300.000 Besucher, ein abgerauchter Server und vierstellige Einnahmen in elf Tagen – und das alles nur mit Sonnenfinsternis-Traffic
- Experte Martin Mißfeldt zeigt, wie man im Online Marketing von Großereignissen profitieren kann
- Eine relativ schnell erstellte Infografik zur Sonnenfinsternis als Trafficbringer
- Die Sonnenfinsternis-Infografik schafft es bis in den österreichischen Standard und den Fernsehsender Arte
- 159 Backlinks innerhalb von nur zehn Tagen
Experte Martin Mißfeldt zeigt, wie man im Online Marketing von Großereignissen profitieren kann
Ob neues iPhone, Fußballweltmeisterschaft oder das „Dschungelcamp“ – in jedem Jahr gibt es einige wenige Großereignisse, über die fast jeder spricht, die enorme Aufmerksamkeit auf sich ziehen und so im Internet ein hohes Volumen an Traffic und an Suchanfragen generieren. Kurz vor der Sonnenfinsternis der vergangenen Woche erkennt der selbstständige Online-Marketing-Berater Martin Mißfeldt, dass dieses Ereignis über ein ähnliches Potenzial verfügt. Er erstellt deswegen an nur einem Tag eine Infografik zum Thema sowie eine Seite über Sonnenfinsternis-Schutzbrillen. Was danach geschieht, hätte auch der Experte so nicht erwartet.Letztendlich ist es ein glücklicher Zufall, dass Mißfeldt von der Sonnenfinsternis erfährt: Etwa anderthalb Wochen vor dem Ereignis liest er in einer Zeitung von dem baldigen Naturschauspiel. Sofort ist ihm klar, dass zum unmittelbaren Zeitpunkt um das Ereignis herum viele Menschen versuchen werden, ihr Informationsbedürfnis zur Sonnenfinsternis im Netz zu stillen. Als erfahrener Online-Marketing-Macher, der mit seiner Firma Duplicon Beratung und Projektmanagement anbietet, reizt ihn die Gelegenheit: „Ich wollte dieses Bedürfnis erfüllen und damit viel Traffic bekommen“, sagt Mißfeldt. Was ihm das genau bringen soll, davon hat er zu diesem Zeitpunkt noch keine Vorstellung: „Ich dachte mir, dass schon irgendwas dabei herumkommen wird.“
Eine relativ schnell erstellte Infografik zur Sonnenfinsternis als Trafficbringer
Schnell entsteht der Plan, zweigleisig zu verfahren, um möglichst viel Sonnenfinsternis-Traffic abgreifen zu können. Mißfeldt betreibt ein kleines Netzwerk an Websites zum Thema Sehen und Optik. Auf Brillen-Sehhilfen.de – „meine Zugpferdseite“, sagt Mißfeldt, selbst Brillenträger – richtet er eine neue Unterseite über Schutzbrillen ein, mit denen sich die Sonnenfinsternis gefahrlos betrachten lässt. Außerdem fasst er den Plan, eine Infografik zum Thema zu erstellen. „Meine kurze Recherche hatte ergeben, dass es bislang noch keine vernünftige Infografik zu dem Thema gab“, so der 46-Jährige. Unter der Domain Sternenforscher.de, die er seit Kurzem besitzt, will Mißfeldt eigentlich seit einiger Zeit eine Website zum Thema Teleskope einrichten. Da ihm dazu bislang jedoch die Zeit fehlte, will er dort besagte Grafik bereitstellen. Die beiden Seiten möchte er jeweils miteinander verlinken, so die Besucher von der einen zur anderen Seite schicken und noch einmal zusätzliche Aufrufe generieren.
Er legt sofort los – „das musste dann ja zackig gehen“. Am Montag, dem 9. März, elf Tage vor der Sonnenfinsternis, arbeitet er von morgens bis abends an einer Grafik. Dabei kommt dem 46-Jährigen entgegen, dass er eigentlich Künstler ist und unter Georg Baselitz an der Berliner Universität der Künste studiert hat. Das Ergebnis seiner eintägigen Arbeit stellt er am Dienstagmorgen ins Netz. Die dazugehörige Website hat er so optimiert, dass sie in Googles Bildersuche bei dem Begriff „sonnenfinsternis infografik“ weit oben erscheinen soll. „Alleine auf ‚sonnenfinsternis’ zu optimieren hätte keinen Sinn ergeben; da ist der Wettbewerb so hoch, dass man mit einer neuen, frischen Domain nichts reißen kann“, so Mißfeldt. Ebenfalls am Dienstag stellt er auf Brillen-Sehhilfen.de seine Unterseite zum Thema Schutzbrillen online. Diese optimiert er auf die Begriffe „sonnenfinsternis brille“ und auf angrenzende Keywords. Die für die Unterseite notwendige Recherche habe etwa fünf Stunden in Anspruch genommen, so Mißfeldt. Insgesamt hat der SEO-Experte rund 30 Stunden Aufwand in das Projekt investiert.Die Sonnenfinsternis-Infografik schafft es bis in den österreichischen Standard und den Fernsehsender Arte
Von diesem Zeitpunkt an kann er sich zurücklehnen und in Google Analytics beobachten, wie seine Arbeit Früchte trägt. Die Infografik schießt in der Google Bildersuche schnell auf den ersten Platz – „das ging ganz fix“, so der SEO-Experte. „Da gehört auch Glück dazu; ich hatte auch schon Grafiken, die gefloppt sind.“ Seinen jüngsten Versuch habe er weder gezielt online geseedet (also beispielsweise strategisch in anderen Blogs platziert), noch habe er bei Redaktionen angerufen, um die Grafik zu promoten. „Aber ich weiß ja, wie das ist: Alle, die darüber schreiben, suchen nach Bildmaterial.“ Weil er die Grafik unter Creative-Commons-Lizenz gestellt hat, wissen alle, die darauf stoßen, dass diese risikofrei verwendbar ist. Bald taucht die Grafik auf Websites wie der des österreichischen Standard und des Fernsehsenders Arte auf. So kommt es, dass der Traffic auf Sternenforscher.de Tag für Tag steigt – bis zum Höhepunkt am Tag vor der Sonnenfinsternis. „Am Donnerstag hatte die Seite 15.000 Besucher“, so Mißfeldt. Insgesamt verbucht Sternenforscher.de in den elf Tagen von Dienstag, dem 10. März, bis Freitag, dem 20. März, 43.000 Besucher.
Mit der Schutzbrillen-Unterseite läuft es sogar noch besser: Diese rankt bei Google zum Suchbegriff „sonnenfinsternis brille“ schnell auf Position 2 oder 3, kurzzeitig offenbar sogar auf dem ersten Rang. Mit dazu bei trägt sicherlich auch Mißfeldts jahrelange Aufbauarbeit und die daraus resultierende gute Sichtbarkeit der Hauptseite. Die Folge: Die Seite, die sonst täglich zwischen 5.000 und 7.000 Besucher verzeichnet, wird innerhalb der elf Tage vor der Sonnenfinsternis von insgesamt 250.000 Menschen aufgesucht. 80 Prozent davon hat Google auf die Seite gespült. Höhepunkt ist Mittwoch, der 18. März, mit insgesamt 75.000 Besuchern. Zwar habe er schon in den Jahren zuvor öfters einmal Peaks auf der Seite gehabt, so Mißfeldt. Im Vorfeld der Sonnenfinsternis rufen teilweise aber mehr als 1.000 User gleichzeitig seine Seite auf – eine vierstellige Besucherzahl ist auch für Mißfeldt ein Novum. Bereits am frühen Dienstagnachmittag geht der Server deswegen in die Knie und die Seite ist nicht mehr erreichbar. Sein Hosting-Anbieter Hetzner reagiert jedoch schnell und innerhalb von einer bis zwei Stunden ist die Website wieder online.
Auf seiner Infoseite hat er auch Affiliate-Links zu Schutzbrillen bei Amazon eingeblendet. Bereits am Dienstag sind auf dem Online-Marktplatz alle Brillen ausverkauft. Bis zu diesem Zeitpunkt hat er bereits Verkäufe und Einnahmen im vierstelligen Bereich generiert. Nun rufen Leute bei Mißfeldt an, um zu fragen, ob er noch Brillen vorrätig hat. Er schaltet seinen Anrufbeantworter ein und nimmt den Amazon-Link von der Seite. „Da haben zwar Leute gesagt ‚Du spinnst doch; lass die doch klicken und wenn die später irgendwas anderes kaufen, verdienst du daran’, aber das wollte ich nicht.“ Er sehe seine Projekte „immer ganzheitlich“ und sei nicht auf den schnellen Gewinn aus.159 Backlinks innerhalb von nur zehn Tagen
Auch strategisch gesehen dürften sich seine 30 Stunden Aufwand in jedem Fall gelohnt haben. Die gegenseitige Verlinkung der beiden Maßnahmen hat zu dem Erfolg beigetragen. „Das hat sich gegenseitig befruchtet“, sagt Mißfeldt. Mit seiner bis dato ungenutzten Domain Sternenforscher.de hat er innerhalb von rund zehn Tagen 159 Backlinks aufgebaut – „und da sind richtig starke dabei“. Weil er nach einigen Tagen die URL der Infografik veränderte, hat er die Links zudem verteilt. Mit Blick auf Suchmaschinenoptimierung ist dies noch besser als eine einzelne stark verlinkte URL. „Die Domain hat nun einige sehr starke Links auf die Homepage, aber auch eine Reihe auf die Unterseiten“, schreibt Mißfeldt in einem Rückblick auf die Aktion in seinem SEO-Blog. Nun verfügt er über eine solide Linkbasis und kann mit der Domain später schneller eine größere Sichtbarkeit aufbauen, sollte er mehr aus der Seite machen wollen.
Die Sonnenfinsternis hat Mißfeldt übrigens draußen direkt vor seinem Büro in Panketal in der Nähe von Berlin angeschaut. „Ich hatte mir früh eine Brille gekauft; das Wetter bei uns war sehr gut und ich konnte das wunderbar genießen.“ Einen Punkt hätte er aber vorher doch lieber anders gemacht: „Ich habe mich geärgert, dass ich keine 100er-Packung der Brillen gekauft habe. Viele Mitschüler meiner Kinder hatten keine Brille bekommen und konnten sich das Ganze deswegen nicht anschauen – ich wäre froh gewesen, wenn ich denen eine hätte geben können.“