kritisch? (ab 50:00)

Der neueste Rockstars Podcast mit den „Bohnen“ Etienne Gardé und Arno Heinisch ist ab sofort bei Soundcloud, iTunes (falls die aktuelle Episode noch nicht sichtbar ist, einfach abonnieren) oder per RSS-Feed verfügbar. Ganz neu: Ihr könnt uns jetzt auch auf der US-Plattform Stitcher finden. Viel Spaß beim Anhören!

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Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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