I bims, 1 geschützte Marke – Wie findige Geschäftemacher mit der „Vong-Sprache“ Geld machen

T-Shirts, Tassen, Trademarks: Der Kampf ums Merchandising

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„I bims, 1 cooler Dude vong Niceigkeit her“ – in den vergangenen zwei Jahren haben Sprachkonstrukte wie diese eine immer größere Verbreitung gefunden. Bauernschlaue Geschäftemacher versuchen deswegen mit Merchandise rund um die so genannte „Vong-Sprache“ über das Internet Geld zu verdienen – und kämpfen dabei sogar mit Markeneintragungen gegen Mitbewerber. OMR hat einen Blick hinter die Kulissen des Geschäfts geworfen.

Sebastian Zawrel alias „Willy Nachdenklich“ (Quelle: „Nachdenkliche Sprüche mit Bilder„)

„Ich habe mich schon ziemlich geärgert“, so Sebastian Zawrel gegenüber OMR. „Das sind Unternehmen, die da wie die Geier ankommen, was Kreatives von anderen Menschen aufgreifen und meinen, damit gut Kohle verdienen zu können“. Was war geschehen? Gemeinsam mit einem Geschäftspartner bietet Zawrel Tassen mit Aufdrucken in „Vong-Sprache“ auf Amazons Marktplatz an. Vor wenigen Tagen erhielten beide nun mehrere Mails von Amazon: Der Marktplatzbetreiber habe die Artikelseiten offline genommen habe, weil die Tassen gegen Markenschutzrechte verstießen.

Agentur sichert sich Markenrechte an „I bims“ und „vong“

Seit dem 9. Oktober besitzt die Agentur SchrittMedia aus dem westfälischen Lünen die Markenrechte an „I bims“ (hier der Markenrechtseintrag) sowie an „vong“ (Markeneintrag). Beide Markenrechte betreffen die „Nizzaklassen“ 25 (u.a. Bekleidungsstücke), 18 (u.a. Gepäckstücke) und 21 (u.a. Trinkgefäße). SchrittMedia verkauft unter der Marke Juniwords auf Amazon mehr als 2.000 Artikel, darunter auch Tassen mit Aufschriften wie „Halo I bims 1 Lauch“ und „Halo i bims 1 Fux vong Verstand her“ (beide jeweils zum Preis von 13,49 Euro). Anzunehmen ist, dass die Artikel erst produziert (bedruckt) werden, so bald sie bestellt werden. Offenbar haben die Agenturbetreiber nun den Dienstleister Netnames dazu beauftragt, ihr Markenrecht auf Amazon geltend zu machen und Mitbewerber den Verkauf ähnlicher Produkte zu verbieten. Eine Anfrage von OMR an die Agentur blieb bislang unbeantwortet.

Sebastian Zawrel ärgert sich über den Vorgang nicht nur, weil er seine „I bims“- und „Vong“-Tassen nicht mehr verkaufen darf. Viele Menschen dürften ihn gar nicht unter seinem echten Namen kennen, sondern als „Willy Nachdenklich“. Unter diesem Namen betreibt er die Facebook-Seite „Nachdenkliche Sprüche mit Bilder“ (aktuell rund 360.000 Fans). Seit Ende 2015 veröffentlicht er dort regelmäßig Verballhornungen von Sinnsprüchen – in „Vongisch“. Er hat damit entscheidend zur Entstehung des Phänomens beigetragen – und wird nun von Trittbrettfahrern darin behindert, davon zu profitieren.

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Heute wurden die eher umpraktischen Treppen durch Brise Püramide und andere dekoratiefe kleine Duftspemder ersetzt…

Posted by Nachdenkliche Sprüche mit Bilder on Tuesday, 12 July 2016

„Vong“ kommt im Mainstream an

Bei seinen Formulierungen und Schreibweisen lässt er sich vom österreichischen Rapper Money Boy inspirieren. „Money Boy war der erste, der die 1 als Zahl und ‚I bims‘ geschrieben hat“, so Zawrel. „Ich fand das einfach lustig.“ Die Etablierung der Wendung „von (Subjekt) her“ beansprucht der Betreiber des Twitter-Accounts „Paul Rippé“ für sich, der den Starfotografen Paul Ripke parodiert. Zawrel sagt, der Account sei ihm nicht bekannt gewesen.

Money Boy, dessen bürgerlicher Name Sebastian Meisinger lautet, sieht sich im Gespräch mit OMR ebenfalls als Urheber von Schreibweisen wie „I bims“ und „1“: „Das ist ja auf Twitter dokumentiert, dass ich der erste war, der das öffentlich so gemacht hat.“ Er plane derzeit nicht, gegen die Markeneintragungen rechtlich vorgehen. „Wenn ich das Thema selbst hätte vermarkten wollen, dann würde ich etwas unternehmen. Aber der Hype um das Thema ist sowieso vorbei; für mich wäre das jetzt zu spät und corny.“ Unabhängig davon empfindet er das Vorgehen von SchrittMedia als schlechten Stil: „Ich hätte es korrekt empfunden, wenn man mich vorher kontaktiert hätte.“ Das Unternehmen soll sogar auf einen Kontaktversuch seinerseits nicht reagiert haben.

Money Boy wünscht sich mehr Beteiligung

Es ist nicht das erste Mal, dass Money Boy sich durch die Marketingbranche schlecht behandelt fühlt. Vor einem Jahr hatte Vodafone einen Hip-Hop-Track veröffentlicht (der mittlerweile offenbar offline ist), dessen Beat durch Money Boy bekannt geworden sei, wie Vice schreibt. Die „Vong-Sprache“ haben in diesem Jahr auch Vodafone und die Sparkasse in Rahmen von Marketing-Maßnahmen aufgegriffen. „Ich würde mir wünschen, dass Werbeaagenturen mich bei solchen Sachen involvieren. Ich beeinflusse ja permanent die Medien- und Popkultur, habe selbst Kommunikationswissenschaft studiert und könnte sicherlich helfen, dass die Sachen nicht so uncool werden, wie die, die es bisher gab.“

Sebastian Zawrel alias „Willy Nachdenklich“ hat Money Boys Sprache schon deutlich früher aufgenommen. Im Dezember 2015 startet Zawrel die „Nachdenkliche Sprüche“-Seite, innerhalb weniger Wochen gewinnt sie mehrere Tausend Fans – auch, weil Vice früh über sie berichtet. „Ich hatte gar nicht das Ziel, dass die Seite so groß wird“, so Zawrel gegenüber OMR. Doch offenbar trifft er mit der Seite einen Nerv, generiert mit seiner seiner Reichweite Aufmerksamkeit für das Thema und sorgt so vermutlich mit dafür, dass die „Vong-Sprache“ immer häufiger auch an anderen Stellen zu lesen ist. Auch wenn es damit nicht „den einen“ Urheber der „Vong-Sprache“ gibt: „Willy Nachdenklich“ dürfte mit einer der Hauptverantwortlichen dafür gewesen sein, dass diese so populär geworden ist.

Auch andere Händler sind vom Markenschutz betroffen

Zawrel hat ein Buch geschrieben („1 gutes Buch vong Humor her: 18 Kurzgeschichten“), macht eine Lesetour und verkauft seit einiger Zeit auch Wandkalender und Tassen mit seinen Sprüchen bei Amazon. „Das wirft teilweise schon so viel ab, dass man gut davon leben könnte. Aber wer weiß, wie lange dieser Rummel noch anhält.“ Zawrel ist eigentlich Großhandelskaufmann und will diesen Beruf laut eigener Aussage auch weiterhin ausüben.

Der „Vong“-Trend und das daraus entstehende Umsatzpotenzial haben unterdessen auch bei Geschäftemachern Begehrlichkeiten geweckt. Eine Suche auf Amazon.de nach „i bims“ oder „vong“ führt zu 2.200 bzw. 1.500 Artikeln – von Büchern über Tassen, T-Shirts, Jutebeutel, Bier und Schnaps. Dass dort vertretene Händler Produkte von Mitbewerbern sperren lassen ist der jüngste Auswuchs des Hypes. Zawrel ärgert das: „Ich habe ja gar nichts dagegen, wenn andere versuchen, mit solchen Sachen Geld zu verdienen. Aber wenn sie es mir verbieten wollen, finde ich das schon dreist.“ Er ist nicht der einzige Betroffene: OMR war mit zwei weiteren Händlern in Kontakt, die von der Geltendmachung der Markenrechte SchrittMedias betroffen sind.

Noch mehr Markenregistrierungen

Zawrel und sein Manager Tom Kramer haben den Forderungen nachgegeben. „Die beiden Artikel mit ‚vong’ und ‚I bims’ im Motiv bleiben weiterhin gesperrt. Bei den anderen Artikeln haben wir diese Begriffe aus den Produktbeschreibungen rausgenommen. Nun sind die wieder online“, sagt Kramer. Von den gesperrten Artikel seien eh nicht so viele verkauft worden. „Die starke Marke ist ja nicht ‚vong’ oder ‚i bims’, sondern ‚Nachdenkliche Sprüche mit Bilder’.“ Aktuell spielt Amazon bei der Suche nach „i bims tasse“ nur Artikel der SchrittMedia-Marke Juniwords aus.

SchrittMedia sind nicht die einzigen, die eine Marke auf Begriffe aus der „Vong-Sprache“ registriert haben. Wer die Datenbank des Deutschen Marken- und Patentamts durchforstet, stößt dort beispielsweise auf weitere aktuell laufende Anmeldeverfahren für Markenregistrierungen in den Bereichen Lebensmittel und Schreibwaren. Bereits abgeschlossen sind Markenregistrierungen in den Bereichen alkoholische Getränke und Bekleidungsstücke.

Das große Geschäft mit den T-Shirts

Gerade letzterer Bereich dürfte aus wirtschaftlichen Gründen besonders interessant sein – sind T-Shirts doch der klassische Weg, um mit solchen Phänomenen Geld zu verdienen. Neuere Plattformen wie Teespring und Teezily im Verbund mit Werbung bei Facebook („Wie ein paar Typen Millionen von US-Dollar mit Shirts auf Facebook verdienen“), aber auch Merch by Amazon („Wie dieser Typ 150.000 US-Dollar mit selbst designten Shirts bei Amazon verdient“), eröffnen hier ganz neue Möglichkeiten. Produktion und Logistik übernehmen die Plattformen – findige Geschäftemacher müssen nur Designs hochladen und für Traffic sorgen.

Wer bei Google nach „i bims“ sucht, dem wurde zuletzt häufig ein so genanntes „Featured Snippet“ oberhalb der regulären Suchergebnisse angezeigt. Ein Ausriss aus dem Text einer Website, der das „Vong-Phänomen“ erklärt. Der dazugehörige Link führt zur deutschen T-Shirt-Plattform Spreadshirt. Auf einer eigenen Landingpage werden dem Besucher über sechs Seiten T-Shirts zum Thema angeboten.

Das Ergebnis einer Google-Suche nach „i bims“

Trittbrettfahrer hat mehr Likes als Willy Nachdenklich

Durchaus relevante Umsätze haben mit dem „Vong-Hype“ möglicherweise auch zwei andere Parteien generiert. Die Facebook-Seite „Vong“ ist später gestartet als „Willy Nachdenklich“, verzeichnet mit rund 690.000 Fans aber fast doppelt so viele wie „Nachdenkliche Sprüche mit Bilder“. Die Vermutung liegt nahe, dass „Vong“ von Dallan Sam betrieben wird. Auf diesen Namen ist zumindest die Domain Vong-Generator.de (ein Vong-Text-Generator) registriert, die auf der Facebook-Seite auch verlinkt ist.

Dallan Sam ist offenbar Experte im Betreiben von Facebook-Viralseiten. Er hat gemeinsam mit anderen Autoren das Buch „Was Lehrer nicht dürfen“ veröffentlicht, zu dem es auch eine Facebook-Seite mit 241.000 Fans gibt. Die Vong-Seite monetarisiert ihr Betreiber ebenfalls über T-Shirts, die sowohl auf der Facebook-Seite als auch auf Vong-Generator.de verlinkt sind.

Ex-Y-Titty-Mitglied hat Millionen von Views mit „Vong-Videos“

Ein weiterer, der vom „Vong-Hype“ profitiert hat, ist Phil Laude, ehemaliges Mitglied von Y-Titty, den Stars der ersten deutschen Youtuber-Generation. Heute ist Laude Teil der öffentlich-rechtlichen Initiative „Funk“. Unter seinem eigenen Namen betreibt der Youtube-Pionier mittlerweile eine Facebook-Seite, auf der er mehrere Videos gepostet hat, in denen er die „Vong-Sprache“ aufgreift. Das erste datiert aus dem November 2016.

Roland Eisenbrand
Autor*In
Roland Eisenbrand

Roland ist seit mehr als zehn Jahren als Journalist in der Digitalbranche aktiv. Seit 2014 verantwortet er als Head of Content (und zweiter Mitarbeiter) alle inhaltlichen Komponenten von OMR, darunter vor allem den OMR Blog und redaktionelle Arbeit rund um das OMR Festival.

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