„Men of Mayhem“: Dieser Ex-Türsteher macht mit Klamotten für Biker siebenstellige Umsätze

Martin Gardt7.2.2020

Der Hamburger Kevin Herbst hat in der Motorrad-Nische seine Marke etabliert – und wächst bis heute mit Facebook

Kevin Herbst, Gründer von Men of Mayhem
Kevin Herbst, Gründer von Men of Mayhem
Inhalt
  1. Events als erstes Sprungbrett
  2. Community mit besonderen Anforderungen
  3. Drops auf andere Art

Lassen sich über Instagram und Facebook auch Marken in ganz besonderen Nischen aufbauen? Tummeln sich Rocker, Biker, harte Typen auf den Plattformen? Diese Frage hat sich „Men of Mayhem“-Gründer Kevin Herbst zum Start seiner Klamotten-Brand auch gefragt. Heute weiß er, dass es auch mit seiner Zielgruppe funktionieren kann. Er macht einen siebenstelligen Jahresumsatz, erreicht über 100.000 Follower und verkauft beliebte Stücke regelmäßig komplett aus. Wir zeigen, wie er das geschafft hat.

„Ich wollte zuerst nur für mich und meine Jungs ein Shirt machen, das eine vernünftige Quali hat“, sagt Men-of-Mayhem-Gründer Kevin Herbst zu OMR. Im Jahr 2012 arbeitet er als Grafikdesigner in einer Agentur und im Nebenjob als Türsteher rund um die Hamburger Reeperbahn. Er bedruckt zu der Zeit T-Shirts und verschenkt sie als Zeichen des Zusammenhalts an seine Türsteher-Kumpels. Wenig später fragen weitere Szene-Größen bei ihm nach von ihm gestalteten Klamotten und er fängt damit an, die Shirts aus dem Kofferraum seines Autos zu verkaufen. „Die Begehrlichkeit entstand am Anfang dadurch, dass du es nirgendwo anders kaufen konntest“, sagt Herbst.

Events als erstes Sprungbrett

Schon bei den ersten Designs spielt Herbst mit der Schriftart Ironwood, die man schon auf den ersten Blick mit der Rocker- und Bikerszene verbindet. Kein Wunder also, dass er hier dann genau seine Zielgruppe findet. 2013 zeigt er seine Styles erstmals auf den Harley Days, dem großen Biker-Treffen in Hamburg und gewinnt so erste Fans für seine Marke. „Men of Mayhem steht für Männer und Frauen, die sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen“, so Herbst. „Bei uns kaufen Leute von Anfang 20 bis Ende 60 ein, quer durch alle Schichten. Es ist auch egal, ob du Motorrad fährst, es kann auch jemand Bock auf uns haben, der mit dem Klapprad durch die Stadt fährt.“

2016 kündigt er seinen Job und macht aus dem bisherigen Nebengeschäft sein Haupt-Business. In der Türkei findet er einen Hersteller, der seinen Qualitätsansprüchen gerecht wird. Seine Kleidungsstücke unterscheiden sich nach eigener Darstellung von denen anderer Labels, die eine ähnliche Zielgruppe bedienen, durch edle Stickereien und selbst gestaltete also nicht vorgefertigte Schnitte. In seinem Online-Shop und in seinem Geschäft in Hamburg Barmbek verkauft Herbst vor allem Hoodies, Pullover, T-Shirts und Jacken für Männer und Frauen. Ständiges Symbol: Die Zahl 13. Die stehe auf der einen Seite für den 13. Buchstaben des Alphabets – also das M von Men of Mayhem. Gleichzeitig steht die Zahl ja für Unglück, hat in der Bikerszene aber einen rebellischen Dreh bekommen – passt so also perfekt zur Marke. Viele Kunden lassen sich laut Gründer Herbst explizit die 13 im Stile von Men of Mayhem tätowieren.  

Community mit besonderen Anforderungen

Einer der größten Fans der Marke ist Bob-Olympiasieger Kevin Kuske. Der ehemalige Anschieber verschiedener Siegerbobs hat laut Kevin Herbst ganze sieben Mal die 13 tätowiert und besucht den Men-of-Mayhem-Laden des Öfteren. „Unsere Kunden verbinden mehr mit der Marke als nur Kleidungsstücke“, sagt der Gründer. Dementsprechend wichtig sei es, ganz nah an der Community zu sein – er und sein Team würden mit allen Kunden wie mit alten Freunden sprechen. „Die Kunden verzeihen uns auch mal eine verzögerte Lieferung, weil wir wie alte Freunde mit ihnen kommunizieren, sie auch mal anrufen und keine Einheits-E-Mails schreiben.“ Die Pakete sind mit typischen Motorrad-Motiven versehen, zwei Angestellte packen sie im eigenen Lager in Reinbek. Zuletzt habe Herbst seinen treuesten Kunden einen eigens hergestellten Whiskey geschickt. Mit Aktionen wie diesen erzeuge er regelmäßig Botschafter, die ganz von allein die Bekanntheit seiner Marke pushen würden. 

„Wir wachsen auf den Plattformen komplett organisch. Meistens bemerken wir einen Follower-Sprung nach Events wie den Harley Days oder unseren seltenen Sales“, sagt Kevin Herbst. Relativ überraschend funktioniere Facebook für ihn derzeit noch besser als Instagram. Auf Facebook verzeichnet Men of Mayhem derzeit mehr als 94.000 Follower, auf Instagram sind es über 24.000. Bei Facebook hat der Account laut dem Analyse-Tool Crowdtangle seit Anfang 2019 knapp 27.000 Fans hinzugewonnen, bei Instagram nur etwas mehr als 13.000. Erklären könnte das die etwas ältere Zielgruppe, die wohl noch eher auf Facebook vertreten ist. Selbst die Instagram-Follower der Marke bestehen zu einem Viertel aus 35- bis 45-Jährigen. Beide Plattformen sollen bis auf weiteres die einzigen Marketing-Kanäle der Brand bleiben.

Komplett organisch dürfte das Wachstum dann aber doch nicht sein. Ein Blick in die Werbebibliothek auf Facebook zeigt, dass Men of Mayhem insgesamt 190 Werbeanzeigen auf Facebook, Instagram und im Facebook Messenger laufen hat. Meist scheint das Unternehmen einfach bestehende Posts mit etwas Geld zusätzlich zu pushen. Oft sind aber auch sogenannte Carousel-Ads dabei, die mehrere Bilder eines Produkts mit ausführlichen Beschreibungen zeigen. Auch wenn die Anzeigen vor allem auf Abverkauf der Produkte ausgelegt sind, dürften auch potenzielle Neukunden so auf die Marke aufmerksam werden.  

Drops auf andere Art

Die Posts auf den Plattformen zeigen zentral die Klamotten von Men of Mayhem, getragen von zur Zielgruppe passenden, meist tätowierten Models – viele davon Freunde von Kevin Herbst. Er setze bewusst nicht auf Influencer: „Die Leute merken sofort, wenn das eine Werbehure ist.“ Ein Teil der Beiträge kündige den Release neuer Modelle an, auf Drop-Marketing mit begrenzten Stückzahlen und langem Heißmachen der Community wolle Herbst aber verzichten. Streetwear-Brands, die auf Drops setzen, kündigen neue Produkte und den Zeitpunkt des Marktstarts mit viel Vorlauf an. Durch starke Limitierung erzeugen sie genau zum Release einen kräftigen Hype (hier erklären wir den Mechanismus genau). „Ich bin kein Freund von künstlicher Verknappung. Bei uns sind die Sachen ausverkauft, weil es geiler Scheiß ist“, sagt Herbst.

Er arbeite spontan, designe neue Modelle und gebe sie direkt in die Produktion. Ist ein frischer Pullover im Lager, wird er in den Shop eingepflegt und online gestellt. Maximal gebe es im Vorlauf ein paar Stories auf Instagram, um Vorfreude bei den Kunden zu schaffen. „Ich lasse die Produkte nach Bauchgefühl produzieren, aber immer so 300 bis 400 Stück“, sagt Herbst. Im Online-Shop führe er etwa 230 Produkte, der durchschnittliche Warenkorb liege bei etwa 100 Euro. Rabatt gebe es bei Men of Mayhem so gut wie nie. Zu Weihnachten oder Freitag, dem 13. haue Herbst mal 13 Prozent auf seine Produkte raus, insgesamt empfinde er Rabatte aber als unfair gegenüber Vollpreis-Käufern. Durch die schnelle Vergrößerung der Produktvielfalt und der Community habe er seit 2016 seinen Umsatz jedes Mal verdoppelt, 2019 liege dieser im siebenstelligen Bereich. 

Mit seinem Laden in Barmbek hat Herbst aber neben seinem Online-Geschäft auch einen Treffpunkt für seine Community geschaffen. Derzeit mache die Marke hier 30 Prozent des Umsatzes. Neben dem Start eines neuen Online-Shops in den kommenden Monaten, solle vor allem der Ausbau seines stationären Geschäfts für neue Kunden und Fans sorgen. „Ich will noch mehr eigene Läden haben. So bleibt die Kundenkommunikation einheitlicher“, sagt er. Denn in kleinem Maße verkauft er seine Produkte über einige wenige Retailer, in Zukunft soll es in Deutschland und im europäischen Ausland aber mehr Men-of-Mayhem-Läden mit ihrem ganz eigenen Charme geben. In Hamburg gibt’s direkt im Geschäft zum Beispiel zwei Tätowierer, die passend zum Pulli direkt die 13 in die Haut ritzen. 

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MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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