Wie ein Mainzer Student seinen Opa zu einem globalen Hype-Influencer gemacht hat

Martin Gardt5.9.2019

Jannik Diefenbach steckt seinen 73-jährigen Opa in Hype-Klamotten von Supreme & Co. – 546.000 Fans auf Instagram sind die Folge

Alojz Abram Jannik Diefenbach
Jannik Diefenbach (unten) mit seinem Opa Alojz Abram (Foto: Jannik Diefenbach)
Inhalt
  1. Der Opa in Hipster-Klamotten
  2. Follower-Explosion durch US-Magazin
  3. Knallige Farben und teure Outfits sorgen für Likes
  4. Nicht nur Fashion-Brands wollen Alojz

Der typische Influencer ist jung, gutaussehend und zeigt sich oft in den teuersten Klamotten. Auf Alojz Abram trifft nur der letzte Punkt zu. Der 73-jährige Rentner trägt auf seinen Instagram-Posts Kleidung von Supreme, Nike, Off-White, Yeezy & Co. und erreicht so über 546.000 Follower aus der ganzen Welt. Uns hat sein Enkel erzählt, wie die beiden zusammen so eine Reichweite aufbauen konnten, wie viel Geld sie mit ihrem Hobby verdienen und warum sogar Netflix Opa Alojz als Influencer gebucht hat.

„Ich habe an Weihnachten 2016 meinen Opa gefragt, ob er mal meine Klamotten anprobieren möchte und ihn im Hof fotografiert. Nachdem ich das Bild bei Instagram und Facebook hochgeladen habe, kamen direkt nur positive Reaktionen“, erzählt Jannik Diefenbach gegenüber OMR. „Es hat mich selbst ein bisschen überrascht, aber er hat bis heute richtig Spaß daran.“ Seit diesem ersten Foto auf Janniks Instagram-Account ist viel passiert. Dem Enkel-Opa-Gespann folgen heute Hunderttausende Menschen und große Brands fragen wegen einer Zusammenarbeit an.

Der Opa in Hipster-Klamotten

Was aber macht die Faszination für so viele Fans von Opa Alojz aus? Ein Blick auf den Instagram-Kanal macht das schnell klar. Der Rentner ist auf den Posts des Kanals jaadiee (die ausgeschriebenen Initialen von Enkel Jannik) stets in Outfits zu sehen, die sonst eher Hipster oder US-Rapper tragen: coole (Woll-)Mütze, Hoodie, teure Sneaker. Der optische Gegensatz aus älterem Herren in Klamotten, die sonst 14- bis 24-Jährige tragen, macht einfach gute Laune.

„Die größte Hype-Marke ist immer noch Supreme. Aber auch Nike-Sneaker, Yeezys oder Off-White funktionieren gut“, erzählt Enkel Jannik Diefenbach. Der 22-Jährige macht immer noch alle Fotos und studiert eigentlich Wirtschaftsrecht. Der Instagram-Account ist auch nach zweieinhalb Jahren immer noch ein Hobby-Projekt. „Ein durchschnittliches Outfit kann auch mal über 1.000 Euro wert sein“, sagt er. Allerdings zahle er selbst nie so viel für die Klamotten. Oft würden Kooperationspartner einzelne Teile stellen oder er tauscht mit Freunden Kleidung. „Mein Opa trägt viele Klamotten aber auch in der Freizeit weiter“, sagt Diefenbach.

Follower-Explosion durch US-Magazin

Das erste Foto noch vom Hof an Weihnachten sorgt, wie Jannik Diefenbach es erzählt, für viel positive Resonanz, aber noch nicht für unzählige Follower. „Das dritte Outfit hat dann das Ganze losgetreten. Eine US-Instagram-Seite, die Fotos von begehrten Adidas-Sneakern zeigt, hat unser Bild repostet. Über Nacht sind aus 400 über 1.000 Follower geworden“, erzählt er. „Die erste Follower-Explosion gab es nach einem Artikel im Complex Mag in den USA. Innerhalb von zwei Tagen haben wir 14.000 Follower dazu gewonnen.“ Der Complex-Beitrag inklusive Video erscheint schon zwei Monate nach den ersten Posts mit seinem Hype-Opa.

Like-Entwicklung jaadiee

Die Like-Entwicklung des Instagram-Kanals von Jannik Diefenbach seit Mai 2019 (Quelle: Ninjalitics)

Besonders in den USA gibt es in der Folge viele Berichte über das Enkel-Opa-Gespann. Auch deutsche Medien wie Bild, FAZ, ZDF oder Süddeutsche schreiben über die beiden. Das größte Wachstum brächten aber immer die internationalen Beiträge: „Nur acht Prozent unserer Follower kommen aus Deutschland, ein Viertel aus den USA. Das finde ich fast ein bisschen schade“, sagt Diefenbach. Der Rest der Abonnenten komme aus der ganzen Welt. Dabei scheint es egal zu sein, wo die Follower wohnen. Sie liken und kommentieren auf dem Instagram-Kanal von Jannik Diefenbach extrem aktiv. Laut dem Analyse-Tool Ninjalitics liegt die Engagement Rate (Verhältnis zwischen Likes/Kommentaren zu Followern) bei über 13,6 Prozent. Viele Influencer freuen sich heute über fünf Prozent.

Knallige Farben und teure Outfits sorgen für Likes

Allein in den vergangenen 30 Tagen hat der Account fast 70.000 Follower zugelegt, erfolgreiche Posts bekommen zum Teil über 90.000 Likes. „Oftmals hat es mit Glück zu tun, dass ein Bild mal mehr Likes bekommt als andere. Es ist aber schon so, dass knallige Farben, ungewöhnliche Outfits und teurere Marken immer gut ankommen“, sagt Diefenbach. Er poste neben Bildern im Feed auch immer wieder Stories und wolle auch wieder aktiver auf Youtube agieren. Seinen Youtube-Account bespielt Diefenbach seit drei Monaten aktiv. Dort folgen ihm aktuell knapp 14.000 Nutzer. Andere Plattformen wie Snapchat oder Facebook seien für ihn nicht interessant.

Ein Kniff, mit dem Jannik Diefenbach immer wieder viel Aufmerksamkeit und Likes abgreift, sind Posts mit prominenten Vorbildern für Alojz‘ Styles. So stellt er ein Bild seines Großvater neben das von Rappern wie Kanye West, Asap Rocky, 21 Savage oder auch mal Justin Bieber. Natürlich werden die Künstler mit ihren Millionen Fans jeweils vertaggt. Die Posts bringen aber eben nicht nur Likes. Laut Diefenbach hat Asap Rocky selbst schonmal unter einem Bild von sich und Opa Alojz einen Kommentar hinterlassen. Und der aus Puerto Rico stammende Sänger Bad Bunny hatte auf seinem Account (19 Millionen Fans) im vergangenen Jahr ein Foto von Diefenbach repostet. Das zwar ohne Quelle, trotzdem bekommt Opa Alojz dort über 850.000 Likes und nochmal mehr Aufmerksamkeit.

Nicht nur Fashion-Brands wollen Alojz

Die große Reichweite und internationale Aufmerksamkeit um den Hype-Opa führt dazu, dass kleine und große Brands mit ihm und seinem Enkel zusammen arbeiten wollen. „Mein Opa ist ein Influencer – ob er will oder nicht. Und ihm ist mittlerweile auch bewusst, dass er Leute zumindest ein bisschen beeinflussen kann“, sagt Jannik Diefenbach. „Mittlerweile schreiben mich verschiedenste Firmen an. Bei Partnern wie StockX ist das Sponsoring super authentisch und wir bekommen dann zum Teil einfach Produkte gestellt. Netflix musste auf jeden Fall tiefer in die Tasche greifen.“ Für Netflix haben die beiden an einer Kampagne für die Serie „Sex Education“ mitgewirkt. Weitere Werbepartner sind etwa Coca-Cola, Mastercard, Seat oder Foot Locker.

Seit anderthalb Jahren arbeite Diefenbach mit solchen Sponsoren zusammen. Zu Beginn ging es ausschließlich um Produkte, die gestellt wurden. Heute gäbe es oft auch eine Gage für Posts. „Viele sagen, Influencer Marketing sei tot. Es ist aber nicht tot. Es gibt nur zu viele, die es aus den falschen Gründen machen“, sagt er. „Klar ist es ein Vorteil, aus dem typischen Influencer-Brei herauszustechen. Aber wir tragen die Klamotten nicht nur, weil sie teuer sind, sondern weil sie uns gefallen.“ Seitdem Sponsoren an Bord sind, habe das Duo durch unterschiedlichste Deals gutes Geld verdient. Genaue Zahlen will Diefenbach nicht nennen, er arbeite aber daran, bald die Schallmauer eines sechsstelligen Gesamtumsatzes zu durchbrechen. Kein schlechter Nebenverdienst zumindest. Diefenbach könne sich deshalb auch vorstellen, nach dem Studium nicht in einen festen Job zu wechseln, sondern weiter im Social-Media-Umfeld zu arbeiten.

In Zukunft will das Opa-Enkel-Team Alojz noch stärker als Model aufbauen und ihn so in Kampagnen verschiedener Unternehmen platzieren. Solange er aber Spaß daran habe, Hype-Klamotten anzuziehen, werde der Instagram-Kanal weitergeführt. Ab und an ist übrigens auch die Oma auf ein paar Bildern mit drauf – stilecht im Hypebeast-Style. Sie wolle ihrem Mann aber das Rampenlicht überlassen. Nur zu besonderen Anlässen wie am Hochzeitstag ist mal ein gemeinsames Shooting drin.

Vielen Dank an Teresa Bauer für den Tipp!

Influencer MarketingInstagram
MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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