Karl Ess – Vom Personal Trainer zum millionenschweren Fitness-Youtube-Star
- Erst im April 2012 startete er seinen Youtube-Channel – heute erreicht sein Netzwerk Millionen Reichweiten
- Waschbrettbauch, dicker Bizeps und 800.000 Euro Umsatz pro Monat
- Eigene Crew statt großem Youtube-Netzwerk
- Unbedenkliches Multilevel-Marketing oder illegales Schneeballsystem?
Erst im April 2012 startete er seinen Youtube-Channel – heute erreicht sein Netzwerk Millionen Reichweiten
Karl Ess ist jetzt 25 Jahre alt. Der überzeugte Veganer ist „Natural Bodybuilder“, das heißt, er macht Kraftsport ohne die Zuhilfenahme von Doping. Außerdem betreibt er seit April 2012 einen Youtube-Channel mit insgesamt 80 Millionen Video-Views und eine Facebook-Seite rund um Trainings- und Ernährungsthemen; vor etwas über einem Jahr kam dann noch Instagram dazu. Heute macht er nach eigenen Angaben einen monatlichen Umsatz von 800.000 Euro – weniger mit Werbung auf dem Videoportal, sondern vielmehr mit einem eigenen Online-Fitnessprogramm, einem Klamottenlabel und einem dubiosen Schneeballsystem. Wir haben mit Karl, der gerne mit teuren Autos und Uhren polarisiert, gesprochen. „Zweimal anrufen, da erstes Mal Mailbox“, antwortet Karl Ess in einer kurzen Mail auf unsere Anfrage. Er ist schwer zu erreichen, hat sein Smartphone immer öfter aus. Später wird er am Telefon fast schüchtern eingestehen: „Es ist schon krass, was jetzt manchmal mit dem Handy abgeht.“ Er scheint aktuell recht gefragt zu sein, ist immer unterwegs oder in aktuelle Projekte vertieft. Und davon gibt es inzwischen einige. Die Basis für den Erfolg bildet dabei aber immer die doch sehr ansehnliche Reichweite in sozialen Netzwerken. Insgesamt fast 400.000 Abonnenten kann er auf seinen vier Youtube-Kanälen vorweisen, über 80 Millionen Mal wurden seine Videos abgerufen (sein Haupt-Channel ist mit Abstand am wichtigsten). Bei Facebook hat er etwa 720.000 Fans, bei Instagram folgen ihm knapp 100.000 Fitness-Freaks. Tendenz steigend.
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Doch hohe Reichweite alleine bedeutet nicht automatisch ein hohes Einkommen. Bei Facebook und Instagram sowieso nicht. Und auch bei Youtube käme Karl mit den reinen Anzeigenerlösen von Pre-Role-Ads & Co. nie auf den von ihm angegebenen Umsatz. Dafür sorgen andere Geschäftsmodelle. „Aktuell sind es bestimmt so 800.000 Euro im Monat. Am wichtigsten ist das 360-Grad-Paket„, sagt er trocken. Das ist ein Trainingsprogramm, bei dem Käufer sechs Monate Zugang zu einem auf ihren Körperbau zugeschnittenem Personal Training erhalten. Online versteht sich. In vorproduzierten Videos erklärt Karl stoffwechselspezifische Pläne, Übungen und die Wirkung von Nahrungsmitteln. Das Ganze kostet 147 bis 247 Euro.
Als zweitwichtigste Erlösquelle nennt Karl das Klamottenlabel Gym Aesthetics aus Stuttgart, bei dem er Teilhaber ist. Das von zwei ehemaligen Bosch-Ingenieuren gegründete Unternehmen war jüngst das Startup der Woche bei der WirtschaftsWoche und will noch in diesem Jahr die Grenze von einer Million Euro monatlichem Umsatz knacken. Karl rührt in seinen Videos entsprechend kräftig die Werbetrommel für die Sportkleidung, bei der es eine Marge von 60 Prozent geben soll. Es folgen ein eigenes Portfolio von Nahrungsergänzungsmitteln (zur Zeit mit dem „Trainingsbooster Tunnelblick“), unzählige Affiliate-Links zu Produkten aus dem Fitness-Bereich oder einem System zur Penisvergrößerung, Videos mit Produktplatzierungen für beispielsweise Lovoo sowie Blogger-Bible, eine Anleitung zum Geld verdienen mit Modeblogs. Nebenbei hält Karl noch Vorträge an Universitäten und bei Unternehmen.
Eigene Crew statt großem Youtube-Netzwerk
Bei Allem, was Karl macht, ist er längst nicht mehr alleine. Beim Start waren es noch nur er und sein Freund und Geschäftspartner Ralf Sättele (ebenfalls Teilhaber von Gym Aesthetics), der alle Technik- und Marketingaufgaben übernehmen sollte. Ralf hat inzwischen selber über 70.000 Abonnenten auf Youtube. Und aus dem Duo ist heute eine kleine Gruppe, die „GA-Crew“, geworden. Etwa 15 Youtuber, hauptsächlich aus dem Kraftsport- und Fitnessbereich, gehören aktuell zum Netzwerk und sorgen für eine Reichweite von über 1,6 Millionen Youtube-Abonnenten, knapp 200 Millionen Video-Views, über zwei Millionen Facebook-Fans und fast 800.000 Instagram-Follower. Nicht ganz ohne Nebenwirkungen. „Wir zahlen rund 10.000 Euro im Monat für Anwaltskosten. Es gibt Leute, die sind darauf spezialisiert, Copyrights und andere Onlinerechte einzuklagen. Man muss sich doch einiges gefallen lassen“, gesteht Karl.
Der bekannteste Neuzugang der letzten Monate dürfte dabei wohl Inscope21 gewesen sein, der allein schon auf etwa 650.000 Abonnenten kommt. Der 19-jährige Inscope21, der eigentlich Nicolas Lazaridis heißt und auf Youtube bisher eher für Comedy-Inhalte bekannt war, legte sich kürzlich einen roten Mercedes C 63 AMG zu. In einem Video bedankt er sich bei seinen Abonnenten für die Unterstützung. Karl begründet den Aufbau des Teams mit der Erschließung neuer Zielgruppen: „Wir gehen verstärkt in andere Bereiche, zum Beispiel Lifestyle, Business, Gaming oder eben Comedy. Wir fragen uns immer, was die Leute sehen wollen. Und dann schauen wir, was sich monetarisieren lässt.“
Unbedenkliches Multilevel-Marketing oder illegales Schneeballsystem?
Dabei sorgen nicht nur das offensive Werben für eigene Produkte, die Masse von Affiliate-Links und das angeberische Zurschaustellen von teuren Autos und Uhren bei Zuschauern immer häufiger für Unmut. Seit einigen Monaten steht ein Thema besonders im Fokus: das amerikanische Unternehmen für Nahrungsergänzungsmittel Vemma Nutrition Company. Karl und Teile seiner Crew, unter anderem Mischa Janiec, Tim Gabel und Ben Sattinger, werben verstärkt für Energydrinks und Shots der Firma. Begeistert und werblich dokumentieren sie einen Besuch im Vemma-Headquarter, schauen sich den Herstellungsprozess an und fordern in Videos immer wieder zum Mitmachen auf. Auf dein-lifestyle-business.com wird Schritt für Schritt erklärt, wie Vemma neben einer besseren Gesundheit vor allem für ein passives Nebeneinkommen sorge. Neben hohen Preisen (72 kleine Dosen vom Energydrink Verve kosten immerhin 145 Euro zuzüglich Pfand), ist es vor allem das Vertriebssystem von Vemma, was sauer aufstößt. Der Konsumentenschutz aus Österreich warnt vor einem „ausgeklügelten Pyramidensystem“, das gezielt Jugendliche für sich begeistern will; in Italien wurde das Geschäftsmodell des dort selbstständig agierenden Unternehmens nach Prüfungen durch Behörden zugelassen.