Als Student in der First Class: Hundert Euro pro Affiliate-Deal mit Kreditkarten-Tipps
Reisetopia klärt über Meilenboni bei Kreditkarten auf – und verzeichnet nach einem Jahr 500.000 Aufrufe pro Monat
- Das Affiliate-Geschäft mit Kreditkarten-Verträgen
- Aktion mit American Express sorgt für Umsatz-Push
- Ein Zufall verhilft zum Durchbruch
- Als Student in der First Class
Fünf Studenten bauen mit „Reisetopia“ einen Reiseblog der etwas anderen Art auf. Sie informieren über First- und Business-Classes von Fluglinien, Lounges an Flughäfen oder teure Hotels. Das alles sollen sich die Leser leisten können, indem sie Bonuspunkte beim Abschluss von Kreditkarten-Verträgen sammeln. Die Reisetopia-Betreiber verdienen an jeder beantragten Karte zum Teil über 100 Euro. Wir zeigen, warum ein Kreditkarten-Affiliate auch auf dem schwierigen deutschen Markt funktionieren kann und wie es die Jungs geschafft haben, in einem Jahr auf 500.000 Zugriffe im Monat zu kommen.
„Als ich vor vier Jahren für Work and Travel nach Neuseeland gereist bin, habe ich viel zu viel für die Flüge bezahlt. Ich wollte dann einen Weg finden, damit das nie wieder passiert“, sagt Moritz Stoldt, einer der Reisetopia-Gründer, zu OMR. Also habe er sich mit einem Kumpel durch verschiedene Flug-Foren gewühlt und die ganze Welt des „Flyer-Talks“ (Flugbuchungen, Meilen, Bonusaktionen) kennengelernt.
Schon zu der Zeit fliegt er dank Bonusmeilen, die es für den Abschluss eines Kreditkarten-Vertrages und folgenden Umsatz über die Karte gibt, Business Class. Statt in der Folge Freunden von guten Deals einzeln erzählen zu müssen, stellt er mit ein paar anderen Studenten den Blog Reisetopia auf die Beine, der im Mai 2016 online geht. Aus dem Hobby-Projekt wird erst ein Jahr später ein Unternehmen, als er auf eine Monetarisierungs-Möglichkeit stößt.
Das Affiliate-Geschäft mit Kreditkarten-Verträgen
“Wir haben die Monetarisierung fast aus Versehen gestartet. Kreditkarten haben wir sowieso empfohlen und dann gedacht: ‘Warum nicht Affiliate-Provision einstreichen?’”, sagt Stoldt. Viele Reiseblogs empfehlen Kreditkarten oder Banken, die kostenloses Geldabheben auf der ganzen Welt versprechen. Diese Empfehlungen sind meist einfach als Links in Reiseberichte eingebettet, die empfohlenen Kreditkarten oder Bankkonten größtenteils kostenlos. Blog-Betreiber bekommen bei solchen Deals laut Stoldt Provisionen von 15 Euro oder mehr. Er und seine vier Mitgründer Moritz Lindner, Jan Wanderer, Severin Gerstenkorn und Leonard Glatzel versuchen, hochpreisigere Produkte zu verkaufen – um deutlich höhere Provisionen einzustreichen.Reisetopia berichtet in Artikeln vor allem über Bonuspunkte von Airlines, Kreditkarten-Anbietern oder Hotels und damit zentral über die Produkte, die am Ende den Großteil der Affiliate-Verdienste der Seite ausmachen: Kreditkarten. „An Provision ist von 15 Euro für eine kostenlose Karte bis zu über 100 Euro bei teuren Kreditkarten alles dabei – pro erfolgreicher Beantragung“, so Stoldt. Im Zentrum stehen deshalb Berichte über Bonuspunkte, die mit einer Kreditkarte zu verdienen sind – um damit günstig Business Class zu fliegen oder Zugang zu Lounges an Flughäfen zu bekommen. Die Strategie sei es, durch viele Artikel immer wieder auf die Vorzüge der verlinkten Kreditkarten hinzuweisen – eine Kreditkarte, die 600 Euro im Jahr an Gebühren kostet, bestelle laut Stoldt selbst der interessierteste Leser nicht einfach so.
Aktion mit American Express sorgt für Umsatz-Push
Die erfolgreichsten Produkte seien die American Express Platinum Karte und die Miles and More Kreditkarte der Lufthansa. „Unsere erfolgreichsten Kreditkarten sind die, die auch Meilen generieren. Generell sind wir in der Lage alle Produkte, für die es Meilen oder Punkte gibt, in großer Menge an den Mann zu bringen“, sagt Stoldt. Allein über das American-Express-Produkt gebe es auf Reisetopia über 300 Artikel mit durchschnittlich 2.000 Wörtern. American Express selbst verspricht 75.000 Punkte als Willkommensbonus, diese können die Nutzer für Meilenpunkte bei den Fluglinien eintauschen. Laut Stoldt lässt sich der Bonus konservativ in 2.000 Euro umrechnen, daher sei die Kreditkarte bei Besuchern von Reisetopia so beliebt.
Zuletzt hatte das Team direkt mit American Express einen zusätzlichen Bonus von 40.000 Punkten ausgehandelt und war mit der Aktion laut Stoldt ziemlich erfolgreich. In wenigen Tagen habe das Team dreistellige abgeschlossene Verträge für American Express geliefert. Bei einer Affiliate-Provision von über 100 Euro sind das mindestens 10.000 Euro Umsatz. Mittlerweile könnten drei der fünf Gründer allein vom Gehalt, das sie durch Affiliate-Provisionen verdienen, gut leben.
Die Finanz-Deals von Reisetopia laufen über das Affiliate-Netzwerk FinanceAds, das sich auf Finanz- und Versicherungsprodukte spezialisiert hat. Auch wenn Stoldt und sein Team direkte Deals mit den Kreditkartenunternehmen eingehen, lasse er die Ausschüttung der Provision über das Netzwerk laufen. In der Vergangenheit sei es auch mal zu fehlerhaften Messungen oder verspäteten Zahlungen durch Partner gekommen. Da Reisetopia am Rande auch auf Reisedeals, wie es etwa Urlaubsguru oder Urlaubspiraten praktizieren, hinweist, sind weitere Affiliate-Netzwerke wie Awin oder Tradedoubler angebunden.
Ein Zufall verhilft zum Durchbruch
Wie für Affiliate-Nischenprojekte fast schon obligatorisch ist SEO der wichtigste Traffic-Kanal von Reisetopia: „Über 50 Prozent unseres Traffics kommt über SEO zu Stande“, sagt Stoldt. „Wir haben über 1.000 eigene Artikel auf der Seite, meist mit über 2.000 Worten. Das honoriert Google.“ Ein Blick in das Analyse-Tool Sistrix zeigt, dass Reisetopia bei Suchbegriffen wie „Miles and More Kreditkarte“ oder „Lufthansa Kreditkarte“ von Google in den Top 10 Suchergebnissen gelistet wird. Insgesamt rankt das Portal bei über 3.700 Keywords in den Top 10. Andere vor Kurzem noch wichtige Traffic-Kanäle seien demgegenüber etwas eingebrochen: „Vor ein paar Monaten kam noch viel organischer Traffic von Facebook, mittlerweile bekommen wir mehr Klicks aus unserer Facebook-Gruppe mit 700 Mitgliedern“, so Stoldt.
Als sich die fünf Studenten 2017 dazu entscheiden, Reisetopia von einem Hobby-Projekt in ein Unternehmen zu verwandeln, habe die Seite 30.000 bis 40.000 Klicks pro Monat verzeichnet. Etwas mehr als ein Jahr später liege die Zahl bei 500.000. Diesen Traffic-Sprung führt Gründer Stoldt vor allem auf ein Ereignis zurück: die Insolvenz von Air Berlin. Reisetopia sei das einzige Portal gewesen, das frühzeitig über die Zukunft des Meilen-Programms „Topbonus“ berichtet habe. Danach habe sich der Traffic zwei Monate in Folge jeweils fast verdoppelt. Auch hier sei fast das komplette Besucher-Volumen über Search gekommen.
Dem Portal nützen laut Stoldt auch solche kurzfristigen, thematisch gebundenen Traffic-Sprünge, um Nutzer zu binden. Dazu diene in erster Linie eine Art E-Mail-Workshop. Im Laufe von 14 E-Mails sollen die Nutzer lernen, wie sie am cleversten Punkte und Meilen einsetzen, um günstiger durch die Welt zu fliegen. So sammelt Reisetopia direkt E-Mail-Adressen der Nutzer ein und habe so einen fünfstelligen Newsletter-Verteiler aufgebaut. Unterstützt werde der Aufbau des Verteilers durch Lead-Ads auf Facebook, die direkt auf den E-Mail-Workshop verweisen. Insgesamt gebe das Unternehmen einen vierstelligen Betrag für Marketing aus, der Großteil fließe in Facebook-Anzeigen.
Als Student in der First Class
„Unsere Zielgruppe ist Mitte 30, männlich und legt viel Wert auf Status“, sagt Moritz Stoldt. Deshalb sei eine Content-Aktion auch besonders gut angekommen. Kurz nachdem der Traffic durch die Air-Berlin-Pleite deutlich steigt, fliegen vier der Gründer First Class mit Lufthansa nach Dubai. Dafür haben die Jungs neben Meilen, die sie mit ihren Kreditkarten gesammelt haben, nur 250 Euro pro Ticket investiert. Das Bild der vier Studenten in der ersten Klasse habe auf Facebook extrem gut funktioniert und laufe auf der Plattform bis heute als Anzeige. Wegen Aktionen wie dieser sende die ProSieben-Show Galileo am morgigen Dienstag einen Beitrag über das Gründer-Quintett.
„Ich selber habe sechs Kreditkarten und das lohnt sich auf jeden Fall, wenn man viel reist. Es ist einer unserer Erfolgsfaktoren, dass wir alle die Produkte und Services nutzen, die wir beschreiben“, sagt Moritz Stoldt. Dass Deutsche Kreditkarten skeptisch gegenüber stehen, sehe er nicht als Hindernis, sondern als Chance. Denn Konkurrenz sei nicht in Sicht. Das große Vorbild „The Points Guy“ hat in den USA aus einem ähnlichen Projekt ein Millionen-Business gemacht. Und auch Sam Huang reist mit Meilen durch die Welt und verdient mit einem Affiliate-Blog gutes Geld. In Deutschland gibt es neben kleineren Kreditkarten-Affiliates, die ebenfalls auf Content über das Meilensammeln setzen, vor allem Seiten wie Cardscout, Tochter der Focus Online Group. Hier werden allgemein Kreditkarten verglichen – laut Stoldt tun sich solche Seiten jedoch schwer, die wirklich teuren Produkte an den Mann zu bringen – dafür brauche es ständig neue Inhalte zum Thema.