Wie sind die Exit-Chancen von heftig.co?
- Wir haben drei VCs um ihre Einschätzung gebeten
- „Notwendige Verzinsung ist nicht zu erreichen“
- „Verlage tun sich schwer mit rechtlichen Grauzonen“
- „Die Macher haben ihren Namen bereits verspielt“
Wir haben drei VCs um ihre Einschätzung gebeten
Nachdem die Macher von heftig.co vor wenigen Wochen quasi einen öffentlichen Pitch in der Wirtschaftswoche platziert haben, suchen sie nun offenbar Investoren oder einen Vermarktungspartner. Gerüchten zufolge berät ein branchenbekannter Manager, zuvor Geschäftsführer mehrerer Adtech- und Online-Marketing-Firmen, die Gründer bei diesem Unterfangen. Wir haben drei namhafte Vertreter der Venture-Capital-Branche gefragt, wie sie das Potenzial von Heftig einschätzen und was sie glauben, welche Summe die Macher mit einem möglichen Verkauf erlösen könnten. Die Meinungen: durchmischt.
„Notwendige Verzinsung ist nicht zu erreichen“
„Ich sehe in heftig.co keinen klassischen Venture-Capital-Case, weil ich nicht glaube, dass mit einem solchen Projekt die für ein VC-Investment notwendige Verzinsung – üblicherweise das Zehnfache – zu erreichen ist“, sagt etwa Thomas Preuss, Managing Partner bei Neuhaus Partners (Liste vergangener und aktueller Beteiligungen hier). „Außerdem ist die Redaktionsarbeit bei einem solchen Projekt sehr abhängig von dem Know-how der Betreiber und deren Fähigkeit, den Zeitgeist zu treffen“, gibt Preuss zu bedenken. „Sind diese Macher nach einem Exit einmal nicht mehr an Bord, kann das Projekt schnell wieder an Bedeutung verlieren.“
Ungeachtet dessen sei heftig.co für ihn derzeit „ein gutes Beispiel für erfolgreiches Internet Publishing unter Einbeziehung moderner Reichweiten-Channels wie zum Beispiel Facebook. Die Macher haben mit wenigen Mitteln eine extrem hohe Reichweite aufgebaut.“Potenzial sehe er deswegen für „Corporates“ – „wie zum Beispiel große Verlage, bei denen oft die Strukturen und Prozesse notwendige Innovationen schwierig gestalten können“, so der VC. „Corporates können Projekte wie Heftig gut als ‚Acqui-Hire’-Deals und Best-Practice-Beispiele insourcen und so von den Gründern lernen.“ Dieses Wissen könnten Corporates dann nutzen, um das Projekt weiter zu entwickeln, andere Projekte zu starten oder bestehende Reichweiten damit zusätzlich zu unterstützen, sagt Preuss. „Möglicherweise könnten die Gründer solcher Projekte im Exit-Fall damit einen niedrigen zweistelligen Millionen-Betrag erreichen. Mit weiterhin starken Wachstum und einer Differenzierung in weitere Verticals wäre vielleicht ein Erlös im mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich erzielbar, aber das halte ich in Europa derzeit für kaum vorstellbar.“
„Verlage tun sich schwer mit rechtlichen Grauzonen“
Dirk Freise ist in Bezug auf mögliche Kooperationen von Heftig oder Übernahmen durch große Medienhäuser skeptisch. „Verlage tun sich schwer mit rechtlichen Grauzonen und mit User Generated Content“, so die Erfahrung des Gründers von Shortcut Ventures. Der Umgang der Heftig-Macher mit Urheberrechten war in den vergangenen Monaten in der Medienbranche viel diskutiert worden. „Bei manchen Verlagen sagen zudem die Journalisten im Haus ‚Nur wir können Content’.“
Auch bei der Vermarktung von heftig.co sieht der Investor Hindernisse. 27 Millionen monatliche Visits auf der Heftig-Website (diese Zahl wurde von den Machern kurzzeitig selbst verbreitet) seien zwar „schon eine ordentliche Reichweite; da kann man sich schon selbst vermarkten“, so Freise. „Es dürfte trotzdem nicht einfach sein, auf den Radar der Mediaplaner zu gelangen. Bei solch einer General-Interest-Seite weiss man erst einmal nichts über die Menschen, die die Seite besuchen – das ist ungünstig für Werbetreibende, die wissen wollen, ob sie ihre Zielgruppe über die Website erreichen. Zudem müssen die Heftig-Macher im General-Interest-Bereich mit großen Namen wie dem Spiegel konkurrieren.“„Die Macher haben ihren Namen bereits verspielt“
Eindeutig negativ über Heftig.co äußerte sich ein führender Mitarbeiter einer M&A-Beratung, die bereits Übernahmen im Verlagsumfeld begleitet hat. „Ich glaube, dass der Platz für ein solches Projekt im deutschen Markt da ist, aber die Heftig-Macher den falschen Weg gewählt und ihren Namen bereits verspielt haben“, so der Manager, der anonym bleiben möchte. „Eine Briefkasten-Adresse in Belize und Diskussionen über Urheberrechtsverletzungen schrecken klassische, seriöse Venture-Firmen ab, weil sie um ihre Reputation fürchten. Aus demselben Grund ist Heftig für mich derzeit auch kein Kandidat für eine Übernahme durch einen Verlag.“
Auch die Vermarktungschancen des Portals schätzt der Corporate-Finance-Experte als niedrig ein: „Wenn Kosten durch gerichtliche Auseinandersetzungen wegen Urheberrechten drohen, kann das auch das Business Model beeinträchtigen. Deswegen gehe ich auch davon aus, dass Heftig keinen Premium-Vermarkter finden wird. Den Traffic bekommt man natürlich trotzdem vermarktet – etwa durch Rich-Media-Formate. Ich glaube jedoch nicht, dass Heftig das TKP-Niveau von Premiumportalen erreichen können wird.“ Er räumt jedoch ein: „Das ist meine Prognose zum aktuellen Zeitpunkt – wenn ein wenig Gras über den Start gewachsen ist und die Gründer es schaffen, ihr Image zu verändern, mag es möglicherweise anders aussehen.“