Loredanas „Du bist mein“: Mit TikTok-Marketing auf Platz eins der Deutschen Single Charts

Livestreaming und eine Hashtag Challenge verhelfen dem Song zum Hit

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Inhalt
  1. „Old Town Road“: Über TikTok zur Rekord-Platz-eins-Platzierung
  2. TikTok macht Popstar-Karrieren möglich
  3. „Du kannst live mitverfolgen, wie der Song entsteht“
  4. „Du kannst Teil des offiziellen Videos werden“
  5. Acht Millionen Aufrufe, bevor der Song veröffentlicht war
  6. „Heute sind Leaks ein Marketinginstrument“
  7. „Rap ist ein Medium“

Von null direkt auf Platz eins der Deutschen Single Charts einsteigen: Mit dem Track „Du bist mein“ ist Loredana das bereits zum vierten Mal gelungen (und zum dritten Mal direkt hintereinander). Bei der neuesten Single der Rapperin hat zu diesem Erfolg offenbar vor allem eine Kampagne auf der Social-Video-Plattform TikTok beigetragen. Exklusiv gegenüber OMR haben Loredanas Plattenfirma und ihr Management Einblick in die Marketingstrategie zu „Du bist mein“ gegeben.

Wie kann man im Digitalzeitalter einen Song zum Hit machen? Nach Youtube, Spotify Playlists und Instagram ist im Musikmarketing aktuell offensichtlich TikTok die Plattform der Stunde: „Im vergangenen Jahr hat Loredana eine Hörprobe von ‚Jetzt rufst Du an‘ noch vor der offiziellen Veröffentlichung des Songs auf Instagram geteilt. Ein Nutzer hat die dann gerippt und auf TikTok hochgeladen. Zu diesem Sound-Schnipsel haben andere Nutzer dann Tausende von Videos erstellt. Da sind uns die Möglichkeiten, die TikTok Musikern im Marketing eröffnet, erst so richtig klar geworden“, berichtet Frank Stratmann im Gespräch mit OMR.

„Old Town Road“: Über TikTok zur Rekord-Platz-eins-Platzierung

Stratmann ist Gründer und Geschäftsführer der Plattenfirma Groove Attack (Teil der Believe-Digital-Gruppe), bei der Loredana unter Vertrag steht. Deren Track „Jetzt rufst Du an“ erreichte im vergangenen Juli mit Rückenwind von TikTok Platz zwei der Deutschen Single Charts und wurde mit einer Goldenen Schallplatte ausgezeichnet. „Wir haben dann Kontakt zu TikTok aufgenommen und sind seitdem in engem Austausch“, so Stratmann.

Loredanas „Jetzt rufst Du an“ war bei Weitem nicht der erste Song, dem TikTok zu einer Chart-Platzierung verholfen hat. Bekanntestes Beispiel ist sicherlich „Old Town Road“ des vor der Veröffentlichung quasi unbekannten US-Rappers Lil Nas X. Dessen Mischung aus Hip Hop und Country ging so richtig durch die Decke, als Zehntausende von Nutzern TikTok-Videos drehten, in denen sie sich zu „Old Town Road“ tanzend in einen Cowboy verwandelten. Die Folge: 19 Wochen am Stück belegte der Song Platz eins der US-Billboard-Charts – ein Rekord (hier unsere ausführliche Analyse auf OMR dazu).

TikTok macht Popstar-Karrieren möglich

Seitdem hat TikTok vielen weiteren Künstlern zu enormer Bekanntheit und zu Chart-Platzierungen verholfen – nicht wenige davon waren davor nahezu unbekannt. Auch bereits veröffentlichte Songs werden durch TikTok plötzlich populär. Die Karriere der R&B-Sängerin Lizzo stagnierte, als im vergangenen Jahr ihr 2017 erschienener Song „Truth Hurts“ auf der Plattform zum Viralhit avancierte und im Zuge dessen auch auf Platz eins der US-Single-Charts kletterte. Selbst Oldies können durch TikTok wieder zum Hit werden: Der Reggae-Pop-Song „Break My Stride“ von Matthew Wilder aus dem Jahr 1983 verzeichnete auf TikTok, nachdem er auf der Plattform Teil eines Memes geworden war, Millionen von Streams und enterte in mehreren Ländern sogar wieder die Top-100-Charts. Wenig verwunderlich also, dass mittlerweile auch große Stars wie Justin Bieber und aktuell Drake mit aller Macht versuchen, über TikTok „viral zu gehen“.

Auch Loredanas Management und ihre Plattenfirma haben sich nach der Erfahrung mit „Jetzt rufst Du an“ ausführlich mit der Plattform beschäftigt und sind zum Schluss gekommen: „TikTok ist die beste Plattform, um Nutzer für ein Produkt zu sensibilisieren – weil die Nutzer selbst etwas aus einem Sound machen und kreativ werden können“, sagt Lucas Teuchner von Two Sides, dem Management von Loredana. Auf der Plattform kann jeder Nutzer zu Sound-Schnipseln, also auch Ausschnitten von Musikstücken, sein eigenes Video drehen. Die oben genannten Beispiele zeigen, welche Eigendynamik das annehmen kann.

„Du kannst live mitverfolgen, wie der Song entsteht“

Für den neuesten Loredana-Song haben die Rapperin und ihr Umfeld deswegen in Sachen Marketing den Fokus nahezu komplett auf TikTok gelegt – und dabei die Nutzereinbindung auf die Spitze getrieben. Im Rahmen mehrerer Livestreams konnten die Loredana-Fans, so zumindest die Darstellung nach außen, auf TikTok die Entstehung des neuen Songs über den Zeitraum von einer Woche hinweg mitverfolgen. TikTok selbst hat dazu sogar eine ankündigende Pressemitteilung in Deutschland veröffentlicht.

„TikTok möchte in dieser schweren Zeit gerade Künstler unterstützen und die kreative Interaktion fördern. Wir freuen uns über die vielen Beiträge und das große Engagement unserer Community“, so Orlina Miller, Marketing Manager Europa von TikTok, gegenüber OMR. „TikTok macht es seinen Nutzer*innen einfach, sich kreativ einzubringen und Teil etwas Größeren zu sein – das schätzen auch Musiker an der Plattform, die genau diese Chance zur Interaktion suchen.“

„Du kannst Teil des offiziellen Videos werden“

Am 22. März kündigt Loredana in einem ersten Livestream auf TikTok (wo ihr zu diesem Zeitpunkt 625.000 Nutzer folgen) an, mit dem Rapper Zuna einen Song aufnehmen zu wollen. Am Tag darauf hört sie mit Zuna im Livestream vor den Augen der Zuschauer mehrere vorproduzierte Beats durch und wählt einen mit ihm für ihren gemeinsam Song aus. Noch am selben Tag posten Loredana und Zuna jeweils auf ihren Instagram-Accounts, auf denen ihnen 2,7 Millionen bzw. 977.000 Nutzer folgen, die Hookline des neuen Songs „Du bist mein“.

Am nächsten Tag, dem 24. März, ist ein Ausschnitt aus dem Refrain (die „Hookline“) von „Du bist mein“ dann auf TikTok als Sound verfügbar. Im Livestream verkünden Loredana und Zuna auf TikTok die „#dubistmein-Challenge“. „Wir haben damit in Sachen Fan-Einbindung noch einmal einen draufgesetzt“, sagt Lucas Teuchner. „20 Creator, die Tanz-Videos zu ‚Du bist mein‘ auf TikTok hochgeladen haben, konnten Teil des offiziellen Youtube-Videos zur Single werden. Wenn Dir ein Künstler die Möglichkeit gibt, ein Teil von etwas zu werden, schafft das noch einmal eine ganz andere Bindung.“ Eine bei Youtube hochgeladene Aufnahme des TikTok-Livestreams zeigt, dass am Ende mehr als 20.000 Nutzer zuschauen.

Acht Millionen Aufrufe, bevor der Song veröffentlicht war

TikTok unterstützt die Kampagne mit einem Banner am Kopf des „Explore“-Bereiches der App, in dem die Nutzer über aktuell angesagte „Hashtag Challenges“ informiert werden. „Musik ist eine der Schlüsselkomponenten auf TikTok. Partnerschaften wie diese, die Künstlern wie Loredana und Zuna Zugang zu einer kreativen Plattform und einer spannenden Zielgruppe geben, zeigen dies einmal mehr,“ sagt Andreas Hänisch, Music Community & Content Manager von TikTok.

Die Loredana-Fans auf TikTok erstellen innerhalb kürzester Zeit eine fünfstellige Zahl an Videos zu dem Sound – aktuell sind es mehr als 58.000. „Dadurch hat der Song, bevor er überhaupt offiziell veröffentlicht war, acht Millionen Aufrufe verzeichnet. Als wir dann auf Start gedrückt haben, waren schon ganz viele mit dem Song vertraut“, sagt Loredana-Manager Lucas Teuchner. Der Hashtag #dubistmein verzeichnet aktuell sogar 16,6 Millionen Aufrufe auf TikTok. Der größte Teil davon dürfte von Videos stammen, die die Nutzer hochgeladen haben. Loredana hat seit dem Start der Kampagne rund 175.000 TikTok-Follower hinzugewonnen.

„Heute sind Leaks ein Marketinginstrument“

„Früher war es die größte Angst der Musiker, dass Songs oder Alben vorab im Netz geleakt werden“, sagt Frank Stratmann, der Groove Attack vor 27 Jahren gegründet hat. „Heute stellen die Künstler selbst Hörproben zur Verfügung, weil sie verstanden haben, dass das ein wirksames Marketing-Instrument ist.“ Das sei bei Loredana auch von Anfang an so gewesen: „Von ihrer Debütsingle ‚Sonnenbrille‘ gab es auf Instagram ein Video, wo sie den Song im Auto sitzend live zum Beat rappt, das 2,5 Millionen Aufrufe bekommen hat. Als der Song dann rauskam, war er bereits ein Hit.“

Diesen Effekt zu erzielen, gelingt offenbar auch mit „Du bist mein“: Als das offizielle Video am 27. März auf Youtube erscheint, entlädt sich die ganze vorab mittels Spannungsbogen aufgebaute Aufmerksamkeit. Der Clip steigt schnell auf Platz eins der Youtube Trends und bleibt dort für mehrere Tage. Bislang hat das Video 7,7 Millionen Views angesammelt.

„Rap ist ein Medium“

Der letzte Beweis dafür, dass die Kampagne erfolgreich war, dürfte dann der heutige Einstieg auf Platz eins in den Single Charts sein. „Wir entdecken Trends immer wieder vor den anderen. Das war zuletzt mit Instagram so und ist jetzt mit TikTok wieder genauso“, sagt Frank Stratmann. „Rap ist ein Medium für sich geworden. Und hinter dem Marketing im Rap steckt viel mehr Strategie, als sich manche vorstellen können“, so Lucas Teuchner.

Mitbewerber würden angesichts dessen schon mal zu Unrecht Betrug wittern, so Groove-Attack-Chef Stratmann. „Als Mero durch die Decke ging (hier in der OMR Analyse, Anm. d. Red.), konnten sich viele nicht erklären, wie das passieren konnte. Damals war Instagram noch eine Art Parallelwelt, die an der Generation Facebook komplett vorbeigelaufen ist. Deswegen haben viele andere aus der Musikindustrie seinen Erfolg nicht verstanden.“ Dabei hätten Mero, sein Management und das Label einfach auf Instagram einen Spannungsbogen aufgebaut. „Als dann die Single veröffentlicht wurde, hat sich dieser Druck entladen, was dann zu den hohen Stream- und View-Zahlen geführt hat.“

 

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Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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