Dieser E-Commerce-Player hat eine Retourenquote von nur 0,7 Prozent

Florian Rinke25.9.2022

Der Online-Anbieter Shop-Apotheke könnte rasant wachsen – wenn Deutschland endlich digitaler wäre

Philipp Westermeyer (links) und Shop-Apotheke-CEO Stefan Feltens beim Treffen in Köln. Foto: OMR
Philipp Westermeyer (links) und Shop-Apotheke-CEO Stefan Feltens beim Treffen in Köln. Foto: OMR
Inhalt
  1. Stefan Feltens wählte zunächst Flecktarn statt Anzug
  2. Shop-Apotheke hat eine Retourenquote von 0,7 Prozent
  3. Die Themen des OMR Podcasts mit Stefan Feltens im Überblick

In Deutschland dürfen nur Einzelpersonen eine Apotheke eröffnen. Das macht eine Eroberung des Marktes für Unternehmen quasi unmöglich. Der Online-Händler Shop-Apotheke wächst daher zwar seit Jahren, fristet aber gemessen an der Größe des Gesamtmarktes immer noch ein Nischendasein. Im OMR Podcast erklärt CEO Stefan Feltens, wie sich das ändern könnte – und welche Änderung den Markt für Investoren viel interessanter machen könnte.

Als die Shop-Apotheke 2001 in Köln online ging, waren die Gründer davon überzeugt, dass Deutschland kurz vor einem Durchbruch stünde. Schon bald, waren sie sicher, würde in der Bundesrepublik das E-Rezept eingeführt, mit dem man dann auch online problemlos Medikamente bestellen kann. Knapp 20 Jahre später hat die Shop-Apotheke ihren Firmensitz in den Niederlanden, macht rund eine Milliarde Umsatz und beschäftigt 1800 Mitarbeiter. Die Gründer haben die Verantwortung inzwischen in die Hände von Stefan Feltens übergeben. Nur das E-Rezept, das gibt es immer noch nicht flächendeckend in Deutschland.

„Ich habe zuletzt noch mit einem großen institutionellen Investor aus Schweden gesprochen, der mich fragte: Stefan, was ist denn da bei euch in Deutschland los?“, erzählt Stefan Feltens im OMR Podcast. In Schweden habe man einen elektronische Identitätskarte, mit der man alle wichtigen Dinge abwickeln könne – vom Bank- bis zum Apothekenbesuch. Wie könne es da sein, dass es in Deutschland Jahre dauere, bis so etwas banales wie das E-Rezept live geschaltet würde? 

Stefan Feltens wählte zunächst Flecktarn statt Anzug

Es ist die große Frage, die auch Stefan Feltens immer wieder beschäftigt. Denn wie groß der langfristige Erfolg der Shop-Apotheke ist, hängt ganz maßgeblich davon ab, wie und wann das E-Rezept eingeführt wird. Aktuell macht die Online-Apotheke jährlich knapp 100 Millionen Euro Umsatz mit verschreibungspflichtigen Medikamenten. Doch allein in Deutschland wird der Markt auf 40 Milliarden Euro geschätzt. Da braucht es nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, wie sich Umsätze und Börsenkurs des Unternehmens entwickeln würden, sobald man auf diesem Markt richtig angreifen kann. Stefan Feltens sagt, fast 90 Prozent der Fragen, die ihnen von Investoren gestellt würden, gingen um das elektronische Rezept.

Auch Stefan Feltens dürfte davon profitieren. Denn genau wie seine Vorstandskollegen ist er als Aktionär am Unternehmen beteiligt. Der Kurs der Aktie, der während der ersten beiden Pandemie-Jahre zwischenzeitlich auf rund 250 Euro gestiegen ist, stürzte zuletzt auf Vor-Corona-Niveau ab. Heute ist die Shop-Apotheke an der Börse knapp eine Milliarde Euro wert. Mit E-Rezept dürfte es deutlich mehr sein. Feltens denkt daher strategisch, eine Fähigkeit, die er nicht zuletzt während seiner Ausbildung gelernt hat. Denn der Düsseldorfer hatte sich nach dem Abitur zunächst für Flecktarn statt Anzug entschieden und sich für mehrere Jahre bei der Bundeswehr verpflichtet. Nach sechs Jahren beim Bund folgte dann doch der Wechsel in die Wirtschaft. Über verschiedene Stationen in der Pharmaindustrie kam Stefan Feltens 2018 zur Shop-Apotheke und übernahm wenig später auch die Leitung.

Shop-Apotheke hat eine Retourenquote von 0,7 Prozent

Den Großteil des Geschäfts macht das Digital-Unternehmen aktuell noch mit nicht-verschreibungspflichtigen Medikamenten wie Ibuprofen oder Aspirin, aber auch mit Pflegeprodukten. Neun Millionen Kunden hat man so schon gewonnen. Um Neukunden zu gewinnen, arbeitet Shop-Apotheke auch mit Tele-Medizin-Anbietern wie Dermanostic zusammen (hier haben wir uns das Düsseldorfer Hautarzt-Startup mal angeschaut). Ein klassisches E-Commerce-Business also? Stefan Feltens sieht das nicht so. „Unsere Retourenquote beläuft sich auf 0,7 Prozent“, sagt der Manager und lächelt. Natürlich weiß er, dass die Verantwortlichen bei Modehändlern wie Zalando oder About You von solchen Quoten nur träumen können. 

Kein Wunder, dass viele Apotheker*innen in Deutschland nur wenig begeistert sind von der Konkurrenz – und ihre Pfründe verteidigen. Stefan Feltens erklärt, dass man in Deutschland als Unternehmen keine Apotheken eröffnen dürfe. Dies ist nur Einzelpersonen erlaubt. Und selbst die dürfen kein riesiges Filialnetz aufbauen, sondern maximal vier Standorte betreiben. Rund zwei Millionen Euro Umsatz machen einfache Apotheken im Schnitt. Stefan Feltens ist überzeugt, dass die Apotheken-Lobby daher auch weiter für ein Fremdbesitzverbot kämpfen wird – und damit sogar Erfolg haben könnte. Denn: „Die mächtigste Lobby in Deutschland hat heute die Apothekerschaft, weil sie auf allen Ebenen arbeiten – lokal, auf Landes- und Bundesebene und sogar auf europäischer Ebene“, sagt Stefan Feltens. 

Im OMR Podcast spricht Stefan Feltens außerdem über Knappheit bei Medikamenten, Krawatte im Büro, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach – und die Frage, warum er keine Angst vor Express-Apotheken-Lieferdiensten wie Mayd hat.

Die Themen des OMR Podcasts mit Stefan Feltens im Überblick

  • Wie die Shop-Apotheke entstanden ist (00:04:00)
  • Wieso der Online-Handel mit Medikamenten in Europa stockt (00:14:00)
  • Wie das E-Rezept funktioniert – und warum alles in Deutschland so kompliziert ist (00:24:00)
  • Warum Konkurrent Zur Rose mit Private Equity in Verbindung gebracht wird (00:38:00)
  • Wie Stefan Feltens auf den Tele-Medizin-Markt blickt (00:50:00)
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Florian Rinke
Autor*In
Florian Rinke

Florian Rinke ist Host des Podcast "OMR Rabbit Hole" und verantwortet in der OMR-Redaktion den "OMR Podcast". Vor seinem Wechsel Anfang 2022 zu OMR berichtete er mehr als sieben Jahre lang für die Rheinische Post über Start-ups und Digitalpolitik und baute die Rubrik „RP-Gründerzeit“ auf. 2020 erschien sein Buch „Silicon Rheinland".

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