Das Manhattan der virtuellen Welt: So will The Sandbox zum führenden Kryptogame werden

Florian Heide3.12.2021

Snoop Dogg, Atari, The Walking Dead und über 160 weitere Partner sind schon dabei

Screenshot: The Sandbox Alpha/Florian Heide
Das Metaversum von The Sandbox bietet Platz für Partner wie Atari, Snoop Dogg oder The Walking Dead. Screenshot: The Sandbox Alpha/Florian Heide
Inhalt
  1. Mobile Game Hits als Vorläufer
  2. Mit Trommelwirbel und Fanfaren
  3. Virtuelle Immobilienpreise to the Moon
  4. Play2Earn als Erfolgsmodell
  5. Snoop Dogg, die Schlümpfe und Adidas sind am Start
  6. Kommt bald das Glücksbärchiversum?
  7. Droht The Sandbox das Infinity-Problem?

Nein, bei The Sandbox handelt es sich nicht um ein hippes dänisches Startup, das Sandkästen in fancy Designs herstellt. The Sandbox ist ein virtuelles Blockchain-Spiel und obwohl es erst am vergangenen Montag launchte, scheint jetzt schon klar: Es hat das Potenzial Milliarden umzusetzen – und Spieler:innen und Investoren reich zu machen. OMR erklärt, wie das gehen soll.

Die Überschrift klingt unscheinbar: „Introducing the Sandbox Alpha“ prangt über einem Medium-Artikel vom 16. November 2021. Autor: The Sandbox. Nachdem die Spielemacher den Launch der Blockchain-Version ihres gleichnamigen Mobile-Game-Hits auf Medium ankündigen, überschlagen sich die Zahlen im Netz: Die dazugehörige Kryptowährung SAND steigt in den Folgetagen um über 500 Prozent, kurz darauf kauft ein anonymer Spieler eine virtuelle Yacht für 650.000 Dollar. Und letzte Woche dann der Paukenschlag von Spielehersteller Atari: Der verkauft sein Sandbox-Grundstück an eine Immobilienfirma aus den USA – für 4,3 Millionen Dollar. Das ist der bisher höchste Preis, der je für ein Stück virtuelles Land bezahlt wurde. Aber woher kommen die schwindelerregend hohen Zahlen, wo das Spiel doch gerade erst seit vergangenen Montag live ist?

Mobile Game Hits als Vorläufer

Die erste Version des Sandbox-Spiels erscheint schon 2012. Es handelt sich um eine 3D-Welt im Voxelstil, ähnlich der von Mincecraft, die Spieler:innen selbst gestalten konnten. Der Nachfolger „Sandbox Evolution“ erscheint 2016. Beide Spiele entwickln sich zum Kassenschlager: Laut Aussage der Entwickler werden sie bis 2020 über 40 Millionen Mal heruntergeladen.

Im selben Jahr übernimmt die chinesische Spieleentwicklerfirma Animoca Brands die Sandbox-Entwicklerfirma Pixowl mit dem Ziel, das Spiel um die Blockchain-Technologie zu ergänzen. Vier Jahre lang arbeiten sie an dem Projekt, schaffen die eigene Währung SAND, und verkaufen Land in Form von NFTs. Im Juni 2020 erreichen sie mit allen Landverkäufen die 1-Million-Dollar-Marke.

Vor rund zwei Wochen kündigt Animoca dann den Launch einer dreiwöchigen Testphase für „The Sandbox Alpha“ offiziell an, datiert auf den 29. November um 14 Uhr. Seit vergangenen Montag können Besitzer eines „Alpha-Tickets“ für rund drei Wochen 18 unterschiedliche Sandbox-Level erkunden, bis das Spiel wieder geschlossen wird und im nächsten Jahr dann für die Allgemeinheit startet. Wer kein „Alpha Ticket“ hat, dem bleiben immerhin drei Level.

Mit Trommelwirbel und Fanfaren

Natürlich bleibt es nicht bei der bloßen Ankündigung. Die Entwicklerfirma forciert den Launch mit einer ausgeklüngelten Verknappungs- und Social-Media-Taktik. Wer ein „Alpha Ticket“ ergattern wollte, musste Sandbox-Landbesitzer sein, denn unter denen werden 1.000 Tickets verlost.

Wer kein Land besitzt, kann an einem der täglich stattfindenden Social-Media-Wettbewerbe teilnehmen: Auf Twitter und Discord verlosen sie täglich 750 Alpha-Pässe. Alle, denen der Zugang zu dem Exklusiv-Event weiterhin verwehrt bleibt, können die Tickets den glücklicheren Usern auf der NFT-Handelsplattform Opensea abkaufen. Der Preis für ein Stück Land steigt schon kurz nach der Ankündigung von The Sandbox Alpha auf über 10.000 Dollar.

Virtuelle Immobilienpreise to the Moon

Seitdem überschlagen sich die Preise für The Sandbox-Grundstücke immer mehr. Rund 12.000 Landeigentümer gibt es aktuell, die Hälfte aller Parzellen wechselt für einen Preis zwischen 10.000 und 15.000 Dollar die Besitzer:in. Für manche begehrte Grundstücke legen Anleger:innen auch bis zu 195.000 Dollar hin. Angeführt wird die Liste der teuersten Verkäufe allerdings von Spieleentwickler Atari, der sein Land für insgesamt 4,3 Millionen US-Dollar an die auf virtuelle Immobilien spezialisierte Firma Republic Realm verkauft. Allein letzte Woche macht The Sandbox mit seinen NFT-Geschäften so einen Umsatz von über 86 Millionen Dollar.

Opensea The Sandbox Land zum Verkauf

Für dieses orange markierte Stückchen Land bietet ein potenzieller Käufer über 11.000 Dollar auf Opensea.

Wie wichtig das Land und die virtuellen Immobilien sind, die künftig darauf stehen werden, unterstreicht auch The Sandbox-Mitgründer und -COO Sébastien Borget in einem Interview gegenüber dem Crypto Valley Journal. Er bezeichnet das Spiel als „das führende virtuelle Immobilienunternehmen“ und die Verknappung der Welt auf 166.464 Parzellen mache „die Sandbox zu einem virtuellen Manhattan, wenn es um die Bewertung von Immobilien geht“.

Play2Earn als Erfolgsmodell

Aber weshalb sind ausgerechnet die Immobilien von The Sandbox so begehrt? Immerhin ist es nur eines von vielen Blockchain-Spielen und weitaus kleiner als etwa Konkurrenzgame Axie Infinity. Das gilt als das meistgespielte Blockchain-Game der Welt, die Marktkapitalisierung beläuft sich aktuell auf über sieben Milliarden Euro. Charakteristisch für sogenannte Play2Earn-Games wie Axie Infinity und auch The Sandbox ist, dass Spieler:innern ihre Tätigkeiten und Güter in dem Spiel auf unterschiedliche Arten monetarisieren können. Wer beispielsweise einen Teil seines Landes verkauft, wird vom Kaufenden in SAND entlohnt, dem nativen Token der Plattform.

SAND ist eine auf Ethereum basiendere Kryptowährung, sie kann auf dem Marktplatz von The Sandbox wie Geld eingesetzt oder gegen Ethereum eingetauscht werden. Dadurch entsteht für Spielende die Möglichkeit, echtes Geld zu verdienen. Der Anreiz mit dem Spielen zu beginnen, ist für viele hoch – insbesondere wenn sich daraus bessere Verdienstmöglichkeiten ergeben als in einem Job in der physischen Welt (hier der OMR-Artikel zu dem Thema). Aktuell spielen rund 850.000 Menschen monatlich aktiv Axie Infinity, im August knackte das Spiel die Marke von über eine Milliarde Dollar Handelsvolumen. Auf ähnliche Benchmarks hoffen auch die Anleger:innen von The Sandbox Alpha.

Snoop Dogg, die Schlümpfe und Adidas sind am Start

Was The Sandbox abgesehen vom Play2Earn-Modell für Investor:innen so attraktiv macht, sind vor allem die vielversprechenden Partnerschaften, die Entwicklerfirma Animoca eingegangen ist. Zu den über 165 Partner:innen zählen Künstler wie Star-DJ deadmau5 oder Rapper Snoop Doog, es gibt Kollaborationen mit Fiction-Formaten wie The Walking Dead, den Schlümpfen oder den Glücksbärchis und Ländereien, die im Besitz der weltweit erfolgreichsten NFT-Projekte wie CryptoKitties und Bored Ape Yacht Club sind. Die Partner:innen planen voxelisierte Versionen ihrer Welt im The Sandbox Metaverse zu erstellen und so eine neue Zielgruppe für sich erschließen zu können.

Schlümpfe im Sandbox-Metaversum

Auch Schlümpfen begegnet man im The Sandbox Metaversum. Screenshot: The Sandbox Alpha/Florian Heide

Jüngst verkündete auch Sportartikelhersteller Adidas, dass er mit The Sandbox eine Kooperation eingeht. Dafür hat sich das Unternehmen 144 Parzellen in The Sandbox gekauft, zu einem Preis von rund 1,7 Millionen Dollar. Der Konzern, der gerade großen Schrittes ins Metaverse eintritt, will dort ein „Adiverse“ entstehen lassen. Die entsprechenden Kontakte dürfte die Entwicklerfirma Animoca Brands durch ihre zahlreichen Beteiligungen an Spieleentwicklern und Blockchain-Unternehmen haben, unter anderem an der Entwicklerfirma des Konkurrenzspiels Axie Infinity, Sky Mavis, den Cryptokitties-Machern DapperLab und der größten NFT-Handelsplattform Opensea.

Kommt bald das Glücksbärchiversum?

Die Macher von The Sandbox haben sich vorgenommen, den Spielenden sowohl einfaches Spielen als auch anspruchsvolle Erlebnisse zu bieten. Wer will, kann die Rolle von Famer:innen oder Architekt:innen einnehmen, daneben sollen Themenparks wie beispielsweise das Adiverse Spielende dazu animieren, sich mit den Marken auseinanderzusetzen. Auch soll es virtuelle Konzerte oder Rollenspiel-Welten geben. SAND soll in Zukunft nicht nur Währung sein, sondern auch der Governance-Token, der den Besitzenden Mitspracherecht in der künftigen Entwicklung der Plattform einräumt.

Rückendeckung erhalten die Spielemacher von ihren Investoren. In einer Series-B-Finanzierungsrunde sicherte sich Animoca Brands kürzlich 93 Millionen Dollar. Angeführt wurde die Runde vom Softbank Vision Fund 2, einem Fonds unter Regie des reichsten Japaners und umstrittenen Investoren Masayoshi Son.

Droht The Sandbox das Infinity-Problem?

An letzterem gibt es rege Kritik. Son ist zuletzt mit hohen Investitionen in Unternehmen aufgefallen, die danach schnell tief fallen. Jüngstes Beispiel: Der geplatzte Börsengang von Wework. Aber nicht nur damit könnte The Sandbox Schwierigkeiten bekommen: An Erfolgskonkurrent Axie Infinity häuft sich in jüngster Zeit die Kritik, weil Spielende in Schwellenländern ihre Jobs dafür aufgaben und trotz 20-Stunden-Zockerschichten unter dem Mindestlohn verdienen.

Außerdem führe sinkendes Nutzerwachstum zu einem Wertverlust des Tokens, der für manche eine Überlebensform darstellt. Und das alles, während Funding-Investoren – also auch Animoca Brands durch ihre Beteiligung an Sky Mavis – von dem florierenden Geschäft und der Milliarden-Bewertung finanziell profitieren. Auch The Sandbox lädt derzeit Glücksritter ein. Aktuell beläuft sich der Wert eines SAND auf rund sechs Euro, Anfang November lag der Wert noch bei rund zwei Euro. Sollte The Sandbox daran nichts ändern, drohen auch ihm ähnliche Schlagzeilen. Co-Gründer Sébastien Borget ist dennoch optimistisch gestimmt: Für das Jahr 2022 sagt er voraus, dass „die Play2Earn-Wirtschaft bald richtig auf Hochtouren läuft„. Aktuell stünden sie noch am Anfang.

BlockchainKryptoMetaverseNFT
Florian Heide
Autor*In
Florian Heide

Florian arbeitet seit fast zehn Jahren als Print-Journalist. Angefangen beim Lokalblatt, später als Praktikant und Freelancer für DIE ZEIT und GEO. Seit 2020 ist er Redakteur bei OMR, wo er über Startups, Viraltrends, den Wandel von Social Media Plattformen und neue Technologien berichtet. Er hat nie Bargeld dabei und verbringt die Wochenenden am liebsten weit weg von Technologie in der Natur.

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