380.000 Mitarbeiter, rund 100 Milliarden Euro Umsatz: So führt Lionel Souque den Lebensmittel-Riesen Rewe

Florian Rinke10.12.2025

Im OMR Podcast spricht der Franzose über seinen Karrierestart bei Penny, das Rewe-Business und den Einstieg beim Express-Lieferdienst Flink.

Rewe Group-CEO Lionel Souque und OMR-Gründer Philipp Westermeyer trafen sich in der Rewe-Zentrale in Köln
Rewe Group-CEO Lionel Souque und OMR-Gründer Philipp Westermeyer trafen sich in der Rewe-Zentrale in Köln. Die Domstadt ist für den Franzosen inzwischen zur zweiten Heimat geworden. Foto: OMR
Inhalt
  1. "Es gibt 100 Varianten bei Nudelregalen"
  2. Nach einem Selfie war das Gespräch vorbei

Statt Berater zu werden, hat Lionel Souque lieber beim Discounter Penny angefangen – zum Start sogar hinter der Kasse. Heute führt er als CEO die Rewe Group, die mit 380.000 Mitarbeitenden und Marken wie Rewe, Penny, Toom oder Dertour rund 100 Milliarden Euro Umsatz macht. Im OMR Podcast spricht Lionel Souque über seinen Start beim Discounter, die Einflussmöglichkeiten der örtlichen Rewe-Händler*innen, knallharte Preisverhandlungen und ein Treffen mit dem Gründer des Express-Lieferdienstes Gorillas, bei dem er sich am Ende fragte, ob der ihn für einen Idioten hält.

Lionel Souque (54) ist seit 2017 Vorstandschef der Rewe Group. Im Konzern ist der Franzose schon seit 1996. Im OMR Podcast spricht Souque über...

... seinen Start bei Penny: "Am Anfang dachte ich, ich bleibe zwei, drei Jahre da. Ich hatte damals gerade bei einer Beratung unterschrieben und dachte mir: Ok, statt Powerpoint bei einer Beratung lerne ich etwas wirklich Wichtiges über FMCG und Retail und kann später zurückkommen als Senior Berater. Aber dann war es immer so spannend durch die Aufgaben und die Leute, dass ich nach fast 30 Jahren immer noch bei Rewe bin und Spaß habe."

... seinen ersten Arbeitstag als Marktleiter: "Ich musste alles von der Pike auf lernen. Das heißt, ich habe erstmal in einem Markt zwei Wochen kassiert, wurde danach stellvertretender Marktleiter und dann Marktleiter. Man hatte mir die Schlüssel nach einem Monat Training gegeben und eine Liste der Mitarbeitenden mit Telefonnummern. Aber es kam an meinem ersten Tag keiner. Ich war allein im Markt. Und dann kamen die Lkw mit Obst und Gemüse. Ich kannte damals die Hälfte der Wörter nicht auf Deutsch, musste aber prüfen, ob alles stimmt und so. Ich bin damals mehrere Monate in dem Markt geblieben. Da habe ich am meisten gelernt, weil du merkst, wie hart die Arbeit auf der Fläche ist."

"Es gibt 100 Varianten bei Nudelregalen"

... das Sortiment in den einzelnen Rewe-Filialen: "Es gibt 100 Varianten bei Nudelregalen – drei Meter, vier Meter, fünf Meter, sieben Meter, mit regionalen Anpassungen, wenn die Kaufleute merken, dass die Leute lieber Spätzle essen, sie in einer Region mehr verdienen oder nebenan ein Drogeriemarkt wie dm ist. Von uns gibt es natürlich Empfehlungen. Es ist ein bisschen wie bei einer Pyramide: Es gibt einen Sockel, eine Basis, bei der wir sagen: Es wäre wichtig, diese Produkte zu haben. Aber regional machen die Kaufleute dann trotzdem nochmal Anpassungen."

... seine Lehren aus dem Tourismus-Bereich des Konzerns: "Ich habe etwas von unseren Kolleg*innen aus der Touristik gelernt: Die reden nie vom Kunden, sondern immer von Gäst*innen. Und dieses Mindset sollten wir auch im Supermarkt haben. Das sind unsere Gäste, die reinkommen und sich auch wohlfühlen sollen."

... harte Preisverhandlungen im Wandel der Zeit: "Zu Beginn meiner Karriere gab es diese ganzen Vorgaben vom Kartellamt und den Behörden noch nicht. Ich erinnere mich noch an die Zeit in Tschechien vor 29 Jahren. Wenn ich da den Einkauf verhandelt habe und ein neuer Konkurrent wie Kaufland kam, habe ich zum Lieferanten gesagt: Der Kaufland verkauft jetzt für einen Euro, ich habe bis jetzt für 1,10 Euro verkauft und so und so viel verdient. Entweder bekomme ich jetzt sofort den gleichen Preis wie Kaufland oder du bist raus. Ich schmeiße dich aus allen meinen 100 Märkten, Montag siehst du nichts mehr von deiner Ware. So einfach ist das, mein Freund. Jetzt muss man stärker aufpassen. Wir dürfen nicht mehr über Wettbewerber reden bei Verhandlungen. Es ist viel komplizierter geworden."

Nach einem Selfie war das Gespräch vorbei

... sein erstes Treffen mit Gorillas-Gründer Kagan Sümer: "2020/2021 kam auf einmal Gorillas. Ich habe dann auf meinem Handy im Büro ein paar Sachen bestellt, Bananen und einen Smoothie, und nach acht Minuten stand jemand in meinem Büro. Hätte ich einen Kollegen gerufen und gebeten, die Sachen 300 Meter entfernt im Rewe zu holen, hätte er das nicht geschafft. Das heißt, ich wollte schon kapieren: Wie machen die das? Das kann schon eine Revolution sein, wenn man so bestellt. Deshalb habe ich gesagt, dass es drei Möglichkeiten gibt: Entweder stecken wir unseren Kopf in den Sand oder wir machen das selber oder wir werden Partner von einem Anbieter. Ich habe dann einen Termin gehabt mit dem Gründer von Gorillas – und man hatte mir schon gesagt, dass er sehr selbstbewusst ist. Das war für mich kein Problem, ich bin auch nicht schüchtern. Er hat damals gerade 10 bis 20 Millionen Euro Umsatz gemacht, aber eine Finanzierungsrunde von einer Milliarde. Ich habe gesagt: Guck, wenn ich dein Partner bin, kann ich dir helfen bei den Einkaufspreisen und der Logistik. Für welche Bewertung komme ich rein? Er sagte dann: Sechs Milliarden. Ich habe mich umgedreht und gedacht: Was denkst du, mit was für einem Idioten du gerade redest? Er sagte noch, es wäre die beste Entscheidung meiner Karriere als Vorstandschef, weil Gorillas in drei Jahren 100 Milliarden wert sei. Und dann hab ich ihm gesagt, dass ich glaube, dass das nichts wird. Er hatte mir am Anfang gesagt, dass seine Eltern stolz seien, dass er mich kennenlernen würde. Also habe ich gesagt: Guck, wir machen noch ein Selfie, das kannst du deinen Eltern schicken. Und dann schönen Tag noch. Und dann habe ich die Jungs von Flink getroffen, die fand ich viel vernünftiger."

Wie man an einen eigenen Rewe-Markt kommt, wieso Fischtheken oft unprofitabel sind, sich aber dennoch rentieren, welche dreisten Diebstähle er schon erlebt hat und ob er dem 1. FC Köln die Champions League zutraut, verrät Lionel Souque im OMR Podcast.

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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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