Formel-1-Teamchef Toto Wolff: "Druck ist meine Komfortzone"

Tanja Karrasch20.12.2023

Im OMR Podcast erzählt der Investor, warum ihm sportlicher Erfolg wichtiger ist als der wirtschaftliche.

Toto Wolff
Mercedes-Teamchef Toto Wolff stellt sich im OMR Podcast den Fragen von Philipp Westermeyer. Foto: Mercedes
Inhalt
  1. Mercedes wollte bei "Drive to survive" eigentlich nicht mitmachen
  2. Stigma beim Thema Mental Health brechen

Toto Wolff entscheidet sich früh gegen die eigene Rennfahrerkarriere, startet als Investor durch und kehrt dann als Unternehmer in den Motorsport zurück. Mit Mercedes hat er in den vergangenen Jahren riesige Formel-1-Erfolge gefeiert – sowohl sportliche als auch wirtschaftliche, denn der 51-Jährige hält 33,3 Prozent am Mercedes AMG Petronas Team. In der aktuellen Saison hat es Mercedes aber erneut nicht aus der Krise geschafft. Warum ihn das besonders anspornt, hat er Philipp Westermeyer im OMR Podcast verraten.

Rückblickend hat sein Manager damals voll ins Schwarze getroffen. Er könne Profi-Rennfahrer werden und damit sein Geld verdienen. Aber viel besser sei er im Unternehmertum und als Manager. Das war sein Rat, bevor er Wolff prophezeit: "Du kommst eines Tages zurück und machst Formel 1, aber als Unternehmer." Auch Toto Wolff selbst fällt die Entscheidung damals nicht schwer. Um auf Top-Level erfolgreich zu sein, so realistisch schätzt er sich damals ein, reichen Talent und finanzielle Mittel nicht aus. Und "nur mitzufahren" ist für ihn keine Option.

Stattdessen hat er es heute als Investor aufs Top-Level geschafft: Nach Angaben des Wirtschaftsmagazins Forbes hat Toto Wolff mit seinem Privatvermögen die Milliardengrenze geknackt. Seine Investments regelt inzwischen ein Geschäftspartner für ihn, denn seine Rolle als Teamchef beim Formel-1-Team von Mercedes ist zeitintensiv: Mehr als 500 Stunden verbringt er pro Jahr im Flugzeug, mehr als 200 Nächte im Hotel. Als Team-Principal und CEO ist er bei jedem Rennen dabei, spätestens seit dem Netflix-Erfolg "Drive to survive" steht Toto Wolff für die breite Masse für das Mercedes-Team wie kaum ein anderer.

Mercedes wollte bei "Drive to survive" eigentlich nicht mitmachen

Die internationale Serie hat einen Formel-1-Boom ausgelöst, der die Beliebtheit des Sports unter anderem in den USA in die Höhe schießen ließ. Mercedes hätte beinahe nicht mitgemacht. Die ersten Folgen habe er als peinlich empfunden, erinnert sich Toto Wolff. Doch der Anruf einer Freundin, die ihn nach Karten für den Österreich Grand Prix für ihre Söhne fragt, macht ihn stutzig. "Die waren 18 oder 19 Jahre alt, ziemlich coole Jungs. Da hab ich gesagt: Die interessiert das Thema Formel 1?" Die begeisterte Zustimmung überrascht ihn: "Und da habe ich mir gedacht, vielleicht ist meine Einschätzung falsch. Und die war dann eindeutig falsch."

Wie lange er sich noch in seiner aktuellen Rolle sieht, hält Toto Wolff offen: "Vielleicht wird es in einigen Jahren so sein, dass ich nicht mehr alle 24 Rennen machen möchte", sagt er im Podcast. "Key Accounting und Racing macht mir Spaß. Aber wer weiß, in zehn, 15 oder 20 Jahren vielleicht nicht mehr. Und dann habe ich eine weniger aktive Rolle im Unternehmen."

Stigma beim Thema Mental Health brechen

Man könnte davon ausgehen, dass der Spaßfaktor zuletzt schon niedriger ausfiel. Nach Jahren, in denen Toto Wolff mit dem Team Konstrukteurs-Titel und WM-Siege am laufenden Band nach Hause geholt hat, ist Mercedes in der Krise. Aber den Teamchef spornt das nach eigener Aussage eher an: "Meine Komfortzone ist Druck", sagt er. "Zeiten wie diese, wo es darum geht, zu kämpfen, ein Unternehmen weiterzuentwickeln, Visionen zu haben, den Hunger, um wieder erfolgreich zu sein – das ist der Bereich, wo ich mich am wohlsten fühle", sagt er.

In Zeiten wie 2020 hingegen, als das Team sechs oder sieben Titel hintereinander gewonnen habe, sei es zu einfach geworden. Zusätzlich machte ihm der Stillstand während der Pandemie mental zu schaffen. "Dann kommt Covid und plötzlich sitzt du da auf dem Trockenen und es passiert nichts. Es gibt den Stress nicht und das war schwierig für mich", sagt Toto Wolff. Der 51-Jährige geht offen damit um, dass er für seine mentale Gesundheit schon viel investiert hat. Mehr als 500 Therapiestunden habe er absolviert und im Gespräch mit Philipp Westermeyer erzählt er, welche schwierigen Umstände aus seiner Kindheit und Jugend er so aufgearbeitet habe. Das Thema Mental Health aus der Tabuzone zu holen, ist Toto Wolff ein wichtiges Anliegen: "Mit einer gebrochenen Hand gehst du zum Doktor ins Krankenhaus. Mit einer Depression oder Angststörung ist es nach wie vor ein Stigma. Und ich versuche, dieses Stigma zu brechen."

Im OMR Podcast hat der Mercedes-Teamchef außerdem erzählt, welche Learnings er als 18-jähriger Kerzenverkäufer für seine Karriere mitgenommen hat, warum die Formel 1 aus seiner Sicht das "schnellste Labor der Welt" im Hinblick auf nachhaltige Technologien oder Brennstoffe ist und was er mit seinem Vermögen vorhat.

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Tanja Karrasch
Autor*In
Tanja Karrasch

Tanja Karrasch ist Redakteurin bei OMR. Sie hat bei der Tageszeitung Rheinische Post volontiert und anschließend als Redakteurin gearbeitet. Vor ihrem Wechsel zu OMR arbeitete sie für die TV-Produktionsfirma Bavaria Entertainment und war als Redaktionsleiterin für zwei ZDF-Shows zuständig.

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