Diese Sneaker-Fans bauen ein Affiliate-Business für das Hype-Thema

Martin Gardt5.1.2018

Wie Everysize nach einem DHDL-Auftritt die Nutzerzahl verdoppelt hat und sechsstellige Jahresumsätze macht

Everysize-Gründer
Die Everysize-Gründer Eugen Falkenstein, Denis Falkenstein und Pascal Prehn (v.l)
Inhalt
  1. „Die Höhle der Löwen“ als erster Wachstumshebel
  2. CPC statt CPO: Das Affiliate-Modell von Everysize
  3. Eigene Community für erfolgreiches Business
  4. Plattform-Marketing und Publishing-Netzwerk

Sneaker sind immer noch das Trendthema in der Fashion-Welt – kein Wunder, dass sich eine ganze digitale Ökonomie um den Hype gebildet hat. Da will auch das Heilbronner Startup Everysize mitspielen, mit dessen Suchmaschine Sneaker-Heads das von ihnen gesuchte Modell in der richtigen Größe finden sollen. Die Monetarisierung erfolgt über ein Affiliate-Modell. Gegenüber OMR haben die Gründer erklärt, wie sie so eine halbe Million Euro Jahresumsatz erwirtschaften.

“Ich kannte das aus eigener Nutzererfahrung: Es war einfach schwierig, einen Gesamtüberblick über aktuell verfügbare Sneaker in den jeweiligen Größen zu bekommen. Das wollen wir ändern“, sagt Everysize Co-Gründer Denis Falkenstein zu OMR. Zusammen mit seinem Bruder Eugen und dem Ex-Macher der deutschen Ausgabe des Schuh-Magazins Sneaker Freaker Pascal Prehn hat er das Unternehmen gegründet. 

Die Idee: Die Sneaker-Suchmaschine scannt die verfügbaren Sneaker und deren Größen auf 50 Partner-Shops (derzeit 23.000 Modelle von 100 Herstellern) und zeigt sie zentral an. Jeder Nutzer kann nach dem gewünschten Modell in genau seiner Größe suchen. Klickt er auf den Link zu einem der Partner-Shops, bekommt Everysize eine CPC-Provision von 50 Cent. So hat das Unternehmen 2017 nach eigenen Angaben seinen Zielumsatz von 500.000 Euro erreicht.

„Die Höhle der Löwen“ als erster Wachstumshebel

Den ersten großen Schub in Sachen Reichweite gab es für das Sneaker-Affiliate durch die Startup-Show „Die Höhle der Löwen“. „Das Produktionsteam von DHDL fand unser Produkt sehr schnell gut, weil Sneaker mittlerweile ein Thema für Jedermann sind und das Team wohl immer auf der Suche nach Digital-Themen ist”, sagt Falkenstein. Der Auftritt bringt dann zwar kein Investment und viel Kritik von Sneaker-Fan Frank Thelen, der die Zahlen zur Customer Lifetime Value (25 Cent für jeden akquirierten Nutzer an Ausgaben, 50 Cent Einnahmen für jeden Klick des Nutzers) anzweifelt. Gleichzeitig explodiert der Traffic. „Wir haben schon geahnt, dass der Traffic nach der Ausstrahlung hochschießen wird. Everysize ist kostenlos nutzbar, es ist kein Download nötig und das Sneaker-Thema zieht gerade einfach”, so Falkenstein.

Everysize DHDL

Die Everysize-Gründer bei „Die Höhle der Löwen“

Am Abend der Ausstrahlung Anfang Oktober 2017 sind laut Falkenstein 120.000 Nutzer gleichzeitig auf der Seite – über den Abend verteilt besuchen 250.000 Nutzer Everysize. Bis heute sei das der Traffic-Rekord für DHDL-Startups. Die eigene Seite hält dem Ansturm stand, die Partner sind offenbar weniger gut vorbereitet: „Der Traffic war am Abend der TV-Ausstrahlung teilweise so krass, dass einzelne Partner-Shops offline gegangen sind”, sagt der Everysize-Gründer. Einige Online-Stores wie Asphaltgold hätten das Achtfache an Besuchern im Vergleich zu normalen Tagen verzeichnet. Zusätzlich habe die TV-Aufmerksamkeit 3.000 neue Facebook-Fans und 800 Newsletter-Anmeldungen gebracht. Insgesamt folgen Everysize heute über 111.000 Nutzer auf Facebook und 37.000 auf Instagram.  

Statistik von Everysize zum DHDL-Auftritt

Nun sind Traffic-Sprünge für die DHDL-Startups direkt nach der Ausstrahlung nichts besonderes. Doch wie eine von Everysize herausgegebene Statistik zeigt, hat der Traffic dauerhaft von dem TV-Auftritt profitiert. Die monatlichen Seiten-Besucher hätten sich demnach in Folge der Ausstrahlung mehr als verdoppelt – genauso wie weitere Metriken. Laut Everysize verzeichnet die Webseite mittlerweile knapp 250.000 Besucher und 418.000 Visits pro Monat. Die Zahlen sind durchaus realistisch: Das Analyse-Tool Similar Web schätzt den Traffic im Dezember 2017 auf 355.000 Visits.

CPC statt CPO: Das Affiliate-Modell von Everysize

Der Traffic auf der eigenen Seite ist für den Erfolg von Everysize derzeit entscheidend. Der Großteil des Umsatzes kommt über weitergeleitete Nutzer von der eigenen Seite auf die Partner-Shops zustande. Die Nutzer suchen auf Everysize den Wunsch-Sneaker in der passenden Größe aus und landen dann über einen Klick beim entsprechenden Partner-Shop. „Unser Modell basiert nicht wie so viele Affiliates auf CPO- (Cost per Order) sondern CPC-Auszahlungen (Cost per Click). Für jeden Klick bekommen wir 50 Cent von den Shopbetreibern. Damit umgehen wir Ungenauigkeiten, die beim CPO-Modell oft entstehen”, sagt Co-Gründer Falkenstein. 

Everysize Seite

Die Everysize-Seite

Mit Ungenauigkeiten meint Falkenstein Tracking- und Attributions-Problematiken, die die Affiliate-Branche schon seit langem beschäftigen: Sollte wirklich nur der Affiliate vergütet werden, der den letzten Klick bringt oder muss die Customer Journey als Gesamtes besser einbezogen werden? Das CPC-Modell mache laut Falkenstein die Shops happy, weil die Affiliate-Ausgaben für Everysize-Nutzer so gut planbar seien und die potenziellen Kunden sehr gut vorqualifiziert seien. Schließlich haben sie sich vor dem Klick auf den Shop schon für Modell, Größe und Preis entschieden. Durch das CPC-Modell sehe sich Everysize auch weniger als Affiliate sondern eher als Traffic- und Neukunden-Bringer im Stile Googles. 

Everysize arbeitet mit derzeit 50 Partnershops zusammen, die im deutschen Sneaker-Markt zu den bekanntesten gehören. Neben Asphaltgold ist das zum Beispiel der BSTN Store, Overkill aus Berlin, Kickz, Snipes und Footlocker.  

Eigene Community für erfolgreiches Business

„Wir haben zwei typische Zielgruppen: Die einen kennen sich gut aus und brauchen einfach genau ihre Größe eines bestimmten Modells. Die anderen nutzen Everysize als Schaufenster und lassen sich von den 23.000 Sneakern auf der Seite inspirieren”, sagt Denis Falkenstein. Um beide Zielgruppen zu erreichen, sei es deshalb unerlässlich, durch cleveres Digital-Marketing ständig neue Nutzer zu gewinnen: „Für uns ist es wichtig, auch eine eigene Community aufzubauen – egal ob über Facebook, Instagram oder einen eigenen Blog”, so Falkenstein. 

In Sachen Content Marketing stehe das Team noch am Anfang, der Everysize-Blog werde gerade umgebaut. In Zukunft solle hier ein richtiges Magazin entstehen – mit Putztipps, Einschätzungen zu neuen Releases und mehr Sneaker-Themen. Hier dürfte die Erfahrung von Pascal Prehn helfen, der viele Jahre das Sneaker Freaker Magazin in Deutschland führte. 

Trotz weniger Inhalte scheint die SEO-Strategie des Unternehmens schon jetzt aufzugehen. Laut Falkenstein ist das Adidas-Modell NMD der derzeit meistgesuchte Sneaker auf der Plattform. Sucht man (nicht angemeldet) bei Google nach dem Schuh, landet Everysize in den Suchergebnissen direkt hinter Adidas auf Rang 2. Auch bei Begriffen wie „Sneaker“ und „Sneaker Sale“ landet die Domain laut dem Analyse-Tool Sistrix in den Top 10. Vor allem die Schnelligkeit der Seite und die optimierte mobile Seite hätten in Sachen Google-Ranking geholfen.

Plattform-Marketing und Publishing-Netzwerk

Am meisten Geld gebe das Unternehmen derzeit allerdings für Facebook- und Instagram-Ads aus. Am besten funktionieren hier laut Falkenstein Bilder von angezogenen Sneakern (On Feet). Auf Facebook brächten Video-Slideshows und insgesamt Video-Inhalte die beste Conversion Rate. „Wir geben derzeit pro Monat einen fünfstelligen Betrag für Ads aus”, sagt Denis Falkenstein. Ein weiterer Kanal könnte aus seiner Sicht Google Shopping werden. Dort dürfen jetzt auch Aggregatoren wie Everysize Product Listing Ads schalten, um so mit Shopping-Anzeigen in der Google-Suche zu landen.

Abseits des Marketings soll ein klassisches Affiliate-Thema zum Wachstum beitragen: „Eines der wichtigsten Projekte dürfte unser Publisher-Netzwerk werden. In Zukunft sollen Blogger ein Produktwidget in ihre Beiträge über Sneaker einbinden können, um dann an den Klicks mitzuverdienen”, sagt Falkenstein. Bisher war es für Publisher wie zum Beispiel Sneaker-Blogger möglich, Everysize-Affiliate-Links zu setzen und an der Klick-Provision beteiligt zu werden. Das soll mit den Widgets noch einfacher werden, die dann direkt auch Everysize-Funktionen wie eine Größen- und Shopauswahl beinhalten könnten. Derzeit wichtige Publishing-Partner sind Sneaker Zimmer und Grailify.

Im Blogger-Business konkurriert das Unternehmen dabei natürlich mit etablierten Affiliate-Programmen – auch von den Herstellern selbst. Der Vorteil von Everysize: Das Widget soll nur verfügbare Schuhe anzeigen und so dauerhaft Provisionen für die Publisher bringen. Herkömmliche Affiliate-Links schicken die Nutzer auch auf Seiten, auf denen der Schuh längst ausverkauft ist. Ohne dass er selbst ständig die Links kontrolliert, könnte ein Blogger so keine Provision mehr einstreichen. Ob Everysize so langfristig erfolgreich sein kann, dürfte aber nicht nur an den Publishern und cleverem Marketing liegen – der Sneaker-Hype sollte am besten nicht abebben.

Affiliate MarketingAsphaltgoldSneaker
MG
Autor*In
Martin Gardt

Martin kümmert sich vor allem um neue Artikel für OMR.com und den Social-Media-Auftritt. Nach dem Studium der Kommunikations- und Medienwissenschaft ging er zur Axel Springer Akademie, der Journalistenschule des Axel Springer Verlags. Danach arbeitete er bei der COMPUTER BILD mit Fokus auf News aus der digitalen Welt und Start-ups. Am Wochenende findet Ihr ihn auf der Gegengerade im Millerntor.

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