ZDF-Chef Norbert Himmler: 22 Millionen Zuschauer im Eröffnungsspiel gibt es nur bei ZDF und ARD
Der Intendant spricht im OMR Podcast über die aktuellen Herausforderungen der Rundfunkanstalt.
- "Ich stehe sehr hinter der Mission, die wir hier haben"
- Satire macht am meisten Ärger
- Luft nach oben beim Marketing
- "Die Europameisterschaft hat viel mit nationaler Identität zu tun."
Das ZDF ist seit vielen Jahren der beliebteste Fernsehsender der Deutschen. Finanziert wird er in erster Linie durch Rundfunkgebühren. Allein 2023 waren das immerhin 2,5 Milliarden Euro. Trotzdem muss das ZDF sparen. Im OMR Podcast erklärt Intendant Norbert Himmler, wie der Sender den Balanceakt zwischen Sparkurs und Innovation meistern will. Außerdem verrät er, wie man stärker junge Zuschauende erreichen will und warum ihm Satire-Formate wie das von Jan Böhmermann viel Ärger bereiten, diesen aber am Ende auch wert sind.
Wenn Norbert Himmler aus dem Hochhaus am Mainzer Lerchenberg aus dem Fenster guckt, hat er einen tollen Blick übers ZDF-Gelände. Von dort aus sieht er, wo für ihn alles angefangen hat: in der Autowaschanlage. "Da war ich noch Schüler hier in Mainz und brauchte dringend Geld", erinnert er sich. Himmler bewarb sich beim ZDF um einen Ferienjob. "Und dann landete ich hier in der Autowaschanlage und habe dann die Limousinen, die täglich ankamen, von innen und außen geputzt."
"Ich stehe sehr hinter der Mission, die wir hier haben"
Heute, mit 53 Jahren, steht er an der Spitze der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt. Im März 2022 wurde er zum Intendanten gewählt. Seine Karriere hat sich ausschließlich hier abgespielt: Nach der Autowaschanlage folgen Stationen als freier Mitarbeiter, Volontär und Redakteur, er leitet verschiedene Redaktionen und Programmbereiche, bevor er zehn Jahre lang als Programmdirektor tätig ist und schließlich Intendant wird.
Als OMR-Gründer Philipp Westermeyer ihn in Mainz zur Aufnahme trifft, will er von Himmler wissen, ob Privatsender schon mal versucht hätten, ihn abzuwerben. Finanziell hätte sich das wohl gelohnt. Als ZDF-Intendant bekommt Norbert Himmler 372.000 Euro pro Jahr, sein Gehalt ist öffentlich einsehbar. Bei den Privaten verdient die Führungsriege häufig ein Vielfaches. Tatsächlich habe es über die Jahre immer mal Anfragen gegeben und ja, natürlich sei auch die Versuchung des Geldes dann da gewesen, sagt Norbert Himmler: "Wahrscheinlich hätte es mir auch ganz gutgetan, jetzt nicht nur den Lerchenberg zu sehen, sondern auch mal ein anderes Unternehmen von innen kennenzulernen." Zum Schluss entschied er sich aber immer dafür, zu bleiben: "Ich stehe schon sehr hinter der Mission, die wir hier haben."
Satire macht am meisten Ärger
Diese Mission, darunter versteht Himmler die Aufgabe, ein "ZDF für alle" anzubieten: "Ich will ins Bett gehen abends und will sagen: Heute war in meinem Programmangebot für jeden in Deutschland was dabei, bei dem derjenige oder diejenige gesagt hat: Cool, das hat mich weitergebracht, das hat die Gesellschaft vielleicht auch weitergebracht und dafür zahle ich auch." Der "Riesenvorteil" des ZDF und des Systems ÖRR sei dabei die Unabhängigkeit. "Und das muss sich dann auch widerspiegeln in allem, was wir tun. In dem Journalismus, in der Art, wie wir berichten, in auch wirklich hochwertigen Programmen, die wir machen, über alle Gattungen hinweg."
Erklärtes Ziel ist es, mit diesen Programmen vor allem jüngere Zielgruppen zu erreichen. Das Durchschnittsalter der ZDF-Zuschauenden liegt beim Hauptkanal aktuell bei 62 Jahren. Junge Menschen will das ZDF daher auch eher mit einem starken Mediathek-Angebot überzeugen, mit Inhalten auf Youtube oder Tiktok. Oder mit dem Programmangebot des Senders ZDFneo, den Norbert Himmler 2009 selbst gegründet hat. Durch ihn sind einige bekannte Fernsehgesichter groß geworden, erzählt er, so wie Joko und Klaas, die dort damals eine eigene Sendung hatten: NeoParadise. "Und als die beiden dann gelockt wurden durch die Verlockungen des Privatfernsehens, haben wir Jan aufgebaut und weiterentwickelt." Jan, das ist natürlich Jan Böhmermann.
Luft nach oben beim Marketing
Der ist mit seinem ZDF Magazin Royale, das inzwischen längst ins Hauptprogramm umgezogen ist, eine wichtige Größe für den Sender: "Also was sag' ich einem 23-Jährigen, warum er, wenn er seine Ausbildung beendet hat und arbeitet, den Beitrag für ARD und ZDF zahlen soll? Was sind meine Hauptargumente?", fragt Norbert Himmler. Klar, Nachrichtensendungen seien wichtig, Terra X und andere Wissensformate ebenfalls. "Aber wenn ich dann den Namen Jan Böhmermann sage, sagt der: Ach ja, nee, das ist cool." Überhaupt, Satire sei wichtig fürs ZDF, sagt Norbert Himmler, auch wenn sie ihm mit Abstand am meisten Arbeit und Ärger einbringe: "Wer hat ansonsten noch gute Satire im Programm?" Das ZDF sei geprägt durch Formate wie die Heute-Show, durch "Die Anstalt", durch Jan Böhmermann – "und das macht am Schluss auch unser Gesicht aus."
Doch wie bringt man Menschen überhaupt dazu, die App der ZDF-Mediathek herunterzuladen? "Das Marketing-Gen, das ist bei euch nicht so eingeboren", findet Philipp Westermeyer und Norbert Himmler stimmt ihm zu: "Die Erkenntnis ist da, dass wir Zielgruppen nicht bekommen, wenn wir da nicht aktiver werden. Da müssen wir ran", sagt er. Die Zeiten haben sich auch fürs ZDF geändert: "Wir waren viele Jahre verwöhnt, weil die Leute automatisch bei uns waren. Und jetzt müssen wir mühsam unsere Attraktivität beweisen."
"Die Europameisterschaft hat viel mit nationaler Identität zu tun."
Im Podcast haben die beiden natürlich auch über Fußball gesprochen. Darüber, wie das ZDF mit steigenden Kosten für Sportrechte umgeht. Für die laufende Europameisterschaft haben sich ZDF und ARD Rechte von der Telekom sublizenziert. "Das ist für uns schon auch wichtig, weil eine Europameisterschaft, erst recht im eigenen Land, hat viel mit nationaler Identität zu tun." Und die 22 Millionen Zuschauenden, die beim Eröffnungsspiel eingeschaltet haben, die gebe es einfach nur beim ZDF oder der ARD.
Im OMR Podcast sprechen Philipp Westermeyer und Norbert Himmler außerdem darüber, warum Aktivismus und Journalismus nicht zusammenpassen, wie der Intendant über die AfD denkt und warum er gut gemachte Krimis im Fernsehprogramm immer verteidigen würde.
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