Ihr wollt mit NFTs Marketing machen? Wir zeigen Euch Cases, von denen Ihr was lernen könnt

Florian Heide8.12.2021

So haben Unternehmen bisher die neue Technologie für sich genutzt

Keanu Reeves Matrix Gif

Am Buzzword Non-Fungible Token – kurz NFT – sind wohl die wenigsten von uns dieses Jahr über vorbeigekommen. Trotz des Hypes fällt es vielen Unternehmen schwer, die neue Technologie für sich und ihr Marketing zu nutzen. Wer hat den Schritt bereits gewagt und wie hat’s geklappt? Eine Case-Auswahl.

Seit im Januar der Startschuss für den großen NFT-Boom fiel, steigen immer mehr Unternehmen ins Game um die virtuellen Token ein. Kein Wunder: Allein auf der größten NFT-Handelsplattform Opensea wurden in diesem Jahr NFT im Wert von rund 16 Milliarden Dollar gehandelt. Unter den First Movern befinden sich vor allem Global Player wie Adidas, McDonalds oder Coca-Cola. Hinsichtlich des Marketings hat ein Schritt in die Kryptowelt gleich mehrere Vorteile: Unternehmen können sich den Early-Adopter-Status auf die Fahne schreiben; die beinahe täglich neuen Schlagzeilen begünstigen eine medial weit schallende PR-Kampagne und manche Unternehmen verdienen mit Krypto-Marketing sogar ziemlich viel Geld.

NFTs als neue Erlösquelle?

Ja, richtig gelesen. Denn mit Krypto-Marketing können Unternehmen nicht nur Brand Awareness generieren, sondern auch neue Erlösströme. Das Modehaus Dolce & Gabbana zum Beispiel hat mit dem Drop einer NFT-Kollektion bestehend aus insgesamt neun virtuellen Kleidungsstücken rund 5,6 Millionen Euro eingenommen. Oder nehmt den Playboy: Das US-Männermagazin hat eine Kollektion süßer Häschen als NFT-Kunst herausgegeben, die aktuell einen Gesamtwert von rund 1.700 Ethereum hat, also rund 6,5 Millionen Euro.

Bei all dem Chaos, der Fülle an Möglichkeiten und auch den vielen Betrügern, die im Krypto-Space lauern, dürfte es allerdings vielen Unternehmer:innen noch immer schwer fallen, einen ersten Schritt in Richtung NFTs zu wagen. Denn ein richtiges How-to-NFT-Marketing-Playbook gibt es derzeit noch nicht. Umso sinnvoller ist dementsprechend, sich Beispiele von Unternehmen anzuschauen, die den ersten Schritt in Richtung NFTs bereits gewagt und sie für Ihre Marketingzwecke eingesetzt haben. Wir zeigen Euch einige Beispiele, erklären wie sie sich angestellt haben und wie erfolgreich sie damit waren (oder nicht).

Budverse Cans Heritage Edition

Sicherlich kennt Ihr Budweiser. Das Lagerbier stammt von dem in den USA ansässigen Braukonzern Anheuser-Busch, mit rund 1,5 Milliarden Dollar jährlichen Marketingausgaben ist es eine der meistbeworbenen Getränkemarken der USA. Kein Wunder, dass Budweiser auch im NFT-Game Early Bird ist: Vergangene Woche launchte der Getränkehersteller eine Kollektion aus rund 1.900 NFTs auf der NFT-Handelsplattform Opensea. Die bestehen aus individuell gestalteten Dosen, darunter auch eine „seltene“ Kollektion aus 36 goldenen Dosen. Den Käufer:innen verspricht der Besitz eines solchen Unikats Zugang zum Budverse, der „besten Biercommunity im Metaverse“. Wie das genau aussehen soll, weiß noch keiner, doch es scheint Begehrlichkeit geweckt zu haben: Die NFTs waren innerhalb von einer Stunde ausverkauft, insgesamt bezahlten Sammler 416 Ethereum für die digitalen Dosen, also rund 1,7 Millionen Euro. Mittlerweile stieg der Wert sogar auf rund 2,4 Millionen Euro.

Budweiser Bier NFT

Dieses Budweiser-Bier ließ sich die kaufende Person rund 43.000 Euro kosten. Quelle: Opensea

Hinter der Kampagne steht übrigens VaynerNFT, eine neue Unit von Gary Vaynerchuks Agentur Vaynermedia, deren Startkunde Budweiser ist. Der Hustle-Guru mit fanatischem Following hat unter dem Namen Veefriends auch eine eigene NFT-Kollektion auf den Markt gebracht (mehr dazu weiter unten). Die Vermutung liegt nahe, dass Vaynerchuk über seine Social Accounts und den Veefriends Discord-Server ebenfalls für NFT-Kollektion von Budweiser getrommelt hat.

WWFs Non-fungible Animals

NFTs können auch von NGOs genutzt werden. Ein schönes Beispiel ist WWF Deutschland: Die Naturschutzorganisation launchte im vergangenen November eine NFT-Kollektion mit Visuals bedrohter Tierarten. Die Idee: Die Anzahl der NFTs entspricht der übrig gebliebenen Population der jeweils dargestellten Tierart. Vom Vaquita beispielsweise, einer Untergattung der Schweinswale, existieren nur noch 22 Stück auf der Welt, also gibt es 22 Vaquita-NFTs zum Preis von umgerechnet je 299 Euro. Insgesamt ließ der WWF in Kooperation mit internationalen Künstler:innen für zehn Tierarten rund 6.200 NFTs erstellen und versteigert die in einer Auktion seit dem siebten November in einem eigens dafür eingerichteten Online-Shop. Für den Drop verwenden die Macher übrigens Polygon, eine für ihre Umweltverträglichkeit bekannte Sidechain von Ethereum. Bisher sammelte der WWF mit der Kampagne über 200.000 Euro ein, die Einnahmen fließen allesamt in den Schutz bedrohter Tierarten.

Vaquita NFT von WWF

Das ausverkaufte Vaquita-NFT auf der Website des WWFs.

Hugo Boss Russel Athletic Kollektion

Insbesondere Luxus-Modehäuser wie Gucci, Louis Vuitton und Burberry sind als NFT-Innovatoren bekannt. Mit Hugo Boss zog Ende September auch ein deutsches Modeunternehmen nach: Den Launch der neuen BossXRussel Athletic Kollektion im Mailänder Baseball-Stadion begleitete das Metzinger Modelabel nicht nur mit einem großen Influencer-Dinner inklusive Star-Tiktoker Khaby Lame, sondern auch mit einer groß angelegten Hashtag-Kampagne auf Tiktok: Unter #BOSSMoves konnten User:innen mit einem Filter Baseball-Karten von sich selbst erstellen und einreichen. Bei einem angeknüpften Gewinnspiel erhielten die fünf besten Creator:innen je eine College-Jacke aus der neuen Kollektion. Das besondere daran: Die Gewinner:innen erhielten die Jacke sowohl physisch als auch in Form eines NFTs. Boss setzte damit gezielt auf die reichweitenstarke Gen Z. Nach Darstellung von Tiktok mit Erfolg: Bis heute wurden die Videos der Influencer:innen 5,9 Milliarden Mal aufgerufen, 1,2 Millionen Menschen erstellten selbst Videos zur Kampagne und Boss landete einen Viralhit.

NFT Hugo Boss

Eine der zu gewinnenden Baseball-Jacken von Hugo Boss. Quelle: Hugo Boss

D&Gs Genesis Collection

Wo wir gerade beim Thema Fashion sind: Zu den Ersten Modeunternehmen, die das NFT-Gewässer befahren haben, zählt Dolce & Gabbana. Die Genesis Collection ist die erste Modekollektion einer Luxus-Fashion-Marke, die sowohl im Reallife als auch als NFT existiert. Gezeigt wurde sie zuerst auf einer Fashionshow, die vom 18. bis 21. August in Venedig stattfand. Neun der dort gezeigten und von den beiden Modezaren Domenico Dolce und Stefano Gabbana persönlich designten Teile wurden einen Monat später auf der NFT-Plattform UNXD für insgesamt rund 5,6 Millionen Dollar verkauft. Das italienische Modehaus legte den Grundstein, die Konkurrenz von Burberry, Louis Vouitton und anderen legte aber bald nach.

NFT D&G

Nutzer @Pranksy kaufte „The Golden Impossible Jacket“ von D&G für 99,9 ETH – zum Zeitpunkt des Verkaufs rund 339.000 Dollar. Quelle: Dolce & Gabbana

ChessNFT vom internationalen Schachverband

Hier ein Beispiel aus der Rubrik „So besser nicht“: Am Freitag, den 26. November eröffneten der norwegische Schachgroßmeister Magnus Carlsen und sein russischer Gegner Ian Nepomniachtchi die Schachweltmeisterschaft 2021. Um das bis Mitte Dezember andauernde Event zu bewerben, in dem sich die beiden Schachgenies in insgesamt neun Partien gegenübersitzen, launchte der Internationale Schachverband FIDE eine NFT-Kampagne: Unter www.chessnft.com können NFT- und Schachfans eins von insgesamt 9.000 Schachfiguren-NFTs zum Preis von je 100 Dollar erwerben. Unter diesen würden sich auch 120 einzigartige Sammlerstücke befinden. Wer sechs Stück in weiß und schwarz ergattert, wird sich außerdem für einen weiteren exklusiven Drop qualifizieren, wo NFTs ausgegeben werden, die besondere Momente der andauernden Schachturniere zeigen. Das bisherige Fazit der Aktion sieht dürftig aus: Magnus Carlsen scheint sich zwar nach einem Tief wieder in die Titelverteidigung gerettet zu haben, der NFT-Verkauf tröpfelt dafür stetig vor sich hin. Aktuell sind von den 9.000 Chess-NFTs noch rund 7.700 verfügbar. Was sich daraus lernen lässt: NFTs erstellen reicht nicht, sie müssen auch Begehrlichkeiten wecken. Und zur Zielgruppe passen.

NFT White Queen

Die weiße Königin ist eines der seltensten Schach-NFTs der Kollektion.

Gary Vaynerchuks Veefriends: Book Games

Wer, wenn nicht Gary Vaynerchuk? Der berühmte Digitalunternehmer, Social Media Promi und NFT-Junkie hat für sein Ende November erschienenes Buch „Twelve and a Half: Leveraging the Emotional Ingredients Necessary for Business Success“ mehr als eine Millionen Vorbestellungen generiert. Wie? Durch NFT. Seine Strategie: Wer mindestens zwölf Bücher kauft, bekommt ein NFT aus der Kollektion „Veefriends: Book Games“ gratis dazu. Dass der Plan aufgehen sollte, zeichnete sich schon vorher ab. Vaynerchuk präsentiert sich schon das ganze Jahr als Krypto-Vorreiter. Seine Agentur Vaynermedia betreute die oben erwähnte Brauereri Budweiser, im Mai startete er eine eigene NFT-Kollektion namens „Veefriends“. Bis heute hat er mit den rund 10.000 NFTs laut eigener Aussage mehr als 90 Millionen Dollar Umsatz gemacht. Außerdem geht mit dem Besitz eines Buch-Tokens auch ein Gratis-Besuch bei der „Veecon“ einher – natürlich ein von Vaynerchuk ins Leben gerufenes physisches Event für NFT-Holder. Mehr Personal Branding mit NFTs geht nicht.

Gary V. Friends

Veefriends wie diese sollen Gary V. 90 Millionen Dollar eingebracht haben – bisher. Quelle: Gary Vaynerchuk

Charmin’s Non-Fungible Token Paper

Geschmeidig liefs auch bei der US-Klopapier-Marke Charmin: Die kündigte auf Twitter das erste NFTP an: Non-Fungible Token Paper. Interessierte konnten auf die sechs grafisch aufbereiten Toilettenrollen auf der NFT-Handelsplattform Rarible bieten, jeder Besitzende erhielt außerdem ein physisches Display, um sich die neue Errungenschaft neben die echte Toilettenrolle hängen zu können. Die eingenommenen rund 9 Ethereum waren zum Zeitpunkt der Auktion rund 14.000 Euro wert und gingen an die NGO Direct Relief, die sich um medikamentöse Versorgung in Krisengebieten kümmert. Die Klopapiermarke Charmin, die sich bisher kaum mit Tech-Enthusiasmus hervorgetan hat, profitierte insofern, als dass sie dadurch ihre VR-Bestrebungen untermauern konnten. Rund zwei Monate zuvor entwickelte die Brand nämlich eine Toilette, die einem während des Klogangs VR-Erlebnisse bietet. Die soll künftig etwa auf Live-Events wie Konzerten eingesetzt werden, damit Klogänger keine Sekunde des Auftritts verpassen. Zwar ist bisher kein Verkauf des VR-Klohäuschens geplant, entsprechend unklar ist, wie ernst Charmin die Bestrebungen dahingehend meinen. Punkte für Kreativität und Humor ernten sie dafür jedenfalls und die schaden einem Marken-Image bekanntlich nie.

Ein anonymer User kaufte diese verzierte Rolle Klopapier für über 2.000 Dollar. Quelle: Opensea

McDonalds Jubiläums-McRib

Es muss nicht immer die große A(u)ktion sein: Die Burgerkette McDonalds feierte das Jubiläum des beliebten McRib Burgers mit NFTs. Zehn Stück mit einem abgebildeten Schweinehacksteak im Maisbrötchen gab es Anfang November zu gewinnen, verlost wurden sie unter denjenigen, die den dazugehörigen Tweet retweetet haben. Über 100.000 User:innen sind dem nachgekommen, zusätzlich erntete der Tweet 57.000 Likes. Das Besondere: McDonalds hat auf eine Auktion oder andere Einnahmen aus den NFTs verzichtet und sie einfach an die zehn ausgewählten Gewinner verschenkt. Die Erstellung der NFTs dürfte den Fastfood-Hersteller nach OMR-Schätzungen einen niedrigen vierstelligen Betrag gekostet haben; der Return on Invest dürfte sich zumindest hinsichtlich der Awareness auf jeden Fall ausgezahlt haben. Ein Beispiel dafür, dass es nicht immer eine Handelsplattform und wochenlange Auktionen braucht. Manchmal reicht ein einfaches Geschenk als Marketing-Kampagne.

Adidas All-In

Anders als Nike, das mit einer Roblox-Kooperation vorerst ein Zeichen gegen den Hechtsprung in die Kryptowelt gesetzt hat, geht Konkurrent Adidas all in Crypto: Erst kürzlich verkündeten die Herzogenauracher eine Kooperation mit dem Blockchain-Spiel The Sandbox (wir berichteten), in dem sie gemeinsam ein „Adiverse“ schaffen wollen, eine digitale Welt, die die Marke für Spielende zugänglich macht und in dem diese – aller Voraussicht nach – auch digitale Güter wie Kleidung für Ihren Avatar in Form von NFTs erwerben können.

Im selben Atemzug verkündete Adidas die weiteren NFT-Ambitionen: Zum einen den Launch einer eigene POAP-Collection. POAP steht für Proof-of-Attendance-Protocol, vereinfacht sind das NFTs, die Teilnehmer:innen von realen oder virtuellen Events für Ihr Erscheinen erhalten. Sie dienen den Besucher:innen als Erinnerungsstück, ähnlich einem Festivalbändchen, dass man nach dem Event aufbewahrt. Die ersten Adidas-POAPs gab es für eine virtuelle Veranstaltung am 17. November, in dem Adidas seine Metaverse-Visionen verkündete. Die Token bieten der Brand vor allem die Möglichkeit, ihre Kunden langfristig zu binden, etwa in dem NFT-Besitzer regelmäßige Vergünstigungen oder Exklusivzugänge auf Kollektionen oder zu bestimmten Events erhalten.

Zum anderen verkündete Adidas kürzlich Kooperationen mit gleich drei bekannten NFT-Kunstprojekten: Dem Bored Ape Yacht Club, den Avatar-Projekten von NFT-Influencer GMoney und der NFT-Comicserie Punks Comic. Alle drei Projekte sind in der Kryptowelt bekannt, die NFTs des Bored Ape Yacht Club zählen mit einem Wert von rund 950 Millionen Euro zu den wertvollsten NFT-Kollektionen der Welt. Adidas sicherte sich von jedem der drei Projekte einen Avatar und zeigt ihn seitdem in Adidas-Klamotten. Jüngstes Beispiel: Das Profilbild des Adidas Twitter-Accounts besteht aus einem Bored Ape Yacht Club NFT mit Adidas Trainingsanzug.

Das Profilbild des Adidas-Twitter-Acounts: Ein Bored Ape im Adidas-Trainingsanzug.

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Florian Heide
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Florian Heide

Florian arbeitet seit fast zehn Jahren als Print-Journalist. Angefangen beim Lokalblatt, später als Praktikant und Freelancer für DIE ZEIT und GEO. Seit 2020 ist er Redakteur bei OMR, wo er über Startups, Viraltrends, den Wandel von Social Media Plattformen und neue Technologien berichtet. Er hat nie Bargeld dabei und verbringt die Wochenenden am liebsten weit weg von Technologie in der Natur.

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